Dein Warenkorb ist gerade leer!
Unsere Blicke gehen über das Wasser.
Der Himmel ist milchig und trüb, er hat keine Farbe. Kleine Wellen schlagen gegen die Steine unter dem Balkon, ansonsten ist es sehr still.
Wir sitzen auf zwei wuchtigen Holzstühlen, wir haben unsere Füße auf den niedrigen Tisch gelegt.
Graue Wolken hängen über dem See, am fernen Horizont entlädt sich gewiss Regen. Die Luft ist feucht. Im Dunst des Spätnachmittags regt sich nichts.
Wir schauen über die Bucht, wir schauen uns an.
Die sattgrünen Pflanzen reichen bis an das Ufer heran. Schmale Boote liegen auf dem Wasser, sie bewegen sich nicht. Keiner der Fischer hat ein Netz ausgeworfen oder eine Angel, zumindest sieht es nicht danach aus. Manchmal, ohne erkennbaren Anlass, setzt sich einer von ihnen in Bewegung und rudert zurück in Richtung Ufer.
Auf der anderen Seite zeichnet sich blass die Küstenlinie ab, es müssen wohl einige Dutzend Kilometer sein. Wo die Sonne steht, lässt sich nicht sagen. Irgendwann wird es dunkel werden.
Wir tun nichts, wir sitzen nur da.
Um von der Grenze an diesen Ort zu gelangen, nach Nkhata Bay am Lake Malawi, hat es fast einen ganzen Tag gebraucht.
Nach dem Verhandlungsgespräch bei Kerzenschein in der letzten Nacht waren wir am Morgen ratlos: Wie soll es weitergehen?
Der zwielichtige Mittelsmann Pasco von der Busorganisation Mohamed Coachline, der uns noch einen nicht ganz unerheblichen Geldbetrag schuldet, ist nicht aufzufinden, die Chance seiner baldigen Rückkehr erscheint uns denkbar gering. Wir beschließen nach einiger Zeit des Wartens von Tansania aus weiter nach Malawi zu reisen.
Die Passkontrolle im immigration office ist trotz der obligatorischen bewaffneten Soldaten ziemlich unspektakulär. Wir brauchen bloß noch Malawi Kwacha, denn die Preise in Dollar sind umgerechnet überall deutlich höher als in der Landeswährung. Nur Visagebühren und Rechnungen der internationalen Hotels werden in Devisen bezahlt, Letzteres spielt für uns ohnehin keine Rolle.
Vor dem Grenzgebäude beginnt eine angeregte Diskussion mit den Geldwechslern. Man bietet uns 10 000 Kwacha für 60 US-Dollar. Er habe »better rates than the bank«, erklärt ein junger Herr in gelbem T‑Shirt. »What is your advantage then?« Auf diese scharfsinnige Gegenfrage fangen die umherstehenden Männer geschlossen an zu lachen, und es ist nicht recht ersichtlich, ob wir den findigen Geschäftsmann eiskalt durchschaut oder die Zusammenhänge einfach grundlegend nicht verstanden haben. Letztendlich scheint der Kurs aber nicht allzu schlecht zu sein, und außerdem wollen wir ja schnell weiter, zu dem großen See.
Man führt uns zwischen einigen Bretterbuden hindurch bis zu einem Taxi.
Nicht zum letzten Mal habe ich die Sorge, dass die Männer, die unsere Rucksäcke tragen, einfach in der Menge verschwinden werden, was sich Zeit unserer Reise stets als ungerechtfertigter Verdacht herausstellen soll.
Wir fahren nach Malawi hinein, von Norden kommend.
Unweit der Straße stehen zwischen den Bäumen kleine Ziegelbauten, denen häufig das Dach fehlt. Naturtöne rauschen am Fenster vorbei. Rotbraun und Dunkelgrün, das sind die wahren Farben Afrikas.
Gelegentlich stoppen Uniformierte unseren Wagen, lassen sich die Bescheinigung des Fahrers zeigen, einige werfen einen Blick in den Kofferraum. Bis Karonga, der nächsten größeren Stadt, sind es vielleicht noch 30 Kilometer.
»Sieh mal da«, ruft einer von uns.
Plötzlich können wir links der Straße in einiger Entfernung den stillen See erkennen.
