Flusskreuzfahrt durch das Douro-Tal – Genuss für Geist und Gaumen

Der Nor­den Por­tu­gals gilt als „Wie­ge der Nati­on“. Der His­to­rie nach wur­de in Gui­marães der ers­te König Por­tu­gals, Alfon­so I, gebo­ren. Alfon­so gelang es im 12. Jahr­hun­dert die Unab­hän­gig­keit von Kas­ti­li­en und León durch­zu­set­zen und die ver­blei­ben­den Gebie­te von der Regent­schaft der Mau­ren zu befrei­en. Er ging als Erobe­rer und Grün­der des neu­en König­reichs Por­tu­gal in die Geschich­te ein, was zwei­fels­oh­ne den Grund­stein für die spä­te­re Ent­wick­lung des Lan­des leg­te.

Auch heu­te noch ver­fügt Nord­por­tu­gal über einen üppi­gen his­to­ri­schen und kul­tu­rel­len Reich­tum, eben­so wie über eine land­schaft­lich viel­fäl­ti­ge, teils unbe­rühr­te Vege­ta­ti­on. Nicht umsonst gel­ten die Städ­te Por­to und Gui­marães sowie die Wein­re­gi­on „Alto Dou­ro“, dem ältes­ten Wein­an­bau­ge­biet der Welt, zum UNESCO-Welt­erbe.

Die Regi­on war mir auf­grund ver­schie­de­ner Pousa­da-Rund­rei­sen in der Ver­gan­gen­heit nicht gänz­lich unbe­kannt. Die­ses Mal woll­te ich spe­zi­ell das Dou­ro-Tal genau­er erkun­den. Den per­sön­li­chen Blick­win­kel erwei­tern. Und wie lie­ße sich die­se zau­ber­haf­te Kulis­se aus sanf­ten Hügeln, ter­ras­sen­för­mi­gen Wein­ber­gen und ver­träum­ten, teils mit­tel­al­ter­li­chen Ort­schaf­ten ent­spann­ter erle­ben, als auf einer Fluss­kreuz­fahrt? 

Unse­re Rei­se beginnt in Por­to. Die zweit­größ­te Stadt des Lan­des liegt an der Fluss­mün­dung des Dou­ro, was ihr in der Ver­gan­gen­heit eine wich­ti­ge Posi­ti­on im Han­del sicher­te. Auf­grund enger Geschäfts­ab­kom­men mit Eng­land flo­rier­te der Export. Im Jahr 1756 ver­gab der Mar­quês de Pom­bal aus Qua­li­täts­si­che­rungs­zwe­cken die Exklu­siv­rech­te für die Pro­duk­ti­on des flüs­si­gen Gol­des an die Stadt Por­to. Als Port­wein durf­te von nun an nur sol­cher bezeich­net wer­den, des­sen Grund­wein, aus dem er pro­du­ziert wird, aus­schließ­lich aus Trau­ben der Regi­on Dou­ro erzeugt wur­de. Per „bar­cos rabelos“ wur­den die Fäs­ser von den zahl­rei­chen Win­zern nach Vila Nova de Gaia, auf der gegen­über­lie­gen­den Sei­te des Flus­ses, ver­schifft, wo der Wein abge­füllt, gela­gert und schluss­end­lich wei­ter ver­kauft wur­de. 

