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Im Moment des Zusammenkommens beginnt die Trennung. - Singhalesische Sprichwort
„Papa, da!« Schreit mein Sohn und zeigt auf einen der hier ubiquitären Pfaue, der, nur wenige Meter vom Fahrzeug entfernt versucht, ein Pfauenmädchen zu beeindrucken. “Papa, der Pfau breitet sein Fell aus!“
Ich muss laut lachen, wie auf unserem zehnstündigen Flug von Frankfurt nach Colombo, auf dem mich unser Vierjähriger bei aufstehenden Passagieren fragte, ob diese jetzt aussteigen würden.
In gewohnter Eloquenz erläutere ich dem Kleinen die Balzrituale des Blauen Pfaus. Doch gerade als ich ansetze, den Geschlechtsdimorphismus ausführlicher darzustellen, werde ich wie so oft in meinen langweiligen Ausführungen unterbrochen: „Da Papa! Affen“ Und tatsächlich sitzen in einem Strauch nahe des Weges eine Rotte halbwüchsiger Weißbartlanguren und starrt uns gelangweilt an.
Für Naturphotographen und Kinder ist Sri Lanka ein echtes Wunderland.
Dabei beginnt unsere Reise unter denkbar schlechten Vorzeichen. Zuerst bekommt der Kleine pünktlich vor dem Familienurlaub eine Lungenentzündung, die wir eine Woche lang dreimal täglich antibiotisch behandeln müssen und auch erst nach Freigabe durch den Kinderarzt zum Flughafen aufbrechen, dann streikt in Frankfurt das Sicherheitspersonal und unser Flug wird anulliert. Es kostet viele Nerven, doch gelingt es uns, sowohl Hin- als auch Rückflug einige Tage nach hinten zu verschieben.
So richtig glauben, dass alles gut gegangen ist, kann ich erst, als ich in Negombo, bei 35°C im Schatten den Strand entlangflaniere, den aktuellen Wetterbericht aus Deutschland im Hinterkopf.
Traditionelle singhalesische Boote am Strand von Negombo
Wir nehmen uns etwas Zeit zur Akklimatisierung, es ist heiß und unser Kleine hat aufgrund des langen Fluges so schlechte Laune, dass für uns müde Eltern der erste Tag zur Tortur wird. Ein Opfer des Jetlags nutze ich die Zeit in der Freundin und Kind schlafen und erkunde ausgiebig die Umgebung. Ich unterhalte mich mit Singhalesen, kaufe hier ein paar Mangos, streife über Fischmärkte und versetze mich in so richtig Reisestimmung.
Lokale Kleinfischerei an Sri Lankas Westküste, Glanzkrähen nutzen die Gunst der Stunde
Von Negombo aus reisen wir mit mit einigen Bussen entlang der Westküste immer gen Nord. Die letzten Kilometer geht es über staubige Pisten bis zu unserer Endhaltestelle, an der man sich ganz weit weg der typischen Touristenpfade wähnt.
Die muslimischen Bewohner des Ortes sind interessiert freundlich, die Sonne scheint, es ist warm und ruhig und die Unterkunft und das Essen ungewohnt gut.
Vor den immer windigen Stränden Kalpitiyas tummeln sich neben Kitesurfern vor allem Herden von Spinnerdelphinen. Der Wind vereitelt das Baden im Meer, wir beschließen hinauszufahren zu den Delphinen. Unser Sohn ist trotz der rauen See begeistert und ich bin dankbar für meine spritzwassergeschützte DSLR.
Spinnerdelphine halten sich in großen Schwärmen vor Sri Lankas Westküste auf, ihren Namen verdanken sie ihren Sprüngen, bei denen sie sich drehen.
Eine Stunde mit dem Boot vor der Küste liegt das Bar Reef. Trotz des trüben Wassers eine sehenswerte Unterwasserlandschaft mit scheuen Schwarzspitzenriffhaien. Während die Crew unseren Sohn gut unterhält und die Freundin das Schnorcheln für sich entdeckt, wechsle ich die Kamera und tauche ab.
Trübes Wasser erschweren die Photographie und das Entdecken der Haie, trotzdem bietet das Bar-Reef eine sehenswerte Artenvielfalt mit weiten,weitgehend intakten Rifflandschaften.
Nach einigen angenehmen Tagen an der Küste, reisen wir weiter ins Landesinnere. Bei Eltern mit kleinem Kinde gefürchtete, stundenlanges Busfahren in großer Hitze ohne Klimaanlage oder Sitzplatz erweisen sich als problemlos…freundliche Singhalesen schaffen Platz für unseren Kleinen, der dankenswerter Weise große Teile der Fahrt verschläft und sie so auch für uns erträglich macht.
Wir legen einen Zwischenstopp ein, um frühmorgens den größten Nationalpark Sri Lankas, den Wilpatthu zu besichtigen. Der Eintrittspreis in den Park ist so hoch, dass wir für den gleichen Preis einer halbe Hundertschaft Singhalesen den Zutritt erkaufen könnten. Trotz der hohen Dichte an Sri-Lanka-Leoparden im Wilpattu, sehen wir leider keinen einzigen. Auch Elefanten lassen sich keine blicken und würden mich nicht die vielen anderen Tiersichtungen entschädigen, ich würden den Besuch des Parks als totalen Reinfall bezeichnen.
