Die antiken Theater von Epirus

Der Roadtrip durch Epirus kann beginnen

Es ist mei­ne Prä­mie­re in Grie­chen­land und dann suche ich mir auch noch gleich Epi­rus raus. Nicht vie­le ken­nen die­se Regi­on mit ihrem Namen. Nur der Name Kor­fu erin­nert vie­le an blau­es Mit­tel­meer, Son­ne und Strand. Ver­lässt man die Insel und fährt man aufs Fest­land lan­det man in Epi­rus. Eine viel­ver­spre­chen­de Regi­on für eine Road­trip. Tau­sen­de Jah­re Geschich­te prä­gen sie und ihre Ber­ge. Erst die neu­en Auto­bah­nen von der Gren­ze zu Alba­ni­en nach Athen und nach Thes­sa­lo­ni­ki machen die­se Regi­on kom­for­ta­bler ber­eis­bar. Den­noch win­den sich an allen Ecken und Enden die Stra­ßen durch tie­fe Täler ent­lang von Berg­land­schaf­ten, die ihre vol­le Anzie­hungs­kraft auf mich zie­hen. Es kit­zelt in den Fin­gern und natür­lich den Füßen, dem Road­trip den Rücken zu keh­ren und die Wan­der­stie­fel etwas mehr zu bemü­hen.

Gitani Theater

Ioan­ni­na ist mei­ne Basis für die nächs­ten Tage. Im zen­tra­len Hoch­land von Epi­rus gele­gen sind Tages­etap­pen in alle Rich­tun­gen mög­lich. Auch wenn ich viel­leicht das nächs­te Mal von Ort zu Ort zie­hen wür­de, da die Fahr­zei­ten ein leicht erhöh­tes Stress­le­vel nach sich zie­hen und das Flair manch eines Ortes in der Ruhe liegt und nicht in der Hast. Ein bis zwei Wochen mehr könn­te ich mir hier locker gön­nen.

Gitani – versteckt in den Bergen

Die Rei­se führt nach Wes­ten weni­ge Fahr­mi­nu­ten nörd­lich von Igo­u­me­nit­sa, nach Gita­ni. Schon auf der Fahrt sitzt San­na, eine nie­der­län­di­sche Blog­ge­rin, neben mir und schaut auch sehn­süch­tig aus dem Fens­ter. Die Ber­ge sind wirk­lich ver­lo­ckend. Die Stra­ße auf den letz­ten Metern wird immer enger und schlän­gelt sich schluss­end­lich ent­lang eines Flu­ßes durch das Tal. Ein­ge­rahmt von Fluss­ar­men auf drei Sei­ten errei­chen wir Gita­ni, eine der ehe­ma­li­gen Sied­lun­gen der Thes­pro­ter. Durch das offe­ne Tor, vor­bei am lee­ren Kas­sen­häus­chen lau­fen wir am unte­ren Rand der ehe­ma­li­gen Stadt­mau­ern in Rich­tung unse­res ers­ten Ziels, dem Thea­ter von Gita­ni.

Gitani Theater Restauration

Nur weni­ge Meter ent­fernt steht ein klei­ne Werk­statt. Davor sit­zen zwei Archäo­lo­gin­nen und bear­bei­ten ein paar Stei­ne, um sie wie­der zusam­men zu fügen. Die lei­ten­de Archäo­lo­gin Alex­an­dra Bizi­mi erzählt uns die Geschich­te der Stadt. Sie wur­de wahr­schein­lich gegen Ende des 4. Jahr­hun­derts vor Chris­tus gegrün­det und immer wei­ter aus­ge­baut. Die Stadt­mau­er ist über 2400 Meter lang. Im Inne­ren der Stadt lie­gen schma­le Stra­ßen und die Aus­gra­bun­gen haben Res­te von vie­len Häu­sern frei­ge­legt. Am süd­öst­li­chen Stadt­tor wur­den in einem Stadt­haus gut erhal­te­ne Mosai­ke gefun­den und eben­falls frei­ge­legt. Das etwas außer­halb lie­gen­de Thea­ter für fast 5000 Men­schen wird gera­de gesi­chert und leicht wie­der­her­ge­rich­tet. Alex­an­dra Bizi­mi weist uns noch auf eine wirk­lich ein­zig­ar­ti­ge Beson­der­heit hin. Auf den Sitz­bän­ken des Thea­ters wur­den Namen gefun­den. Es sind Namen von Skla­ven und Herr­schaf­ten, die den Skla­ven die Frei­heit gaben: eine öffent­li­che Dank­sa­gung.