Fluss­kreuz­fahrt­schif­fe gibt es heut­zu­ta­ge in ganz unter­schied­li­cher Aus­stat­tung und Grö­ße. Wir fin­den Quar­tier auf der „Spi­rit of Chart­well“, einem nur 78m lan­gen Bou­tique-Schiff im Bar­ge-Design, inspi­riert vom legen­dä­ren „Ori­ent Express“. Das his­to­ri­sche Schiff gelang­te 2012 zu inter­na­tio­na­ler Bekannt­heit, als es die könig­li­che Fami­lie im Rah­men der Fei­er­lich­kei­ten anläss­lich des dia­man­te­nen Thron­ju­bi­lä­ums von Köni­gin Eliza­beth II. über die Them­se trug. Heut­zu­ta­ge ver­fügt das Schiff über 16 Kabi­nen und bie­tet somit Platz für max. drei­ßig Pas­sa­gie­re. Die Innen­ein­rich­tung (eini­ge deko­ra­ti­ve Details wur­den von den Royals höchst selbst aus­ge­wählt!) ver­mit­telt eine Kom­bi­na­ti­on aus klas­si­scher Ele­ganz und kom­for­ta­bler Atmo­sphä­re.

Zum Auf­takt unse­rer Dou­ro-Tour besu­chen wir eine der zahl­rei­chen Port­wein­kel­le­rei­en in Gaia, samt anschlie­ßen­der Pro­be des kost­ba­ren Gol­des. In den jahr­hun­der­te­al­ten Kel­lern nimmt uns Gustavo, unser Gui­de, mit auf eine Rei­se durch Geschich­te und Tra­di­ti­on. Wir ste­hen zwi­schen den ver­staub­ten Eichen­fäs­sern. Das dunk­le Licht, der leicht muf­fi­ge, alko­hol­ge­schwän­ger­te Most-Geruch las­sen die por­tu­gie­si­sche See­le und Tra­di­ti­on spür­bar wer­den. Die Ern­te der Pflan­zen auf den ter­ras­sen­för­mi­gen Hän­gen war beschwer­lich. Die Reben wur­den per Hand gele­sen, die schwe­ren   Kör­be auf den Rücken getra­gen, die Trau­ben mit den Füßen gepresst… Kno­chen­ar­beit für die vie­len Wein­bau­ern, die ihren Wein sodann erst in die teils weit ent­fern­ten Han­dels­hä­fen trans­por­tie­ren muss­ten, wo er an die Han­dels­part­ner zwi­schen­ver­kauft wur­de, die sich wie­der­um um den lukra­ti­ven Export küm­mer­ten. Erst der Bau der Schleu­sen (ab Mit­te der 1960er Jah­re) mach­te den Trans­port über den ca. 210km lan­gen Dou­ro sicher. Zuvor ertran­ken immer wie­der Men­schen in den rei­ßen­den Strom­schnel­len, nach­dem ihre Schif­fe an den har­ten Gra­nit­fel­sen zer­schellt waren.
Ein wei­te­res Dra­ma für die Land­wirt­schaft ereig­ne­te sich mit der Reb­laus-Pla­ge „Phyll­o­xera“, die Mitte/​Ende des 19. Jahr­hun­derts gan­ze Wein­an­bau­ge­bie­te Euro­pas zer­stör­te. Bevor gegen 1880 in Por­tu­gal end­lich eine Lösung gegen die win­zi­gen Läu­se gefun­den wur­de, waren vie­le Win­zer unwie­der­bring­lich in den Ruin getrie­ben. Tat­säch­lich sieht man noch heu­te ver­ein­zel­te „mor­tóri­os“, zer­fal­le­ne Ter­ras­sen, die nie neu bepflanzt wur­den.

1. Tag. Porto – Entre-os-Rios

Am Mit­tag ist es dann soweit – wir lich­ten den Anker und bege­ben uns auf die „Port­wein­stra­ße“.

Der Dou­ro ist mit 897km Gesamt­län­ge der dritt­längs­te Fluss der Ibe­ri­schen Halb­in­sel, wovon ledig­lich 213km in Por­tu­gal ver­lau­fen und auch schiff­bar sind. Tat­säch­lich befin­det sich das Wein­an­bau­ge­biet ledig­lich in der obe­ren Hälf­te des por­tu­gie­si­schen Fluss­ab­schnit­tes, dem „alto dou­ro“. 