In Karonga müssen wir das Fahrzeug wechseln und wieder feilschen. Unser Taxifahrer behauptet, er habe noch auf zwei weitere Passagiere gewartet, die nicht gekommen sind, wir hätten jedoch auf die Abfahrt bestanden und müssten nun den doppelten Preis bezahlen. Das ist eine wirklich schlechte Erklärung, aber der Mann lässt sich nicht von seiner Darstellung der Sachlage abbringen. Eine Amtsperson in weißer Uniform schaltet sich ein, gibt uns Recht, der Preis ist am Ende ein Kompromiss, womit der Taxifahrer ganz zufrieden wirkt.
Wir nehmen ein daladala nach Mzuzu. Der ausrangierte Transporter hat Löcher im Boden, man kann die Straße sehen, Schaumstoff quillt aus den Sitzen. Sechs Stunden liegen nun vor uns. Die Überlandfahrten erscheinen einem hier nie so lange, wie sie in Wirklichkeit sind.
Anfangs folgt die Straße dem Küstenverlauf des Sees, den wir jetzt ständig neben uns haben. Immer wieder hält der Minibus an kleinen Dörfern an, Menschen steigen zu, Menschen verlassen das Fahrzeug. Meine Knie werden gegen den Vordersitz gepresst, das dala ist übervoll, eine Federung gibt es offensichtlich nicht.
Wir müssen häufiger an provisorischen Kontrollpunkten anhalten. Ein Polizist sitzt unter den Bäumen am Straßenrand auf einem Stuhl, und als wir näher kommen, zieht er mit einer langen Schnur die Schranke hoch. Wir können passieren, ohne dass er aufstehen muss.
Ein Händler befestigt drei ellenbogenlange Fische an den immerhin vorhandenen Scheibenwischern, dann steigt er zu. Wir transportieren außerdem einen schweren Bottich mit kleineren Fischen im Fußraum. Mit dabei ist auch ein lebendes Huhn, das sich aber weitgehend unauffällig verhält.
Meine Sitznachbarn auf der Fahrt wechseln oft. Kurz bevor die Straße den See links liegen lässt und sich ins bergige Landesinnere hinaufschraubt, verlässt eine Mutter mit ihrem Säugling den Bus. Auf der Fahrt hat mich das Kind eine Weile intensiv angeschaut, während seine kleinen Füße auf meinem Oberschenkel herumstrampelten und die kleine Hand die entblößte Brust der Frau fest umklammert hielt. Irgendwann war der Junge eingeschlafen.
In den Bergen durchströmt kühlere Luft den löcherigen Bus. Mzuzu, drittgrößte Stadt des Landes, liegt auf 1254 Metern.
Die Straße ist sehr kurvig und stellenweise auch sehr schmal. Der Fahrer fährt sehr schnell. Man könnte sagen, er fährt so schnell, wie es gerade noch auf dieser Strecke möglich ist.
Ein Mann reicht mir ein Stück von seinem Essen, eine Art Rübe, deren Konsistenz einer Kokosnuss ähnelt. Ich ignoriere jegliche zuvor gelesenen Warnhinweise bezüglich des Essens in Weltregionen wie jener, in der wir uns zu dieser Zeit befinden, und bemerke nach einiger Zeit zufrieden ein Sättigungsgefühl.
Wir wissen nicht recht, wie lange wir noch fahren werden. Das ist eigentlich immer so, wir fahren einfach.
Einmal verfolgen Affen unseren Bus. Ein besonders freches Exemplar, das noch relativ jung aussieht, kreuzt vor uns die Fahrbahn, zögert in der Mitte, schaut kurz unschlüssig zurück, und schon wird das dala einmal kräftig durchgerüttelt. Die Fahrgäste lachen herzlich.
In Mzuzu lässt sich die Höhe, in der wir uns befinden, nicht erahnen. Ohnehin ist die Stadt sehr aufgeräumt und überhaupt ziemlich nett. Wir bestellen in einem Straßenimbiss nahe dem Platz, von dem die Busse fahren, viel zu fette Hähnchenschenkel mit Pommes, die auf einem klapprigen Grill gebraten werden. Dazu gibt es einen Salat aus Tomaten und Zwiebeln. Wir essen mit den Fingern. Für ein nahezu lächerliches Entgelt erklärt sich ein Taxifahrer dazu bereit, uns die letzten rund 50 Kilometer nach Nhkata Bay zu fahren.
