Sardinien – Von der Rettung eines Katers

Die Insel Sar­di­ni­en ist prak­tisch mei­ne zwei­te Hei­mat. Eine Rei­se dort­hin – im Früh­jahr für den gan­zen Monat März – brach­te mich in die Gegend rund um Orist­ano. Man kann es dort gut aus­hal­ten, die Gegend ist viel­sei­tig mit aus­ge­dehn­ten Strän­den und auch Ber­gen, die Haupt­stadt Caglia­ri ist auch nicht all­zu weit ent­fernt.
Frei leben­de oder auf­ge­ge­be­ne Haus­tie­re sind kei­ne Sel­ten­heit auf Sar­di­ni­en. Nor­ma­ler­wei­se küm­mert mich das nicht, bis auf mich die­ser Rei­se ein laut jam­mern­der Kater durch eine Ort­schaft ver­folg­te. Sei­ne Miaus sind so laut, dass die Anwoh­ner die Fens­ter öff­nen und sie sagen, dass es sich um einen auf­ge­ge­be­nen Kater han­delt, ich sol­le ihn mit­neh­men. Und genau das beschlies­se ich dann auch, besor­ge die not­wen­di­gen Uten­si­li­en und fan­ge den Kater ein.

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Zurück in der Feri­en­woh­nung ist nun end­lich eine nähe­re Begut­ach­tung des Zustan­des mög­lich. Der Kater lei­det unter star­kem Nie­sen, Hus­ten, Durch­fall, Befall von diver­sem Unge­zie­fer … der klei­ne Kör­per ist von klei­nen Wun­den über­sät, die sich spä­ter als All­er­gie her­aus stel­len. Der Zustand des Tie­res ist Besorg­nis erre­gend, ein Tier­arzt ist not­wen­dig. Auf der Suche nach einer Anlauf­stel­le nut­ze ich sozia­le Medi­en und bekom­me auch prompt eine Ant­wort.

Haus­tie­re und Men­schen auf Sar­di­ni­en – ein selt­sa­mes Ver­hält­nis

Aller­dings: Die Bewoh­ner der Insel erken­nen auch den Kater wie­der. Dorf­weit bekannt ist er, er war mal eine Pracht. Zuhau­se bei einer älte­ren Dame, die ins Alters­heim gekom­men ist, wur­de die Ver­ant­wor­tung für das Tier dem Sohn über­tra­gen. Dem war der Kater aber offen­sicht­lich egal. Jeder im Dorf wuss­te es, geküm­mert hat es nie­man­den. Beim Tier­arzt wer­de ich eine Men­ge Euros los, für diver­se Medi­ka­men­te wie etwa eine Wurm­kur und ers­te Maß­nah­men gegen das Unge­zie­fer, das den Kater quält. Die ver­mu­te­te Schwan­ger­schaft der “Sie” stellt sich als extre­mer Bläh­bauch eines “Er” auf­grund der Ernäh­rung auf der Stra­ße her­aus – das arme Tier erin­nert an Bil­der hun­gern­der Kin­der in Afri­ka. Pas­ta aus der Müll­ton­ne ist nun ein­mal kei­ne Opti­on für Kat­zen.

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Zwi­schen­zeit­lich taucht nun sogar im Online-Leben der mut­maß­li­che Besit­zer des Tie­res auf, man for­dert, ich sol­le das Tier zurück geben. Es war ihm bis dahin voll­kom­men gleich­gül­tig, nach­dem ich die Behandlung/​en beim Tier­arzt bezahlt hat­te, hat er es sich plötz­lich also anders über­legt. Ein kla­rer Fall: Ich wei­ge­re mich. Auch die ita­lie­ni­sche Gesetz­ge­bung ist auf mei­ner Sei­te, denn ein miß­han­del­tes Tier (dazu gehört auch die Ver­nach­läs­si­gung) darf man sehr wohl an sich neh­men. Den­noch bricht ein regel­rech­ter Shit­s­torm über mich her­ein, ich wer­de tage­lang von Men­schen per Mail und auf ande­ren Wegen beläs­tigt. Wo mei­ne Unter­kunft sei, ich soll den Kater zurück brin­gen, Lügen­ge­schich­ten über das angeb­li­che Wohl­erge­hen des Katers in sei­nem Hei­mat­dorf wer­den ver­brei­tet. Aber ich fin­de auch Zuspruch. Men­schen, die die Fotos gese­hen haben und ganz gar kein Ver­ständ­nis für das Han­deln des Besit­zers haben. Eini­ge die­ser Leu­te sind noch heu­te mei­ne Freun­de.