Weite, offene Landschaften charakterisieren Wilpattu, Oben links ein Kuriosum: Ein Indischer Muntjak, eine kleine Hirschart, bei der die Männchen lange, dolchartige Eckzähne tragen, neben Pflanzen auch Aas fressen und sogar kleine Tiere jagen.
Nach so viel Natur soll natürlich auch der kulturelle Aspekt nicht zu kurz kommen. In den nächsten Tagen besichtigen wir einige der alten Königsstädte, bestaunen Tempel, legen Blumen am Nationalheiligtum, dem Bodhi-Baum in Anuradhapura nieder, begehen alte Ruinen und fahren viel mit den allseits verfügbaren Tuk-Tuks. Für die kleinen Zweitaktgefährte, die es im asiatischen Raum beinahe überall in unterschiedlichen Formen gibt, begeistert sich unser kleinster Reiseteilnehmer dann doch mehr als für alte Gemäuer.
Unten links: Ruwanwelisaya-Dagoba in Anuradhapura, daneben: Weisbartlanguren vor der Jethawanaramaya Stupa
Meine erste Rucksackreise mit Kind erweist sich als viel einfacher als gedacht. Die Singhalesen sind ein ausgesprochen kinderfreundliches Volk und in unseren Billigunterkünften wird alles in Bewegung gesetzt, um den Kleinen bei Laune zu halten. Sein Essen wird uns einige Male nicht berechnet und Sonderwünsche werden erfüllt. Hier darf er am Steuer eines Motorrads, TukTuks oder Boots sitzen, dort wird ihm im Bus wie selbstverständlich ein Sitzplatz freigeräumt. Selbst das entschärfte – aber immer noch scharfe – Essen schmeckt ihm, sehr zu unserer Freude.
Tausende Flughunde verlassen bei Dämmerung ihre Schlafbäume zur Nahrungssuche. Mit einem britischen Filmteam teile ich mir eine Dachterrasse und photographiere den Aufbruch der Flughunde.
Wir versuchen unsere leider viel zu knappe Zeit möglichst gut zu nutzen, denn trotz der verhältnismäßig guten Straßen dauert das Reisen über Land viel länger als gedacht, was kurvenreichen Strecken und zuviel Verkehr geschuldete ist.
In Kandy, der ruhigen, ehemaligen Hauptstadt, haben wir unerwartet mehr Zeit als gedacht und nutzen diese, um in das ca. 40 km entfernten Pinnawela Elephant Orphanage zu fahren, ein echtes Highlight für unseren Sohn.
Das Highlight der Reise für unseren Sohn: Ein Besuch in der Pinnawala Elephant Orphanage mit mehr als 90 Tieren, die in Gruppen täglich im nahen Fluss baden dürfen
Wir reisen über Land, immer weiter Richtung Süden. Die Landschaft wechselt von Nebelwäldern zur Trockensavanne. Die Küste ist überall windig, die Wellen hoch, das Baden mit Kind ist nur an wenigen Stellen möglich. Alle bleiben gesund, auch wenn Papa sich mal beim Photographieren selbst vom Felsen wirft, wird niemand ernsthaft verletzt. So hatte ich mir die Reise nicht vorgestellt, denke ich erleichtert.
Linsk unten: Männer bringen die Reisernte ein. Rechts: Die Fährte eines großen Elefanten verfolge ich in die nahe Dornstrauchsavanne, dort verliere ich seine Spur.
Immer wieder erstaunt mich die schiere Anzahl an Tieren, die ich auf Sri Lanka sehe. Da queren Pfaue vor unserem Frühstückstisch, brüten Meeresschildkröten am Strand direkt vor unserem Zimmer und Warane versuchen vergeblich die Eier der Erde zu entreißen. Mehrere Affenspezies finden sich praktisch in jedem Stadtpark, Bienenfresser und Eisvögel sind so zahlreich wie bei uns zu Hause die Tauben und die Spuren wilder Elefanten sind unübersehbar und überall.
Oben links: wilde Orchideen, unten links: stürmische Küste im Süden der Insel, rechts: Weißbartlangur, eine der häufigsten Primatenarten auf Sri Lanka
Angetan von der üppigen Fauna entschließen wir uns am Ende zum Besuch eines weiteren Nationalparks.
Wir entscheiden uns gegen einen Besuch des populären Yala- und fahren stattdessen in den nahen Bundula Nationalpark. Rückblickend eine wirklich gute Entscheidung, denn schon während wir mittags bei scharfem Curry sitzen, passieren uns mehr als zwei Dutzend vollbesetzter Touristenjeeps in Richtung Yala.
In Bundula dagegen sind wir die einzigen Gäste, das Besucherzentrum wird extra für uns aufgeschlossen, unser Spotter ist kompetent und die Landschaft des Parks, mit seinen wilden Küsten, Sümpfen und Baumbeständen, mit seinen vielen Vögeln, Hirschen, Krokodilen und einigen Elefanten, für mich eine der Schönsten überhaupt.
