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Ich folge nun schon seit drei Wochen der Route National 7 in Richtung Süden. Das Ende naht und Tuléar und das Meer kommen immer näher. Das ich ausgerechnet an einem Sonntag hier lande ist zwar wahrscheinlich, aber dennoch ungünstig. Eine so ausgestorbene Stadt habe ich schon lange nicht mehr erlebt. Alle Geschäfte geschlossen, die Straßen wie leergefegt, als wäre der Wilde Westen aus dem Isalo Nationalpark über geschwappt. Es fehlen nur noch die trockenen Grasbüsche, die durch die Straßen fegen.
Eine komische Atmosphäre. Selbst die Busstation ist ruhig und gemütlich und die Aufdringlichkeit der Pousse-Pousse-Fahrer hält sich in Grenzen. Dafür fegt eine wirklich steife Briese durch die Stadt und belegt alles mit einer Sandschicht.
Party im Park
Einzig und allein im Park an der Strandpromenade scheint es Leben zu geben. Junge Menschen tummeln sich entlang der Straße, Madagassen mit Fotoapparaten gesellen sich dazu und große Plakaten kündigen den Event des Monats an: Big MJ. Eine mir gänzlich unbekannte Persönlichkeit, die anscheinend aber in Madagaskar einen hohen Bekanntheitsgrad besitzt.
Für knapp einen Euro ergattere ich ein Ticket. Das Ticket kaufen ist aber noch der einfachere Part. Die Straßenkinder, die ich mir dabei gleich mit einfange und die sich wie kletten an mein Hosenbein heften, sind der unangenehme Teil. Erst ein Polizist schafft es mir die im wahrsten Sinne des Wortes anhänglichen Kinder vom Hosenbein zu lösen. Sie begleiten mich noch eine Weile und geben schlußendlich auf.
Ich organsiere noch schnell das nötigste für den nächsten Tag bevor ich mich in die Menge stürze, mich treiben und mitreißen lasse. Zumindest ist das mein Wunsch, aber die Menge ist von der Vorband weniger angetan, verharrt ruhig und holt sich lieber noch einen Drink mehr.
Dafür wird es umso lauter und die Stimmung beginnt wirklich zu brodeln, als Big MJ auf die Bühne kommt. Ich treffe auf vier weitere Vazas – weiße Menschen. Zusammen lassen wir uns von der Stimmung anstecken und feiern mit der Menge mit.
Zum Ausklang des Abends und um unseren Hunger zu stillen, gehen wir auf die Suche nach Essen. Das erste Restaurant schickt uns wieder weg, sie haben die Essenskarte schon gegen die Cocktail-Karte ausgetauscht, im Zweiten reicht das Geld nicht und erst an den kleinen Straßenständen werden wir fündig: leckere, frische Zebu-Spieße von Grill.
Umzug ins Fischerdorf
Am frühen Morgen erwache ich, geweckt durch die Sonne und den Hunger auf ein billiges Frühstück im Hotel. Ich zeihe auch gleich los um den Montag in Tuléar zu genießen. Auch wenn ich fast nicht mehr daran geglaubt habe, aber die Stadt lebt. Nur halt nicht sonntags. Mein erstes Objekt der Kaufbegierde: ein Luxus-Artikel, ein beliebter, wenn auch unbrauchbarer Wunschgegenstand von Kindern, ein Artikel, den nur Vazas benutzen wollen, unbedingt benutzen sollten, es aber nicht immer tun: Sonnencreme.
17 Euro für eine Flasche à 200ml. Dennoch besser als 12 Euro für 40ml in Fianarantsoa. Bei dem günstigen Preis muss ich sofort zuschlagen. Auch wenn mein Konsum mittlerweile etwas zurückgegangen ist, um Vaza zu bleiben und nicht Britisch-Rot auszusehen, bleibt das Eincremen unerlässlich.
Um 11 Uhr treffe ich mich mit Jean-Pierre, mein Reisebegleiter seit Fiana. Wir machen uns gemeinsam auf dem Weg zur Bushaltestelle. Unser nächstes großes Ziel, knapp 2 Stunden mit dem LKW entfernt, dennoch nur 17 km weit weg: St. Augustine. Ein kleines Fischerdorf, welches nun auch zwei Betten und wahrscheinlich eine Familie reicher ist. Denn als um 12:30 Uhr, der eigentlichen Abfahrtszeit, der LKW kommt, werden nicht die Passagiere eingeladen, sondern erstmal zwei Betten aufs Dach, 600 kg Reis in den Innenraum und tausende andere leichte und schwere Gegenstände. Genau so viel, dass man im Innenraum gerade noch so sitzen kann.
