Es grüßt der Fitz Roy

Schon von der Stadt aus ist der Fitz Roy zu erken­nen. Ein­ge­rahmt in sei­ne fast eben­so hohen Nach­barn und in unmit­tel­ba­rer Nach­bar­schaft zum fast eben­so bekann­ten Cer­ro Tor­re ist sei­ne Gegen­wart ein Magnet für Wan­de­rer und natür­lich auch für uns.

Tageswanderung zur Laguna Torre

Am ers­ten Tag auf unse­rer Huemul Umrun­dung waren sie bei­de immer wie­der prä­sent und ich blieb immer wie­der ste­hen, um die­se impo­san­ten Ber­ge zu genie­ßen. Schon am Tag nach der anstren­gen­den Umrun­dung juckt es uns wie­der in den Füßen. Wir zie­hen noch schnell in El Chal­tén in eine ande­re Unter­kunft, ich mel­de uns im Besu­cher­zen­trum als lebend zurück­ge­kehrt vom Huemul Trek und mit leich­tem Gepäck zie­hen wir noch »kurz« los. Ich locke Chris­ti­an mit ein­fa­chen fünf bis zehn Kilo­me­tern mit der Opti­on auf 20 Kilo­me­ter. Schon nach den ers­ten Metern auf dem Wan­der­weg mer­ken wir den Unter­schied zu den Vor­ta­gen. Die Wan­der­we­ge sind regel­rech­te Wan­der-Auto­bah­nen. Die Pfa­de sind gut befes­tigt und in einem exzel­len­ten Zustand.

Cerro Torre und Blumen

Hin­weis­schil­der sol­len jedem Wan­de­rer die Zer­brech­lich­keit der Natur zei­gen und for­dern die Wan­de­rer auf, auf dem Weg zu blei­ben. Es sind unzäh­li­ge, die es uns gleich tun, von jung bis alt, von Allei­ne bis Fami­li­en, von sport­lich bis unsport­lich ist alles dabei. Wir stren­gen uns an, die Men­schen aus­zu­blen­den und uns auf die Natur zu kon­zen­trie­ren; auf die ein­zig­ar­ti­ge glet­scher­ge­form­te Land­schaft.

Magellanspecht

Nach einer Stun­de errei­chen wir den ers­ten Aus­sichts­punkt mit aus­ge­zeich­ne­tem Blick auf den Cer­ro Tor­re. Ab hier wird der Weg lee­rer. Das heißt zwar immer noch nicht ein­sam, aber die ers­ten Mas­sen geben sich mit die­sem Anblick zufrie­den und keh­ren um. Wir zie­hen die Opti­on, bis zur Lagu­na Tor­re zu wan­dern und schlän­geln uns den Pfad hin­un­ter in das wei­te Tal des Río Fitz Roy. Bei bes­tem Wan­der­wet­ter auch schon jetzt Anfang Novem­ber las­sen wir uns mit jedem Schritt außer­halb des Wal­des von der Son­ne anrös­ten. Es ist nicht zu warm und nicht zu kalt. Der Wind hält sich noch bedeckt und wir kom­men gut und schnell vor­an. Mit nur einer Fla­sche Was­ser und ein paar klei­nen Snacks im Ruck­sack ist es wie flie­gen. Die 20 Kilo­gramm schwe­ren Ruck­sä­cke haben heu­te eine Pau­se und wir genie­ßen es, flink unse­ren Weg zu fin­den.

Weg zur Laguna Torre

Nur weni­ge Minu­ten vor unse­rem Ziel, der Lagu­na Tor­re, que­ren wir ein klei­nes Flüss­chen und tan­ken Was­ser im Fluss nach. Kla­res fri­sches Was­ser fin­det sei­nen Weg in unse­re Fla­schen und in unse­re durs­ti­gen Keh­len. An der Lagu­ne erwar­tet uns ein groß­ar­ti­ger Aus­blick auf den Cer­ro Tor­re und sei­ne Nach­barn Cer­ro Egger, Ade­la und Cer­ro Gran­de. Die schrof­fen und stei­len Fel­sen ragen weit über die Lagu­ne und den Glet­scher Tor­re empor. Unser Natur­durst wird hier tem­po­rär gestillt. Wir fra­gen uns, war­um wir nicht mit dem Zelt hier her gelau­fen sind und erin­nern uns an den Grill im »Como Vaca« und an die lecke­ren Steaks, die man dar­auf sicher machen kann. Mit dem auf­fri­schen­den Wind wird es lang­sam kühl und wir dre­hen um. Wir mar­schie­ren straff zurück nach El Chal­tén. Der Hun­ger treibt uns sanft aber ste­tig zurück in die »Stadt«.

