Argentinien, November 2005.
Wenn ich ins Stadtzentrum fahren will, muss ich zuerst mit einem Bus von meinem Vorort aus in einen anderen und dann von dort aus in einen weiteren Bus umsteigen. Zumindest glaube ich das, zu diesem Zeitpunkt weiß ich noch nicht, dass ganz in der Nähe der Siedlung, in der ich wohne, ein Bus direkt ins Zentrum fährt. Aber manchmal sind solche Umwege eine Art, Orte kennenzulernen, an die man sonst nicht käme.In Argentinien macht sich der nahende Sommer bemerkbar, immer heißer werden die Tage. Angekommen im anderen Vorort muss ich ein Stück zu Fuß gehen, um zur Haltestelle zu gelangen, von der aus die Busse in die Stadt fahren. Ich habe mich inzwischen an das Land und seine Menschen gewöhnt und bin froh, dass die kalten Tage vorbei sind.Glücklich über meinen freien Tag schlendere ich vergnügt durch die Straßen des Vororts, die dichten Baumkronen der Bäume schützt vor der brennenden Sonne. Ein angenehmer Duft füllt die Luft. Verdutzt bleibe ich stehen. Auf dem Gehweg liegen unzählige Orangen, manche davon sehen noch genießbar aus, andere sind komplett zermatscht. Ich wundere mich, wie man Lebensmittel einfach so wegwerfen kann. Vor allem in einem Land, in dem viele Menschen unter der Armutsgrenze leben und man ihnen damit sicher helfen könnte. Und Orangen schmecken ja nicht nur gut, sondern haben auch wichtige Vitamine. Ich bücke mich und hebe eine der Orangen auf, begutachte sie kurz, lege sie dann aber wieder auf die Straße. Ich bin mir nicht sicher, ob man sie essen kann, aus irgendeinem Grund muss sie ja jemand hier entsorgt haben.Den gesamten Gehweg entlang liegen immer wieder Orangen, unverständlich irgendwie. Als ich mich aufrichte, um weiterzugehen, entkommt mir ein Lächeln. Wie naiv kann man nur sein! Ich schaue nach oben. Da hängen sie, die vollen, reifen Orangen, die Bäume selbst haben sie abgeworfen, weil sie ihnen zu schwer zum Tragen wurden! Aber woher hätte ich das auch wissen sollen, in meinem Land säumen schließlich keine Orangenbäume den Weg.
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