Phnom Penh und Kambodschas traurige Geschichte

Ankunft in Phnom Penh, der Haupt­stadt von Kam­bo­dscha. Ein biss­chen Kul­tur und Geschich­te sau­gen…

Der Königs­pa­last ist lei­der zu Ehren des kürz­lich ver­stor­be­nen ehe­ma­li­gen Pre­mier­mi­nis­ters Siha­nouk geschlos­sen. Trotz­dem gibt es eini­ges zu sehen! Und auch des Back­pa­ckers bes­te Freun­de, die Tuk­tuk-Fah­rer, sind hier in Mas­sen ver­tre­ten und ich kom­me kei­ne zwei Meter weit, ohne dass jemand “Hel­lo Mis­ter, Tuk­tuk, whe­re you wan­na go to? May­be tomor­row?” ruft. Nach dem tau­sends­ten Mal ant­wor­ten “thank you, no trans­port”, habe ich mich dar­an gewöhnt und igno­rie­re es.

Schön ist sie schon, die Haupt­stadt. Etwas ruhi­ger als Ho Chih Minh City in Viet­nam, und die Leu­te kön­nen es, das Lächeln! Hier ist auch der Mekong wie­der. Er teilt sich in die bei­den Flüs­se, die Rich­tung viet­na­me­si­sche Gren­ze flie­ßen und dort das Mekong Del­ta ent­ste­hen las­sen.
Nahe am Fluss­ufer habe ich mich in einer klei­nen Sei­ten­stra­ße mit net­ten Loka­len und eini­gen Gäs­te­häu­sern ein­quar­tiert. Neben­an gön­ne ich mir erst mal ein dickes Steak und dazu im Lieb­lings­fla­schen­for­mat 0,666 l ein küh­les Anchor Bier. Mor­gen: Geschichts­un­ter­richt!

Jeder Besu­cher Phnom Penhs will sie sehen und soll­te sie auch gese­hen haben, die KILLING FIELDS von Cho­eung Ek, etwas außer­halb Phnom Phens. An die­sem Ort wird mir erst so rich­tig bewusst, was damals im Bür­ger­krieg tat­säch­lich für schreck­li­che Din­ge pas­siert sind.

killing fields

Am 17. April 1975 mar­schier­ten die roten Khmer unter dem Regime von Pol Pot in Phnom Penh ein und mach­ten aus der Stadt inner­halb kür­zes­ter Zeit ein “offe­nes Gefäng­nis”.

Ziel der roten Khmer war es, Kam­bo­dscha in ein Land rei­ner Agrar­wirt­schaft umzu­wan­deln. Alle Aka­de­mi­ker und alle Leu­te die Bril­le tru­gen, eng­lisch spre­chen konn­ten oder kei­ne geschun­de­nen Hän­de hat­ten wur­den von ihnen hin­ge­rich­tet – auf bru­tals­te Art und Wei­se: Män­nern wur­de der Kopf abge­hackt, schwan­ge­ren Frau­en wur­de bei leben­di­gem Leib das Kind aus dem Bauch geschnit­ten und Kin­der wur­den zu Tode geprü­gelt. Alle ande­ren wur­den aufs Land ver­trie­ben und muss­ten dort unter schlimms­ten Bedin­gun­gen bis zu 16 Stun­den am Tag als Skla­ven arbei­ten.

Inner­halb kür­zes­ter Zeit wur­de Phnom Penh so zu einer Geis­ter­stadt.

Genau kann nie­mand sagen, wie vie­le Kam­bo­dscha­ner unter Pol Pot und sei­ner Armee in den drei Jah­ren von 1975 bis 78 star­ben. Ent­we­der durch Hin­rich­tung, weil sie wäh­rend der Skla­ven­zeit ver­hun­ger­ten oder an Krank­hei­ten star­ben. Schät­zun­gen gehen bis zu zwei Mil­lio­nen Men­schen.

Die Viet­na­me­sen setz­ten dem Pol Pot Regime schließ­lich im Janu­ar 1979 ein Ende, als sie in Phnom Penh ein­mar­schier­ten und die roten Khmer flüch­te­ten.
Besu­cher der Gedenk­stät­te von Cho­eung Ek wer­den durch die ein­zel­nen Sta­tio­nen geführt und ihnen die Geschich­te per Audio­gui­de nahe­ge­bracht. Auch wenn auf dem Gelän­de, außer den Mas­sen­grä­bern, nicht viel zu sehen ist, macht das damals Gesche­he­ne trau­rig.

Ein wei­te­res Zeug­nis des Krie­ges ist eine altes Schul­ge­bäu­de, das Tuol Sleng Muse­um im Zen­trum der Stadt, wel­ches damals zum Gefäng­nis S21 umfunk­tio­niert wur­de. Fotos der zu Tode Miss­han­del­ten, Zel­len und Fol­ter­bän­ke aus der Zeit las­sen den Besu­cher nach­denk­lich wer­den. So lan­ge ist das nicht her: gera­de mal 35 Jah­re!

