Im Urwald Kolumbiens: Die Verlorene Stadt

Flink hüpft die Klei­ne auf uns zu, ihre nack­ten Füße wir­beln Staub­wol­ken auf. „Dul­ces“, ruft sie, Süßig­kei­ten. Ihre Hän­de sind vor dem Bauch ver­schränkt, um den Hals hän­gen vie­le bun­te Per­len­ket­ten. Erdi­ge Fle­cken über­de­cken das Weiß ihres Lei­nen­kleids. Die lan­gen, glän­zen­den Haa­re und die scho­ko­la­den­brau­ne Haut wei­sen sie als Kogi-India­ne­rin aus. „Dul­ces“, wie­der­holt das Mäd­chen, dann ver­stummt es und schaut uns for­dernd an. Als jemand ihr einen Keks und eine Mara­cu­ja reicht, lächelt sie kurz, dreht sich um und ver­schwin­det wie­der hin­ter den Sträu­chern, weg von unse­ren neu­gie­ri­gen Bli­cken.

Natur statt Luxus

Es ist die ers­te Begeg­nung mit den Indi­ge­nen, denen ein Groß­teil des Gebiets rund um die Ciu­dad Per­di­da recht­mä­ßig gehört. Seit­dem hier begeh­ba­re Pfa­de und Brü­cken über den Fluss ent­stan­den sind, bege­ben sich täg­lich eini­ge weni­ge Tou­ris­ten­grup­pen auf den Trip durch den Dschun­gel. Die Zahl der Besu­cher ist limi­tiert, die beschwer­li­che Wan­de­rung schreckt vie­le schon im Vor­hin­ein ab. Das Ticket in den Dschun­gel kos­tet 700.000 kolum­bia­ni­sche Pesos, umge­rech­net rund 200 Euro. Dafür erhält man Unter­kunft, Ver­pfle­gung und einen eige­nen Gui­de. Bana­nen­för­mi­ge Matrat­zen oder Hän­ge­mat­ten die­nen als Schlaf­stät­ten, das Essen besteht größ­ten­teils aus Reis mit Boh­nen. Elek­tri­schen Strom gibt es nur am ers­ten Abend. Dafür war­ten an den Camps natür­li­che Fel­sen­pools und die Gebor­gen­heit des Wal­des.

Der Dschun­gel bie­tet kei­nen Luxus, dafür Natur im Über­fluss. Blaue Mor­pho-Fal­ter schwir­ren umher, Eidech­sen huschen über den Weg. Ein nicht auf­hö­ren­des Sur­ren, Tril­lern und Zwit­schern liegt in der Luft. Es ver­schwimmt zu einem bestän­di­gen Hin­ter­grund­rau­schen. Erst bei genau­em Hin­hö­ren kris­tal­li­sie­ren sich ein­zel­ne Geräu­sche des orni­tho­lo­gi­schen Orches­ters her­aus: das Häm­mern des Spechts, der wie­hern­de Schrei des Tukans, das Flü­gel­schla­gen des Pis­to­le­ro-Vogels. Unse­re Füh­re­rin Ruth absol­viert die­sen Trek seit acht Jah­ren regel­mä­ßig, über 100 Mal war sie schon in der Ciu­dad Per­di­da. Auf die Fra­ge, wel­che Tie­re hier behei­ma­tet sind, folgt ein fünf­mi­nü­ti­ger Mono­log auf Spa­nisch. Alles, was ich ver­ste­he, ist „Koli­bri“. Nach dem Abend­essen legt Ruth ein Buch auf den Tisch, in dem die Tier­welt rund um die Ciu­dad Per­di­da auf Eng­lisch beschrie­ben wird. Neben den vie­len Vögeln und Fal­tern sind hier auch Oze­lots, Jagua­re und Brüll­af­fen behei­ma­tet, die wir jedoch nicht zu sehen bekom­men.

