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Julien und Sally, das sind ER und SIE. Hand in Hand entdecken sie die Welt.
Heute: Für Sally ist die Wüste Gobi »seelisch verwertbar«.
Vielleicht ist es kein Zufall, dass ich ausgerechnet auf Weltreise den Biografie-Wälzer von Marcel Reich-Ranicki lese. Oder war es ein Zufall, dass SEIN Vater sich dieses E‑Buch geladen hat und ich mich als Mitleser einfach bediene?
Zumindest habe ich mich für diese Rückschau auf das eigene Leben entschieden. Mich umtreibt die Frage, wann warum und wie der Literat zu dem geworden ist, was er war. An welchen Kreuzungen im Leben hat er sich wie entschieden und an welchen hatte er keine Wahl und hat trotzdem seinen Weg daraus gemacht.
Unter den vielen lieben Briefen, die wir zum Abschied bekommen haben, war ein Zitat, das mich sofort berührt hat, mich begleitet und mir Mut macht. Mein Kopf kramt es immer dann heraus, wenn die Zweifel kommen: »War das die richtige Entscheidung? So lange weg von Familie und Freunden, so lange raus aus dem Job, wo der Einstieg gerade geschafft war?«
Gegen solche Gedanken hilft Kierkegaard: »Man kann das Leben nur rückwärts verstehen, aber leben muss man es vorwärts.«
Für Reich-Ranicki war der rote Faden seines Lebens die Literatur. Der gefürchtete Kritiker beschreibt fast schüchtern, warum für ihn ausgerechnet der oft unterschätzte Erich Kästner so ein großer Erzähler war. Wie nebenbei erwähnt er ein Zitat von ihm, das mich nicht mehr loslässt: »Seelisch verwertbar«. Ich lese diese schöne Überschrift für ein Gedicht, während unser Driver Baagie mit uns durch die mongolische Steppe brettert. Kein Zweifel, diese zwei Worte sind die Überschrift für unsere Neun-Tage-Tour durch die Wüste Gobi.
Diese Landschaft, dieses endlose Nichts, diese Farben. Die Staubwolke, die uns verfolgt, wenn wir über die Sandstraße rasen. All das beeindruckt mich und ist doch nur der Vorgeschmack.
Ob wir auf ein traditionelles Fest wollen, fragt uns ein Junge am ersten Mini-Markt in einer staubigen Wüstenstadt. Neben ihm steht unser Fahrer Baagie. Seine Englisch beschränkt sich auf: »Thank you, good night, stop, nonononono.« Weil der Trip teurer geworden wäre, teurer als 110 Euro pro Person, haben wir auf einen Übersetzer und Guide verzichtet, aber Baggie findet immer jemanden. So wie jetzt vor dem Mini-Markt. »Klar«, sagen wir (eine Taiwanesin, ein Finne, zwei Deutsche, ER und ich). Wir halten vor einem kleinen Haus umringt von Jurten mitten im Nichts.
Das ist kein kleines öffentliches Fest. Jemand schiebt uns in einen Raum voller Menschen. Wir sind die Ehrengäste auf einer Hochzeitsfeier!
Das Brautpaar sitzt auf zwei Stühlen, die Gäste drängen sich kniend auf dem Boden, der Raum ist proppevoll mit Augen, die an uns kleben. Vor dem Brautpaar thront ein gekochtes Schaf mit Kopf, daneben eine Torte aus getrocknetem Schafskäse. Wir bekommen große Schüsseln voll vergorener Stutenmilch und nur ER schafft es, sie ganz zu leeren. Nächste Runde: Warmer Wodka aus randvollen Keramikschüsseln. Ich bin die Erste. Ich sehe diese unzähligen Augen zwischen Festtagsgewändern, die zu einem bunten Farbenmeer verschwimmen. Dann stellen meine Augen scharf auf die klare Flüssigkeit vor meinen Lippen.
Ich trinke einen ordentlichen Schluck und will höflich mit der rechten Hand die Schüssel zurückgeben, da winkt der Junge mit der Flasche ab. Ein Raunen, die Gäste machen mir Handzeichen, ich müsste exen. »Drink, drink, drink.« Kein Lächeln, keine Regung, es ist Ihnen ernst. Ich setze wieder an und versuche es mit großen Schlucken. Keine Chance, ich muss wieder absetzen. Wenn ich das richtig verstehe, trinke ich gerade auf das Eheglück des Paares. Als ich die Schüssel endlich leer zurückgebe, tränen mir die Augen. Klatschen. ER flüstert neben mir : »Oh Gott, ich dachte, du kotzt gleich.« Hat auch nicht viel gefehlt, flüstere ich und frage mich: Was ich wohl denken würde, wenn ein Fremder, den ich spontan auf meine Hochzeit eingeladen hätte, ein Glas Champagner nur mühevoll herunterwürgen könnte.