Für 3000 MGA, knapp einem Euro, gibt es einen Sitzplatz und ich als alter knausriger Reisender nehme davon erst einmal zwei. Als hätte ich es geahnt; ich kann mich mit trotz zwei Plätzen kaum bewegen. Eingeklemmt zwischen Bordwand, Pannenwerkzeug und anderen Reisenden, »genieße« ich die Fahrt. Natürlich etwas weniger Genussdafür etwas mehr »Schmerz«.
St. Augustine stellt sich als kleines, relaxtes Fischerdorf heraus. Zwei Hotels vor Ort und ein netter Manu, ein »Pirogén-Kapitän«. Mit Manu mache ich sogleich meine Überfahrt für den nächsten Tag aus, denn ich möchte nach Anakao weiterziehen.
Der Weg ist das Ziel
»Der Weg ist das Ziel« – Nach diesem Motto habe schon der Vortag erfolgreich beschlossen. Statt zwei Tage nach Anakao zu brauchen, kann man einfach das Schnellboot von Tulear nehmen, das einen dann direkt am Hotel der Wahl rausschmeißt.
Ich will aber keine drei Tage am stürmischen Strand verbringen. Also hebe ich den Reiseschwierigkeitsgrad.
Pünktlich um 6 Uhr holt mich Manu ab und verfrachtet mich in seine kleine Segel-Piroge. Teils mit Wind, teils mit der Kraft zweier Ruderer, erreiche ich nach etwas über einer Stunde das Fischerdorf Soalana auf der anderen Seite des Flussdeltas.
Dort starte ich meine Wanderung: 10 Kilometer am Strand entlang bis nach Anakao. Auf dem Weg begegnen mir viele Fischer-Pirogen, spielende und leider auch bettelnde Kinder und hier und da mal eine Krabbe, die sich aber schnell wieder in ihrem Loch verkriecht. Die vier Stunden an fast leerem Strand sind eine Wohltat nach den ganzen Menschenansammlungen der letzten Wochen. Mehrfach wird mir eine Weiterreise in einer Piroge angeboten. Ich lehne dankend ab.
Wäre nicht das Schnellboot, würde Anakao für den durchschnittlichen Europäer am Ende der Welt liegen. Das hat schon seinen Charme. Das Meer und den Strand für mich alleine haben, war schon lange ein Traum.
Schnell zurück, aber naß von oben
Eigentlich will ich Tauchen gehen, aber da spielt das Wetter einfach nicht mit und neben der steifen Brise regnet es auch noch. Zuerst mache ich mir noch Sorgen, ob ich am nächsten Tag überhaupt nach Tuléar zurückkommen werde, entscheide mich aber, michd er Gelassenheit der Einheimischen anzuschließen und erstmal einen guten italienischen Kaffee zu trinken.
Der letzte Tag am Meer beginnt dann wieder etwas regnerisch und das Meer gibt sich beste Mühe mir eine unangenehme Fahrt mit dem Schnellboot zu bescheren. Die Überfahrt ist überraschend ruhig und obwohl sich der Bootsmann beste Mühe gibt zwischen den Wolken hindurch zu navigieren, werden wir gewaltig von oben nass.
In Tuléar verbringe ich die Wartezeit auf meinen Flieger zurück nach Tana mit Essen. Frühstück im Blû, Mittagessen im Blû und Abendessen am Flughafen.
Der deutsche Besitzer des Blû gibt mir noch viele hilfreiche Tipps und Ideen für meine Weiterreise auf dem afrikanischen Kontinent mit.
Es sind die letzten Stunden auf Madagaskar und ich blicke mit Freude zurück auf großartige vier Wochen auf der »roten Insel«.
Epilog
Einige Monate später werde ich auf einer kleinen Insel in Mosambik eine Familie von ihm grüßen; eine ganz besondere Ehre und Freude von ihm wieder zu hören! Mir wird wieder klar, wie klein die Welt ist und das Freundschaften nicht an Grenzen halt machen!
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