Die vor­bei­zie­hen­de Land­schaft wirkt ver­träumt. Die üppi­ge Vege­ta­ti­on ver­mit­telt einem das Gefühl, man sei irgend­wo tief im Urwald. Von jetzt auf gleich ist es wind­still, die Was­ser­ober­flä­che spie­gel­glatt und es ist unglaub­lich ruhig. Hier und da sieht man ver­ein­zel­te Strand­ab­schnit­te, die „prai­as flu­vi­ais“. Obwohl wir erst weni­ge Kilo­me­ter Fluss­weg hin­ter uns haben, tau­chen wir eine in eine ande­re Welt… 

Am Nach­mit­tag errei­chen wir die ers­te von ins­ge­samt fünf Schleu­sen. Die Tal­sper­re „Bar­ra­gem de Crestu­ma-Lever“ weist einen Höhen­un­ter­schied von 14m auf und dient neben der Strom­erzeu­gung auch der Trink­was­ser­ver­sor­gung. Das Schleu­sen geht schnell – in nur weni­gen Minu­ten schip­pern wir wei­ter fluss­auf­wärts und errei­chen am frü­hen Abend unse­re ers­te Sta­ti­on, Ent­re-os-Rios („zwi­schen den Flüs­sen«), einem char­man­ten klei­nen Dorf, eben zwi­schen den bei­den Flüs­sen Dou­ro und Tâme­ga gele­gen. 

2. Tag. Entre-os-Rios – Régua

Am nächs­ten Mor­gen star­ten wir früh Rich­tung Régua. Schon nach kur­zer Zeit errei­chen wir den „Carrapatelo“-Staudamm, einem Inge­nieurs-Boll­werk inmit­ten der idyl­li­schen Flu ssland­schaft. Mit 35m Fall­hö­he ist sie die höchs­te Schleu­se im por­tu­gie­si­schen Teil des Flus­ses (die zweit­höchs­te Euro­pas) und zugleich die ältes­te des Lan­des. Nach­dem bei­de Tore geschlos­sen wur­den, wird es kurz­zei­tig dun­kel. Rechts und links vom Schiff ragen nack­te Beton­wän­de auf. Wir rech­nen hoch und kom­men auf ca. 34.000m³ Was­ser, die nun bewegt wer­den. Nach etwas mehr als 13 Minu­ten hat uns die Son­ne wie­der und wir set­zen unse­re Fahrt fort. 

Die Land­schaft ver­än­dert sich. Wo uns vor­hin noch dich­ter Wald und mas­si­ve Gra­nit­fel­sen beglei­te­ten, zeich­nen nun die typi­schen geschwun­ge­nen Wein­ber­ge eine male­ri­sche Kulis­se. Tat­säch­li­chen beginnt die Dou­ro-Wein­an­bau­re­gi­on unge­fähr auf Höhe der Stadt Régua und zieht sich hoch bis an die spa­ni­sche Gren­ze. Über Jahr­hun­der­te wur­de das schrof­fe Schie­fer­ge­bir­ge mit sei­nen kar­gen und stei­ni­gen Böden von Men­schen­hand zu dem geformt, was es heu­te ist: tie­fe Täler, kla­res Was­ser, grü­ne Land­schaf­ten und unzäh­li­ge Wein­ber­ge – ange­legt in stei­ler Hang­la­ge oder auf lie­be­vol­len Ter­ras­sen. 

Aber natür­lich steht das Dou­ro-Tal nicht aus­schließ­lich für Port­wein. Heut­zu­ta­ge erzeu­gen über 450 Wein­pro­du­zen­ten in drei Sub­re­gio­nen (Baixo Cor­go, Cima Cor­go und Dou­ro Supe­ri­or) jedes Jahr aufs Neue eine Viel­zahl an hoch­wer­ti­gen Rot‑, Weiß- und Rosé­wei­nen, die mit­un­ter inter­na­tio­nal prä­miert wur­den. Je wei­ter vom Atlan­tik ent­fernt, des­to medi­ter­ra­ner wird das Kli­ma. Der dunk­le Schie­fer dient glei­cher­ma­ßen als Wär­me- und Was­ser­spei­cher, wodurch die Reb­stö­cke bes­tens ver­sorgt wer­den. Das Ergeb­nis sind, je nach Regi­on, ganz unter­schied­lich gepräg­te Wei­ne in Sachen Säu­re und/​oder Frucht­po­ten­zi­al. 