Die Gesellschaft feiert schon seit zwei Tagen, an Tag Drei sind Geschenke angesagt. Wir stehen daneben, als die Gäste nacheinander lebendige Schafe am Brautpaar vorbeitragen, danach viele gekochte mit Kopf, eine Waschmaschine und allerlei Pakete.
Dann geht es raus, die Stuten müssen alle zwei Stunden gemolken werden. Also Herde zusammentreiben und in die Staubwolke eintauchen. Mehr zur Belustigung der Gäste werden wir dann noch kurz auf Pferde gesetzt. Später sitzen wir in einer Jurte, während Schafsstückchen im Wasser kochen. Ich kann meine Augen nicht von den Männern wenden, die sich mit einem großen Messer von Schafsknochen einfach alles abschneiden. Wie sie auf dicken Knorpelfettstücken ewig herumkauen und dann einfach schlucken.
Ich schlucke auch. Mein mit vergorener Stutenmilch, Wodka und sonst nichts gefüllter Magen grummelt.
Einer der Gäste spricht etwas Englisch und erzählt, dass die Gastfreundschaft der Mongolen so weit reicht, dass sie sogar Obdachlosen Essen geben, und zeigt auf eine Frau mit wirrem Blick, die gerade gierig die Schafssuppe löffelt. Hinter jeder Jurtentür wartet neben großen Portionen Stutenmilch auch große Gastfreundschaft – das werden wir auf unserer Tour durch die Wüste immer wieder erleben.
In der ersten Nacht zelten wir mitten zwischen großen Steinformationen. Nach fleischloser Pasta (die zwei Deutschen sind Vegetarier) – zum Glück hat Baggie vom Hochzeitspaar noch Schaf mitbekommen – wollen wir alle nur noch eins: ab ins Zelt. So viele Eindrücke machen müde.
Morgens geht es weiter durch den Nationalpark, der mich mit seinen irren Steinbergen an die wunderschönen Formationen im indischen Hampi erinnert.
Schon mittags erreichen wir wieder eine Jurte – zu meiner Erleichterung gibt es salzigen Tee. Baagie drückt die Fingerkuppen beider Hände zu einem Dach zusammen, hier zelten wir also. ER und ich suchen nach einer Stelle, an der es nur Kiesel und keine Steine am Boden gibt und bauen auf. Wüste total, der Wind peitscht, die Sonne brennt. Das Schönste an diesem elementaren Ort ist für mich aber das Pinkeln. Einfach zwanzig Meter in irgendeine Richtung gehen, hinhocken und den Ausblick genießen. Diese unendliche Weite, die nächste Jurte ist nur ein weißer Fleck in der graugrünen Landschaft. Abends sitzen wir wieder bei unserer pampigen Pasta, die mir übrigens immer grandios schmeckt, sehen der Sonne beim Untergehen zu und danach den Sternen beim Leuchten. Der Finne (Heikki, 32) sagt: »It’s so silent that I can hear my tinitus.«
Ein Satz, der bleibt. Seelisch verwertbar, weil er mich an einen krassen Lachanfall erinnert.
Morgens immer das gleiche Ritual: Auf dem Camping-Kocher Wasser aufkochen für den Kaffee, frühstücken und dann im Auto alles gut durchschütteln lassen. Am Fenster zieht die Landschaft vorbei, verändert sich. Weniger Staub, mehr Grün. Wir wandern durch die Eisvalley Yolyn Am, eine wunderschöne Gebirgskette, die bis Juli mit Eis überdeckt ist. Überall Murmeltiere, saftig grüne Wiesen, dazwischen ein Bach. Baggie manövriert uns durch Schluchten, durch die ich mich zu Fuß kaum trauen würde.
Während ich diese Zeilen schreibe, ist es Viertel vor drei Uhr Nachts. ER schläft neben mir und die Zeltwand flattert im Wind. Wir campen mitten in der Steppe, direkt am Abhang zur Eisvalley. In drei Stunden geht die Sonne auf, der Wecker wird klingeln.
Durch das Moskitonetz-Fenster gucke ich Sterne. Die Milchstraße sehen zu können, ist hier so normal wie Containerriesen im Hamburger Hafen.
Seelisch – sehr gut. Eins plus. Gute Nacht!
Der Sonnenaufgang war schön, aber kalt und kein Vergleich zu dem Sonnenuntergang, den wir am selben Abend erleben werden.