Laguna Torre und Cerro Torre

El Chal­tén hat einen funk­tio­nel­len Charme, der durch Tou­ris­ten geprägt wird. 1985 wur­de es gegrün­det, um die Grenz­an­sprü­che von Argen­ti­ni­en gegen­über Chi­le zu recht­fer­ti­gen und wuchs schnell zu einer Retor­ten­stadt für Tou­ris­ten. Im Win­ter ist sie fast ver­las­sen, im Som­mer fast über­lau­fen. Und hier­hin keh­ren wir wie­der zurück, um unser Tou­ris­ten­le­ben zu frö­nen und ein schö­nes argen­ti­ni­sches Steak zu genie­ßen.

El Chaltén

So klingt unser Tag im »Como Vaca« aus. Ein schö­nes 300g-Stück Fleisch auf dem Tel­ler und knap­pe 20 Kilo­me­ter in den Bei­nen. Der Tag geht hier zu Ende und lang­sam wächst  auch schon wie­der unser Durst nach mehr, mehr Natur, nur Natur.

Zwei Tage in Richtung Fitz Roy

Wir schaf­fen es am nächs­ten Tag auch wie­der nicht, die Füße still zu hal­ten. Wir pla­nen schon wie­der unse­re nächs­te Tour. Die­ses Mal wol­len wir zum Lago de los Tres und end­lich den Fitz Roy aus der Nähe betrach­ten. Unse­re schnel­le Wan­der­ein­la­ge zum Cer­ro Tor­re hat bei Chris­ti­an lei­der ein gereiz­tes Knie hin­ter­las­sen und so star­ten wir gemäch­lich in den Tag. Erst gegen 10 Uhr bre­chen wir mit mitt­le­rem Gepäck auf. Essen für zwei Tage und natür­lich dem Zelt und dem Kocher. Unser Weg führt uns erst in den Nor­den von El Chal­tén und dann kurz nach dem Orts­aus­gang berg­auf. Auf den ers­ten drei Kilo­me­tern erstei­gen wir unse­re Por­ti­on Höhen­me­ter für den Tag. 350 Meter, um genau zu sein. Es spielt aber weni­ger eine Rol­le. Es sind die ers­ten Kilo­me­ter am Tag und so ste­cken wir sie ziem­lich ent­spannt weg.

Wegweiser in Patagonien

Am Aus­sichts­punkt ober­halb der Lagu­na Capri haben wir noch für eini­ge Momen­te den Fitz Roy im Blick. Im Lau­fe unse­rer Pau­se zieht der Him­mel immer wei­ter zu. Zuerst ver­steckt sich nur die Spit­ze des Fitz Roy in den Wol­ken und bald sind auch wir von Wol­ken gefan­gen. Es fängt leicht an zu nie­seln. Es ist unan­ge­nehm, aber nicht wei­ter tra­gisch. Erst als wir am Aus­sichts­punkt Gla­ci­ar Piedras Blan­cas ankommen,fängt es rich­tig mit reg­nen an. Die gefühl­ten Tem­pe­ra­tu­ren sin­ken schlag­ar­tig um eini­ge Grad und der Wind gibt sein Bes­tes, um es unbe­quem wer­den zu las­sen. Wir ret­ten uns zum Zelt­platz »Poin­cenot« in den Wald und bau­en fix unser Zelt auf.

