Dein Warenkorb ist gerade leer!
Und es kam die Zeit Abschied zu nehmen: Von Südamerika und vom Abenteurer Gregório Jones.
Flashback. Wenige Stunden vor Beginn des Sabbaticals
in einem Cafe in Frankfurt am Main,
Scullys Lächeln blendet mich. Fast gelingt es ihr, mich aus meiner Grübelei zu reißen. Ein halbes Jahr allein in Südamerika liegt vor mir. „Was wenn ich dort niemanden kennenlerne?“ Sie lächelt immer noch. „Du bist doch ein fröhlicher Typ und kommst leicht ins Gespräch.“ Ich bin mir gerade nicht sicher, was sie in mir zu sehen glaubt. Scully heißt eigentlich Jana (auch wenn ich sie nie so nennen könnte). Zur Abi-Zeit waren wir dicke Freunde. Mulder und Scully – wie bei Akte X. Dann hat es uns in verschiedene Ecken Deutschlands verschlagen. Und heute, so will es die Geschichte, schenkt sie mir das letzte Lächeln vor meinem Abflug ins Abenteuer.
… Und mit dem Sprung ins Abenteuer verwandelt sich der brave E‑Mail-
Schreiber Gregor T in den abenteuerlustigen Reiseschriftsteller Gregório Jones.
Wer ist eigentlich dieser Gregório Jones?
Gregório ist der, der ich gern wäre.
Er ist der mutige Abenteurer mit dem neugierigen Blick. Einer der dich mit seinem Lächeln ansteckt. Der Realitätsfilter, der selbst unscharfe Fotos bunt werden lässt. Das Löffelchen voll Zucker in all diesen Geschichten. Das zusätzliche Smiley, was nur da ist, um dir ein gutes Gefühl zu geben. Die Farbe Gelb, die es schafft, dass all die dunkleren Farben um sie herum plötzlich fröhlicher wirken.
Gregório ist der, der ich gern wäre, und der ich manchmal auch bin.
Flashforward. Wenige Stunden vor Ende des Sabbatical
am Flughafen von Sao Paolo, Brasilien,
Hinter mir liegt der Karneval von Rio. Das letzte Highlight meines bunten Sabbat-Halbjahres. Ich bin auf der Rückreise nach Deutschland. Mit meinem noch etwas unbeholfenen Portugiesisch habe ich das Gate erfragt. Doch als ich dort ankomme, zeigt die Anzeigetafel einen Flug in die USA. Ich versuche zu verstehen, wo ich hin muss, als ich plötzlich einen vertrautes Gesicht entdecke: Ari aus San Francisco hängt hustend im Wartebereich. Es stellt sich heraus, dass er auch für den Karneval in Brasilien war. Eine Woche Jahresurlaub vorm Start seines neuen Start-Ups. Wir sind beide etwas lediert. „You want one?“ er streckt mir eine Tablette hin, mit der der Flug „very relaxed“ sein wird. „Thank you“ In gewissen Situationen sind Amerikaner besonders praktisch. Ich verspreche ihn ganz bald mal zu besuchen. Dann will ich noch ein Foto: Vom letzten Lächeln des Sabbaticals.
Kurz darauf, im Flugzeug nach Deutschland,
Ich sitze neben einer Chilenin. Sie hat einen 50-Stunden Flug nach Südafrika gebucht. Sie will dort ihren deutschen Freund treffen. „Das war die günstigste Route.“ meint sie voller Vorfreude. Ich mag Langstreckenflüge. Nirgendwo sonst treffen Menschen mit Erwartungen so konzentriert auf Menschen mit Erinnerungen.
Ein paar Stunden später am Flughafen Frankfurt am Main,
„Ich bin dann mal zurück“ schreibe ich bei Facebook. Dann schalte ich das Handy wieder aus und setzte mich in den Wartebereich um Leute beim Ankommen zu beobachten. Ich habe die Illusion, so lange noch nicht wirklich wieder in Deutschland zu sein, so lange ich den Flughafen nicht verlasse.
Etwas später an einer Straßenbahnhaltestelle,
Irgendwie würde ich jetzt gern einen Regenbogen sehen. Neben mir keift eine Mutter ihr Kind an. Da fällt mein Blick auf die vorbeifahrende Straßenbahn. Scully? „Scully! J.. Scully!“ rufe ich. Aber sie ist mit ihrem Handy beschäftigt. Die Bahn fährt weiter. Wir schreiben uns Nachrichten. Und so wird sie, so will es die Geschichte, nur fast zur ersten Begegnung in Deutschland.
