Starbucks nennt mich Emma…

Mein Name ist Gesa. Vier Buch­sta­ben. G.E.S.A. Sim­pel, oder? Und den­noch, unter­wegs scheint mein Name ein ernst­haf­tes Pro­blem an der Aus­spra­che-Front zu sein. Ich wur­de schon vie­les genannt: Lisa, Gei­sha, Gizeh, Geezer, Gisel­da, Gen­eve… und noch vie­les mehr, wes­halb ich mitt­ler­wei­le schon dar­an gewöhnt bin, in einer Vor­stel­lungs­run­de mei­nen Namen extreeeeeeem lang­sam aus­zu­spre­chen und mich schon fast im Vor­feld für ihn zu ent­schul­di­gen.

Vor die­sem Hin­ter­grund mag es nun also nicht über­ra­schen, dass es bis vor Kur­zem eine mei­ner größ­ten Ängs­te war, Kaf­fee bei Star­bucks zu bestel­len. Ich weiß ja nicht, ob ihr es wuss­tet, aber Star­bucks hat die Ange­wohn­heit, euren Namen auf den Kaf­fee­be­cher schrei­ben zu wol­len, damit es ja nicht zu Ver­wechs­lun­gen hin­ter der Kaf­fee-The­ke kommt. Und bit­te glaubt mir: Ich habe es ver­sucht. Jah­re­lang habe ich es ver­sucht, aber nie, nie, nie­mals – nicht mal zu Hau­se – hat ein Mit­glied der Star­bucks-Fami­lie mei­nen Namen rich­tig auf­ge­schrie­ben.

Neu­er­dings ist mir das Schnup­pe. Nicht nur bei Star­bucks, son­dern gene­rell. Bei Frem­den, die wohl auch Frem­de blei­ben, lüge ich ein­fach. Mein Star­bucks-Name ist Emma. Emma ist ein­fach. Jeder weiß, wie man Emma schreibt, aus­spricht und hand­habt. Emma sagt auch nichts dar­über aus wo ich her­kom­me. Nach allem was Star­bucks weiß, könn­te Emma aus Ame­ri­ka kom­men, aus Eng­land oder sonst­wo aus Euro­pa, viel­leicht sogar aus Süd­afri­ka!

Und es klingt so nett.

„Hier ist dein Lat­te Mac­chia­to, Emma.“

„ Lass es dir schme­cken, Emma!“

„Emma, dein Chai Tee ist fer­tig!“

Ich füh­le mich wie jemand anders wenn sie mich Emma nen­nen. Kei­ner kennt Emmas Geschich­te, denn sie hat kei­ne. Kei­ner kennt ihren Job, denn sie hat kei­nen. Auch ihren Nach­na­men kennt kei­ner, denn… nun ja… sie hat kei­nen!

Unter­wegs, wo Frem­de doch qua­si täg­lich mei­nen Weg kreu­zen, muss ich zuge­ben, dass es mir Spaß macht, mei­ne Schein-Iden­ti­tät noch wei­ter aus­zu­bau­en. Wenn ich weiß, dass ich dich nie­mals wie­der­se­hen wer­de, erzäh­le ich dir viel­leicht, dass ich zu Hau­se Medi­zin stu­die­re, einen Affen namens Klaus habe und dass Papa Zir­kus­di­rek­tor ist. Ich lüge dich an, ist rich­tig. Ich bin mir aber nicht sicher, ob das wirk­lich als Lüge durch­geht. Ich glau­be ein­fach, dass du dich nicht wirk­lich für mei­ne Ant­wor­ten inter­es­sierst. Das ist gar nicht böse gemeint, ich weiß du willst nur höf­lich sein, indem du Fra­gen stellst. Und das ist okay. Wenn der eine Frem­de auf den ande­ren trifft, wol­len bei­de ihre Geschich­ten los­wer­den.

Aber wenn nun bei­de reden, wer bleibt denn dann übrig, um zuzu­hö­ren?

Ich mag zuhö­ren. Es macht mir nichts aus, zur Abwechs­lung mal nicht über mich zu reden, denn ganz ehr­lich? Das ist eine Geschich­te, die ich wirk­lich nicht mehr hören kann. Viel­leicht erfin­de ich des­halb von Zeit zu Zeit eine Schein-Per­sön­lich­keit. Oder viel­leicht bin ich des­halb über­haupt auf Rei­sen. Weil Rei­sen es mir erlaubt mich mit jedem neu­en Ort auch neu zu erfin­den. Rei­sen erlaubt es mir, neu anzu­fan­gen und Gepäck zurück­zu­las­sen. Rei­sen erlaubt es mir, die Welt immer wie­der neu zu ent­de­cken, mit den Augen des Frem­den in mir selbst.

Ich bin ger­ne fremd, ab und an. Ich bin ger­ne Emma. Eine jun­ge Frau ohne Geschich­te, ohne Job und ohne Nach­na­men. Nur ein gewöhn­li­ches Gesicht hin­ter der Kaf­fee-The­ke, das auf Kaf­fee war­tet, bevor es wie­der in der Men­ge ver­schwin­det, um fremd zu sein.

emma

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Antworten

  1. Avatar von Daniel @Madiba

    Hey Gesa,

    ich woll­te zunächst den Witz machen und dich Emma nen­nen. Aber was ist dar­an lus­tig? 😉 Bei mei­ner Recher­che über die neue Filia­le in Süd­afri­ka (sie­he: madiba.de/blog/starbucks-goes-south-africa ) bin ich auf einen inter­es­san­ten Bei­trag von Zeit.de und dem Ceme­di­an Paul Gate gesto­ßen. Er schreibt, dass die Mit­ar­bei­ter den Namen absicht­lich falsch schrei­ben.

