Mediterrane Träume

Ich füh­le mich ein biss­chen, als hät­te ich mit dem Fin­ger auf der Euro­pa­kar­te her­um­ge­sto­chert und ein Wind­stoß im ent­schei­den­den Moment die Kar­te ver­scho­ben. Fast wäre ich in der Adria gelan­det, doch mit etwas Glück erwischt mein Fin­ger ein Stück­chen Land. Unter mei­ner Fin­ger­kup­pe schim­mern die ers­ten Buch­sta­ben mei­nes Som­mer­rei­se­ziels. Mon­te­ne­gro lese ich mit Erstau­nen, als sich die Hand wie­der hebt. Was kann ich denn hier machen? Als Rei­se­ziel ist mir das Land nun beim bes­ten Wil­len nicht bekannt. Aber irgend­was kann man sicher in Mon­te­ne­gro anstel­len.

Die Wahl ist gefal­len und ich fin­de spon­ta­ne Ent­schei­dun­gen in Bezug auf Rei­se­zie­le sehr char­mant und attrak­tiv. Eine kur­ze Bil­der­su­che im Inter­net prä­sen­tiert mir blau­es Meer, Ber­ge und alte medi­ter­ra­ne Han­dels- und Hafen­städ­te. So ein Wind­stoß kann sehr erfri­schend sein, stel­le ich fest. Die Mischung gefällt mir: Wan­dern, Kul­tur und Strand.

Ein neuer Tag in Montenegro

Mit dem Auf­gang der Son­ne begin­nen auch mei­ne ers­ten Ein­drü­cke von Mon­te­ne­gro. Der Tag ist noch ganz frisch und die Luft noch kühl, als ich mei­nen Fuß auf die klei­ne Auto­fäh­re zwi­schen Kamena­ri und Lepe­ta­ne set­ze. Die Mor­gen­luft umschwärmt mich, als die Fäh­re über die Bucht von Kotor über­setzt. Ber­ge mit bis zu 1700 Metern hal­ten die Bucht fest umschlun­gen. Es sind atem­be­rau­ben­de ers­te Momen­te in einem Land, dass sich bis­her ein­fach nur vor mir ver­steckt hat. Etwas Dunst liegt noch in der Luft und die Son­nen­strah­len hal­ten die Bucht in einem zar­ten Oran­ge gefärbt.

Fähre über die Bucht von Kotor

Die Fahrt führt mich noch ein kur­zes Stück wei­ter an der Küs­te ent­lang, bevor sich klei­ne Ort­schaf­ten und Geschäf­te ent­lang der Stra­ße abwech­seln. Kurz vor Bud­va erreicht die Stra­ße die Adria­küs­te und schlän­gelt sich hoch an den stei­len Hän­gen, vor­bei an dem ers­ten Strand: Jaz. Er soll mit einer der schöns­ten Strän­de rund um Bud­va sein, ich las­se ihn aber erst mal links lie­gen. Ein Tun­nel kurz vor Bud­va erhöht noch­mal die Span­nung. Wie wird Bud­va wohl aus­se­hen? So wie auf den Bil­dern?
Ent­täu­schung macht sich breit. Ich sehe nur Hotels und moder­ne Häu­ser. Eine Tou­ris­ten­stadt wie aus dem Bil­der­buch. Groß­ge­zo­gen, um dem Tou­ris­mus zu die­nen. Nicht wirk­lich mein Ding. Und dann schim­mert kurz zwi­schen den Häu­sern die Alt­stadt von Bud­va her­vor. Die Erlö­sung.

Ich bezie­he mein Appart­ment nur 10 Minu­ten vom Strand ent­fernt und las­se mich für den Rest des Tages auf das für mich etwas unge­wohn­te Stran­d­er­leb­nis ein.

Kotor – Mediterran Malerisch

Als ich mich am nächs­ten Tag im Bett rum­dre­he und auf mei­ne Uhr schaue ist es 6:45 Uhr. Mein Kör­per will wohl arbei­ten gehen. Ich habe Urlaub, doch jetzt bin ich wach. Ich zie­he mir die dün­ne Decke noch­mal über den Kopf. Es hilft nichts. Ein­mal wach, immer wach. Dafür las­se ich es gemüt­lich ange­hen.

