Ibiza die Wilde

Ich mag elek­tro­ni­sche Musik. Davon gibt es auf Ibi­za reich­lich. Was ich nicht mag: Mega­clubs wie das Pacha, Amne­sia, Space oder Pri­vi­leg. Kann man mal hin­ge­hen. Aber dann ist es auch gut. Ist mir ein­fach eine Num­mer zu groß. Zu kom­mer­zi­ell, zu main­stream, zu teu­er. Das Gute an Ibi­za ist: ich muss mich nicht in den Strom der Pil­ge­rer mischen, die zu Tau­sen­den in die Clubs strö­men, um da rich­tig viel Geld zu las­sen. Ich muss auch nicht die T‑Shirts, Klei­der, Hand­ta­schen, Han­dy­hül­len, Tas­sen, Sti­cker, und Porte­mo­naies mit den Labels der Clubs kau­fen. Und kann trotz­dem das musi­ka­li­sche Flair der Insel genies­sen.

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Ich mache es so: klei­ner Leih­wa­gen, Auto­ra­dio, FM 92.4: Ibi­za Soni­ca. Dann fah­re ich mit mei­nem Pan­da über Feld­we­ge und klei­ne Stras­sen, vor­bei an knor­ri­gen Oli­ven­bäu­men, alten Fin­cas und sil­ber blit­zen­den Hafer­fel­dern. Durch das offe­ne Fens­ter dringt der Duft von Thy­mi­an, wil­dem Fen­chel und Jas­min­sträu­chern. Und ich höre mei­nen Lieb­lings­sen­der, der genau das broad­cas­ted, was ich hören will: Musik und nur Musik. Kei­ne Wer­bung, kein Gela­ber. Musik von Künst­lern, die noch kei­ner kennt oder Musi­ker, die nie­mand kann­te bis sie bei Ibi­za Soni­ca auf Sen­dung kamen. Nicht wumm wumm bumm bumm (wäre bei den Laut­spre­chern eher unvor­teil­haft), son­dern melo­disch und irgend­wie ganz und gar mit der Land­schaft über­ein­stim­mend, die ich gera­de durch­fah­re. Ok, ist öko­lo­gisch nicht ganz kor­rekt aber macht echt Rie­sen­spaß!

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Genau so habe ich den Sen­der vor Jah­ren ken­nen gelernt: auf Ibi­za, im Auto­ra­dio, ganz zufäl­lig. Seit­dem höre ich ihn auch in Deutsch­land wo ich mir das Radio hören eigent­lich abge­wöhnt hat­te, genervt von Jin­gles, immer glei­cher Musik und der sel­ten dum­men Wer­bung auf allen Kanä­len. Jetzt höre ich, wo immer ich bin, den Inter­net­sen­der aus Ibi­za.

Wo ich nun wie­der auf der Insel bin, will ich ihn ken­nen ler­nen, den Grün­der von Ibi­za Soni­ca, Igor Mari­ju­an. Ich habe ihm geschrie­ben und er hat geant­wor­tet „un auten­ti­co pla­cer.“ Also nix wie hin. In einer Hal­le kurz vor dem Ört­chen San Rafa­el fin­de ich das klei­ne Schild „Ibi­za Soni­ca“.

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Ein paar Jungs mit hoch­ge­steck­ten Haa­ren ste­hen draus­sen und rau­chen. Sie wei­sen mir den Weg. Igor steckt über bei­de Ohren in Arbeit weil er und sei­ne Leu­te gera­de den Inter­na­tio­nal Music Sumit vor­be­rei­ten. Igor erzählt mir von den Anfän­gen, als er, zusam­men mit einem Freund, mit dem Pira­ten­sen­der in einem klei­nen Ver­schlag star­te­te. Sein Ziel war von Anfang an, unbe­kann­te Musi­ker zu för­dern, Musik­trends zu set­zen und zu ver­brei­ten, erzählt er mit strah­len­den Augen.

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Inzwi­schen hat er meh­re­re Kanä­le, einen davon in Cos­ta Rica (Pura Soni­ca). Sein Kon­zept, Musik rund um die Uhr ohne Wer­bung und Wort­bei­trä­ge, geht voll auf. Events von Radio Soni­ca mit den ange­sag­ten DJ’s und New­co­mern fin­den in den schweit­zer Alpen genau­so statt wie in Pana­ma, Lima und live von den Hot Spots auf Ibi­za.

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Zurück im Auto auf dem Weg zum Strand den­ke ich: da kann man mal sehen wohin es führt, wenn die Begeis­te­rung mit an Bord ist. Mer­ke ich mir.

Lei­den­schaft hat auch den Besit­zer vom Sa Trin­xa gelei­tet, den ich als nächs­tes tref­fe. Guil­ler­mo hat in den Acht­zi­gern die legen­dä­re Bar im Süden der Insel zusam­men mit sei­nem Bru­der auf­ge­baut. Ich tref­fe ihn in sei­nem zwei­ten Wohn­zim­mer: dem Strand von Ses Sali­nes, unweit der Salz­sa­li­nen am Flug­ha­fen von Ibi­za.

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Ich lau­fe durchs seich­te Was­ser den Sand­strand ent­lang, zie­he vor­bei an den Clubs Mali­bu und Jockey­club, las­se mei­nen Blick schwei­fen über stei­le Sili­kon­brüs­te, auf­ge­spritz­te Lip­pen und gerich­te­te Nasen.  Am Ende des Stran­des erwar­tet mich die Bar Sa Trin­xa mit ihrem legen­dä­ren grü­nen Steg, der über die Fel­sen ins Meer führt. Hier baden und fei­ern die Coo­len und Hip­pen. Ich bin zwar weder das eine noch das ande­re, aber mein Lieb­lings­strand ist es trotz­dem.

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Es ist die Musik und das beson­de­re Flair der Bar, das mich anzieht. Und es gibt viel zu gucken. Kunst­vol­le Tatoos auf gebräun­ter Haut, bun­te, ver­spie­gel­te Son­nen­bril­len und Raver­hü­te. Aber es tum­meln sich auch jun­ge Fami­li­en mit klei­nen Kin­dern. Frü­her tausch­ten die Eltern nach durch­tanz­ten Näch­ten eine Nase Koks am Strand, heu­te tau­schen sie Rat­schlä­ge zur Kin­der­er­zie­hung. Füße wip­pen im Takt, Geträn­ke wer­den bestellt, Kin­der quen­geln.

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Guil­ler­mo erzählt, damals sei die Idee gewe­sen, den DJ’s und ande­ren, im Nacht­le­ben Beschäf­tig­ten, einen chil­li­gen Ort zu bie­ten an dem sie nach geta­ner Arbeit ihr Früh­stück bekom­men und Musik hören. »Vie­le haben ihre „Kas­set­ten“ aus den Clubs mit­ge­bracht«, lacht Guil­ler­mo, »denn damals gab es ja noch kei­ne CD’s.« Schnell sprach sich her­um, dass berühm­te Musi­ker in sei­ner klei­nen Strand­bar spon­ta­ne Kon­zer­te geben. Spä­ter waren es dann die bekann­ten DJ’s, die nicht nur zum Ent­span­nen kamen son­dern auch bei ihm auf­leg­ten. In sei­ner Bar gibt es ab mor­gens Musik, erst noch ver­hal­ten und spä­ter dann lau­ter.

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Ab 17 Uhr wird es lau­ter, Stim­mung kommt auf, Eini­ge tan­zen auf dem Steg, ande­re am Strand und in der Bar. Mit­ten in die bun­te Par­ty-Grup­pe platzt plötz­lich ein Trupp Strand­wan­de­rer, etwa zwan­zig Rent­ner, aus­ge­rüs­tet, als woll­ten sie den Kili­man­dscha­ro bestei­gen: beige Drei­vier­tel­ho­sen mit auf­ge­setz­ten Taschen für Kom­pass, Taschen­lam­pe und Mes­ser, imprä­gnier­te Kha­ki­hem­den mit Mücke­schutz und tro­pi­sche Hüte. Beherzt und ernst drein schau­end wal­ken sie stram­men Schrit­tes durch die bun­te, fei­ern­de Raver­Men­ge und sto­ßen ihre Stö­cke in den san­di­gen Boden als gel­te es Rekor­de zu bre­chen. Es sind Deut­sche.

Na Und? Die coo­len Strand­be­su­cher zucken nicht ein­mal mit der Wim­per. Das ist Ibi­za. Leben und Leben las­sen. Ich lie­be es!

 

 

 


Antworten

  1. Avatar von Nils

    Der Arti­kel macht rich­tig Lust auf einen Ibi­za Besuch. Ich bin näm­lich auch ein Fan elek­tro­ni­sche Musik aber nicht unbe­dingt von den Rie­sen Kom­merz Clubs. Da schei­nen die Bar und der coo­le Radio Sen­der eine gute Alter­na­ti­ve zu sein 🙂

    1. Avatar von Gitti Müller

      Das sind sie auf jeden Fall! Und es gibt natür­lich noch ande­re Bars und Cafes mit tol­ler Musik und New­co­mern, die man oft zufäl­lig und im Vor­bei­ge­hen fin­det. Viel Spaß dabei!

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