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Dieses kleine verwunschene Himalaja Königreich hat mir einen inneren Frieden vermittelt, den ich nirgendwo anders erfahren habe, Urängste geweckt, von denen ich nicht mal wusste, dass sie existieren, und mich in Situationen geworfen, die ich mir in meinen wildesten Nacht-Schreib-Orgien nicht hätte ausdenken können.
Ich schlendere nichtsahnend in einen Klosterhof, malerisch umrankt von purpurroten Weinachtsternblüten, und zwei kleine Mädchen tanzen engelsgleich mit weißen Bändern im Kreis. Die Szene wirkt wie ein Monet-Gemälde. Erst auf den zweiten Blick realisiere ich, welchen Gegenstand die Kinder so unschuldig umgarnen. Ein überdimensionaler, erigierter Holzpenis, der als Krönung seiner realistischen Darstellung eine Ejakulation durch weiße Bänder symbolisiert. Da stehe ich nun und starre mit offenem Mund auf zwei kleine Mädchen, die im Samenerguss singend um einen Phallus hüpfen. Als mein Guide mir unvermittelt einen Tee unter die Nase hält, zucke ich zusammen wie ein Spanner am Spielplatz und frage stotternd nach dem Hintergrund dieser ungewöhnlichen Kunst. Mit der Selbstverständlichkeit von Dr. Sommer erzählt er mir vom berühmten Lama Drukpa Kunley, auf dessen potenten Lebensstil die Phallus-Verehrung in Bhutan zurückgeht. Der Gute hatte es faustdick zwischen den Beinen und soll der Legende nach die bösen Geister höchstpersönlich mit seinem „Magischen Donnerkeil der Weisheit“ ausgetrieben haben. Ich muss spontan an einen schlechten Pornotitel denken und bin erleichtert als mein Guide den Faden dieser schlüpfrigen Geschichte verliert und etwas Essen gehen möchte.
Als der flatternde Vorhang den Blick auf das Restaurant freigibt, bin ich auf einmal mitten drin in dem schlechten Porno, dessen Titel mir gerade noch durch den Kopf schoss. Der Besitzer kommt freudestrahlend mit offenen Armen und halb offenem Bademantel auf mich zu, und begrüßt mich wie einen lang vermissten Freund. Der Pyjama ist eigentlich das bhutanische Nationalgewand, der Gho, ein knielanger Mantel, der locker um die Hüften geschwungen wird und viel Raum für Spekulationen lässt. Die 20 Plastiktische liegen angestaubt und unberührt vor mir, dennoch werde ich mit dramatischen Gesten zum besten Tisch des Hauses geführt – direkt neben dem besten Stück des Hauses – einem detailgetreuen Holzpenis, der mich sitzend überragt. Im Schatten des Phallus versuche ich, so unbeeindruckt wie möglich meinen Tee zu schlürfen, während mir mein Guide voller Stolz den ´Höhepunkt› des Tages ankündigt
„Wir haben Glück und können gleich noch ein Kloster besuchen, wo du mit einem Phallus gesegnet wirst.“ Die Bhutaner haben einen feinen, fast schon britischen Humor, aber meine Frage, ob diese ganze ´Phallus-Segnerei› so eine Art „Eyes Wide Shut“-Nummer wird, stößt nur auf ein irritiertes Schulterzucken. Und so endet dieser Tag mit einem ekstatischen Mönch, der mantra-murmelnd den „Magischen Donnerkeil der Weisheit“ über mir kreisen lässt.
In 14 Texten um die Welt!
Tag 1: Im Balkan
Tag 2: Damaskus, Syrien
Tag 3: Petra, Jordanien
Tag 4: Sierra Leone
Tag 5: Kapstadt, Südafrika
Tag 6: Deception Island, Antarktis
Tag 7: La Paz, Bolivien
Tag 8: Havanna, Cuba
Tag 9: Tijuana, Mexiko
Tag 10: Melbourne, Australien
Tag 11: Sulawesi, Indonesien
Tag 12: Hanoi, Vietnam
Tag 13: Don Det, Laos
Tag 14: Bhutan
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Antworten
Ha ha, wie geil. Ich musste echt laut lachen, als ich das mit den Maedchen gelesen habe. Trotz der Phallussymbole ueberall wuerde ich super gerne Buthan besuchen. Sieht toll aus.
Es ist wirklich beeindruckend schön. Und irgendwann gewöhnt man sich an (fast) alles.
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