Gitani - Namen von Sklaven

Tückische Ruhe

Der Küs­ten­ort Par­ga ist sicher nur in den Win­ter­mo­na­ten ein ruhi­ges Ört­chen. Sei­ne engen Gas­sen las­sen nur Fuß­gän­ger sei­ne inne­re Schön­heit erkun­den. Der Ort war einst geprägt von stren­gen Gerü­chen der Oli­ven­fa­bri­ken. Mit dem Auf­kom­men des Tou­ris­mus wur­den die klei­nen Manu­fak­tu­ren aus dem Ort ver­bannt.

Parga - Olivenmuseum

Im Stadt­kern unweit der Burg liegt noch ein klei­nes Muse­um in einer alten Oli­ven­öl­pres­se. Wir schlen­dern auf der brei­ten Pro­me­na­de und schau­en den letz­ten ver­blie­be­nen Son­nen­an­be­tern am Strand und im Was­ser zu, bevor wir wie­der in die anti­ke Geschich­te von Epi­rus abtau­chen.

Parga - Küstenstadt

Knapp 20 Kilo­me­ter süd-öst­lich liegt das Nekrom­an­tei­on, ein Tote­n­ora­kel. So wer­den zumin­dest die vor­han­de­nen Quel­len, vor allem von Homer und Hero­dot, gedeu­tet. Auf dem Hügel über der heu­ti­gen Stadt Meso­po­ta­mo liegt es umge­ben von star­ken Mau­ern. Unser Gui­de berich­tet von lang andau­ern­den Pro­ze­du­ren und der exten­si­ven Nut­zung von Dro­gen, um sich für den Besuch mit den Toten vor­zu­be­rei­ten. Man such­te hier Rat bei den ver­stor­be­nen Ver­wand­ten. Ich wer­de in ein Gespräch zwei­er Fach­leu­te ver­wi­ckelt; einem deut­schen Archäo­lo­gen und einem bri­ti­schen Autor. Sie ver­su­chen gera­de die Fun­de und die Quel­len für sich selbst zu inter­pre­tie­ren.

Nekromanteion

Die dicken Mau­ern, gro­ße Auf­be­wah­rungs­ge­fä­ße und auch die Archi­tek­tur deu­tet für sie eher auf eine Fes­tung hin. Im Gegen­zug dazu ste­hen die Quel­len und die ver­meint­li­che pas­sen­de Beschrei­bung des Ortes. Ich fin­de es span­nend, den Aus­füh­run­gen zu lau­schen und einen klei­nen Ein­blick in die Unei­nig­keit der Wis­sen­schaft zu bekom­men. Müss­ten wir nicht wei­ter, so wäre ich ger­ne dort geblie­ben, um den Aus­füh­run­gen zu lau­schen und die Details auf­zu­sau­gen. Mit einer solch fach­kun­di­gen Gesell­schaft machen selbst mir Rui­nen, für die viel Vor­stel­lungs­kraft nötig ist, Spaß.

Arta – nicht Sparta

In Arta fällt gleich die gro­ße Bogen­brü­cke über den Aracht­hos auf. Domi­nant steht die Brü­cke für die Ver­bin­dung zwei­er Ufer. Vie­le Anti­kes ist in der Stadt über­baut wor­den. So ist das Leben nun mal. An man­chen Stel­len klaf­fen aber gro­ße und klei­ne­re Löcher im Boden und geben Ein­bli­cke in die Unter­welt oder bes­ser gesagt in die Anti­ke.

Ambrakia - Alter Friedhof

Der alte Fried­hof der anti­ken Stadt Ambra­kia ist so ein Bei­spiel. Er lag direkt an der alten Haupt­stra­ße, die in die Stadt führ­te. Die alten Grä­ber und auch die Stra­ße sind erstaun­lich gut erhal­ten, auch wenn vie­le Aus­stel­lungs­stü­cke sich heut­zu­ta­ge im Muse­um der Stadt befin­den. In der Innen­stadt liegt das klei­ne Thea­ter von Ambra­kia. Es ver­steckt sich in hin­ter Häu­sern und wur­de auf oder in einem anti­ken Bade­haus gebaut.

Theater von Ambrakia

Auch wenn weni­ger alt, so ist die Kir­che »Pana­gia Pare­go­re­tria« ein wah­res Schmuck­stück. Die byzan­ti­ni­sche Kir­che aus dem 13. Jahr­hun­dert ist mit Fres­ken über­sät. Mei­ne Augen kön­nen sich gar nicht satt sehen. Ich bin oft von Kir­chen nur durch ihre Grö­ße beein­druckt, da sie doch oft wie­der­keh­ren­de Ele­men­te ent­hal­ten. Hier ist es anders. Das letz­te Mal, dass ich mich an so ein­drucks­vol­le Fres­ken erin­ne­re, war in der Fel­sen­kir­che von Abu­na Yema­ta Guh in Äthio­pi­en. Dass ich hier Par­al­le­len zie­he, mag wohl weit her­ge­holt sein, aber dass ich noch eine Art Machu Pichu hier fin­den wer­de, ist da noch ver­rück­ter.

