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Wir wollten nochmal raus in die Natur. Jetzt, wo wir schon einmal in Österreich sind. Am besten in so eine traumhafte Winterlandschaft mit unberührten Schneefeldern vor imposanter Bergkulisse. Es gibt hier doch diese malerischen Dörfer, die aus einer Handvoll Häusern und einem Kirchturm bestehen. Das wäre was zum Jahresbeginn.
So in etwa verliefen unsere Gedankenspiele im Vorfeld. Unseren Neujahrstrip nach Wien hatten wir längst eingetütet, aber der Kalender bot noch ein paar freie Tage an. „Kennen Sie die Wiener Alpen?“ wurden wir gefragt und ob das Örtchen Puchberg am Schneeberg vielleicht etwas für uns sei.
Nun, wir kannten die Gegend nicht, aber ein paar Bilder aus dem Internet überzeugten uns: Ein Dorf umrahmt von schneebedeckten Bergen. Mit Kirchturm. Klar, das ist was für uns.
Hotel Schneeberghof: für Genießer
Uns wurde ein Zimmer reserviert im Schneeberghof. Dem Schneeberghof. Wer es ernst meint mit dem Erholungsaufenthalt in Puchberg, kommt um dieses Hotel nicht herum. Mit Hallenbad, Sauna, Tennisplätzen und, so sagt man, einem ausgesprochen guten Restaurant. Von Wien aus sind wir in 1,5 Stunden mit dem Zug da. Wir erkennen das Haus schon vom Bahnhof aus: leicht erhaben thront es über dem Dorf. Verheißungsvoll liegt es mit seiner warmen, indirekten Beleuchtung da.
Mit unseren sporadisch gepackten, viel zu kleinen Rucksäcken, sind wir schnell in der Lobby. Zusätzliche Tragetaschen baumeln um uns herum. So ist das, wenn man nur mit Handgepäck fliegt und trotzdem im Laufe der Reise ein paar Bücher kauft und andere physische Gegenstände akquiriert. Dennoch steigt jetzt eine grandiose Vorfreude auf: Diesen Luxustempel will ich voll und ganz auskosten. Check-In, kurzes Gespräch mit dem Hotelmanager, 10 Minuten später stehen wir in schneeweißen Bademänteln im Aufzug. Nur der unterste Knopf leuchtet auf: „Wellnesslandschaft“. Wir saunieren also erstmal, springen ins Schwimmbecken, pressen frische Orangen aus und liegen dazwischen leise im Ruheraum herum.
Auf „Gastfreundschaft in ihrer ursprünglichen Form“ dürfen wir uns einstellen, wenn man der kleinen Broschüre im Zimmer Glauben schenkt. Wie war sie wohl ursprünglich, die Gastfreundschaft? Und: Wurde die Gastfreundschaft an einem gewissen Punkt in der Vergangenheit eingeführt und hat sich seitdem graduell verändert? Solche Fragen gehen wohl nur mir durch den Kopf.
Aber ich bekomme Antworten: Im Restaurant werden wir namentlich begrüßt und an der Rezeption bekommen wir einen Bildband über die über 100-jährige Hotelgeschichte geschenkt. Am nächsten Morgen schwirren Sätze wie „Dürfen wir Sie heute früh mit einem Kaffee verwöhnen?“ oder „Hatten’s eine angenehme Nacht, die Kriegers?“ durch den Frühstücksraum. Das ist tatsächlich freundlich. Auch nach aktuellem Maßstab.
Wanderung zum Schneeberg
Am nächsten Morgen treffen wir uns mit Herwig in der Lobby. Herwig ist ein waschechter Puchberger, er kennt jeden Hang hier beim Namen. Mehr noch, er hat manchen Hängen erst ihren Namen gegeben, weil er wohl als einziger kühn genug war, gewisse Höllenpisten auf Skiern zu erkunden. Für uns soll es gemächlicher zugehen: Wir sind zum Schneeschuhwandern verabredet, darauf hatte ich mich schon lange gefreut. Ich wollte ohnehin ausgiebig wandern in dieser schönen Winterlandschaft. Dies mit Schneeschuhen zu tun, war ein zusätzlicher Anreiz gewesen – und mal was Neues.
Das Problem ist jetzt nicht meine fehlende Motivation, sondern fehlender Schnee! Eher schlammig sehen die Hänge aus der Ferne aus. Wir fahren erstmal in Herwigs Jeep nach Losenheim, einem Nachbarort von Puchberg. Karabiner und Seile zieren den Innenraum seines rustikalen Geländewagens. „Nicht wundern, ich lebe ein bisschen in diesem Auto«, sagt Herwig.
Die Schneeschuhe lassen wir im Kofferraum. Es gibt zwar ein paar kümmerliche Schneefelder, aber dafür tun es auch unsere Wanderschuhe. „Habt’s a Hauben?“ fragt Herwig als wir loslaufen. Er weiß, wie kalt und windig es trotzdem werden kann, hier am Berg.
Von Hütte zu Hütte durch die Wiener Alpen
Wir nehmen das auf 1022m gelegene Almreserlhaus als erste Zwischenetappe ins Visier. So eine Hütte ist immer ein gutes Ziel in den winterlichen Bergen. Etwas wunderbar Behagliches. Das empfand ich schon letztes Jahr bei meiner Alpenüberquerung immer so, als ich tagtäglich mit Einbruch der Dunkelheit abgekämpft auf eine andere Hütte zulief.