    Kann ich mir gut vor­stel­len: http://www.welt.de/wirtschaft/article132109084/Starbucks-schreibt-Kundennamen-absichtlich-falsch.html

    »Der dum­me Kun­de habe dann näm­lich nichts Bes­se­res zu tun, als bei Insta­gram, Twit­ter und ande­ren sozia­len Netz­wer­ken ein Foto des Star­bucks-Bechers zu tei­len. Voi­là, kos­ten­lo­se Wer­bung für den Kaf­fee­kon­zern.«

    Dein Bei­trag wür­de den Mar­ke­ting-Ver­ant­wort­li­chen ja Recht geben.

    Lie­ben Gruß!

  2. Avatar von Emma
    Emma

    Das ist doch ein­mal eine rich­tig schö­ne Geschich­te! Hat mir sehr gut gefal­len! Nicht nur wegen Star­bucks, son­dern wie du damit umgehst, dass jeder nach unse­ren per­sön­li­chen Daten lechzt. Ich wer­de das unbe­dingt auch mal aus­pro­bie­ren.

  3. Avatar von Yvonne

    Star­bucks hat auf mich auch immer die­se Wir­kung. Als Kind woll­te ich immer Petra hei­ßen, weil Yvonne, so hieß da kei­ner, wo ich her­kom­me. Und dann steh ich wie­der mal bei Star­bucks, wohin ich nur im Som­mer gehe, weil ich die Vanil­la Iced Cafe Lat­te, Gran­de, so ger­ne mag. Und je nach­dem, wie ich mich füh­le, bin ich manch­mal dann die Uschi. Auf Rei­sen war ich bis jetzt aller­dings immer ein­fach ich. Gut, manch­mal habe ich behaup­tet, ich arbei­te auf der Bank, das war aber eher zu Ein­rei­se­zwe­cken gedacht. Aber viel­leicht soll­te ich das auch mal aus­pro­bie­ren. Und viel­leicht sage ich dann ein­fach auch: Hi, ich bin Emma. Und dann den­ke ich an dich und die ande­re Emma, und freu mich, dass es uns bei­de gibt.

    1. Avatar von Gesa

      Haha, Petra! Dann nenn ich dich ab jetzt so und freu mich auch, dass es uns gibt 🙂

  4. Avatar von robert
    robert

    ach star­bucks ist ein main­strea­mi­ges hype pro­dukt, was von vie­len intel­lek­tu­el­len der küs­ten­re­gi­on ame­ri­kas aus gutem grund gemie­den wird, man muss da ja nicht hin­ge­hen, wenn man einen so schö­nen und alter­na­ti­ven namen hat, so gern viel­sei­tig reist und offen­sicht­lich krea­ti­vi­tät über anpas­sung setzt.
    und so jemand darf dann stolz sagen, fuck you, my name is .… ver­giss emma.

    ich mag gesa. (den namen) zur per­son kann ich nichts sagen, und, dass es bestimmt in klei­nen bun­ten alter­na­ti­ven läden auch tol­len kaf­fee gibt.

    dein robert.

  5. Avatar von Heiko

    Haha­ha..

    Bei mei­nen Vor­na­men müss­te man mei­nen das er kei­ne Pro­ble­me ver­ur­sacht.
    Dem ist aber nicht so, gera­de in asia­ti­schen Län­dern ver­ur­sa­chen die­se zwei
    Sil­ben für ein hei­te­res durch­ein­an­der 🙂
    Ein Japa­ner z. B. konn­te sich kaum hal­ten vor Lachen?! Woll­te mir aber auch nicht erklä­ren
    was genau an »Hei ko« so wit­zig ist.
    Hat­te schon »Hei ka«, »Hai­ko« und in Thai­land wur­de dar­aus ein­fach »Hei«, wohl mit der Logik das im Thai­län­di­schen das »Ka« als Dan­ke­schön­flos­kel an fast jeden Satz ange­hängt wird. Wobei genau­er gesagt das »Ka« von weib­li­chen Per­so­nen genutzt wird und von männ­li­chen Per­so­nen das »Krap«. Aber ich als Farang war nach deren Mei­nung wohl zu doof den unter­schied rich­tig zu nut­zen 😉

    Mit gefällt es, man hat was zum Schmun­zeln…

  6. Avatar von Robert

    Fremd und anonym in der Frem­de, neh­me Die­se Gedan­ken ger­ne mit auf mei­ne nächs­te Rei­se. Mor­gen geht es los, ich wer­de es aus­pro­bie­ren. Mit mei­nem Aller­welts­na­men hat­te ich bei Star­bucks bis­her kein Pro­blem, zumin­dest nicht in Schott­land, wo anders war ich noch nicht bei Star­bucks;-)

  7. Avatar von Tina @Miss Porridge

    Wie fies, bei mei­nen bis­he­ri­gen Star­bucks Besu­chen wur­de auf das alt­be­kann­te »Whats your name« Fra­ge­spiel ver­zi­chet – ob es dar­an liegt?

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