Wem die Stunde schlägt – Mittagstisch in Málaga

Ein paar hun­dert Meter Wei­ter fällt Mála­ga ins gro­ße Blau. Die mit fri­schem Obst gefüll­ten Ein­kaufs­beu­tel schnei­den in die Hän­de. Bevor ich zum Gang über die gro­ße Haupt­stras­se „Ala­me­da Prin­ci­pal“ anset­zen kann, um den Sire­nen zu erlie­gen, gera­te ich ins Sto­cken. Ein nur den Ein­hei­mi­schen bekann­ter Impuls trifft mich blitz­ar­tig, ich kapi­tu­lie­re vor dem Geruch von süßem Wein, anony­mer Gesell­schaft und der Aus­sicht auf Muschel­fleisch. Die ers­te Nie­der­la­ge an die­sem Tag ist mir gewiss. Die Son­ne ist kurz vor Zenit, und wirft die engen Gas­sen der Alt­stadt in ein kubis­ti­sches Schat­ten­spiel. Am Him­mel krei­sen die Möwen und lär­men in die Alt­stadt, wäh­rend der nahe gele­ge­ne Kirch­turm die erlö­sen­de Mit­tags­stun­de ein­läu­tet.

Ich betre­te die Taver­ne „Anti­gua Casa de Guar­dia“. Die Flie­sen im Ein­gangs­be­reich wei­sen schö­ne Male­rei­en auf, auf Hüft­hö­he ist der Holz­tre­sen mit Hän­den bedeckt, die eine chao­ti­sche Cho­reo­gra­phie geben. Die Fin­ger tan­zen um die mit dem süßem Paja­re­te Wein gefüll­ten Glä­ser, grei­fen hier und da zan­gen­ar­tig nach Muscheln, den soge­nann­ten Con­chas finas, um dann zu den wäss­ri­gen Mün­dern her­auf­zu­fah­ren und die­se mit einem ruck­ar­ti­gen Schlür­fen zu inha­lie­ren. Im Mund­win­kel ein Gemisch aus Zitro­nen- und Muschel­saft. Noch bevor der Sud das Kinn hin­un­ter­läuft, schnellt die Zun­ge Eidech­sen­gleich her­vor, um das Sekret in den Gau­men ein­zu­mas­sie­ren.

Am wei­ßen Hemds­är­mel erkennt man die flin­ken Hän­de der Cama­re­ros. Auf den behaar­ten Hand­rü­cken Res­te kleb­ri­gen Weins und Krei­de­staub vom Anschrei­ben. Von Natur aus uneu­pho­risch sind sich die Bar­män­ner ihrer pri­vi­li­gier­ten Stel­lung bewusst. Der 20 meter lan­ge Tre­sen weißt die Hor­de Trink­wü­ti­ger in die Schran­ken.

Den argen­ti­ni­schen Mönch­sit­ti­chen gleich, die vor den Türen in den vie­len Pal­men­kro­nen der Stadt in Scha­ren lär­men, gibt sich der Ein­hei­mi­sche hin­ge­bungs­voll kom­mu­ni­ka­tiv.

Hier an der Quel­le, im Her­zen der Mit­tel­meer­stadt Mála­ga, fließt der Paja­re­te in Strö­men, „como el agua“, wie Was­ser, wie es Paco de Lucía im gleich­na­mi­gen Lied besang. So will ich all dei­ne Wär­me, du fei­nes Gesöff. Mein Kör­per gehört dir, in den dicken Holz­fäs­sern und nun in mei­nem Blut bezirzt und umsorgst du mich.

    

Foto­credits gehen an die Frau mit dem schar­fen Auge: ©Jac­que­line Vin­zel­berg.

Für die Über­nach­tung muss ich mich bei dem gast­freund­li­chen Bar­celó Hotel und sei­nem Team bedan­ken. Für mein Wohl­erge­hen über und in den Wol­ken hat Air Euro­pa gesorgt. Air Euro­pa fliegt ein­mal täg­lich von Frank­furt und Mün­chen über Madrid nach Mála­ga.


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