Von Feri­en­woh­nun­gen, Büro­kra­ten, Flug­zeu­gen und Kat­zen

Wäh­rend ich in Nach­rich­ten ersti­cke, eror­bert das Kater­chen nach und nach das Apart­ment – er schläft viel, kommt ger­ne zum Kuscheln, frisst ohne Pau­se und ver­langt immer noch mehr. Ich mache mir Sor­gen über die Ver­mie­ter, aber die sehen die Sache ganz ent­spannt und stel­len mir Ihren am Strand gefun­den Hund vor. Die Fra­ge, wie das Kater­chen nun nach Deutsch­land kommt, stellt sich aller­dings schwie­rig dar. Die ita­lie­ni­sche Büro­kra­tie kennt kei­ne Gren­zen und anstatt Urlaubs­ge­nuss und Aus­flü­ge fin­de ich mich bei diver­sen Behör­den wie­der. Ohne die Hil­fe mei­ner Freun­de vor Ort wäre das gar nicht mach­bar gewe­sen.

Um im Flug­zeug mit zu rei­sen, braucht der Kater diver­se Imp­fun­gen und Papie­re, die aber Zeit brau­chen. Ansons­ten darf er nicht mit in den Flie­ger oder nach Deutsch­land gebracht wer­den. Ich über­las­se ihn des­we­gen zunächst einer Hilfs­or­ga­ni­sa­ti­on vor Ort, wo er sich wei­ter aus­ku­rie­ren kann und die nöti­gen Imp­fun­gen bekommt. Etwa zwei Mona­te spä­ter buche ich dann einen wei­te­ren Flug und ein paar Tage auf Sar­di­ni­en, um den Kater dort abzu­ho­len. Ich kann berich­ten, dass es ist kein Ver­gnü­gen ist, einen Flug von Sar­di­ni­en nach Ber­lin mit einem so unfrei­wil­li­gen Flug­gast unter den Füßen anzu­tre­ten. In sozia­len Net­zen und in den Mails ist es zwi­schen­zeit­lich eben­falls end­lich wie­der ruhig gewor­den – ver­ein­zel­te Dro­hun­gen erreich­ten mich aber auch noch Wochen nach mei­ner Rück­kehr nach Ber­lin.

Hap­py Ending

Ange­kom­men in sei­ner neu­en Hei­mat ent­wi­ckelt sich der Kater schnell sehr gut, von den gesund­heit­li­chen Schwie­rig­kei­ten, mit denen ich in der Feri­en­woh­nung gekämpft habe, ist kei­ne Spur mehr übrig. Wäh­rend in sei­ner Hei­mat kein Hahn mehr nach ihm kräht, ist aus dem jäm­mer­li­chen Hau­fen ist ein hüb­scher, anhäng­li­cher und sehr zutrau­li­cher Gefähr­te gewor­den.

Trotz alle­dem kann ich Euch ver­si­chern, dass Sar­di­ni­en eine Rei­se wert ist, nehmt aber kei­ne Tie­re mit – vor allem nicht im Flug­zeug und pos­tet nichts dar­über auf sozia­len Medi­en, auch wenn das Tier kurz vor dem Hun­ger­tod steht.

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Antworten

  1. Avatar von Martina
    Martina

    Hal­lo Andrea, über wel­che Hilfs­or­ga­ni­sa­ti­on hast du denn Unter­stüt­zung bekom­men? wir sind hier in einer ähn­li­chen Situa­ti­on. viel­leicht könn­test du mich per Mail kon­tak­tie­ren. Vie­len Dank im vor­aus.
    LG Mar­ti­na

  2. Avatar von Aldona Lxsek

    Update. Nähe Caglia­ri kann emp­fo­len die Lil­lys Colo­nia gat­ti
    Face­book Sei­te suchen da steht die Adres­se.

  3. Avatar von Petra
    Petra

    Lie­be Andrea
    Bin seit 5 Tagen auf Sar­di­ni­en und füt­te­re eine Kat­zen­ma­ma und ihr Baby durch die bei uns am Feri­en­haus leben. Auf einer Tour haben wir heu­te 2 halb­to­te Kat­zen­ba­bys gefun­den. Da mein Sohn all­er­gisch ist könn­te ich sie nicht mit­neh­men. Aber es geht mir nicht aus dem Kopf. Kannst Du mir sagen wo ich eine Anlauf­stel­le fin­de wo Ihnen gehol­fen wer­den kann. Sind in der Nähe von Caglia­ri und so rich­tig hab ich im Netz nichts gefunden(nur Spen­den­ru­fe). Lie­be Grüs­se Petra