Die zehn Mit­glie­der unse­rer Grup­pe kom­men gut mit­ein­an­der zurecht. Die Tage sind geprägt von her­aus­for­dern­den Anstie­gen und Gesprä­chen über Gott und die Welt. Abends steckt die Anstren­gung in den Kno­chen, bei Bier auf dem Tisch und im Ker­zen­schein ent­steht eine gesel­li­ge Run­de. Die gemein­sa­men Kilo­me­ter sowie die erleb­ten Erfah­run­gen schwei­ßen zusam­men und for­men eine Ein­heit. Da sind zum Bei­spiel Pau­li­ne und Fran­cois, das fran­zö­si­sche Paar auf Welt­rei­se, das auch nach acht Jah­ren Bezie­hung noch frisch ver­liebt ist. Da ist Fran­zi aus Öster­reich, Bio­lo­gin und fas­zi­niert von den kleins­ten Details der Natur. Mit einem Taschen­mes­ser befreit sie einen Nacht­fal­ter, der sei­ne Flü­gel im getrock­ne­ten Ker­zen­wachs ver­fan­gen hat. Und dann noch Alec, der uns mit sei­nem Spitz­bu­ben-Charme immer wie­der zum Lachen bringt, Tie­re nur lei­den kann, wenn sie ihn in Ruhe las­sen und des­we­gen den nach Essen bet­teln­den Kat­zen in Tabas­co getränk­te Fleisch­res­te ver­ab­reicht, damit sie aus sei­nem Dunst­kreis ver­schwin­den. Die klu­gen Geschöp­fe schnup­pern kurz, ver­zich­ten und wen­den ihre rosa Schnau­ze wie­der Alec zu.

Fif­ty Shades of Green/​Biophilia

Mit jedem Schritt steigt die Vor­freu­de auf die Ver­lo­re­ne Stadt. Ist sie den wei­ten Weg wert? Es spielt kei­ne Rol­le, denn bereits der wei­te Weg ist den wei­ten Weg wert. Die Natur brei­tet sich aus, ein dich­ter Pflan­zen­tep­pich ent­fal­tet sich über dem Boden und dringt bis in die höchs­ten Baum­wip­fel.

Die unter­schied­li­chen Grün-Schat­tie­run­gen sind unzähl­bar. Man­che Baum­stäm­me kann man nur erah­nen, denn ihr Braun bleibt unsicht­bar und die Form ver­schwimmt. Sie sind über­wach­sen mit Moo­sen, Bro­me­li­en und Orchi­deen. Die Wur­zeln der Epi­phy­ten hän­gen auf der Suche nach Feuch­tig­keit wie Fäden in der Luft und bil­den über dem Weg trans­pa­ren­te Vor­hän­ge. Ein Wischen und ein wei­te­rer Schritt, dann habe ich die Minia­tur-Lia­nen pas­siert. Unwill­kür­lich den­ke ich an den pan­do­rai­schen Regen­wald aus Ava­tar. Damals erschien er mir wie aus einer ande­ren Welt, hier exis­tiert das rea­le Vor­bild. Die Umge­bung saugt die Anspan­nung aus dem Kör­per und bringt Ruhe in den Kopf, ein Phä­no­men, das auch als Bio­phi­lia bekannt ist. Der posi­ti­ve Effekt der Natur auf das eige­ne Wohl­erge­hen ist wis­sen­schaft­lich bewie­sen. Angeb­lich macht Wald glück­lich. Ob ich das glau­ben soll? Auf jeden Fall füh­le mich gelas­sen und gut.

Die Ciu­dad Per­di­da ist Teil der Sier­ra Neva­da de San­ta Mar­ta, des höchs­ten Küs­ten­ge­bir­ges der Welt. Schnee­be­deck­te Gip­fel erhe­ben sich mehr als 5700 Meter über das kari­bi­sche Meer. Bis Mit­te des letz­ten Jahr­zehnts nutz­ten rech­te Para­mi­li­tärs das Gebiet als Hot­spot für ihre Koka­in-Pro­duk­ti­on, Tou­ris­ten lie­ßen sie jedoch unbe­hel­ligt pas­sie­ren. Der ein­zi­ge Zwi­schen­fall ereig­ne­te sich im Jahr 2003, als die Gue­ril­la­grup­pe ELN acht Aus­län­der ent­führ­te. Sie wur­den alle nach drei Mona­ten unver­sehrt wie­der frei gelas­sen. Heu­te sind Rei­sen in die Sier­ra Neva­da dank der ver­stärk­ten Prä­senz der kolum­bia­ni­schen Armee sicher. Auch die Angst vor Krank­hei­ten ist unbe­grün­det: Mos­ki­tos und Zecken gibt es zwar zuhauf, sie über­tra­gen jedoch kei­ne gefähr­li­chen Erre­ger. Den­noch bege­ben sich nur drei bis vier Dut­zend Tou­ris­ten täg­lich in den Urwald: Allei­ne wan­dern ist nicht mög­lich und die Ein­ge­bo­re­nen ver­ge­ben Lizen­zen nur an aus­ge­wähl­te Tour­anbie­ter. Die Ciu­dad Per­di­da soll kein zwei­tes Mac­chu Pic­chu wer­den.

