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Was hier passierte widersprich zumindest meinem Verstand. Wenn ich mir was in den Kopf gesetzt, beziehungsweise »Nein« gesagt habe, bleibe ich dabei. Es ging dieses Mal um Tanzen. Um genauer zu sein um die mir bis dahin unbekannte »Fiesta de Chutillos« in Potosí.
Warum ich überhaupt in Potosí landete waren die Minen. Abschreckend und anziehend zu gleich standen sie als eines meiner Highlights auf meiner Liste für Bolivien. Wer nach Potosí kommt, will eigentlich nur zu den Minen, so auch ich. Aus Sucre angereist und mit dem Plan gleich weiter nach Tupiza zu reisen, sprach ich im Hostel vor und informierte mich über die Touren durch die Minen. Da das Hostel gleich eine Tour anbot und meine Hostel-Genossen auch sich für die Tour eingeschrieben hatten, schlug ich auch gleich zu und fackelte nicht lange.
Tiefe Schächte
Am nächsten Morgen ging es dann los. Zuerst kauften wir auf dem Markt die »Muss«-Geschenke für die Minenarbeiter. Darunter auch einige Stangen Dynamit, Getränke und Kokablätter. Noch im Dynamitladen zeigte uns unser Guide, wie man die Zündschnur anzündete. Zuerst dachte ich, er hat sie wirklich angezündet, aber als es nach zwei Minuten noch nicht geknallt hatte und ich anscheinend noch lebte, stellte ich fest, das er nur so getan hat. Mistkerl! So einen Schreck am Morgen hatte ich nicht verdient.
Weiter ging es zu der Verarbeitung der Minerale aus den Bergwerken. Nach einer kurzen Besichtigungstour fuhren wir zu einer der hunderten Minen im Berg. Angezogen wie »Mineros« kletterten wir nun in die Schächte. Wahnsinn! Die armen Kinder, die mit 14 Jahren dort arbeiteten. Die stickige, hitzige und sauerstoffarme Luft auf über 4000m, die engen Schächte, die man durchkriechen musste, die nicht vorhandenen Maschinen, ein Knochenjob. Wir haben mal kurz ausprobieren dürfen, Schutt zu schaufeln oder mit einem Meisel langsam den Vortrieb zu beackern. Es war die Hölle und echt schwer.
Froh wieder aus dem Berg gekrochen zu sein, habe ich mir nur noch die Frage gestellt, wie viel Jahre meines Lebens ich durch die elende Luft eingebüßt hatte. Zurück in Potosí, fragte uns der Guide, ob wir nicht Lust hätten, abends mal zum Tanzen zu kommen.
Die Mädeln hin und weg von der Einladung hörten nicht mehr auf drüber zu quasseln.
Training bis spät in die Nacht
Ich ließ mich mit meiner natürlichen Neugier überzeugen zumindest mit zu kommen. Wir wurden nun von dem Guide am Hostel eingesammelt und betraten den Schulhof einige Blöcke die Straße hinauf. Schon versammelt, übte die Tanzgruppe des Guides schon ihre Musik und die Tanzformationen. Ich setzte mich also auf die Tribüne und die Mädels schlossen sich der fröhlichen Runde an. Ich wollte nur zuschauen. Das war die Prämisse gewesen. Diese löste sich so langsam in Luft aus, als ich aufgeforderte wurde die unterzähligen Männer in der Gruppe zu unterstützen. »Nein, danke« hatte ich noch nicht ausgesprochen, da wurde ich schon in die Mitte gezerrt und war plötzlich Teil dieses Tanzwunders.
Nach einer Stunde des Tanzens, wurde plötzlich das Tor geöffnet und die Gruppe verließ samt Musikern das Schulgelände und fing an auf der Straße zu tanzen. Die Prozession, begleitet von vielen Schaulustigen bewegte sich nun durch die dunklen Straßen von Potosí und übte, Berg hoch, Berg runter die Tanzformationen.
Mein Plan weiter zu reisen löste sich auch gemütlich in Luft, oder besser, in Tanzen auf. Ich entschied also in Potosí zu bleiben.
Tage der Fiesta de Chutillos
Langsam dämmerte es mir, das es wahrscheinlich doch Spass machen würde. Als der nächste Tag herein brach frühstückte ich gemütlich im Hostel und bereitete mich auf den Tag vor. Als wir dann abgeholt wurden um zum Startpunkt der Parade zu gehen, wurde mir schlagartig klar, wie riesig das Fest sein würde. Die Folkloregruppe organisierte noch schnell ein paar Ponchos für uns und wir wurde sofort in die Gruppe mit aufgenommen. Vor und nach uns hunderte, tausende von Menschen: Zuschauer, Händler und natürlich Tanz- und Musikgruppen aus ganz Bolivien; das größte Fest dieser Art in Bolivien; live Übertragungen im Fernsehen und Radio: ein riesiges Volksfest!