  4. Avatar von Elga
    Elga

    Hal­lo Andrea,
    wir machen gera­de Urlaubs­plä­ne und inter­es­sie­ren uns erst­mals für Ita­li­en, so bin ich auf Dei­nen Bericht gesto­ßen. Ich zie­he den Hut vor Dir! Dan­ke, dass Du den klei­nen Kerl geret­tet hast. Jedes Tier ist jeden Cent wert, den man aus­gibt. Mir ist mal etwas Ähn­li­ches auf der Insel Kre­ta « pas­siert ».
    Kater Luis ( so haben wir ihn genannt ) war schwer krank, trotz­dem haben wir ( zwei Urlau­be­rin­nen, die sich vor­her nicht kann­ten ) dafür gesorgt, dass er nach Mün­chen in die Tier­kli­nik kam ( trotz vie­ler Hin­der­nis­se ).
    Ein Tier­arzt aus der Kli­nik hat Luis bei sich auf­ge­nom­men. Ist das nicht schön?
    Gruß
    Elga

  5. Avatar von Marco

    Sar­di­ni­en ist wirk­lich ein wun­der­schö­nes Rei­se­ziel. Ich war vor 3 Jah­ren dort im Cam­ping­ur­laub und es war traum­haft.
    Dan­ke für dei­nen Bericht. Es war herz­er­wär­mend ihn zu lesen. 🙂

    Che­ers,
    Mar­co

  6. Avatar von Moni

    Was für eine tol­le Geschich­te. Ich kann ja kein Tier sich selbst über­las­sen, das beschäf­tigt mich dann Wochen­lang und lässt mich nicht mehr los. Im Dolo­mi­ten Urlaub habe ich mich schon kurz­fris­tig um einen Hund geküm­mert, weil sein Herr­chen einen ver­stauch­ten Knö­chel hat­te. Das lief aber ganz fried­lich und ohne Shit-Storm wie bei dir ab. Ich fin­de es aller­dings erschre­ckend, dass man so bedrängt wird, nur weil man doch eigent­lich einem armen Tier hel­fen möch­te. Men­schen kön­nen so wider­lich sein! Ich bin froh, dass der klei­ne Kater jetzt ein schö­nes Zuhau­se hat.

  7. Avatar von Thorsten
    Thorsten

    Eine wahr­lich ande­re Rei­se­ge­schich­te.
    Ich bin froh das der Sofa­ti­ger doch so ein Glück in sei­nem Leben hat.

  8. Avatar von Jana

    Dan­ke für die­se wun­der­schö­ne Geschich­te und Dein Durch­hal­te­ver­mö­gen. Wie schön, ein sol­ches Hap­py Ending lesen zu dür­fen. Toll gemacht!

    Hat das süs­se Kater­tier auch einen Namen bekom­men?

  9. Avatar von Jay

    Ein sehr schö­ner Arti­kel. Das macht Lust auf mehr sol­cher Geschich­ten !

  10. Avatar von Mel

    Was für eine wun­der­ba­re Geschich­te. Gut, dass du dich nicht hast davon beein­dru­cken las­sen, dass der Shit­s­torm über dich kam.

    Ich habe auf Kor­fu auch mal eine tol­le Geschich­te erlebt. Ich habe beruf­lich gra­de eine Boots­fahrt auf eine klei­ne, vor­ge­la­ger­te Sand­bank beglei­tet.
    Dort war ein klei­ner frei­lau­fen­der Hund der vom Besit­zer der Strand­bar mit Trit­ten ver­jagt wur­de. Mei­ne Gäs­te fan­den das ganz und gar nicht gut und es war ein wirk­lich schö­ner Hund, etwas schüch­tern, aber das ist ja ver­ständ­lich.
    Sie spra­chen also zum Boots­füh­rer und zur loka­len Rei­se­lei­tung und mit mir und es wur­de sofort orga­ni­siert, dass er Hund noch am sel­bern Tag von dort geholt wür­de und nur weni­ge Wochen spä­ter hat­te er ein neu­es zuhau­se in Deutsch­land.

    Lie­be Grü­ße
    Mel

    1. Avatar von Andrea

      Dan­ke Mel … es war aber echt sehr stres­sig, muss ich sagen. Man kennt sich auf der Insel und die Akti­on inso­fern »nicht ohne«. So ein belei­dig­ter Sar­de kann durch­aus zu einem erns­ten Pro­blem wer­den. Schön, wenn der Hund auch gut unter gekom­men ist. Wün­schens­wert wäre ja, dass sich die Ver­hält­nis­se vor Ort ändern, in Ita­li­en erle­be ich ein star­kes Gefäl­le von sehr tier­lie­ben Men­schen hin zu völ­li­gen Igno­ran­ten.

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