Über Stunden fahren wir entlang des gelben Riesens, den wir später bezwingen wollen. Die Khongoryn Els sind 300 Meter hoch, 12 Kilometer breit und 100 Kiloemter lang. Sie werden auch die singenden Dünen genannt wegen des Geräuschs des abstürzenden Sandes.
An schöne Lieder denke ich nicht, als ich mich durchgeschwitzt, auf allen Vieren nach oben grabe. Dieses dumpfe Knirschen, diese andauernde Vibration unter mir, lässt mich eher an eine Lawine denken. Auf jeden Schritt nach oben folgt ein Rutschen um einen Meter nach unten. So stelle ich mir Schwimmen im Treibsand vor. Hoffnungslos, aber die Aussicht auf den Ausblick treibt mich an. Als hätte die Sonne auf uns gewartet, färbt sie den Sandgrat auf der Spitze der Düne gerade goldgelb, als wir ihn endlich erreichen.
Der Ausblick raubt mir nicht den Atem, das hat die Düne schon geschafft. Ich sitze einfach da, keuchend. Kann mich nicht bewegen, nicht satt sehen an der mongolischen Weite rechts mit Seen, Jurten, grünem Land und den unendlichen kleinen Sanddünen links. Hier wird die Wüste zur goldenen Gobi. Es ist ein Licht, das kein Instagram-Filter schöner machen könnte. Ein Licht, das man nicht nur sehen, sondern auch fühlen kann. Wieder so ein Seelisch-Verwertbar-Moment, der noch andauert, als Baggie uns zurück zum Zelt fährt. Der Motor zieht schon die Luft der kühlen Wüstennacht, als im Rückspiegel noch die Sonne untergeht – hinter den Sanddünen, in allen Rottönen.
SEIN schönster Moment des Tages liegt aber noch vor uns. Baagie setzt zur Überholfahrt querfeldein an. Das ist kein Autofahren mehr, das ist abheben und wieder landen.
Am nächsten Tag schüttelt uns ein Kamel durch. Die gigantischen Tiere stinken, haben schlechte Zähne und gucken etwas unwirsch. Oben angelehnt an den Hinter-Höcker ist es aber überraschend bequem. Überraschend ist für mich auch, dass in den Höckern doch kein Wasser ist und so ein Tier in der Mongolei laut unserem Kameltreiber nur 75 Euro kosten soll.
Abends wollen wir es nochmal mit der Sanddüne aufnehmen – dieses Mal den Sonnenuntergang oben erleben. Als wir aber unten ankommen, ist es aber schon halb acht. Gestern haben wir knapp 60 Minuten hoch gebraucht. Die Sonne geht um kurz nach acht unter. Ich gucke den steilen Sandberg empor und schüttel den Kopf. Das sieht ER aber nicht. Auch mein Muskelkater-Schmerzverzehrtes-Gesicht nicht, als ich die ersten Schritte himmelwärts im Sand mache. Denn ER ist schon rund zehn Meter über mir.
Diese Sanddüne wird eine neue 365/7/24 zu zweit Erinnerung, denn ohne seinen Enthusiasmus wäre dieses Bild nie entstanden. Oben ist die Sonne zwar schon unten, aber wir haben den Aufstieg diesmal in 25 Minuten geschafft!
Das Schöne am zu zweit reisen: Wir teilen nicht nur die Erinnerungen, sondern auch die Motivation. Jeder ist mal dran, dem anderen Mut zu machen oder ihn mitzuziehen.
Zum ERSIE zu Zweit reisen gehört aber auch das mit IHM freuen, obwohl IHR eher nach stopp ist.
So sehr ER die Fahrt auch genießt, so sehr nervt mich das durchgeschüttet werden langsam. Ich habe genug. Mir reichtˋs und trotzdem verlange ich nicht nach langsamer.
Nach einer Nacht bei den wunderschönen Flaming Cliffs, wo im Jahre 1922 Knochen und Eier von Dinosauriern gefunden wurden, sind es heute 400 Kilometer durchgerüttelt werden, von rechts nach links, von vorne nach hinten. Stundenlang im Shaker.
Ich lese wieder Reich-Ranicki und ich weine. Als er beschreibt, wie er seine Mutter zum letzten Mal sieht, bevor sie in Treblinka vergast wird. Als er beschreibt, dass er nie aufhören konnte sich täglich zweimal zu rasieren, weil das im Warschauer Ghetto geholfen hat, nicht aussortiert zu werden.
Vielleicht liegt es an meiner Stimmung, aber als Baagie uns an dem zerstörten Kloster Ongiin Khiid aussteigen lässt, sehe ich in jeder Ruine eine steinige Zeitzeugin. Anklagend ragen sie ins himmelblau.
