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2. Etappe: Monjo – Namche Bazaar • Höhe Startort: 2850 Meter • Höhe Zielort: 3440 Meter • Distanz: ca. 12 Kilometer • Gehzeit: ca. 5 Stunden • Besonderheiten: schlimmer Schluss-Anstieg, erster Blick auf den Mount Everest
Und nun der Verkehrsbericht: Achtung! Auf dem Himalaya Highway kommen Ihnen einige Schwerlast-Rinder entgegen, und auf einigen Hängebrücken müssen Sie mit starken Seitenwinden rechnen
Es ist kalt, als wir gegen 8.30 Uhr aufbrechen zu dieser kurzen, aber recht anspruchsvollen Etappe. Ihre Herausforderung: die Höhe. Schon auf der ersten Etappe haben wir deutlich gespürt, wie sehr einen die Höhe jappsen macht – ging es aufwärts, wurden wir schnell kurzatmig. Heute haben wir rund 600 Höhenmeter zu bewältigen. Besonders der Schlussanstieg hinauf nach Namche Bazaar soll lang und steil sein. Und atemraubend.
Stein schlägt Eisen: Unwetter sind die natürlichen Gegner der eigenwilligen Verkehrswege im Himalaya
Die Höhenkrankheit ist ein Phänomen, das man schon lange kennt, aber erst seit einiger Zeit versteht. Noch bis ins 18. Jahrhunderte wunderte man sich über das seltsame Unwohlsein auf den „Kopfwehbergen“. Heute weiß man, woher Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen, Erbrechen und Taumel kommen. In der Höhe nimmt der Sauerstoffpartialdruck ab. Zwar enthält die Atemluft auf 5000 Meter genau so viel Sauerstoff wie auf 1000 Metern. Doch dessen Druck verringert sich, während der Druck anderer Gase in der Atemluft zunimmt. Die Folge: Die Lunge nimmt weniger von dem lebenswichtigen Element auf, der Anteil roter Blutkörperchen verringert sich, gleichzeitig erhöht sich der Blutdruck, die Atmung beschleunigt sich. Wer auf die beschriebenen Symptome nicht mit sofortigem Abstieg aus der Höhe reagiert, riskiert lebensgefährliche Erkrankungen.
Eigenheiten eines Landes: Propeller-Käse zum Frühstück und Gedränge am Eingang des Sagamartha Nationalparks
Wir haben gut geschlafen, trotz Höhe und ungewohnter Kälte im Raum. Doch waren wir so blöd, nicht noch unter die Dusche gesprungen zu sein. Gestern soll das photovoltaische Wasser noch warm gewesen sein, am Morgen tanzten wir nur so durch die Eisbrause. Zum Frühstück gab es Tee, Saft, Müsli, Brot und Nak-Käse, der in Propeller-Form auf dem Teller angerichtet war. Unser Guide Som ist gut gelaunt. „Gutes Wetter“, sagt er zwischen zwei Bissen von seinem Käsebrötchen, „gutes Trekking.“
Und dann reihen wir uns wieder ein in den Strom aus Tieren und Menschen, der bereits unterwegs ist auf dem Himalaya Highway, dieser Lebensader des Hochgebirges, von der man irgendwann den Eindruck gewinnen kann, dass sie ständig pulsiert, ein Eigenleben führt. Für einen Moment, ein paar Stunden gehört man dazu, dann klinkt man sich wieder aus. Jemand anderes nimmt die Stelle ein, an der man gerade war. Oder sie schließt sich einfach.
Kurz hinter Monjo beginnt der Sagamartha National Park. Hier müssen wir unsere Permits vorweisen. Und hier genießen wir erneut den Luxus, von der Organisations-Kompetenz eines erfahrenen Unternehmens profitieren zu können. Som hat unsere Unterlagen bereits vorbereitet. Während andere durchaus eine halbe Stunde warten müssen, bis all die erforderlichen Stempel gemacht wurden, haben wir kaum Zeit die Tafeln zu studieren, auf denen vor den Risiken der High Altitude Mountain Sickness gewarnt wird. Um die Gefahren zu minimieren, lassen Veranstalter – wie der DAV-Summit Club – ihre Trekking-Gruppen immer wieder Akklimatisationstage einlegen. Wir sollen uns in Namche Bazaar an die Höhe gewöhnen.