Im Ort angekommen stellen wir zunächst fest, dass es wieder ziemlich warm geworden ist, wobei sich das schon auf der Fahrt zum See angedeutet hat. Wir wechseln erneut den Wagen. Ein Mann fährt uns in Richtung Süden über eine nicht asphaltierte Straße zum Muyoka Village. Der Fahrer kommt wegen der vielen Schlaglöcher nur im Schritttempo voran, wir schaukeln umher wie auf einem Boot.
Das Resort liegt etwa zwei Kilometer von der Stadt entfernt, es besteht aus vielen kleinen Holzhütten, die in einiger Entfernung zur Straße auf Stelzen in den steilen Uferhang hineingebaut worden sind.
Eine Frau führt uns einen steilen Pfad hinab zur Rezeption. Unsere Augen heften am Grün der Pflanzen, an den bemoosten Steinen, an den hölzernen Geländern.
Wir lächeln, wir sind angekommen.
»How many nights do you stay?« Erst einmal drei, sagen wir, aber vielleicht auch länger. Kein Problem ist das, wir können einfach Bescheid sagen. Die Frau gibt uns den Schlüssel. Es geht noch einmal auf und ab auf dem steinigen kleinen Weg, die Luft dampft schwül vor sich hin, wir sind froh, unser Gepäck in der Herberge abstellen zu können.
Die Hütte ist komplett aus Holz gebaut, sie besteht aus einem einzigen kleinen Zimmer, in der Mitte steht ein großes Bett, über dem ein engmaschiges Moskitonetz angebracht ist. Das Fußende zeigt in Richtung Fenster, und wenn man sich aufrichtet, schaut man über den Balkon in die Ferne. Nachttischlampe und Deckenleuchte sind mit bunten Stoffen überzogen, das Licht scheint rötlich warm. In der Ecke findet ein schwerer Schrank Platz, darauf stehen Kerzen.
Wir ziehen unsere Schuhe aus und gehen auf den Balkon. Dort sitzen wir und schauen über den See, bis es Abend wird.
Am Morgen gehen wir hinüber zur Terrasse, die mit Blick auf den See in einer kleinen Bucht liegt. Die Bäume dampfen, über dem Wasser liegt tropisch-feuchte Luft.
Alles wird überdacht von einem gewaltigen hölzernen Dach, es gibt nur eine Wand, sie liegt hinter der Bar. Dort begrüßt uns Philip, ein junger Malawier, und setzt Kaffee auf. Wir bestellen Frühstück: Müsli, Toast, Obstsalat mit Mangos, Ananas und Bananen.
Auf der Terrasse stehen Sofas und Stühle aus Korb, darauf liegen bunte Kissen. Einige Reisende sitzen dort und lesen in Büchern, fast zu jeder Tageszeit spielt jemand Billard, meist zusammen mit den Angestellten der Lodge-Anlage.
»I hate private life, I grew up at a home where everybody at every time was welcomed«, steht in großen Buchstaben auf der Wand hinter der Sitzecke.
Bei allem Nichtstun beschließen wir, am Nachmittag in den Ort zu spazieren, um ein paar Sachen zu kaufen.
Auf dem Weg sprechen uns Händler an, die wahlweise Kunsthandwerk oder »Malawi smoke« beziehungsweise »Bob Marley smoke« feilbieten.
Uns kommt ein Mann entgegen, der ein schreiendes Kind auf dem Arm trägt. Als wir auf seiner Höhe sind, blickt er zu dem Baby, zeigt auf uns, und sagt in beschwichtigendem Tonfall »mzungu«, was »Weiße« bedeutet. Das Kind hört auf zu weinen und schaut uns eine Weile überrascht an. Als wir weitergehen, fängt es wieder an zu schreien.
In Nkhata Bay haben sich die Menschen um ein großes Fußballfeld versammelt und feuern ihre Lieblingsmannschaft an. Wir finden einen Supermarkt und kaufen Wasser, Chips, Kekse, Tütensuppe und insect killer. In unserer Hütte hat sich über Nacht an der Wand hinter dem Kopfende des Bettes eine ausgedehnte Ameisenstraße gebildet.