Panagia Paregoretria - byzantinische Kirche
Nationalpark der Amvrakikos Feuchtgebiete

Aber bevor ich mehr ver­ra­te, geht die Rei­se wei­ter in den Natio­nal­park der Amv­ra­ki­kos Feucht­ge­bie­te. Hier führt die Stra­ße bis weit hin­aus in den See, bis sie in dem Dorf Koro­ni­sia endet. Der Blick folgt über das Was­ser bis hin zu den Ber­gen am ande­ren Ufer und man möge es kaum glau­ben, aber wir bekom­men Fla­min­gos zu Gesicht. Mit mei­nem Objek­tiv habe ich kei­ne Chan­ce sie zu foto­gra­fie­ren. Erst als mit San­na ihr Tele­ob­jek­tiv leiht, wer­den aus klei­nen Punk­ten die For­men von Fla­min­gos sicht­bar. Ein Fern­glas wür­de sicher auch gute Diens­te tun. Ganz in der Nähe zieht ein klei­nes Boot sei­ne Bah­nen. Ein idyl­li­scher Ort zum Ver­wei­len und im Som­mer sicher auch zum Baden am Strand von Koro­ni­sia.

Fingerfood - Koronisia

Nikopolis – ein Vorgeschmack

Am gegen­über lie­gen­den Ufer liegt Niko­po­lis. Die anti­ke Stadt wur­de 31 vor Chris­tus von Octa­vi­an, dem spä­te­ren Kai­ser Augus­tus, gegrün­det. Sie ist Reak­ti­on auf sei­nen See­sieg gegen Mar­cus Anto­ni­us und Kleo­pa­tra VII. bei Acti­um. Die Bewoh­ner für die neue Stadt wur­den aus ande­ren Städ­ten der Regi­on zwangs­um­ge­sie­delt, was wie­der­um deren Unter­gang war. Die Stadt wuchs durch flo­rie­ren­den Han­del auf eine beacht­li­che Grö­ße von über 320.000 Men­schen. Nur 300 Jah­re spä­ter wur­de die Stadt die Haupt­stadt von Epi­rus. 1032 wur­de die Stadt durch die Bul­ga­ren zer­stört.

Theater in Nikopolis

Heu­te sind die Über­res­te der alten Stadt­mau­er teil­wei­se wie­der rekon­stru­iert wor­den. Wei­te­re Gebäu­de aus allen Epo­chen der Stadt, dar­un­ter Adels­häu­ser und Basi­li­ken sind hier zu besich­ti­gen. Die bei­den beein­dru­ckends­ten Gebäu­de sind aber das Thea­ter und das Ode­on. Das Thea­ter ist eine Mischung aus grie­chi­schem und römi­schem Bau­stil und liegt an einem natür­li­chen Hang. Es fass­te bist zu 5000 Men­schen. Auf dem Rund­weg um das Thea­ter erklä­ren uns Tafeln das Gesche­hen im Inne­ren. In mühe­vol­ler Klein­ar­beit wird das Thea­ter aktu­ell wie­der aus­ge­gra­ben. Natur und Mensch haben ihm aber im Inne­ren stark zuge­setzt. So wur­den die Sitz­bän­ke als Bau­ma­te­ri­al ver­wen­det.

Stadtmauer von Nikopolis

Dafür kann das Ode­on für kul­tu­rel­le Events ver­wen­det wer­den. Es steht zwar ohne das anti­ke Dach da, ist aber dafür für sei­ne Besu­cher offen. Lei­der ist die Zeit knapp und ich wünsch­te mir etwas mehr Zeit für die Regi­on, aber das High­light steht noch an.

Kassope – das Juwel der Antike

Ich habe ja noch ein Machu Pichu ver­spro­chen. Das Juwel der Rei­se. Bit­te nehmt es mir nicht übel, wenn ich es mit Süd­ame­ri­ka ver­glei­che, aber das war der ers­te Gedan­ke, der mir kam, als ich es betre­te. Wie­so auch immer, aber irgend­wie hat es einen unheim­li­chen Charme. Es liegt an einer Berg­flan­ke.