Da lacht das Herz des Naturphotographen und er wünscht sich eine 400 mm Festbrennweite.
Mein ganz persönliches Resumée: Wir konnten einen ausgesprochen billigen Flug buchen, die Flugzeit von 10:40 Stunden war dabei noch erträglich. Visum ging online und war günstig, was man leider von vielen Sehenswürdigkeiten im Land nicht behaupten kann. Hier zahlt der Tourist gerne mal das fünfzig fache! dessen was ein Einheimischer zahlt, was ich – Einkommensunterschiede hin oder her – für ziemlich unverschämt halte. Dafür gibt es, selbst an Touristenhotspots vergleichsweise wenig hassle.
Generell ist das Preisniveau niedrig, wenn auch nicht so günstig wie bspw. in SEAsia. Dafür liegt die Qualität von Billigunterkünften deutlich über internationalem Niveau. Ich mag das Essen, vor allem die Currys, ich esse aber auch gerne scharf. Die Singhalesen waren bis auf wenige Ausnahmen außergewöhnlich freundlich und sehr, sehr kinderlieb, Familien kann ich dieses Land wirklich mit Nachdruck empfehlen.
In Puncto Natur gibt es sicher nicht viele Länder, die in einer Liga mit Sri Lanka spielen.
Vielfalt und Dichte der Fauna sind wirklich beeindruckend und wer sich dafür interessiert, sollte nicht ohne Fernglas und eine größere Optik an der Kamera in den Urlaub aufbrechen.
Wer noch keinen Hindutempel o.ä. gesehen hat, hat hier die Chance, doch gilt hier wie bei den Dagobahs und ähnlichen Sakralbauten Sri Lankas: »hat man drei gesehen, hat man alle gesehen«. Kulturell interessant waren für mich vor allem die Singhalesen selbst.
Die meisten kulturellen Sehenswürdigkeiten Sri Lankas, die der Durchschnittsreisende so auf dem Schirm hat, halte ich für mäßig interessant und in Reiseführern teilweise grotesk überbewertet.
Zeit sollte man genug mitbringen, denn das Land ist zwar klein, aber sehr facettenreich und es wäre ein Fehler die scheinbar kurzen Distanzen zu unterschätzen.
In meiner Reisezeit (Frühling) war das Wetter fast immer gut, nachmittags hatte ich oft phantastisches Licht zum photographieren, dafür war die See rau und an Baden im Meer war kaum zu denken. Da das ehemalige Ceylon dicht am Äquator gelegen ist, braucht man hier unbedingt adäquaten Sonnenschutz (hallo Schatz 🙂 und einen Hut, außerdem geht die Sonne früh unter, aber abendliche Aktivitäten sind mit unserem Kind ohnehin nicht drin.
Klare Reiseempfehlung!
Antworten
Toller Beitrag und viele schöne Fotos, die meine Vorfreude auf Sri Lanka vergrößern. Bei uns geht es im März los. Gut zu wissen, dass auch Kinder ihre Freude an Sri Lanka haben, denn wir verreisen mit unserem Sohn. Bin schon sehr gespannt!
Hallo Till,
vielen Dank für den schönen Reisebericht und die wirklich schönen Fotos. Ich werde mit meiner Freundin im Oktober/ Noveber auch nach Sri Lanka fahren. Wir fahren für drei Wochen und wollen die Reise ganz entspannt angehen, d.h. nicht von Ort zu Ort hetzen. Mich würde deshalb Eure konkrete Reiseroute interessieren, gerade weil Du schreibst, dass die meisten kulturellen Sehenswürdigkeiten Sri Lankas, die der Durchschnittsreisende so auf dem Schirm hat, eher mäßig interessant zu sein scheinen. Mit anderen Worten: Welche Orte kannst Du empfehlen und welche könnten wir getrost vernachlässigen? Gibt es sogar eine empfehlenswerte Route?Danke und viele Grüße,
AndréWunderschöner, interessanter Bericht – da ich vor jeder Reise mit der Familie am Grübeln bin, welche Objektive ich mitnehme und welche nicht, würde mich deine Ausrüstung für diesen Trip interessieren!
Hallo Markus,
ich photographiere noch in Crop, allerdings RAW. Meine Ausrüstung besteht aus:
EOS 70D
Canon 18–135 mm STM
Canon 11–22 mm IS USM
Canon 100–300 mm IS USM (ersetzt durch 100–400 mm USM EF IS USM II)
Canon Speedlite 430 EX IIFür die Unterwasser Aufnahmen:
Canon SX230
Klingt nach einem sehr schönen Urlaub!
Mit den Eindrücken und den tollen Fotos davon, kommt das mal auf die Merkliste…
Super Fotos! Was für schöne Tiere Du vor die Kamera bekommen hast. Und: ich find´s klasse, dass ihr auch zu Dritt mit dem Rucksack unterwegs seid.
LG, Aylin
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