Sveti Đorđe in den Bergen Kotors

Mich haben die ers­ten Bil­der von der Bucht von Kotor nicht wie­der los­ge­las­sen. Ich war noch nie das gro­ße Strand­kind und muss mich erst dar­an gewöh­nen. So zieht es mich zuerst nach Kotor. Mit dem öffent­li­chen Bus ist es fast ein Kat­zen­sprung. Die Bus­hal­te­stel­le liegt in unmit­tel­ba­rer Nähe zum Gur­dić Tor, dem süd­li­chen Stadt­tor. Ein gro­ßer Turm in der Stadt­mau­er, umge­ben von einem mäch­ti­gen Was­ser­gra­ben, beschützt den schma­len Ein­gang, der sich an die stei­le Fels­wand schmiegt. Mein Blick folgt der Stadt­mau­er den Berg hin­auf. In über 200 Metern über dem Mee­res­spie­gel bleibt er an der mon­te­ne­gri­ni­schen Fah­ne auf der Fes­tung auf dem Berg San Gio­van­ni hän­gen. Wer auch immer so ver­rückt war, an die­sem Hang zu bau­en, er hat ein Meis­ter­werk geschaf­fen. Ich durch­que­re die Alt­stadt und las­se mich ein ers­tes Mal ver­zau­bern. Nach eini­gen Minu­ten spuckt mich auf der ande­ren Sei­te das Nord-Tor wie­der aus. Von hier aus star­te ich den Auf­stieg. Der alte Pfad war einst die ein­zi­ge Ver­bin­dung Kotors mit dem ber­gi­gen Hin­ter­land von Mon­te­ne­gro. Im Zick-Zack geht es Meter um Meter nach oben. Mit jedem Höhen­me­ter wird die Sicht auf die Bucht von Kotor bes­ser. Durch ein klei­nes Loch in der Fes­tungs­mau­er schlüp­fe ich ins Inne­re der Stadt­ver­tei­di­gung. Als wol­le mir die Son­ne noch­mal die Sehens­wür­dig­kei­ten her­vor­he­ben wol­len, so leuch­ten die alten Häu­ser der Hafen­stadt in grel­lem Son­nen­licht, wäh­rend der Rest durch Wol­ken ver­deckt wird.

Kotor und seine Bucht

Ich fol­ge dem Ruf der Son­ne und stei­ge die gefühl­ten 1000 Stu­fen ab. Die ver­win­kel­ten Gas­sen des Welt­kul­tur­er­bes laden regel­recht zum Ent­de­cken und sich ver­lie­ren ein. Ich hang­le mich von Platz zu Platz, von roma­ni­schen Kir­chen über vene­zia­ni­sche Plät­ze zu Tür­men im Renais­sance-Stil. Sie ergän­zen sich per­fekt und ich mer­ke nicht, wie die Zeit ver­streicht. Mit einem letz­ten Bum­mel über die Hafen­pro­me­na­de ver­ab­schie­de ich mich von Kotor und keh­re nach Bud­va zurück.

Gassen von Kotor

Budva – Touristisch Versteckt

Ich schlie­ße die Augen und will ein­fach nur weg. Die­se Hotel­wüs­te von Bud­va ist abso­lut nicht mein Ding. Der Charme kann wahr­schein­lich nur von ande­ren wahr­ge­nom­men wer­den. Der Berg­hang zieht mich an. Aus der Fer­ne sehe ich grü­ne Hän­ge und so wan­de­re ich die klei­ne Stra­ße ent­lang in die Höhe. Der Glo­cken­turm des Klos­ters Pod­maine ist mein Weg­wei­ser. Das Ein­gangs­tor ist flan­kiert von zwei Mosai­ken von Hei­li­gen. Im Innen­hof wer­de ich von zwei Mön­chen emp­fan­gen und mit einem Tuch ver­sorgt. Mei­ne blan­ken Bei­ne sind anschei­nend zu anzüg­lich für die hei­li­gen Hal­len. Ich betre­te die Kir­che im Zen­trum des Klos­ters. Wäh­rend sie von außen ein schö­ner, aber schlich­ter Bau ist, ist sie von Innen mit hin­rei­ßen­den Wand­ma­le­rei­en geschmückt. Eine ein­sa­me Ker­ze fla­ckert vor dem gol­de­nen Altar.

Kloster Podmaine

Bevor ich wei­ter in die Höhe zie­he, ruhe ich mich noch im Schat­ten der Pal­men aus. Die Stra­ße steigt noch eini­ge hun­dert Meter steil an, bevor sie sich im Hang hori­zon­tal aus­ruht und sich zu einem Pan­ora­ma­weg ent­wi­ckelt. Die Sicht über die Bucht ent­schä­digt für den Auf­stieg in der Mor­gen­hit­ze.
Am Nach­mit­tag ver­ir­re ich mich in die Alt­stadt von Bud­va. Nur eine brei­te Pro­me­na­de trennt die moder­nen Hotel­bur­gen von der idyl­li­schen Stadt­mau­er. Hier füh­le ich mich wie­der wohl. Durch eins der Stadt­to­re stol­pe­re ich über den säu­ber­lich gepflas­ter­ten Grund in das Laby­rinth der klei­nen Gas­sen.