Kassope in Epirus

Rich­tung Nor­den und Wes­ten ist es durch den Berg natür­lich geschützt, nach Süden durch den stei­len Hang, nur im Osten ist es etwas bes­ser zu errei­chen. Das leicht geneig­te Pla­teau beher­berg­te einen qua­dra­ti­schen Stadt­plan. Jedes Haus konn­te über die Land­schaft schau­en. Und nicht irgend­ei­ne Land­schaft. Der Aus­blick geht über die gan­ze Ebe­ne, das Ioni­sche Meer und den Ambra­ki­schen Golf. Ein Blick, der sich zu Son­nen­un­ter­gang abso­lut lohnt. Die Rui­nen laden zum Raten ein. Was könn­te das wohl gewe­sen sein. Beim Thea­ter ist es aber ein­fach. An der höchs­ten Stel­le der Stadt gele­gen, am natür­li­chen Hang, konn­ten die Zuschau­er nicht nur auf ihre Stadt schau­en, son­dern auch in die Fer­ne schwei­fen. Ein Kulis­sen­bild, dass sich so manch ein Regis­seur wün­schen wür­de. Die Son­ne lässt den Tag ent­glei­ten und ver­ab­schie­det uns aus Kass­o­pe.

Theater von Kassope

Dodona – der Abschied naht

Der Road­trip zu den anti­ken Thea­tern von Epi­rus geht lang­sam zu Ende. In der anti­ken Stadt Dodo­na in unmit­tel­ba­rer Nähe zu dem Zeus­hei­lig­tum und dem Zeus­tem­pel, der den Mit­tel­punkt bil­det, wer­den wir Teil eines grie­chi­schen Myt­ho­ses: einem Thea­ter­spiel im gro­ßen Orches­ter. Es ver­setzt uns zurück und lässt mich ehr­fürch­tig die alten Sitz­rei­hen betrach­ten: gefüllt mit Men­schen. Die vol­le Grö­ße ist nicht mehr erhal­ten, aber es sol­len bis zu 18000 Men­schen Platz gefun­den haben.

Dodona und das Theater

Sicher gibt es bes­ser erhal­te­ne Thea­ter, aber der Charme für mich kommt aus dem Zusam­men­spiel der Rui­nen und der Vor­stel­lung. Es ist viel­leicht auch der Moment, etwas aus­zu­bre­chen. Aus­zu­bre­chen aus dem Kul­tu­rel­len, aus dem Anti­ken, aus der Geschich­te und den Road­trip in die Natur zu ver­le­gen.

Zagori – Hinter den Bergen

Die Natur in Epi­rus bil­det den Abschluss der Rei­se. Im Gebiet von Zago­ri, was wört­lich über­setzt »hin­ter den Ber­gen« heißt, fin­den wir ein Para­dies für Wan­de­rer und Freun­de von Out­door­ak­ti­vi­tä­ten. Der größ­te Teil der Regi­on wird durch den Natio­nal­park Vikos-Aoos ein­ge­nom­men.

Bergdorf Papingo
Nationalpark Vikos-Aoos
Nationalpark Vikos-Aoos - Steinbrücke

Unzähl­ba­re vie­le stei­ner­ne Brü­cken machen die Flüs­se pas­sier­bar und ver­bin­den so die klei­nen Berg­dör­fer über ein viel­fäl­ti­ges Wege­netz. Papin­go ist eins davon. In wun­der­schö­ner Lage lässt sich hier in aller Ruhe die Land­schaft genie­ßen. Ein Traum! Mein Traum!

Die Vikos-Schlucht reißt in unmit­tel­ba­rer Nähe einen tie­fen Abgrund in die Land­schaft. Sie hält den Welt­re­kord als tiefs­te Schlucht der Welt mit fast 1000 Metern. Am Aus­sichts­punkt Oxia schau­en wir in die Tie­fe und genie­ßen das Pan­ora­ma. Ein mäch­ti­ger, pracht­vol­ler und tol­ler Abschluss eines Road­trips durch Epi­rus.

Vikos-Schlucht

Vie­len Dank an den Tou­ris­mus­ver­band Grie­chi­sche Zen­tra­le für Frem­den­ver­kehr für die Ein­la­dung! Mei­ne Lei­den­schaft für Rei­sen und mei­ne Mei­nung blei­ben davon unbe­rührt.

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Antwort

  1. Avatar von Florian
    Florian

    Was für eine tol­le Natur. Die Bil­der sind dir echt gelun­gen. Nach mei­nem Well­nessur­laub Süd­ti­rol wer­de ich die Stadt Dodo­ma auf jeden Fall besu­chen. Dan­ke für den Tipp!

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