1939 zerstörten Stalins Männer die Anlage und ermordeten über 200 Lamas.
Damals war es eines der größten buddhistischen Kloster in der Mongolei. Sakral liegt der Ort da, eingebettet zwischen zwei Bergen an einem Fluss. Er muss wunderschön gewesen sein. Beklemmend ist der Besuch heute. Kein Mensch, kein Mönch, nur Ruinen. An der Straße stehen knorrige Bäume. Sie sehen alt aus. So alt, dass sie das grausame Ermorden der Mönche mitansehen mussten. Was wie wohl erzählen würden, wenn ich sie verstehen könnte.
Zurück im Auto lege ich mich auf die Sitzbank, ziehe meine Knie an, damit der Finne noch neben mir sitzen kann.
Mit geschlossenen Augen döse ich so vor mich hin. Baagie brettert. Wir hüpfen. Plötzlich wabert der Geruch von Sonnencreme durch den Minibus. Wer sich gerade eincremt, ist mir egal.
Ich halte die Augen geschlossen, ich genieße die Bilder. Denn vor meinem inneren Auge sehe ich meine Ma und meine große Schwester. Den Strand am Mittelmeer und die Pipiwellen – mit diesem Begriff hat mein Papa mir immer die Angst vor den großen Wellen nehmen wollen. Kindheit. Warum ich ausgerechnet jetzt so viel an meine denken muss, weiß ich nicht. Vielleicht weil ich in der Wüste wieder das Staunen gelernt habe. Vielleicht weil ich hier wieder Kind bin, angewiesen auf Zeichensprache und angewiesen auf Hilfe.
Mongolen konnten die harten Winter früher nur überstehen, indem sie einander aushalfen. Die Gastfreundschaft ist geblieben. Baagie parkt mittags einfach vor einer Jurte und geht rein. Kurzes Gespräch, dann holt die Frau Tee und verschwindet, um für uns zu kochen. Ihre kleine Tochter nimmt mich an die Hand und führt mich in die Koch-Jurte. Aus einem großen Sack ragen Schafskeulen heraus. Ich darf das Fleisch schneiden. Während ich mich eher durchdrücke als schneide, stopft sich die Kleine gerade ein Stück vom gekochten Schafskopf in den Mund, der in der Mitte der Jurte auf einem Tablett liegt. Sie lutscht genüsslich und spuckt die Knochenteile einfach auf den Boden. Die Mutter kocht Reis mit Zucker für die beiden Vegetarier, für uns die Fleischstückchen in einer Suppe. Sie rollte Fladen aus Mehl und Wasser aus und legt sie draußen auf das Jurtendach zum Trocknen in die Sonne. Danach schneidet sie den Teig in Streifen, es werden die Nudeln in unserer Fleischsuppe. Sie schmeckt hervorragend und die dicksten Fettstücke darf ich IHM geben, wie so oft. Ein großes Danke an dieser Stelle.
Wieder so einen Kindheitsmoment erlebe ich am Abend. Baagie macht das Zelt-Zeichen und wir sind auf einer Pferdefarm gelandet. Hunderte Tiere in allen Brauntönen stehen in der hügeligen Landschaft, darunter viel Fohlen. Männer in traditionellen Mänteln kommen aus einer Jurte und steigen auf ihre Motorräder. Bewaffnet mit Lasso und Hupe treiben sie die Herde zusammen. Postkartenmotive. Ich knie mich hin und fotografiere. Plötzlich bin ich mittendrin, an mir laufen die getriebenen Pferde vorbei. Dann zwei Männer auf einem Motorrad. Ich strahle sie an und mir fällt nur ein banales »beautiful« ein. Ob ich mit will fragen sie per Kopfnicken, ich steige auf, zu dritt brettern wir zu einer eingezäunten Weide. Viele der Tiere, die scheu wie Wildpferde sind, stehen dort schon eng gedrängt zusammen.
Nur der Bretterzaun trennt mich von ihnen. Meine Allergie ist mir egal, ich stehe da im Staub, fotografiere und denke an ein Kinderbuch.
Ein Junge zieht ein Wildpferd groß und trifft es dann in freier Wildbahn wieder. Der schöne Hengst löst sich aus der Herde und begrüßt den Jungen. Das hat mich damals so fasziniert.
Die Situation ist eine ganz andere und trotzdem kommt mir dieses Bild in den Kopf. Vielleicht auch deshalb, weil ich zum ersten Mal in meinem Leben ungezähmten Pferden so nahe komme. Die Mongolei und die Pferde, eine jahrtausende alte Tradition. Wie passend, dass unsere Wüstentour damit zuende geht.