 Die „Quin­tas“ lie­gen in zau­ber­haf­ter Land­schaft, teils mit herr­li­chem Blick auf den Fluss. Wenn­gleich klas­si­sche Wein­wan­de­run­gen in die­ser Regi­on eher unty­pisch sind, sind Gäs­te will­kom­men. Vie­le Wein­gü­ter wur­den in den ver­gan­ge­nen Jah­ren zu Restau­rants und/​oder klei­ne­ren Hotels aus­ge­baut – eini­ge tra­di­tio­nell, ande­re top­mo­dern – und sind somit begehr­te Loca­ti­ons für Kurz­trips oder beson­de­re Anläs­se.

Es ist Ende August und die Wein­ern­te hat gera­de begon­nen. Wie auch bei uns üblich, wird zunächst mit den grü­nen Trau­ben begon­nen, zum Schluss fol­gen die Roten. Trotz Mecha­ni­sie­rung erfolgt die Lese auch heu­te noch zumeist per Hand, was nicht zuletzt mit dem für Maschi­nen teils schwer zugäng­li­chen Gelän­de zu tun hat. Ande­rer­seits sind nicht alle Trau­ben gleich­zei­tig reif, und so kann in den Wein­ber­gen selek­tiert wer­den. Die Fol­ge sind zwar meh­re­re Arbeits­durch­gän­ge, aller­dings zum jeweils opti­ma­len Rei­fe­zeit­punkt.

Wir keh­ren ein in der „Quin­ta da Pach­eca“, einem Wein­gut, des­sen Wur­zeln bis zurück ins 16. Jahr­hun­dert gehen. Ganz in der Nähe des Ört­chens Régua liegt die­ses Klein­od umge­ben von 75ha Wein­ber­gen. Mit Eröff­nung des Hotels in 2009 erfreu­en sich Gäs­te neben den kuli­na­ri­schen Genüs­sen über ent­span­nen­de Aus­zei­ten im hotel­ei­ge­nen SPA. Wer mehr akti­ves Erleb­nis sucht, hilft wäh­rend eines Koch-Work­shops bei der Zube­rei­tung loka­ler Spei­sen oder nimmt im Monat Sep­tem­ber an der Wein­ern­te inkl. tra­di­tio­nel­lem Trau­benstamp­fen teil (alter­na­tiv Ende Okto­ber Oli­ven­ern­te). Neben den klas­si­schen Zim­mern im Haupt­haus bie­ten die Bun­ga­lows (in Form von Wein­fäs­sern) mehr Pri­vat­sphä­re und einen fan­tas­ti­schen Blick in die Wein­ber­ge.

Die Tische sind im medi­ter­ra­nen Pick­nick-Stil gedeckt und ste­hen herr­lich schat­tig unter einer Jahr­hun­der­te­al­ten Pla­ta­ne. Unser Blick schweift in die wei­te Fer­ne, die unter­ge­hen­de Son­ne taucht die gesam­te Umge­bung in ein war­mes Abend­licht. Wir las­sen uns von dem Zau­ber ver­füh­ren, leh­nen uns ent­spannt zurück und las­sen uns wäh­rend eines Degus­ta­ti­ons­me­nüs aus regio­na­len Köst­lich­kei­ten mit pas­sen­den Wei­nen ver­wöh­nen. Bes­ser könn­te der Tag nicht aus­klin­gen. Saú­de!

