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Das auf der Karte ist Jerusalem bzw. ein kleiner Teil davon. Das Helle in der Mitte ist die hoch umstrittene Altstadt, da wo die Heiligtümer der drei Weltreligionen Christentum, Islam und Judentum dicht an dicht aneinander gepackt liegen.
Der rote Strich ist die Via Dolorosa, die Strecke die Jesus vom Amtssitz des Pontius Pilatus bis zum Golgotha Hügel teils mit seinem Kreuz beladen zurück legen musste. Mitten drin also. Und da beginnt das Konstrukt meiner Vorstellungswelt bereits zu wackeln.
Früher mal, vor über 2000 Jahren lag dieser Weg teilweise außerhalb der Stadt. Golgotha, der Hinrichtungshügel war das Ende des Leidensweges. Heute steht da die Grabeskirche. Ein Hügel ist nicht mehr erkennbar. Und überhaupt fordert die riesige Kirche mein Vorstellungsvermögen stark heraus. Golgotha auf dem Jesus gekreuzigt wurde bis hin zu seiner Felsengruft, die dem Mythos zu Folge mit einem gewaltigen Stein verschlossen wurde, liegen heute überdacht in der Grabeskirche in Form von Kapellen. Mein Gefühl für Distanz und Fläche ist davon deutlich gestört.
Die Stelle wo er ans Kreuz genagelt wurde ist eine römisch-katholische Kapelle, wo sein Kreuz aufgestellt wurde eine griechisch-orthodoxe. Den Schlüssel für die Grabeskirche hält bis heute eine muslimische Familie, weil sich die christlichen Gruppierungen nicht einigen können, wem er rechtmäßig und nach Gottes Willen eigentlich zusteht.
Hätte ich diesen Weg spirituell nachempfinden wollen, hätten mich die Massen an Reisegruppen, die Autos, die sich gemeinsam mit den Pilgern durch die engen Gassen drücken und die Luft mit Abgasen füllen, die Basargeschäfte rechts und links und der Duft von Kardamom-Kaffee irritiert.
Ich bewundere die gläubig in sich versunkenen Pilger ein bisschen. Der Trubel scheint ihnen nichts auszumachen. Eine asiatische Gruppe hält an jeder der 14 Kreuzwegstationen. Sie singen und beten, einige weinen. Ein paar Meter weiter wird ein äthiopischer Gottesdienst abgehalten. Wir stehen dazwischen. Die Gesänge überschneiden sich.
Das kommt hier häufig vor. Kirchenglocken, Muezin und Rabi-Gesang erklingen hintereinander, ineinander zusammengefügt. Dann strömen hunderte von Gläubigen durch die Stadt und werden von ebenfalls hunderten von Soldaten abgesichert. Zur jüdischen Gebetszeit verdreifacht sich die Militärpräsenz in der gesamten Altstadt.
In der Grabeskirche ist es dagegen still und scheinbar andächtig. Am Salbungsstein brechen einige in Tränen aus, minutenlang und intensiv. Ich mach mir Sorgen, weiß aber nicht um wen, vielleicht um mich selbst, weil mich der Ort nicht so berührt wie die anderen Anwesenden. Aber hier hat man immerhin die Zeit dafür.
Im Heiligen Grab erhält man mit viel Glück vielleicht fünf Sekunden, um hastig etwas zu liebkosen und sich beim Eintreten wieder im Austreten zu wähnen. Nicht mal der Kerze, die man danach entzündet wird die entsprechende Zeit gewährt, um gemächlich runter zu brennen. Kaum dreht man ihr den Rücken zu wird sie von einem Mann Gottes ausgepustet und an den nächsten Gläubigen weiterverkauft.
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Israel und Jerusalem stehen auch noch auf unserer Reiseliste, wir würde da wirklich gerne mal hinreisen. Alleine um diese schöne Stadt mal zusehen. Nur leider finden wir nie den richtigen Zeitpunkt – gerade jetzt im Moment gleicht die Region ja leider wieder einem Pulverfass.
Um so schöner ist es, von anderen Reisenden mitgenommen zu werden, mit so schönen Berichten wie diesem hier.
LG Thomas
Jerusalem ist absolut sehenswert! Ist grad bloß wirklich schwierig einzuschätzen, ob das ne gute Idee ist. Leider!
Freut mich aber, das der Bericht dich mitnimmt auf eine kleine Reise. Danke dir Thomas.
War im vorletzten Jahr auch dort unterwegs. Spirituell fand ich die Altstadt auch kaum, das Zusammentreffen der drei, auf dem selben Fundament basierenden, Religionen ist aber (insbesondere aus Sicht eines Atheisten) irgendwie schon spannend. Schon früh hat hier Macht mehr gezählt als Glaube…
Stimm dir da absolut zu. Das hat mich an der Altstadt in Jerusalem auch sehr fasziniert, wie die drei großen Religionen da zusammenleben, aufeinandertreffen und wie sich der eine religiöse Klang zum nächsten überleitet. Kirchenglocken, Muezzin und jüdischer Rabbi.
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