Machu Picchu oder 8670 Treppenstufen

Und da sind sie: Die­se High-Tech-Tou­ris­ten. Mit per­fekt sit­zen­den Lauf­schu­hen, frisch erstan­de­ner Stirn­lam­pe und dem wich­tigs­ten Merk­mal: dem unbe­ding­ten Sie­ges­wil­len. Machu Pic­chu scheint in den meis­ten Leu­ten irgend­ei­nen sport­li­chen Wett­kampf­geist zu wecken. Zumin­dest kommt es mir so vor, als wir um fünf Uhr in der Früh die Stu­fen zu Machu Pic­chu erklim­men. Jeder will der Ers­te sein.

Treppensteigen die Erste: 1700 Stufen

Stu­fe um Stu­fe trennt sich nun die Spreu vom Wei­zen. Die Einen, agil, leicht­fü­ßig, ambi­tio­niert, erklim­men die rund 1700 Stu­fen zur Inka­stät­te Machu Pic­chu ziel­stre­big. Die Ande­ren haben sich über­schätzt und ste­hen keu­chend am Weges­rand. Nur noch 20 Minu­ten, dann wer­den die Tore geöff­net. Hek­tik liegt in der Luft.

Als wir um kurz nach sechs oben ankom­men, zeich­net sich schon das ers­te Oran­ge am Him­mel ab. In mei­nem T‑Shirt zeich­net sich hin­ge­gen der fri­sche Schweiß ab, und den­noch bin ich über die kör­per­li­che Anstren­gung froh. Die Duch­kom­mer­zia­li­sie­rung Machu Pic­chus lässt schließ­lich nur wenig Raum für indi­vi­du­el­le Wege.

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Der erste Blick

Viel­leicht ist es der Machu Pic­chu Moment schlecht­hin, der eine Augen­blick, in dem man das gesam­te Kunst­werk, das Pan­ora­ma, die majes­tä­ti­sche Lage in all ihrer Pracht, dem Grün, dem jun­gen Him­mel, den per­fekt geschwun­ge­nen Ber­gen, erblickt.

Machu Picchu
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Die archi­tek­to­ni­sche Bau­kunst, die Prä­zi­si­on, das Aus­maß an benö­tig­ter mensch­li­cher Arbeits­kraft- Machu Pic­chu ist sicher in vie­ler­lei Hin­sicht beein­dru­ckend. Doch was mich am meis­ten bewegt, ist eine ganz per­sön­li­che, indi­vi­du­el­le Emp­fin­dung:
Da ste­he ich nun. 
Und darf Machu Pic­chu mit eige­nen Augen wahr­haf­tig vor mir lie­gen sehen. 
Ich, das Mäd­chen aus Hucht­ing in Bre­men, das eigent­lich aus einer ganz klei­nen Welt kommt. 

Treppenstufen die Zweite: 2585 Stufen

Machu Pic­chu liegt zwi­schen zwei Ber­gen: dem Huay­na Pic­chu (2701m) und dem Machu Pic­chu Moun­tain (3082m). Da uns die 1700 Stu­fen hin­auf noch nicht gereicht haben, stei­gen wir Stu­fe um Stu­fe auf den Machu Pic­chu Moun­tain hin­auf. 2 5 8 5 Stu­fen hoch. Und dann wie­der hin­ab. Dazwi­schen die Ruhe neben dem eige­nen Äch­zen, Machu Pic­chu plötz­lich im Mini­for­mat. Der wah­re Star der Rui­ne ist ihre Gar­ni­tur: das saf­ti­ge Grün, die per­fekt anlie­gen­den Ber­ge, der sich win­den­de Fluß.

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Treppen zum Machu Picchu Mountain

Irgend­wann, es ist nun um die Mit­tags­zeit und die Son­ne brennt senk­recht her­un­ter, sit­zen wir erschöpft zwi­schen den Rui­nen. An uns zie­hen chi­ne­si­sche Tou­ris­ten, ver­mummt und beson­nen­schirmt, vor­bei. An einem der Lieb­lings­fo­to-Spots ent­bricht ein klei­ner Streit in einer Grup­pe: ein über­ge­wich­ti­ger Mann drän­gelt beim Foto­gra­fie­ren: »Quick­ly, quick­ly«. Eine noch über­ge­wich­ti­ge­re Frau motzt ihn dar­auf­hin an.
Zeit zu gehen.