3. Tag. Peso da Régua – Pinhão

Nächs­te Etap­pe unse­rer Rei­se ist Pin­hão, Herz­stück der Port­wein­re­gi­on. Ich bin früh wach und genie­ße bei einer Tas­se Kaf­fee das vor­bei­zie­hen­de Pan­ora­ma und die voll­kom­me­ne Ruhe an Deck. 

Auf dem Weg pas­sie­ren wir den Bagaús­te Stau­damm. Mit einer Fall­hö­he von 28m liegt er im Mit­tel­feld der por­tu­gie­si­schen Schleu­sen. So lang­sam gewöh­nen wir uns an das Hand­tie­ren der Crew wäh­rend des Höhen­aus­gleichs….

Das male­ri­sche Ört­chen Pin­hão ver­eint Wein, Kul­tur und atem­be­rau­ben­de Natur in Per­fek­ti­on und spie­gelt somit schlicht die Schön­heit des Dou­ro-Tals wie­der. Die prä­zi­se ange­leg­ten Rei­hen an Wein­stö­cken zeich­nen end­lo­se grü­ne Wel­len in die Hügel. Ich fra­ge mich, welch inten­si­ves Far­ben­spiel den Betrach­ter wohl im Herbst hier erwar­tet… Und mit­ten­drin, wie wei­ße Farb­tup­fer, ver­tei­len sich weiß getünch­te Häus­chen und impo­san­te Quin­tas in den Hän­gen ent­lang des Dou­ro-Ufers. 

Unser heu­ti­ges Ziel ist das nahe­ge­le­ge­ne Wein­gut „Quin­ta do Noval“, wo uns eine Wein­pro­be erwar­tet. Auf 192ha wer­den neben aus­ge­zeich­ne­ten Port­wei­nen auch Rot- und Weiß­wei­ne sowie Oli­ven­öl her­ge­stellt. Wir hat­ten in Por­to bereits eini­ges über die Geschich­te und die Her­stel­lung gelernt. Die Theo­rie bekommt mit einer Füh­rung über das Wein­gut und anschlie­ßen­der Ver­kös­ti­gung noch ein­mal ein ganz ande­res Gesicht (Hin­weis: unbe­dingt im Vor­aus anmelden/​reservieren).

4. Tag. Pinhão – Barca D’Alva

Unse­re Tour führt uns immer wei­ter öst­lich Rich­tung spa­ni­sche Gren­ze. Bevor wir Bar­ca D’Alva errei­chen, pas­sie­ren wir zwei wei­te­re Schleu­sen: den Valei­ra-Stau­damm (mit 33m die zweit­höchs­te Tal­sper­re des Lan­des) sowie Pocin­ho. Letz­te­rer weist nur noch 22m Fall­hö­he auf, wodurch das Schleu­sen­spek­ta­kel von uns Gäs­ten mit abneh­men­dem Inter­es­se beglei­tet wird. 

Der Ort Bar­ca D’Alva liegt direkt an der Gren­ze zu Spa­ni­en und ist somit der letz­te Anle­ge­punkt für  Kreuz­fahrt­schif­fe auf dem por­tu­gie­si­schen Teil des Dou­ro. Mit über 40 Grad im Schat­ten ist es unglaub­lich heiß. Die Land­schaft hier ist ver­gleichs­wei­se karg. Dafür fal­len uns ver­mehrt Kork‑, Oli­ven- und Man­del­bäu­me ins Auge, ein wei­te­rer wich­ti­ger Wirt­schafts­fak­tor des Lan­des. 