Abends setzen wir uns auf die Terrasse. Sobald es dunkel wird, kommen die Geckos hervor und versammeln sich um die Lampen, sie müssen ihre klebrigen Zungen nur noch in das Gewirr von Insekten hinausschleudern, um satt zu werden.
In den folgenden zwei Tagen bewegen wir uns nur wenig.
Einmal spazieren wir zum Chikale Beach. Auf dem Weg treffen wir einen jungen Mann, der mich mit Justin Timberlake vergleicht. Er tanze oft seine Videos nach, sagt er. Ein alter, müder Hund läuft uns nach.
Einmal fahren wir mit einem Ruderboot auf den See hinaus. Das Wasser ist so klar, dass wir bis auf den Grund sehen können. Wir springen hinein. »No hippos, no crocs, no bilharzia«, hat uns Philip versprochen. Wir glauben ihm.
Abends gibt es ein Buffet, serviert wird frisch gefangener Butterfisch in Knoblauch, dazu Kartoffeln mit Rosmarin, Bohnen und Salat, es schmeckt vorzüglich.
Viel mehr zu tun gibt es nicht.
Wir sitzen meist auf den Sofas oder auf unserem Balkon, wir liegen im Bett, wir lesen oder trinken Kaffee. Auch Schnorchelkurse und Bootstouren werden angeboten, aber das macht eigentlich niemand hier.
Es gibt keine Eile. Wir stellen keinen Wecker, wir vergessen die Uhrzeit.
Ich rasiere mich nicht, meist laufe ich barfuß.
So einen Ort zu finden, das passiert einem nicht oft, das weiß ich.
Als ich am letzten Tag aufwache, prasselt Regen auf unsere Hütte. Die Luft ist klar und noch ein wenig kühl von der Nacht. Ich atme tief durch, richte mich auf und schaue aus dem Fenster. Dann lasse ich mich wieder zurückfallen und schließe die Augen.
Ich versuche mir diesen Moment genau einzuprägen, jeden Sinneseindruck abzuspeichern, den Geruch der feuchten Luft, das Geräusch der Tropfen auf dem Holzdach, die Wärme des Bettes, und ich nehme mir vor, das alles niemals zu vergessen.
Nachmittags sitzen wir wieder auf dem Balkon und beobachten das Licht und die Wolken über dem See. Die Fischer hocken in ihren Booten und rühren sich nicht. Der See, das Ufer, der Himmel, das ist so etwas wie unser ganz persönlicher Ausblick, ein Bild nur für uns.
Ich würde gerne noch ein wenig bleiben oder vielleicht sogar für immer. Aber das geht nicht.
Am nächsten Morgen klingelt der Wecker um 4 Uhr, es ist dunkel und regnet in Strömen.
Wir tragen unsere Rucksäcke die glitschige Steintreppe hinauf zur Straße, man muss gut aufpassen, um nicht auszurutschen. Halb durchnässt sitzen wir im Taxi und fahren in den Ort. Dort steigen wir in einen großen Überlandbus.
Mit dem ersten Aufhellen des Tages fahren wir los. Die Kleidung ist klamm. Wir suchen uns jeweils einen Fensterplatz und schauen hinaus, auf die letzten Häuser des Orts und das trübe Grün der Landschaft. Das Bild hinter der Scheibe verschwimmt immer mehr, es ist einfach zu viel Regen da draußen.
Im Bus wird es kalt.
Nkhata Bay / Lake Malawi
Reisezeit: ..Zwischen November und April ist Regenzeit, die Luftfeuchtigkeit kann bis zu 100 Prozent betragen. Die Trockenzeit zwischen Mai und September ist für Reisen am besten geeignet.
Anreise: ..Ethiopian Airlines fliegt Malawis Hauptstadt Lilongwe von Frankfurt aus mit einem Umstieg in Addis Abeba und einem Zwischenstop ohne Umsteigen in Lubumbashi an. Von dort weiter mit dem Bus in etwa 6 bis 8 Stunden nach Mzuzu. Herunter nach Nkhata Bay fahren dann günstige Taxis. Die Einreise nach Malawi ist auch auf dem Landweg von Tansania oder Sambia aus möglich.