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Antworten

  1. Avatar von Jakob

    Ah, lese den Arti­kel erst jetzt. Machu Pic­chu hat dann im End­ef­fekt doch gut gefal­len nach den gan­zen Kri­ti­ken an ANrei­se und Cus­co 🙂 ? Dann ist mei­ne Kri­tik im Kom­men­tar zum Cus­co- Arti­kel natür­lich nicht mehr ganz rich­tig. Hab aus dem irgend­wie geschlos­sen, dass ihr das auf die Sehens­wür­dig­keit selbst auch bezieht 😉

    Grü­ße, Jakob

  2. Avatar von Sarah Althaus

    Für mich hat­te der Machu Pic­chu etwas magi­sches. Es ist zwar schon eine gefühl­te Ewig­keit her als ich dort war, aber auch damals hat­te es super vie­le Tou­ris­ten. Aller­dings war nichts mit anste­hen oder so und ich war tat­säch­lich eine der ers­ten die oben ange­kom­men ist und auch auf dem Weg nach oben gab es nicht vie­le Leu­te.

    Aber den Augen­blick als die Son­ne durch den Nebel gebro­chen ist und die alte Inka-Stät­te beleuch­tet hat, dar­an wer­de ich mich für immer erin­nern. Unver­gess­lich!

  3. Avatar von Ronny

    Mich wür­de mal inter­es­sie­ren wie dei­ne Mei­nung zu den Theo­rien von Däni­ken zum Machu Pic­chu ist. Der Ort wird ja von ihm immer wie­der als ein Ort erwähnt, an dem man hät­te angeb­lich nicht mit den alten Metho­den bau­en kön­nen. Hast du dies auch so emp­fun­den oder bist du auf Sachen gesto­ßen die die­se Theo­rie unter­stüt­zen? Oder meinst du dass der Ort wirk­lich von Men­schen errich­tet wur­de, die damals leb­ten.

  4. Avatar von Madlen

    Als wir um 6 Uhr mor­gens im strö­men­den Regen den Ein­gang erreich­ten, stan­den da 800 Leu­te in einer Schlan­ge. Ich hat­te genug Zeit, durch­zu­zäh­len 😉 Lei­der las­se ich mir von so etwas schnell die Lau­ne ver­der­ben. Die Nebel­schwa­den gaben dem Set­ting eine gewis­se Mys­tik, aber der gesam­te Zau­ber blieb mir ver­wehrt. Scha­de, Machu Pic­chu und ich – das pass­te irgend­wie nicht.

    1. Avatar von Aylin

      800?! Ach herr­je, das ist eine Men­ge! Weißt Du, lie­be Mad­len, manch­mal soll es ein­fach nicht sein- ich hab auch schon an man­chen Stel­len gedacht »und wo bleibt bit­te der Wow-Effekt?!« Trotz­dem bin ich immer um die Erfah­rung an sich froh… LG, Aylin

  5. Avatar von Kathrin Drewke

    Ein schö­ner und zugleich rea­lis­ti­scher Bericht, der zeigt, was es heißt, es mit einer Top-Sehens­wür­dig­keit auf­zu­neh­men. Auch, wenn vie­le die­sel­be Idee haben/​ hat­ten wie ihr Zwei und der Weg ein beschwer­li­cher war, ist bei einem sol­chen Aus­blick doch jeg­li­che Stra­pa­ze ver­ges­sen.

    1. Avatar von Aylin

      Lie­be Kath­rin, schön, dass Dir unser Machu Pic­chu Bericht gefällt. Auch, wenn man Machu Pic­chu Bil­der bereits hun­der­te Male auf Post­kar­ten oder Fotos gese­hen hat- es ist immer etwas Beson­de­res für mich, mit eige­nen Augen sol­che Attrak­tio­nen zu erbli­cken.

      LG Aylin

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