Wir machen einen Aus­flug in das mit­tel­al­ter­li­che Ört­chen Cas­te­lo Rodri­go, einem von ins­ge­samt zwölf his­to­ri­schen Dör­fern, die zu der Ver­ei­ni­gung Ald­ei­as His­tóri­cas de Por­tu­gal gehö­ren.
Schon in den 90er Jah­ren beschloss die por­tu­gie­si­sche Regie­rung eine Initia­ti­ve zum Erhalt authen­ti­scher Orts­ker­ne. Ziel war es, d  ie von der extre­men Land­flucht betrof­fe­nen Gebie­te attrak­ti­ver zu gestal­ten, die Lebens­qua­li­tät der Ein­woh­ner zu stei­gern und Zukunfts­per­spek­ti­ven zu schaf­fen. So wur­den die ein­fa­chen, teils ver­fal­le­nen Schie­fer-Häus­chen mit staat­li­cher Unter­stüt­zung saniert und den aktu­el­len Aus­stat­tungs­stan­dards ange­passt (in der Ver­gan­gen­heit gab es hier weder Strom, noch flie­ßen­des Was­ser oder Hei­zung). Mitt­ler­wei­le wer­den die­se „wie­der­be­leb­ten“ Orte auch im Rah­men des „turis­mo rural“ ange­bo­ten. Die zu Urlaubs­woh­nun­gen umge­stal­te­ten char­man­ten Cot­ta­ges sind ide­al für Gäs­te, die die Ruhe und Natur suchen und fern­ab des städ­ti­schen Tru­bels bewusst ent­schleu­ni­gen möch­ten. 

5. Tag. Salamanca

Bevor es lang­sam auf den Rück­weg nach Por­to geht, machen wir einen Aus­flug ins spa­ni­sche Sala­man­ca. Die für ihre kunst­vol­len Sand­stein­bau­ten bekann­te Stadt gehört eben­falls zum UNESCO-Welt­kul­tur­er­be. Wir sind zunächst skep­tisch ob der 2 Stun­den Bus­fahrt, doch tat­säch­lich ist die­se pro­blem­los zu meis­tern. Die Stra­ßen sind zumeist gera­de und vor allem gut aus­ge­baut.

Sala­man­ca ist in der Tat eine Per­le der spa­ni­schen Kul­tur und Geschich­te. Nicht umsonst lockt sie Besu­cher aus der gan­zen Welt an. Und auch uns fes­selt die­se leben­di­ge Stadt mit ihrer präch­ti­gen Archi­tek­tur vom ers­ten Augen­blick an. 

Marc, unser Reis­füh­rer, führt uns über den groß­zü­gig ange­leg­ten Pla­za Mayor. Mit sei­nen vie­len Tischen der Cafés vor den Arka­den erin­nert er mich ein wenig an den Mar­kus­platz in Vene­dig. Mit Lei­den­schaft lenkt Marc uns durch die Kopf­stein­pflas­ter-Gas­sen, vor­bei am „Casa de las Con­chas“ (einem mit 300 Jakobs­mu­scheln ver­zier­ten Palast) bis hin zur Uni­ver­si­tät, die nicht nur die ältes­te Uni­ver­si­tät Spa­ni­ens ist (Grün­dung 1213), son­dern eine der ältes­ten Euro­pas. 

Marc erzählt von der Legen­de um den Frosch, der sich in der pracht­vol­len pla­te­res­ken Fas­sa­de des Haupt­ein­gangs ver­steckt. Der Geschich­te nach wer­den Stu­den­ten, die im ers­ten Semes­ter den Frosch ohne Hil­fe fin­den, alle Prü­fung pro­blem­los bestehen.
Auf­fäl­lig sind die vie­len roten Buch­sta­ben und Sym­bo­le an den Gebäu­den rund um den Platz vor der Uni­ver­si­tät. Tat­säch­lich sind die »víto­res« ein Teil von Sala­man­cas kul­tu­rel­lem Erbe. Nach erfolg­rei­chem Abschluss der Prü­fun­gen hin­ter­lie­ßen die frisch geba­cke­nen Dok­to­ran­den hier ihre Ana­gram­me. Zu den Fei­er­lich­kei­ten durf­ten Stier­kämp­fe natür­lich nicht feh­len – tat­säch­lich war die rote Far­be ursprüng­lich eine Mischung aus Öl und Stier­blut.

