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Saudade Australien – mit Cindy Ruch über Sehnsuchtsorte und die große Liebe Australien

Zwi­schen Ber­lin und dem Out­back, zwi­schen deut­schem Haupt­stadt-Cha­os und aus­tra­li­schem Staub. Irgend­wo dort bewegt sich Cin­dy Ruch in ihrem Buch Woan­ders wach­sen Man­gos, als sie an die­sem Sams­tag­abend, im Sep­tem­ber 2023, ihre ers­te öffent­li­che Lesung hält. Sie nimmt auf dem Lese­ses­sel Platz, wir ande­ren auf den Stüh­len ihr gegen­über – der Ehren­platz für die Autorin. Das Glas Was­ser auf dem Bei­stell­tisch hilft der noch ange­grif­fe­nen Stim­me, die Wor­te unge­hin­dert durch den Raum zu schi­cken.

Lang ist der letz­te Besuch in Aus­tra­li­en her, lang hat sie nicht mehr nach Flug­ti­ckets gesucht. Doch ges­tern, ja, ges­tern bei den Vor­be­rei­tun­gen für die Lesung, da hat sie es dann doch getan, erzählt sie uns. Da sei sie rück­fäl­lig gewor­den. Und dann liest sie von ihren ers­ten Road­trips in Aus­tra­li­en. Tau­sen­de Kilo­me­ter Out­back, auf engs­tem Raum mit Men­schen, die sie gar nicht kennt. Von ihrem Bauch­ge­fühl, das gar nicht hin­ter­her kommt bei all den unge­heu­er­li­chen Situa­tio­nen, mit denen sie es kon­fron­tiert.

Hin und wie­der wird der Lese­fluss unter­bro­chen. Cin­dy Ruch hat ihre Toch­ter mit­ge­bracht, und die for­dert dann doch Mamas Auf­merk­sam­keit. Schließ­lich ist das immer noch ihre Mama, die sonst ihr vor­liest. Min­des­tens ein Platz auf dem Schoß, das ist nicht ver­han­del­bar. Mit gro­ßen Augen beguckt sie sich von dort aus die Men­schen, die extra für ihre Mama und ihr Buch gekom­men sind. 

Von den blon­den Rin­gellöck­chen im Gesicht lässt die Autorin sich aber nicht davon abhal­ten, ihre Geschich­te wei­ter zu erzäh­len. 2006 war sie das ers­te Mal in Aus­tra­li­en, wann das Seh­nen ange­fan­gen hat, weiß sie nicht. Aber ihr gro­ßer Traum war das Land schon lan­ge. Los­ge­las­sen hat es sie seit­dem nie wie­der. Mit Woan­ders wach­sen Man­gos woll­te sie die­se Sehn­sucht fest­hal­ten, bevor sie viel­leicht ver­blasst. Man wis­se es ja nicht, ein Gefühl kann schnell und plötz­lich ver­schwin­den oder sich wan­deln, sagt sie in der Fra­ge­run­de, die von Yvonne Fran­ke mode­riert wird. Gera­de jetzt, mit dem Kind, wer weiß wie sie sich ver­än­dern wür­de. Die Erin­ne­rung an die­ses Gefühl muss blei­ben, selbst, wenn das Gefühl selbst irgend­wann nicht mehr exis­tiert. Und gleich­zei­tig woll­te sie Aus­tra­li­en aus sich her­aus schrei­ben. Die Sehn­sucht irgend­wie stil­len, um ganz in Ber­lin anzu­kom­men.

Ankom­men ist nicht ein­fach. Aus­tra­li­en folgt ihr über­all hin. Es kommt über­all hin mit. Ein Lied, ein Duft reicht, um sie wie­der zurück zu ver­set­zen. Auf den Vor­schlag aus dem Publi­kum, dass sie doch jetzt ihrer Toch­ter das Land zei­gen kön­ne, ant­wor­tet Geläch­ter. Oh nein, ganz gefähr­li­cher Gedan­ke.

Das Publi­kum, das sich in der wun­der­vol­len Buch­hand­lung Lyrig­ma in Ber­lin-Schö­ne­berg ver­sam­melt hat, ist nicht groß, man kennt sich unter­ein­an­der. Die Atmo­sphä­re ist ent­spannt, pas­send zum Titel gibt es nach der Lesung Man­go-Likör. Die Unter­hal­tung über das Buch endet nicht mit der Lesung. Gesprä­che über Ber­lin als neue Hei­mat fol­gen auf die vor­he­ri­ge Fra­ge­run­de. 

Am Ende bleibt das Gefühl, das ein Sehn­suchts­ort hin­ter­lässt. Auch ich habe einen. Nach der Lesung kreist das por­tu­gie­si­sche Wort Sau­da­de durch mei­nen Kopf. Ähn­lich wie das deut­sche Fern­weh kann es nicht direkt über­setzt wer­den. Es beschreibt die Sehn­sucht nach etwas, das ver­gan­gen ist, ver­mischt mit der bit­ter­sü­ßen glück­li­chen Erin­ne­rung dar­an. Für Cin­dy Ruch scheint Aus­tra­li­en die Per­so­ni­fi­ka­ti­on des Wor­tes zu sein. Wenn es ihr schlecht geht, sie sich gestresst fühlt, oder ein­fach das graue deut­sche Wet­ter nicht mehr erträgt, dann sehnt sie sich zurück in die Zeit, die sie in Aus­tra­li­en ver­lebt hat. Wahr­schein­lich geht es den meis­ten Men­schen so – dass ein bestimm­ter Ort in ihrem Kopf auf­taucht, wenn sie sich irgend­wo vom Leben erdrückt füh­len. Irgend­wann ver­las­se ich die Buch­hand­lung, in der ich gera­de eine klei­ne Welt­rei­se gemacht habe, mit Sau­da­de im Her­zen und dem Geschmack von Man­go-Likör auf der Zun­ge. Mein Weg nach Hau­se wird mir genug Zeit geben, noch­mal über alles nach­zu­den­ken. Über Sehn­suchtsor­te, zu Hau­se – und über Aus­tra­li­en.

Woanders wachsen Mangos

(4 Kun­den­be­wer­tun­gen)
26,00 

Von Fern­weh getrie­ben, ent­deckt Cin­dy Ruch Aus­tra­li­en in aben­teu­er­li­chen Road­trips, bevor sie daheim Orte sucht, die sie an ihr Sehn­suchts­land erin­nern

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  1. Avatar von Dana
    Dana

    Das ist ein wirk­lich schö­ner Blog, da er sehr infor­ma­tiv ist

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