Zu Hause bei Frieder und Sandra,
Es gibt deutsche Leckereien: Brot, Bretzeln … und natürlich Bier. Nadine ist auch vorbei gekommen. Wir sprechen über Reisen. Frieder hat Kit Kat mit Wasabi-Geschmack aus Japan mitgebracht. Sandra erzählt von kleinen Kindern, die ihr in Afrika einfach so zugewunken haben und Nadine erinnert sich an Reisepässe, die sie in australischen Party-Hostels verloren hat. Unsere Augen funkeln, und wer ganz genau hinsieht konnte an diesem Abend ein paar unserer schönsten Farben leuchten sehen.
Man packt sich immer selbst mit ein
Letztlich sind all unsere Farben nur Brechungen des Lichts. Das flüchtige Ergebnis aus dem Winkel, in dem das Licht auf uns einfällt, und dem, was wir ausstrahlen können und wollen.
„Man packt sich immer selbst mit ein.“ hatte mir der deutsche Auswanderer Don Franz ganz zu Beginn der Reise erklärt. Er sollte Recht behalten. Denn so sehr und gern ich Gregório war, so war ich immer auch Gringor, Gregory, Greg, Gregoire, Gregorius und all die anderen. Eine leicht schizofrene Mischung all meiner Komplementär-Farben, die man wohl auch als Persönlickeit interpretieren könnte.
Eine Sache habe ich dabei gelernt. Wenn du Menschen begegnest, die deine schönsten Farben zum Leuchten bringen und zugleich deine hässlichsten Farben ertragen können, musst du clever sein. Denn diese Personen sollten zum Teil deiner Geschichte werden.
Am nächsten Morgen,
Gleich holt mich der Vati ab. Ich packe zum letzten mal meinen Rucksack, als mein Handy vibriert. „Willkommen in der BRD!“ Dona Patricia hat geschrieben. Sie hat bei Facebook gelesen, dass ich zurück bin. Aber das ist noch nicht die Überraschung …
Wenige Minuten später, wenige Kilometer von Frankfurt entfernt,
„Hola Don Gregório“ „Hola Doña Patricia“ Patricia ist in Deutschland. Sie besucht die Geschwister von Auswanderer-Papa Don Franz. Es ist ein Wiedersehen unter Freunden. Wir essen Pfannkuchen und schwelgen in Erinnerungen. Sie, die mich vor einem halben Jahr so herzlich in Kolumbien begrüß hat. Die fröhliche Frau, deren Lächeln sich so schwer auf Fotos einfangen lässt, wird zur letzten Begegnung dieser Geschichte.
Und mit dem Abschied von Doña Patricia verblasst auch der Abenteurer Gregório Jones und überlässt die Geschichte wieder dem deutschen Gregor T.
Über das was bleibt
Reisen sind wie Vorstellungsgespräche an die Welt. Man putzt sich heraus, setzt sein schönstes Lächeln auf und hofft inständig einen guten Eindruck zu hinterlassen. Der ganze Aufwand nur um ein paar neue Farben zu entdecken und ein paar alte wieder leuchten zu sehen.
Doch so sehr man sich auch dagegen wehrt, so sehr man sich immer erinnern will. Sobald die Reise endet, verblassen so langsam auch ihre Farben. Für den Alltag gilt eine andere Farbmischung als erfolgsversprechender.
Neben den bunten Erinnerungen, bleibt eine Gewissheit: Alles was es für ein neues Abenteuer braucht, ist ein kleines bisschen Mut …
Juli 2015, spät abends, in meiner Wohnung,
Ich könnte jetzt noch eine Weile darüber nachdenken. Drüber schlafen, mich mit Freunden beraten und mehr Informationen einholen. Ich sollte zumindest erst Urlaub einreichen … Oder ich klicke einfach auf diesen großen grünen Knopf.
Klick
…
Vielleicht ist dieses ganze Leben ja wirklich eine Reise und das was übrig bleibt eine Geschichte. Mit unserer Welt als malerischer Kulisse und den Menschen, die wir mögen, als Hauptfiguren. Und unsere einzige Aufgabe besteht darin eine Geschichte zu erleben, die man auch später noch gern erzählt. Unsere ganz persönliche, kunterbunte Travelnovela.
ENDE
Erschienen am
Antworten
Was für ein schöner, ehrlicher Bericht. Das war also im Juli. Und was machst Du jetzt ? Bist Du wieder los gefahren / geflogen / gelaufen ? Oder hast Du Dich wieder gut eingelebt ?
Alles Gute und viele neue Begegnungen für 2016.
MartinaDanke dir. Ja, ich habe mir noch einen kleinen Latein-AmerikaNachschlag in Mexiko geholt. Und tatsächlich war auch Gregório wieder zu sehen. 🙂 Nord-Peru wäre aber sicher auch mal spannend.
Schreibe einen Kommentar