Nach einer aus­gie­bi­gen Füh­rung durch die Kathe­dra­le sind wir bereit für ein Mit­tag­essen. Zu einer klas­si­schen Pael­la wird uns eine tem­pe­ra­ment­vol­le Fla­men­co-Show gebo­ten. Im Gesamt­pa­ket mög­li­cher­wei­se einen Hauch tou­ris­tisch, aber was soll’s – nach kur­zer Zeit schwenkt auch der letz­te Gast vor Enthu­si­as­mus sei­ne Ser­vi­et­te: Evi­va Espa­na!

6. Tag. Lamego und Raposeira

Tags drauf legen wir erneut in Régua an. Mit dem Strom sind die Fluss­ki­lo­me­ter wesent­lich schnel­ler zu bewäl­ti­gen. Vor dem Mit­tag­essen besu­chen wir Lame­go. Das Städt­chen ist mit sei­nen etwas mehr als 24.000 Ein­woh­nern zwar über­schau­bar, ging jedoch bereits 1139 in die Geschich­te ein, als sich der Graf von Por­to­ca­le, D. Afon­so Hen­ri­que, hier zum ers­ten König von Por­tu­gal krö­nen ließ.
„Must see“ ist sicher­lich die präch­ti­ge Wall­fahrts­kir­che „Nos­sa Senho­ra dos Remé­di­os“, wel­che ober­halb der Stadt und umge­ben des Parks San­to Este­vão prä­gnant auf einem Hügel thront und somit einen spek­ta­ku­lä­ren Blick über die roten Dächer und die umlie­gen­den grü­nen Wein­ber­ge bie­tet. Die impo­san­te baro­cke Frei­trep­pe führt von der Haupt­stra­ße über 686 Stu­fen hin­auf – oder hin­ab. 

Nur einen Kat­zen­sprung von Lame­go ent­fernt befin­den sich die „Caves da Rapo­sei­ra“. Das Tra­di­ti­ons­un­ter­neh­men ist berühmt für sei­ne erst­klas­si­gen und erfri­schen­den Schaum­wei­ne, den „Espu­man­tes“. Wir besu­chen die dun­keln Gewöl­be­kel­ler, wo uns Maria, unse­re Gast­ge­be­rin, fast ehr­fürch­tig den auf­wän­di­gen Her­stel­lungs­pro­zess erklärt, die tra­di­tio­nel­le Fla­schen­gä­rung, auch bekannt als Cham­pa­gner-Metho­de. Je nach Stil des Wei­nes bzw. Her­stel­lers liegt die Rei­fe­dau­er von der Erst­gä­rung bis hin zum Deg­or­gi­e­ren bei 9–15 Mona­ten. Süße oder auch sehr hoch­wer­ti­ge Perl­wei­ne blei­ben über meh­re­re Jah­re im Kel­ler, bevor sie für den Ver­kauf frei­ge­ge­ben wer­den.
Natür­lich bleibt uns anschlie­ßend Gele­gen­heit, die­sen sprit­zi­gen und erfri­schen­den Wein zu tes­ten, ehe wir heu­te ein ganz typi­sches Gericht aus dem Nor­den pro­bie­ren: „Fran­ces­in­ha“. Eine rus­ti­ka­le Mischung aus Club-Sand­wich und Bur­ger, bestehend aus Grill­fleisch, Schin­ken, Käse und einer wür­zi­gen Sau­ce. Etwas mäch­tig, aber auf jeden Fall mui­to deli­cio­sa!

7. Tag. Arouca Georparc und zurück nach Porto

Am frü­hen Mor­gen heisst es „Lei­nen los!“ und wir schip­pern mit dem Strom wei­ter gen Atlan­tik. Am frü­hen Vor­mit­tag legen wir in Ent­re-os-Rios an. Nach so viel Müßig­gang schreit unser Inners­tes nach Action und so ent­schei­den wir uns für einem Aus­flug zur „516 Arou­ca“, einer 516m lan­gen Hän­ge­brü­cke. Der „Arou­ca Geor­parc“ (seit 2009 unter UNESCO Gebiet) liegt zwar nur knap­pe 30km von unse­rer Anle­ge­stel­le ent­fernt, da die Fahrt aber durch die Ber­ge und über Land­stra­ße geht, brau­chen wir gut eine Stun­de. 