Tuol Sleng Museum

Die Tage dar­auf ein biss­chen Stadt­be­sich­ti­gung: ein paar Tem­pel und Muse­en anschau­en, an der Ufer­pro­me­na­de ent­lang schlen­dern und die Bus­fahrt wei­ter Rich­tung Wes­ten buchen… und jeg­li­che abar­ti­gen Ange­bo­te auf der Stra­ße igno­rie­ren!

So sit­ze ich nun in einem alten Lini­en­bus auf den Schlag­loch-High­way 5 nach Bat­tam­bang. Vor­ne in der Mit­te über dem Fah­rer hängt, wie fast bei jedem Lang­stre­cken­bus, ein rie­sen LCD-Fern­se­her, aus dem Karao­ke Musik dröhnt. Mein Sitz ist defekt und lässt sich nicht mehr zurück­klap­pen. Aber wenigs­tens bläst die Kli­ma­an­la­ge, die dem dröh­nen­den Die­sel­mo­tor bestimmt die Hälf­te der Leis­tung abver­langt. Der vor mir sit­zen­de jun­ge Knirps drückt stän­dig auf irgend­wel­chen Knöp­fen sei­nes Kla­vier-Spiel­zeu­ges her­um und in pfei­fen­dem Ton läuft schon das 236igste Mal “Bru­der Jakob”!

Ein herr­li­cher Spaß für die nächs­ten sechs Stun­den…

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Antworten

  1. Avatar von Claudia

    Hal­lo Mat­thi­as,
    vie­len Dank für Dei­nen Bericht! Ich hof­fe, Du siehst die Fra­ge hier noch…auch wenn der Arti­kel schon ein biss­chen her ist. Ich fah­re dem­nächst mit mei­nen Kids (5 und 8) nach Kam­bo­dscha und Cho­eung Ek steht eigent­lich schon auf mei­ner To See Lis­te. Kann ich das mit Kin­dern machen? Oder gibt es dort Fotos/​Ausstellungen, die für Kin­der nicht wirk­lich zu ertra­gen sind? Ich wür­de mich über einen Tipp freu­en!
    Vie­le Grü­ße, Clau­dia

    1. Avatar von Matthias Wieland

      Hal­lo Clau­dia,
      dan­ke für´s lesen.
      Du kannst beru­higt sein. Viel­leicht kommt es im Arti­kel etwas tra­gi­scher rüber als es ist. Tra­gisch ist eigent­lich nur die Geschich­te an sich, wenn man sich da hin­ein­fühlt.
      Zum Anschau­en gibt es in Cho­eung Ek Fotos von dama­li­gen Gefan­ge­nen, die alten Gefäng­nis­szel­len und die Denk­ma­le vor der Tür.
      Es ist alles sicher auch für dei­ne Kids ertrag­bar und bestimmt auch inter­es­sant für sie.

  2. Avatar von Maik

    Phnom Penh war für mich die Über­ra­schung was Groß­städ­te in Asi­en betrifft. Hier lächeln sogar die Poli­zis­ten, wenn man sich mit dem Fahr­rad quer auf dem Siha­nouk-Bou­le­vard ver­hakt und alle brem­sen müs­sen. Hab mich spon­tan ver­liebt. Und ja, die Geschich­te gehört dazu.
    Die Bus­fahr­ten, naja, das ist über­all mehr oder weni­ger ähn­lich in Asi­en. Karao­ke oder schwach­sin­ni­ge Bal­ler­fil­me usw. – da hilft ein dickes Fell, Phan­ta­sie zum weg­träu­men, ein Buch und eine Schlaf­mas­ke. Und immer lächeln … 😉

  3. Avatar von Stan

    Also ich fand die Kil­ling Fields gleich­zei­tig unglaub­lich span­nend und durch den Audio­gui­de super doku­men­tiert und nach­voll­zieh­bar, aber auch sehr trau­rig und depri­mie­rend. Schwie­rig sowas zu beschrei­ben wenn man nicht selbst da war. Hier hab ich mal mei­ne Ein­drück geschil­dert:
    http://www.stansunrise.blogspot.de/2012/05/auferstanden-aus-ruinen.html

    1. Avatar von Matthias Wieland

      Dan­ke Stan, der Ort hat in jedem Fall eine mys­ti­sche Aus­strah­lung!

  4. Avatar von Jennifer

    Wow, dein Bericht holt bei mir gera­de so vie­le Erin­ne­run­gen an mei­ne Kam­bo­dscha Rei­se hoch. 🙂 Vor allem dei­ne Beschrei­bung der wun­der­ba­ren Rei­se­bus­se lässt mich schmun­zeln. Ach war das herr­lich … die non­stop Karao­ke Beschal­lung und die Sit­ze mit bloß nicht zu viel Bein­frei­heit … Schreck­lich! Was für eine Tor­tur, aber den­noch eine blei­ben­de Erin­ne­rung die mir Fern­weh macht.

    1. Avatar von Matthias Wieland

      …und die unde­fi­nier­ten Fahr­zei­ten set­zen noch einen Punkt auf das i.
      All die­se Erleb­nis­se zau­bern heu­te ein Lächeln auf mei­ne Lip­pen!
      Dan­ke Jen­ni­fer

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