Gelsenspray aus der Wäscherei

Boli­vi­en, August 2011.
Gegen­über vom Hos­tel in dem ich unter­ge­kom­men bin, befin­det sich eine klei­ne Wäsche­rei. Ich bin vier Wochen in Boli­vi­en, habe nicht viel Gepäck mit­ge­nom­men und muss mei­ne Wäsche dar­um selbst waschen oder in einer der Wäsche­rei­en abge­ben. In den meis­ten Län­dern Latein­ame­ri­kas, wo eine eige­ne Wasch­ma­schi­ne in der Woh­nung sel­ten ist, fin­det man an jeder zwei­ten Ecke einen Ort, wo man die schmut­zi­ge Wäsche abge­ben, dort waschen las­sen und zwei Stun­den spä­ter sau­ber und gebü­gelt wie­der abho­len kann.Der Mann, der in der Wäsche­rei gegen­über arbei­tet, kennt mich schon. Öfters habe ich ihm einen Plas­tik­sack mit Klei­dung vor­bei­ge­bracht. Wenn ich die Wäsche dann wie­der abho­le, unter­hal­ten wir uns immer kurz. Er fragt mich Din­ge über das Land, aus dem ich kom­me. Ich fra­ge ihn Din­ge über Boli­vi­en.

Ein­mal – es ist das letz­te Mal, dass ich mei­ne Klei­dung zum Waschen abge­be – erzäh­le ich ihm, dass ich in eine sub­tro­pi­sche Gegend auf­bre­chen und dort ein afro­bo­li­via­ni­sches Ehe­paar besu­chen wer­de. Im August ist in Boli­vi­en Win­ter, das Wet­ter in der Anden­stadt, in der ich mich der­zeit auf­hal­te, feucht und kühl. In den Aus­läu­fern des Ama­zo­nas­be­ckens ist es wär­mer. Dich­ter Urwald schmiegt sich dort an die hohen Berge.Als ich dem Mann von mei­ner Rei­se erzäh­le, zeigt er sich etwas besorgt. Ich bräuch­te unbe­dingt einen Gel­sen­spray, erklärt er mir, die Mos­qui­tos im boli­via­ni­schen Urwald wären sehr aggres­siv. Ich fra­ge ihn, wo ich so einen Spray am bes­ten kau­fen soll­te. Er emp­fiehlt mir eine bestimm­te Mar­ke, die wäre beson­ders gut. Aber ich müs­se kei­ne Apo­the­ke suchen, er wür­de mir einen geben, wenn ich mei­ne Wäsche abho­len kom­me. Ich sage ihm, dass das nicht not­wen­dig wäre, ich den Spray schon holen wür­de, doch er besteht dar­auf, dass er mir den Gel­sen­spray besorgt.

Als ich am nächs­ten Tag früh mor­gens mei­ne Klei­dung abho­len will, ist die Wäsche­rei zu. Ich bin etwas unschlüs­sig, um die­se Zeit war sie bis jetzt immer geöff­net. Ich beschlie­ße, ein paar Stun­den zu war­ten und etwas essen zu gehen. Als ich spä­ter wie­der zur Wäsche­rei kom­me, ist sie geöff­net. Der Mann drückt mir den Sack mit mei­ner sau­be­ren Wäsche in die Hand. Wir unter­hal­ten uns kurz, dann beginnt er, etwas unter den Klei­der­sta­peln her­vor­zu­kra­men: Der Gel­sen­spray. Ich fra­ge ihn, wie­viel er dafür von mir bekom­me. Er schüt­telt nur den Kopf, sagt mir, es wäre ein Abschieds­ge­schenk. Als ich die Wäsche­rei ver­las­se, neh­me ich mir fest vor, dort vor­bei­zu­schau­en, soll­te ich irgend­wann wie­der in die­ser boli­via­ni­schen Stadt sein. Viel­leicht ist der Mann hin­ter den Wäsche­ber­gen ja dann noch immer dort.

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