Festung von Budva

Bäu­me ragen über die Mau­ern der Höfe, die wie­der­um mit bunt blü­hen­den Blu­men geschmückt sind. Klei­ne Bou­ti­quen und Restau­rants wech­seln sich ab. Zwi­schen­durch auch mal wie­der ein Sou­ve­nir­la­den. Ich füh­le mich ent­spannt. Kein Auto­lärm, kei­ne Motor­rä­der, nur Kell­ner, die für ihr Restau­rant wer­ben. Am hin­te­ren Ende der Alt­stadt führt eine Trep­pe in die Fes­tung. Über dem Tor steht in Stein gemei­ßelt »ERBAUT IM JAHRE 1836«. Vom höchs­ten Punkt aus eröff­net sich ein Pan­ora­ma über die gesam­te Stadt, das Meer und die Insel Sve­ti Niko­la, auch Hawaii genannt. In der Son­ne leuch­ten die hell­ro­ten Haus­dä­cher und heben sich so deut­lich von dem weiß-gräu­li­chen Rest der Stadt ab.

Altes und neues Budva

Strände – Auf die harte Tour

Was wäre ein Urlaub in Mon­te­ne­gro ohne sei­ne Strän­de. Voll gepackt mit Miet-Lie­gen erstreckt sich der Haupt­strand von Bud­va (Slovens­ka) ent­lang der gan­zen Was­ser­front. Ohne die Lie­gen macht es hier kaum Spaß, sich auf die teil­wei­se Ei-gro­ßen Kie­sel­stei­ne zu legen. Auf Hawaii sind die Men­schen­mas­sen erträg­li­cher, aber die Stei­ne noch grö­ßer. Dafür locken auf Hawaii foto­ge­ne Fel­sen und ein tol­ler Aus­blick. Wer Glück hat, kann die loka­len Fel­sen­sprin­ger beob­ach­ten. Jaz im Wes­ten von Bud­va soll ein tol­ler Strand sein, den ich aber nie aus­pro­bie­ren konn­te. Ich habe mich nach mei­ner anfäng­li­chen Strand­pho­bie, ein­fach in zwei klei­ne Strän­de ver­liebt. Die fein­kör­ni­gen Stei­ne waren hier nur der Bonus zu den bes­ten Lagen.

p6200220

So zieht es mich mehr­fach an den Strand west­lich der Alt­stadt von Bud­va. Er ist nicht nur klein, son­dern sei­ne Lage ist aus­ge­zeich­net. Direkt an den Stadt­mau­ern gele­gen, kann die Aus­sicht nur noch von mei­nem Lieb­lings­strand an der Insel Sve­ti Ste­fan über­bo­ten wer­den. Etwas ent­täu­schend ist es schon, als ich erfah­re, dass Sve­ti Ste­fan ein Hotel ist und der Ein­tritt mit 20 Euro für eine Besich­ti­gung von Restau­rants und Pools zu Buche schla­gen wür­de. Dafür ent­lohnt der öffent­li­che Strand in bes­ter und fan­tas­ti­scher Lage. Hier könn­te ich viel­leicht den gan­zen Som­mer lie­gen, aber ein Urlaub geht auch mal zu Ende.

Sveti Stefan

Nur eine Woche, nach­dem mich Mon­te­ne­gro mit dem Son­nen­auf­gang über­rasch­te, muss ich mich schon wie­der ver­ab­schie­den. Der Son­nen­un­ter­gang ist noch knapp zwei Stun­den ent­fernt, als ich ein letz­tes Mal durch Kotor kom­me und statt der Fäh­re den lan­gen Weg um die Bucht von Kotor wäh­le. Die Stra­ße folgt strickt dem Ver­lauf der Bucht und schlän­gelt sich eine gefühl­te Ewig­keit ent­lang des Was­sers. Ich lie­fe­re mir mit einem aus­lau­fen­den Kreuz­fahrt­schiff ein Wett­ren­nen nach Dubrov­nik. Ich glau­be, ich wer­de das Ren­nen gewin­nen und die­ses Mal ohne auch nur eine Per­le Schweiß zu ver­lie­ren.

Mein Schiff 2 in der Bucht von Kotor

Erschienen am



Antworten

  1. Avatar von Michael

    Hal­lo Domi­nik,

    ein schö­ner Rei­se­be­richt. Wenn du noch­mals nach Mon­te­ne­gro kommst, wür­de ich mich freu­en, dir den tou­ris­tisch noch nicht so erschlos­se­nen Süden rund um Bar und Ulcinj näher zu brin­gen. Der lan­ge Sand­strand bei Ulcinj ist ein Para­dies!

  2. Avatar von Dominik

    Hal­lo Micha­el!
    Vie­len Dank für dein Ange­bot. Ich wer­de es mir mer­ken. Viel­leicht kommt ja auch mal einer mei­ner Mit­schrei­ber vor­bei 🙂

    1. Avatar von Montenegro Experte Michael

      Ger­ne! Habe schon län­ger vor, einen net­ten Schrei­ber bei mir unter zu brin­gen und mit ihm ein paar tol­le Sachen hier in Mon­te­ne­gro zu ent­de­cken. Jetzt wäre die rich­ti­ge Zeit, dies anzu­ge­hen. Also: Ger­ne mel­den!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert