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Alberner wird es nicht mehr: Die Grenz-Zeremonie von Attari und Wagah lockt jeden Abend unzählige Schaulustige aus Pakistan und Indien.
Indien und Pakistan sind Erzfeinde. Um so verwunderlicher ist es, dass die Grenzsoldaten beider Länder jeden Abend zusammenkommen um eine bis ins Detail aufeinander abgestimmte Zirkusshow vorzuführen.
Indische Soldaten beim Eilmarsch
Die Atommächte Indien und Pakistan bekämpfen sich seit der Unabhängigkeit von England immer wieder bis aufs Blut, vor allem um Kaschmir. Seit 2003 herrscht Waffenstillstand, aber am wichtigsten Grenzübergang wird seit 53 Jahren jeden Abend für 45 Minuten Krieg gespielt.
Die Disziplinen heißen:
- • Eilmarsch
- • Aufstampfen
- • Schnelldrehen
- • High-Kicks
unterbrochen von Drohgebärden.
Pakistanis! Schaut her, wie stark ich bin!
Auf beiden Seiten werden dafür hochgewachsene Soldaten mit manikürten Bärten ausgewählt. Sie bekommen lustige Fächer-Turbane und sehen damit aus wie Pfauen beim Balztanz. Ihr anschließender Pfauentanz ist bis ins Detail durchchoreographiert, wie beim Synchronschwimmen.
Selbst die Moderatoren haben ihre Anfeuerungsrufe über ohrenbetäubende Soundanlagen aufeinander abgestimmt. Der pakistanische Moderator hat seine Zuschauer bereits aufgewärmt. Aus den pakistanischen Reihen brüllen Männer in langen Roben und Frauen im bunten Saree immer wieder »Pakistan!«.
Popcorn-Verkäufer haben viel zu tun
Auf indischer Seite entgegnen Männer mit Sikh Turbanen und Frauen im bunten Saree »Hindustan!«, so heißt Indien in Hindi und Punjabi. Während die Soldaten routiniert und beinahe maschinell ihre Zeremonie durchziehen peitschen sich die Zuschauer gegenseitig auf. Fahnen werden geschwenkt und immer wieder heißt es Hindustan! Pakistan!
Als wollten sie die Zuschauer daran erinnern, dass es sich nur um Zirkus handelt, gehen Popcorn-Verkäufer durch die Reihen. Nach der Show folgt zum Sonnenuntergang die eigentliche Zeremonie, so wie das Spektakel vor 53 Jahren einmal unschuldig angefangen hat. Die beiden Nationalflaggen am Grenztor werden möglichst synchron heruntergelassen. Wehe eine Fahne bleibt länger oben als die andere!
Schaut her, wie hoch ich treten kann
Nach dem Ende der Zeremonie, werden die Zuschauer auf beiden Seiten entlang der Grenze zum Ausgang geführt. Diese Begegnung an der Grenze erinnert ein wenig wie ein Besuch im Tierpark. Teilweise trennt die Menschen in beiden Länder nur noch ein niedriger Zaun und eine lächerliche Kette. Die Soldaten versuchen jeweils ihre eigenen Landsmänner mit andauerndem Pfeifen zu bändigen.
Die Grenze könnte nun genauso gut ein Spiegel sein. Pakistani und Inder schauen sich nur wenige Meter voneinander entfernt Mensch zu Mensch ins Angesicht. Nicht nur die indischen und pakistanischen Soldaten wirken jetzt wie Klone, auch die Menschen auf beiden Seiten ähneln sich sehr. Die meisten Anwesenden sprechen wahrscheinlich sogar die gleiche Sprache: Punjabi.
Die eigentliche Fahnenzeremonie am Grenztor
Der überbordende Patriotismus ist abgeklungen. Es wird gelacht und geschaut, mit den Soldaten posiert und Hände geschüttelt. Man braucht nicht viel Fantasie, um sich auszumalen wie es wäre, wenn auch die Menschen der beiden Länder Hände schütteln. Zaghaft winken einige um dann ein Foto von den Fremden auf der anderen Seite des Zauns zu machen. Die Szene wirkt wie eine Wiederholung der viralen Coca Cola Werbung Small World-Machines.
Am Ausgang werden dann DVDs von der Zeremonie verkauft, sowie Poster und T‑Shirts. Essensstände säumen den Weg zu den Bussen zurück nach Amritsar. Auf der anderen Seite kehren die Besucher in das ungefähr gleich weit entfernte Lahore zurück. Der Zirkus ist für heute vorbei, aber morgen ist die nächste Vorstellung der Zirkustruppe »Hindustan! Pakistan!«
vlnr: Hindustan! Pakistan!
Praktische Tipps:
Die Grenz-Zeremonie erreichst Du auf indischer Seite am einfachsten von Amritsar aus. Ein Privatbus kostet 100 Rupien (1,20 EUR) hin und zurück, ca. 40 Minuten pro einfacher Fahrt. Die Ticketverkäufer tummeln sich in Scharen in der Hauptstrasse vor dem goldenen Tempel in Amritsar und nerven Dich mit »Wagah border, Wagah border!«.
Die Grenzshow selbst kostet keinen Eintritt. Als Ausländer musst Du nicht einmal anstehen und darfst in einem eigenen VIP Bereich Platz nehmen. Es gibt auf dem Weg zur Grenze viele Essens- und Snackstände und auch Wasser für normal übliche Preise. Wenn Du ein Visum für Pakistan hast, solltest Du die Grenze VOR der Grenzschließungszeremonie überqueren und von Pakistan aus zuschauen. Danach ist die Grenze nämlich zu 😉
Wagah als Video:
Abschließend ein sehr gut gemachtes Video der Zeremonie auf YouTube:
Antworten
Obwohl wir dort nicht hinwollten hat uns unser Fahrer zur Grenzzeremonie geschleppt – es war einfach nur ärgerlich. Endloses Anstehen an diversen Sicherheitskontrollen, relativ weiter Fußmarsch. Dann haben diverse Gruppen patriotischer Inder die Fahne im Stapellauf Richtung Grenze getragen und dabei irgendwelche vaterländischen Parolen skandiert, diese Kundgebungen haben länger gedauert als die eigentliche Zeremonie und wurden von einem »Eintänzer oder Cheerleader« immer wieder angefeuert. Auf der pakistanischen Seite saßen zwar auch einige Leute auf den Rängen, es blieb jedoch alles ruhig und ich konnte von meinem Platz aus nicht erkennen, ob die auch eine Fahne eingeholt hatten.
Beängstigend zu sehen, wie sich Menschenmassen anstacheln lassen irgendwelche Parolen mitzubrüllen.
Aus meiner Sicht Zeitverschwendung.
März 2018Wir haben wohl genau das gleiche gesehen und könnten doch kaum mehr anderer Meinung sein 😉
Merci. Das kannte ich noch nicht.
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