Bil­lard im Dschun­gel

Ist das ein Bil­lard­tisch? Tat­säch­lich. Ver­steckt unter Wäsche­lei­nen und hin­ter aller­lei Krims­krams steht er. Die Kugeln sind zwar leicht eckig und zudem feh­len vier, aber da steht ein Tisch mit blau­em Tuch, vier Ban­den und sechs Löchern: unver­kenn­bar ein Bil­lard­tisch. Was macht der denn hier? Sind wir etwa zurück in der Zivi­li­sa­ti­on? Ich schaue mich um, ent­de­cke aber kei­ne Auto­bahn. Die armen Maul­tie­re. Den hüge­li­gen Tram­pel­pfad, der mich mit mei­nem Ruck­sack schon an den Rand der Ver­zweif­lung gebracht hat, muss­ten die Las­ten­schlep­per mit zent­ner­schwe­ren Schie­fer­plat­ten auf dem Rücken bewäl­ti­gen. Nun steht der Tisch aber hier, und ich spie­le mit Alec eine Par­tie Bil­lard im Urwald. Die Kugeln eiern, Hosen hän­gen von der Wäsche­lei­ne ins Gesicht und ein Motor­rad sowie her­um­lie­gen­de Sand­sä­cke erschwe­ren die Stö­ße. Zumin­dest habe ich genü­gend Aus­re­den, als Alec schließ­lich die schwar­ze Acht ver­senkt.

Im Ein­klang mit der Umwelt

Je näher wir der Ciu­dad Per­di­da kom­men, des­to mehr Ein­ge­bo­re­ne kom­men uns ent­ge­gen. Es sind die stets in weiß geklei­de­ten Kogi-India­ner. Etwa 10.000 von ihnen woh­nen in den Sied­lun­gen rund um die Ver­lo­re­ne Stadt. Sie leben aus nach­hal­ti­ger Selbst­ver­sor­gung: Der Anbau von Getrei­de und Gemü­se sowie Vieh­zucht sor­gen für die Ernäh­rung, ihre Rund­hüt­ten bestehen aus Lehm und Palm­blät­tern. Die Kogis leben im Ein­klang mit der Umwelt, die ihrer Ansicht nach durch die moder­ne Zivi­li­sa­ti­on aus dem Gleich­ge­wicht gebracht wird. Die Kogi-Pries­ter, auch „Mame“ genannt, tra­gen eine kegel­för­mi­ge Müt­ze. Sie hilft bei der Kom­mu­ni­ka­ti­on mit der „Gro­ßen Mut­ter“, die als spi­ri­tu­el­le Füh­re­rin dient. Der Fort­be­stand die­ser Lebens­form ist nicht in Gefahr: Die Fami­li­en sind reich an Kin­dern und der Groß­teil der Jugend, die den Urwald für die Aus­bil­dung ver­lässt, kehrt wie­der zurück.

Auf unse­rem Weg tref­fen wir haupt­säch­lich Män­ner. Sie alle tra­gen lan­ges Haar, kau­en auf Koka-Blät­tern und rei­ben einen Stock gegen eine klei­ne Kale­bas­se. Sie ent­hält gemah­le­ne See­schne­cken. Mit den Koka­blät­tern ver­mischt ent­fal­ten sie eine hun­ger­hem­men­de und leis­tungs­för­dern­de Wir­kung. Die meis­ten Indi­ge­nen beach­ten uns nicht, man­che schau­en kurz, die wenigs­ten las­sen ein lei­ses „Bue­nos Días“ ent­schlüp­fen. Schüch­tern tip­peln sie an uns vor­bei, bevor sie wie Geis­ter wie­der mit dem Urwald ver­schmel­zen.

Die Hüter der Ver­lo­re­nen Stadt

Es ist fünf Uhr drei­ßig, als wir geweckt wer­den. Nach dem Früh­stück – es gibt Rühr­ei mit Toast, fri­sche Ana­nas und Papa­ya – mar­schie­ren wir los. Eine Hän­ge­brü­cke spannt sich über den Burita­ca-Fluss. Dahin­ter tür­men sich 1200 Stu­fen als Wäch­ter der Ciu­dad Per­di­da auf. Die Son­ne ist noch hin­term Hori­zont, im Regen­wald ist es ange­nehm kühl. Trotz­dem bren­nen die Ober­schen­kel. Eine knap­pe hal­be Stun­de dau­ert der Auf­stieg, dann erschei­nen die ers­ten Mau­ern. Sol­da­ten in Tarn­klei­dung mit Maschi­nen­ge­weh­ren über der Schul­ter über­wa­chen die Sze­ne­rie.

Ruth erzählt von der Ver­gan­gen­heit der Ver­lo­re­nen Stadt. Der Grund­stein für die Errich­tung wur­de etwa 700 nach Chris­tus gelegt. In ihrer Blü­te­zeit behei­ma­te­te die Ciu­dad Per­di­da bis zu 10.000 Tayo­na-India­ner. Als die Spa­ni­er gro­ße Tei­le des heu­ti­gen Kolum­bi­ens erober­ten, zog sich das Volk in die höher­ge­le­ge­nen Ber­ge zurück. Impor­tier­te Krank­hei­ten wie Syphi­lis und die Pocken ver­rin­ger­ten die Popu­la­ti­on. 350 Jah­re ver­gin­gen, in denen die Ciu­dad Per­di­da in Ver­ges­sen­heit geriet. Allein die stil­len Ein­ge­bo­re­nen wuss­ten von den Rui­nen, die unter dem Dickicht des Dschun­gels schlum­mer­ten. Die Legen­de besagt, dass 1972 ein Jäger die Stu­fen zur Ver­lo­re­nen Stadt ent­deck­te: Ein von ihm geschos­se­ner Vogel fiel auf die über­wach­se­nen Stei­ne. In der Fol­ge plün­der­ten Grab­räu­ber die Stadt, sie erbeu­te­ten uralte Schät­ze und Mas­ken aus Gold. Bis zum heu­ti­gen Tage wur­den bei den zahl­rei­chen Aus­gra­bun­gen kei­ne wei­te­ren Metal­le gefun­den. Die For­scher rät­seln, wie die India­ner ihre Stei­ne bear­bei­te­ten. Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­ker glau­ben an Außer­ir­di­sche.

Nach der Geschichts­stun­de wan­dern wir durch die Ciu­dad Per­di­da, die grö­ßer ist, als sie auf Bil­dern wirkt. Sie umfasst eine Flä­che von etwa 3000 Qua­drat­me­ter, drei Vier­tel der Über­res­te sol­len sich noch unter der dich­ten Decke des Urwalds ver­ste­cken. Kreis­för­mi­ge Stein­for­ma­tio­nen wei­sen auf ver­gan­ge­ne Archi­tek­tur hin. Die höl­zer­nen Behau­sun­gen der Tayo­na sind schon lan­ge ver­rot­tet. Eine Kogi-Fami­lie hat es sich auf eini­gen Stei­nen bequem gemacht und lässt den Blick über den Urwald schwei­fen. Die Kogis sind die Nach­fah­ren der Tayo­nas und sehen sich als Hüter über die Ciu­dad Per­di­da. Ihre Vor­fah­ren leb­ten hier, bis sie von den Spa­ni­ern ver­trie­ben wur­den. Auch wir sind Ein­dring­lin­ge, wenn auch fried­li­che, nicht hei­misch in die­ser Welt.

Wei­te­re Stu­fen füh­ren in die Höhe. Plötz­lich beleuch­ten Son­nen­strah­len den Weg. Der Wald tritt zur Sei­te und macht Platz für eine atem­be­rau­ben­de Kulis­se. Meh­re­re Ter­ras­sen ragen hin­ter­ein­an­der auf, sie sind von satt­grü­nem Gras bewach­sen. Wir stei­gen bis zur höchs­ten Ter­ras­se. Hier gibt es kei­ne Sou­ve­nir­ver­käu­fer, nie­mand läuft auf uns zu und bie­tet Geträn­ke an. Bis auf die­se freie Flä­che sind bis zum Hori­zont nur bewal­de­te Ber­ge zu sehen. Wegen die­sem Aus­blick sind wir drei Tage durch den Dschun­gel gewan­dert. Wir set­zen uns auf eine Mau­er, las­sen die müden Bei­ne bau­meln und füh­len uns ein wenig wie ech­te Ent­de­cker.

Pup­pen­thea­ter im Dschun­gel

Eini­ge Stun­den lang erkun­den wir die Ciu­dad Per­di­da, bis uns die Sol­da­ten plötz­lich bit­ten, das Gelän­de zu räu­men: Ein Poli­zei­he­li­ko­pter ist im Anflug. Zunächst ist nur das Rat­tern des Rotor­blatts hör­bar, dann erscheint ein grü­ner Chop­per. Eine der Ter­ras­sen dient als Lan­de­platz. Der Heli­ko­pter kehrt noch zwei wei­te­re Male zurück, jedes Mal strö­men uni­for­mier­te Poli­zis­ten mit gro­ßen Kar­tons auf den Schul­tern aus dem flie­gen­den Unge­tüm.

Bevor wir wei­te­re Fra­gen stel­len, mel­den sich die Guards: Eine Show wird vor­be­rei­tet. Ein Ban­ner ver­rät den Titel: Sag Nein zu Dro­gen – sag Ja zu Sport. Die Poli­zis­ten erwei­sen sich als Anti-Nar­co­ti­cos, die Show als Pup­pen­spiel. Was geht hier vor sich? Selbst Ruth weiß es nicht.

Inmit­ten der Ciu­dad Per­di­da wer­den wir gebe­ten, uns ein Pup­pen­thea­ter zur Dro­gen­prä­ven­ti­on anzu­se­hen. Eine Men­ge ver­sam­melt sich im Halb­kreis. Sie besteht aus der indi­ge­nen Fami­lie, einem Kogi-Pries­ter und den Tou­ris­ten. Dann geht die Show los. Zwei Pup­pen erschei­nen, sie wir­ken wie eine Remi­nis­zenz an die Sesam­stra­ße. Die Vor­stel­lung ist in Spa­nisch, sodass der Groß­teil des Publi­kums den Inhalt nicht ver­steht. Selbst die Indi­ge­nen wir­ken des­in­ter­es­siert. Hin­ter einem Sicht­schutz sit­zen zwei Poli­zis­ten. Das Gewehr haben sie abge­legt, und statt Dro­gen­ba­ro­ne zu bekämp­fen, imi­tie­ren sie das Krü­mel­mons­ter. Der Pries­ter kaut der­weil in aller Gemüt­lich­keit Koka­blät­ter, reibt sei­ne Kale­bas­se und beob­ach­tet den Him­mel. Von sei­ner phy­si­schen Umge­bung ist er gänz­lich unbe­ein­druckt. Der Kör­per ist nur eine Hül­le, die Gedan­ken sind frei: Ver­mut­lich unter­hält sich der Pries­ter gera­de mit der Gro­ßen Mut­ter. Oder er wan­delt durch die Wei­ten des Dschun­gels, jagt als Oze­lot einem Affen hin­ter­her oder steckt sei­nen lan­gen Koli­bri-Schna­bel in eine Orchi­deen­blü­te.

Zehn Minu­ten spä­ter ist der Spuk vor­bei. Die Anti-Nar­co­ti­cos strah­len stolz um die Wet­te, die Tou­ris­ten wir­ken amü­siert und der Pries­ter wan­delt wei­ter in sei­ner eige­nen Sphä­re. Obwohl die meis­ten von uns den Inhalt der Show nicht ver­stan­den haben, lässt uns das Gefühl nicht los, dass das Gan­ze mehr eine Prä­sen­ta­ti­on für die Aus­län­der und weni­ger eine wirk­sa­me Prä­ven­ti­ons­maß­nah­me war.

Unse­re Grup­pe steigt die 1200 Stu­fen zurück ins Tal. Der Rück­weg fällt auf­grund der drü­cken­den Hit­ze noch anstren­gen­der aus als der Hin­weg. Zwei lan­ge Trek­king­ta­ge und 25 Kilo­me­ter spä­ter sind wir wie­der im Dorf Mache­te ange­langt, wo unse­re Rei­se zur Ver­lo­re­nen Stadt begann. Vol­ler Erwar­tun­gen wan­der­ten wir los, vol­ler Erfah­run­gen keh­ren wir zurück. Wir las­sen das Aben­teu­er bei Reis mit Boh­nen und zwei Bier Revue pas­sie­ren, dann bringt uns ein Jeep über eine Buckel­pis­te zurück aus dem Dschun­gel in die Zivi­li­sa­ti­on.

 

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