Königin aller Hängebrücken: Gebetsfahnen flattern am Geländer der rund 70 Meter hohen Hillary-Bridge
Bis dahin lernen wir einen typisch nepalesischen Aspekt der Höhe kennen: die Hängebrücke. Mehrere davon überspannen den Kashi Nadi, dessen Verlauf wir folgen. Das Flusstal ist anfangs weit, wird dann schmaler und enger. Und auch wenn viele Trekker aus aller Welt unterwegs sind, es macht Spaß zu gehen. Langsam gewöhnen wir uns an den steinern Untergrund, setzen die Schritte jetzt etwas forscher. Und tragen es mit Fassung, von zweibeinigen Rucksacktürmen überholt zu werden, ein Schinken rennt an uns vorbei, eine WC-Schüssel (wir hätten es uns nie träumen lassen, mal von einer Toilette überholt zu werden). Bis wir an eine Stelle geraten, wo ein weiterer Fluss in den ersten mündet. „Water from Tibet“, sagt Som, zeigt nach Westen und dann nach Osten, „nepali Water“. Und dann in den Raum dazwischen: „Hillary-Bridge.“
In 70 Metern Höhe, mit Gebetsfahnen geschmückt, überquert die kühne Stahlkonstruktion den Fluss. Vorsichtig betreten wir die geschraubten Eisen-Planken. Man kann durch sie hindurchschauen und das in der Tiefe tosende Wasser sehen. Wenn jemand über die Brücke geht, schwankt sie im Rhythmus der Schritte. Und wenn ein Viehhirte seine Yaks darüber treibt, muss man sich sputen. Die schwer beladenen Tiere in den Karawanen treiben sich gegenseitig voran. Wir wurden vor Verletzungen gewarnt.
Als wir die Brücke verlassen haben, führt uns Som an einen Felsvorsprung und zeigt gen Osten. „Mount Everest“, sagt er feierlich. Und, tatsächlich, da ragt er neben einer Tanne in den Himmel, das hohe Haupt geziert von einer zarten Wolkenkrone.
König der Berge: Hinter der Hillary-Bridge zeigt er sich zum ersten Mal – der Mount Everest. Für Gelegenheits-Trekking-Urlauber wie uns birgt der Anstieg nach Namche Bazaar mit 600 Höhenmetern die erste Herausforderung
Dann beginnt der zähe Anstieg nach Namche Bazaar. In engen Schleifen. Über blank gelaufene Steine. Durch den Staub, den die Yak- und Esels-Karawanen aufwirbeln. Das Rufen der Tiertreiber. Die Porter hört man schon von weitem kommen, lauter Nepal-Pop scheppert aus ihren Handys. Gegen Mittag erreichen wir den Ort, der umgeben ist von Bergen, die weißen Häuser mit den bunten Dächern stehen im Halbkreis an einem Hang, ein alpines Amphi-Theater. Namche ist Zentrum der Sherpa-Kultur im Himalaya, ist Akklimatisationsort mit vielen Hotels und Guesthouses und ist Kreuzungspunkt zweier wichtiger Trekkingrouten. Ein verrücktes Nest voller Outdoor-Shops, Cafés (mit Illy- und Lavazza-Kaffee), Restaurants und Pizzerien. Ein Ort, der in der Entlegenheit der Berge, die hier bis weit über 6000 Meter hoch sind, so verblüfft wie in der Wüste Nevadas die Glitzerstadt Las Vegas.
Alltag in einem verrückten Bergdorf: Eine Eselskarawane schleppt Trekking-Equipment nach Namche Bazaar, ein Junge spielt mit Lämmern, ein Rind trabt an einem Café vorbei, und vor dem »Yak-Hotel« wartet ein Pferd
Doch noch haben wir für all das keinen Sinn. Es war eine anstrengende Etappe. Höhe und Hitze haben uns zugesetzt. Als wir das sehr einfache Zimmer im „Namche Hotel“ betreten, lassen wir uns auf die Betten fallen. Müde. Erschöpft. Wenn uns jetzt jemand fragen würde, auf welcher Stufe der Entschleunigungsskala wir wohl angelangt seien, wir würden nur matt mit den Schultern zucken. Keine Ahnung. Isdochauchegal.
Eine Loge in den Bergen: Blick auf die bunten Dächer des wichtigsten Sherpa-Dorfes im Himalaya – Namche Bazaar
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