Einreise: ..Reisende aus Deutschland brauchen für Malawi kein Visum. Bei der Einreise wird meist eine Aufenthaltsgenehmigung für 30 Tage ausgestellt, die bei Bedarf in der Immigrationsbehörde verlängert werden kann.
Übernachtung: ..In der Nähe von Nkhata Bay gibt es ein paar einfache, aber komfortable Lodges direkt am See. Pro Person werden ja nach Saison umgerechnet zwischen 10 und 20 US-Dollar pro Nacht fällig.
Geld:..1 Euro entspricht etwa 495 Malawi Kwacha (Stand Februar 2013). Die Banken in Mzuzu akzeptieren die gängigen Kreditkarten zum Geldabheben. Es ist fast überall möglich, auch mit US-Dollar zu zahlen.
Erschienen am
Antworten
Solche Orte sind selten, aber es gibt sie; und nirgends sonst faellt die im modernen Leben immer unterschwellig praesente Anspannung so von einem ab wie dort. Meiner Meinung nach verlieren sie auch nach Jahren des «Alltaeglich-Geworden-Seins« nicht unbedingt ihren Zauber. Unter Umstaenden wirken sie sogar wie eine innere Schwerkraft. Aber sie werfen fragen auf, nach Ursachen und Bedingungen verschiedener Lebensstile zum Beispiel.
Das ist wahr. Vor allem merkt man dort oft erst, dass diese unterschwellige Anspannung existiert hat, was immer auch ein bisschen eine traurige Erkenntnis ist. Mein persönlicher Fluchtpunkt sind ja die Alpen mit ihren kleinen Berghütten und Bächen, aber wahrscheinlich auch, weil ich dort immer als Kind war und man das dann mit einer Zeit der allgemeinen Sorglosigkeit verknüpft hat. Das Leben wurde eben nur bis zum Ende der Sommerferien gedacht, und wer wünscht sich heute nicht eine solche Unbeschwertheit?
in jedem Fall würde er wohl mit der Zeit einen Teil seiner Magie verlieren; zumal Reisen ja immer ihre eigenen Parabeld haben; und die Gefühle, die man einem ort gegenüberbringt auch viel mit der gesamten Reise, den Gedanken, der Musik und den Begegnungen zu tun hat. Als klassischer Wiederholungstäter, der gerne demselben Ort einen weiteren Besuch abstattet, habe ich erlebt, dass ich ein und denselben ort völlig unterschiedlich wahrgenommen habe; dennoch kommt ein Teil der Magie vom letzten Besuch bei der Ankunft unweigerlich zurück. Staunend raune ich mir zu: das war doch kein Fiebertraum – den Ort gibt es wirklich…
»Ich versuche mir diesen Moment genau einzuprägen, jeden Sinneseindruck abzuspeichern, den Geruch der feuchten Luft, das Geräusch der Tropfen auf dem Holzdach, die Wärme des Bettes, und ich nehme mir vor, das alles niemals zu vergessen. Nachmittags sitzen wir wieder auf dem Balkon und beobachten das Licht und die Wolken über dem See. Die Fischer hocken in ihren Booten und rühren sich nicht. Der See, das Ufer, der Himmel, das ist so etwas wie unser ganz persönlicher Ausblick, ein Bild nur für uns. Ich würde gerne noch ein wenig bleiben oder vielleicht sogar für immer« – tolle Beschreibung – es sind seltene Momente, in denen man so intensiv empfindet; ich empfinde in solchen Augenblicken unendliche Melancholie – Freude, dass ich diesen Ort / das Gefühl, das mich mit ihm verbindet, kennen lernen durfte und Traurigkeit Abschied zu nehmen. Ich tröste mich damit, indem ich mir schwöre einmal zurückzukehren. Das ist etwas, was für Menschen die nicht reisen schwer nach zu vollziehen ist – das man Heimweh nach einem Ort haben kann, der einem eigentlich fremd sein müsste – der einem aber auf Anhieb merkwürdig vertraut erscheint…
Wahrscheinlich hätte der Ort auch gar nicht diese besondere Bedeutung, wenn er beliebig zugänglich wäre oder man einfach für immer dort bleiben könnte.
Schreibe einen Kommentar