„Das ist jetzt fast zu schön um wahr zu sein«, dachte ich da immer. Weil dieses graue Steinhaus alles beherbergte, wonach sich ein Wanderer am Abend sehnt. Den Ofen, die warme Mahlzeit, die Matratze für die Nacht. Eine wohlige Herberge inmitten unbarmherziger Kargheit. Drinnen geborgene Geselligkeit, draußen wüste Einöde. Und nur eine Steinmauer, die diese Welten voneinander trennt.
Doch heute, in Sichtweite von Puchberg, markiert diese Hütte eine ziemlich frühe Einkehr. Aylin und ich essen Palatschinken und trinken Almdudler. Dinge, die wir für ausgesprochen österreichisch halten. Die Dorfjugend komme abends gerne hier hoch, sagt Herwig, dann könne es ganz schön zur Sache gehen.
Wir gehen weiter über vereiste Schneefelder, öde Graslandschaften und matschige Pisten. Kurz. Schnell erreichen wir die Edelweißhütte (1235m) und kehren wieder ein. Mittagszeit.
Der Hüttenwirt, das erwartet man hier ja auch nicht, kommt aus Sri Lanka. Sein Gulasch nach indischer Art gilt als legendär. Reihum darf jeder ansagen, wie scharf er es verträgt. „Scharf“, sage ich und werde nicht enttäuscht.
Geschichten aus dem Leben
Wir sitzen wohl länger als wir wandern an diesem Tag, was auch mit Herwigs vielen guten Geschichten zu tun hat. Er betreibt einen Hochseilgarten in Puchberg, organisiert Teamevents für Schulklassen und Firmen gleichermaßen. Und er macht sich Gedanken. Der Tourismus hier in seinem Puchberg könne optimiert werden. Im Sommer sei das Massentourismus, der kaum Geld für die lokalen Geschäfte abwerfe. Tagesausflügler aus Wien eilen dann auf den Schneeberg und fahren wieder heim. Er hat viele Pläne für Puchberg in der Schublade. Eine Downhill-Strecke für Mountainbikes, das wäre sowas.
Die Digitalisierung sei „a Schmarrn“, findet er. Vor allem die Wetter-Apps. Manchmal sagen Touristen ihre Reise nach Puchberg bereits eine Woche vor Anreise ab, weil ihre Smartphones schlechtes Wetter anzeigen. Man könne hier nichts voraussagen, meint Herwig, das Wetter ändere sich in den Bergen doch schnell. Wenn er den Touristen dann rät, ein, zwei Tage vor Anreise noch mal anzurufen, winken viele ab. Man müsse ja planen, heutzutage.
Bleiben Gespräche mit neuen Bekanntschaften oft oberflächig, so kann man das von unserem Tag mit Herwig nicht behaupten. Wir finden direkt zu den großen Lebensthemen: Der Suche nach Sinn im eigenen Schaffen, der Beziehung zwischen Mensch und Natur. Wir sprechen über Karrierebrüche und Neuanfänge. Ich schätze das an Menschen: Sich zu öffnen birgt das Risiko verletzt zu werden. Es gibt aber vielmehr die Chance, eine bleibende, bedeutsame Bekanntschaft zu machen, etwas vom anderen zu lernen.
Abschiedsessen bei Kerzenlicht
Samstags ist Candlelight Dinner im Restaurant des Schneeberghofs. Ein besonderer Anlass für unseren letzten Abend. Die Gäste sind schicker angezogen als gestern Abend, die Beleuchtung im Saal stimmungsvoll abgedimmt.
Harry, ein lokaler Partysänger, hat seine Elektrokeyboards im Eingangsbereich aufgestellt. „Its wanderfuuul, it’s wanderfuuul, it’s wanderfuuul„, den Paulo Conte haucht er gerade zärtlich ins Mikrofon, als wir uns in Wanderstiefeln an den Tisch schleichen. Für Abendgarderobe war kein Platz in unserem Rucksack. Das Paar am Nebentisch feiert Seinen 50. Geburtstag. Eine Kellnerin eilt mit einem funkensprühenden Wunderkerzen-Kuchen an den Tisch. Als die Kerzen erlischen gratuliert sie „von Seiten des Hauses“.
Wir erfreuen uns an einem vorzüglichen Gang nach dem anderen: Die Küche hier ist gehoben und gleichzeitig klassisch.
Als sich die ersten Gäste in ihre Zimmer zurückziehen, ziehen wir beim Nachtisch ein kleines Fazit. Es war erholsam hier. Unaufgeregt. An jedem Morgen freuten wir uns über das Antlitz des Schneebergs. Diese entzückende, weiße Haube auf dem imposanten Bergkoloss. Welch‘ Kontrast zu unserem alltäglichen Stadtleben.
Der Start ins neue Jahr lässt sich hier also bestens hinauszögern. Man gewöhnt sich so schnell an den Tagesablauf: morgens Natur, abends Wellness. Aus dieser verführerischen Routine können wir uns nur schweren Herzens wieder befreien.
Offenlegung: Unsere Reise nach Puchberg am Schneeberg wurde von Wiener Alpen Tourismus unterstützt. Vielen Dank dafür!
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