Vom Park­platz aus läuft man über die Holz­ste­ge eini­ge Stu­fen hoch bis zum Treff­punkt. Die Kar­ten sind unbe­dingt im Vor­feld online zu kau­fen (aktu­ell 12€ p.P.; kein Ver­kauf vor Ort) und beinhal­ten zusätz­lich den Zugang zu den Holz­pro­me­na­den durch die „Mon­tan­has Mági­cas“, den magi­schen Ber­gen der „Ser­ras da Frei­ta e Ara­de“ (gül­tig zur Nut­zung am sel­ben Tag). 

Von wei­tem sehen wir das 516 Meter lan­ge Kon­strukt aus Stahl, das sat­te 175 Meter über den Ufern des Flus­ses Pai­va schwebt. Plötz­lich schie­ßen mir 1.000 ver­rück­te Gedan­ken durch den Kopf. Kön­nen die Sei­le rei­ßen, die Beton­pfei­ler kip­pen? Was mach ich, wenn…? Unsin­ni­ge Kopf­kir­mes – tat­säch­lich kann die Brü­cke bis zu 2.000 Men­schen gleich­zei­tig tra­gen, dar­über hin­aus ist aus­ge­bil­de­tes Sicher­heits­per­so­nal vor Ort. Wir bekom­men ein paar letz­te Anwei­sun­gen (bit­te nicht über den Brüs­tung leh­nen!), dann heißt es Augen zu und durch…. Die Brü­cke wippt, der Stahl ächzt und die Aus­sicht ist gigan­tisch!

Am Nach­mit­tag sind wir zurück auf dem Schiff und genie­ßen die ver­blei­ben­den ruhi­gen Stun­den auf Deck. Ein letz­tes Mal zieht die ver­träum­te Land­schaft an uns vor­bei. Es wird win­di­ger und man spürt, das offe­ne Meer ist nicht mehr weit. Am frü­hen Abend lau­fen wir in Por­to ein. 

Zum Abschluss unse­rer Rei­se erle­ben wir an Bord ein tra­di­tio­nel­les por­tu­gie­si­sches Din­ner mit anschlie­ßen­der Folk­lo­re-Show. Anders als beim Fado ist die Dar­bie­tung der Musi­ker und Tän­zer in ihren bun­ten Trach­ten anste­ckend fröh­lich.
Von unse­rer Anle­ge­stel­le in Vila Nova de Gaia genie­ßen wir noch ein­mal den wun­der­vol­len Blick auf den majes­tä­ti­schen Dou­ro und die Fach­werk-Bogen­brü­cke „Pon­te Luís I“, dem Wahr­zei­chen Por­tos. Geheim­nis­voll schim­mern die Lich­ter der Stadt im Was­ser… wir sit­zen an Deck und genie­ßen die laue Som­mer­nacht. Kaum merk­lich schwap­pen die Fluss­wel­len an den Schiffs­rumpf. 

Mit Weh­mut neh­men wir das Ende unse­rer Rei­se in Kauf. Auch wenn eine Fluss­kreuz­fahrt an sich eher unauf­ge­regt von­stat­ten­geht, so ist die Woche doch wie im Flug ver­gan­gen. Reich an Ein­drü­cken und ein­mal mehr begeis­tert von der Viel­falt die­ses klei­nen Lan­des heben wir die Glä­ser unse­res „Port Tonic“, der hip­pen Som­mer­va­ri­an­te des berühm­ten Klas­si­kers, und sto­ßen an. Até à pró­xi­ma. Bis zum nächs­ten Mal. 

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