Als wir uns am Abend wieder unsere Pasta machen, kommen die Männer dazu. Wir laden sie ein mitzuessen, ER holt den Wodka raus und schon singen die Mongolen, wie sie es anstelle von Toastsprüchen machen. Wir sollen auch und entscheiden uns wieder für: »Wie schön, dass du geboren bist.« Wir haben sie eingeladen, jetzt laden sie uns ein. Als es dunkel wird und der Wodka alle ist, gehen wir rüber in ihre Jurte. Es gibt natürlich vergorene Stutenmilch. Wir sprechen kein Mongolisch, sie kein Englisch. Um das Schweigen zu brechen spielen wir. Und zwar Schnickschnackschnuck auf Mongolisch. Der Daumen schlägt den Zeigefinger, der Zeigefinger den Mittelfinger und so weiter. Die eine Jurtenseite gegen die andere.
Das es eine ernste Angelegenheit wird, merken wir, als sich unsere Gegner lange beraten. Sie spielen richtig mit Strategie. Es geht reihum, solange bis man verliert, dann ist der nächste Spieler aus der Gruppe dran. Wir schlagen uns gar nicht schlecht. Meine Strategie ist der Mittelfinger. Als wir uns verabschieden wollen, kommt dann doch noch das obligatorische »drink drink drink«. Jeder bekommt eine große Schüssel vergorene Stutenmilch und es gibt kein Pardon. Als ich dran bin, schließe ich die Augen, atme tief ein und trinke in großen Schlücken ohne absetzen, ohne innezuhalten. Anerkennendes Klatschen.
Ich gehe mit einem wohligen Gefühl durch die Dunkelheit ins Zelt. So viele »seelisch wertvoll«-Momente, so viele Mongolei-Momente, die es sich in meinen Erinnerungen gemütlich machen werden. Wahrscheinlich gerade weil sie mir so großes Unbehagen bereitet, weil sie mich so große Überwindung gekostet haben.
Antworten
Ein toller Beitrag! Und scheinbar haben Wüsten so etwas an sich, dass direkt an der Seele kratzen. Vielleicht ist es diese simple Schönheit, die nicht viel brauch und doch so viel bewirkt. Diese Leere, die Platz lässt, für die eignen Gedanken. Alain de Botton schrieb ja schon »…Große Gedanken erfordern zuteil eine weite Aussicht…«.
Mich würde noch interessieren von wo Ihr aufgebrochen seit, bzw. wie ihr an den Guide gekommen seit? Denn auch ich ziehe bald mit meiner Partnerin los, und auch bei uns steht die Mongolei, und natürlich die Wüste Gobi auf dem Reiseplan.
Einen Lieben Gruß und nur das beste für euren Weg
Manuel
Lieber Manuel! Was für ein wunderschönes Zitat, Danke! Ja, Wüsten sind Stillleben, die sich in der Seele spiegeln oder andersrum. Generell ist eine Reise wie ein Brennglas fürs eigene Leben. Was ist wirklich wichtig? Wo will ich hin? So geht mir das jedenfalls. Zur Wüstentour: absolut ausreichend ist eine Tour ohne Guide. Unser Fahrer war super. Konnte kein Englisch, hat uns aber alles mit Händen und Füßen erklärt. Kosten: 240€ für zwei Personen. Golden Gobi heißt das Hostel, in dem wir das gebucht haben. Ihr könnt euch ein Zelt mieten oder in Ulan-Bator eins kaufen und nach der Tour wieder verkaufen. Wenn Du auf unserem Blog nach »Gobi, das Geilste ist das Fahren« und nach »miss Golden Gobi« sucht gibt’s noch mehr Details – auch aus männlicher Sicht:) alles Liebe und eine wunderschöne Reise Euch! Sally
Ich denke immer, nichts geschieht ohne einen Grund im Leben, also wenn du jetzt da bist, wird das auch einen Grund haben, den man vielleicht jetzt noch nicht erkennt, aber irgendwann. Ich finde es sehr schön, was ihr macht und wünsche euch für eure weitere Reise noch viel Spaß und Kraft 🙂 Schöne Grüße aus Marling Südtirol
Liebe Amelie!
Vielen Dank Dir, wir sind gerade in Nicaragua, sind abends am Strand lang und plötzlich liefen überall Babyschildkröten ins Wasser. So ein irrer Moment, der mal wieder zeigt: Alles richtig gemacht! Die Welt belohnt Dich, wenn Du Dich aufmachst, um sie zu entdecken. Herzliche Grüße nach Marling Südtirol:)
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