Es dauerte Stunden, bevor wir und von unserem Startpunkt bewegten und die Paradestrecke betraten. Die Gruppen vor uns liefen langsam, also liefen wir auch langsam. Liefen ist falsch ausgedrückt. Wir tanzten uns vorwärts. Hinter uns die Band, wir tanzend vorne weg. Alle halbe Stunde legten wir eine Pause ein, um den Flüssigkeitshaushalt aufzufrischen. Als Gringos waren wir die Sensation. Sobald wir entlang der Strecke entdeckt wurden (was natürlich jede Sekunde geschah), so wurden wir und die Gruppe gefeiert. Leute brachten uns Getränke, dankten uns, hielten uns ihre Kinder vor die Nase und baten um Bilder. Ein Traum von Freundlichkeit, Offenheit und Herzlichkeit welcher uns entgegen strömte.
Wir tanzten nun den ganzen Tag, nahmen keine Rücksicht auf Fußverluste und die Stimmung trieb uns an. So legten wir vor der Ehrentribüne eine Gringo-Show hin, weil wir kurz die folgenden Folkloregruppen uns anschauten und Anschluss zu unserer Gruppe verloren, die nun schon auf den abgesperrten Platz vor der Tribüne eingebogen waren. Wir überzeugten die überraschten Polizisten, das wir zu der Gruppe gehörten und nach etwas lustigen hin und her, durften wir im Abstand von vielleicht 100m auf unsere Gruppe und Band den Platz betreten und starteten zur Freude aller Ehrengäste eine Tanzeinlage passend zu der Musik unserer Band vor uns.
Nach gefühlten 12 Stunden tanzen kamen wir an das Ende der Strecke. Wir feierten hier noch eine Weile mit unserer Gruppe.
Der nächste Tag war nochmals der Fiesta de Chutillos gewidmet. Dieses Mal waren wir unter den Zuschauern und feierten die Unmengen an Folkloregruppen. Darunter Blaskapellen, Tänzer, riesige Kostüme, kleine Kinder-Mineros, Trommler und viele mehr. Bis spät in den Abend feierten wir.
Die Nominierung
Ich war so positiv überrascht von Potosí, das ich nicht verstehen kann, wieso diese Stadt unter den Gringos nur für seine Minen bekannt ist. Die Architektur in der Innenstadt ist wunderschön. Außerdem scheint die Stadt sehr kulturell zu sein. Leider ist davon für die Touristen wenig zu spüren oder zu erleben. Fest steht, dass ich jedem nur die »Fiesta de Chutillos« empfehlen kann. Potosí hat einen besseren Ruf verdient! Ein großes Dankeschön an den Guide und die tollen Menschen entlang der Strecke und an die Mädels, die mich schlussendlich zum Tanzen überzeugt haben.
Antworten
Ich finde die Kostüme richtig toll und bin davon jedesmal aufs neue echt fasziniert. Eine tolle und einzigartige Kultur!
Toll geile reise dahin 😀 Muss auch da hin ;D
Hallo,
Ich finde FIESTA DE CHUTILLOS echt nice möchte auch mal da hin 🙂Hey,
sieht super cool aus! Würde auch gern mal wieder weiter weg von Deutschland! Nächstes Jahr geht es dann endlich los!
Fiesta de Chutillos in Potosi ist wirklich einzigartig. Dort ist so viel los. Sehr extravagant. Klasse Kultur und angenehmes Klima (zu den entsprechenden Jahreszeiten). LG
Ich war positiv überrascht von Potosí, das ich nicht verstehe, wieso diese Stadt unter den Gringos nur für seine Minen bekannt ist. Die Architektur in der Innenstadt ist wunderschön. Außerdem scheint die Stadt sehr kulturell zu sein. Leider ist davon für die Touristen wenig zu spüren oder zu erleben.
Toll! An so einem Tanz-Spektakel hätte ich auch Spaß! Muß wirklich super gewesen sein. Weiterhin viel Spaß beim Reisen wünscht
Birte!Hallo Birte!
Unvergesslich! Die Melodie der Kapelle hängt mir noch in den Ohren und die Tanzschritte sind noch so präsent, als wäre es gestern gewesen.Ich danke dir! Dominik
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