Christian in Poincenot

Die Zeit bis zum Abend­essen ver­brin­gen wir ein­fach nur im Zelt. Es ist feucht und unan­ge­nehm kalt. Die Käl­te zieht bis unter die Haut auf die Kno­chen. Irgend­wie will es im Schlaf­sack auch nicht wär­mer wer­den. Gegen Abend schlei­chen wir aus dem Zelt und kochen auf unse­rem klei­nen Gas-Kocher. Es gibt wie­der ein­mal Reis mit Tüten­sup­pe. Da war das Steak ges­tern Abend um Wel­ten bes­ser. Aber dafür sind wir hier auf dem Zelt­platz mit 13 ande­ren Zel­ten fast allei­ne. Es ist nicht laut und nur der Regen pocht auf das Blät­ter­dach über uns und in der Nacht auf unser Zelt.

Dominik am Fitz Roy / Lago de los Tres

Es ist so unan­ge­nehm, dass ich am nächs­ten Mor­gen den wun­der­voll roten Son­nen­auf­gang am Lago de los Tres ver­pas­se. Etwas ärge­re ich mich, dass ich nicht aus dem Zelt gekro­chen bin, aber auf der ande­ren Sei­te hat der Fitz Roy ein klei­nes Hüt­chen aus einer Wol­ke auf, als ich ihn vom Zelt­platz aus betrach­te. Das Knie von Chris­ti­an pro­tes­tiert immer noch gegen unse­re Aus­flü­ge in die Natur und so kehrt er nach dem Früh­stück auf dem glei­chen Weg vom Vor­tag zurück. Ich las­se mei­nen Ruck­sack im Camp Poin­cenot und wan­de­re noch zur Lago de los Tres und bewun­de­re für eine gan­ze Wei­le den Fitz Roy. Sein Hüt­chen ver­zieht sich ein­fach nicht, auch wenn es mehr­mals klei­ne­re Anstal­ten macht. Ich keh­re also um und lau­fe nun gegen den Strom der Wan­de­rer, die es mitt­ler­wei­le aus El Chal­tén hier­her geschafft haben. Anstatt sofort in die Stadt zurück zu keh­ren, wäh­le ich den Pfad ent­lang der Lagu­na Mad­re und Hija.

Laguna Madre

Ich schul­te­re wie­der mei­nen gro­ßen Ruck­sack und ver­las­se den aus­ge­tre­te­nen Pfad. Der Weg ent­lang der bei­den Lagu­nen lässt mich in die Ein­sam­keit zurück. Nur sel­ten begeg­nen mir wei­te­re Wan­de­rer, meist aus der Gegen­rich­tung. Der Him­mel zeigt sich von sei­ner freund­li­chen Sei­te und macht den Tag erträg­lich. Über die fast fla­che Ebe­ne que­re ich zum Río Fitz Roy. Nur auf den letz­ten Metern zur Kreu­zung mit dem Pfad zur Lagu­na Tor­re muss ich 200 Meter abstei­gen. Die Aus­sicht bleibt die gan­ze Stre­cke außer­or­dent­lich. Wäl­der, Glet­scher, Ber­ge, Fel­sen, Was­ser und Blu­men wech­seln sich in ihrer Schön­heit ab und buh­len um mei­ne Auf­merk­sam­keit. Es gewinnt das Gesamt­ensem­ble Pata­go­ni­en. Ein unver­gess­li­cher Moment in der Natur. Bestimmt durch Ruhe und Gelas­sen­heit.

Weg entlang der Laguna Madre

Zurück in El Chal­tén bricht der letz­te Abend an. Chris­ti­an und ich geneh­mi­gen uns ein letz­tes Mal ein ordent­li­ches Stück Fleisch. Wir sto­ßen mit Wein auf unse­re ers­te und wirk­lich erfolg­rei­che Woche in El Chal­tén an. Ein Höhe­punkt folg­te dem nächs­ten und die Natur zeig­te sich von ihrer schöns­ten Sei­te. Zum Abschluss freu­en wir uns auf das Raf­ting am nächs­ten Tag!

Wir wol­len wiederkommen…weiter wan­dern!

Expedition 6000+

Die­ser Arti­kel ist Teil mei­ner Serie „Expe­di­ti­on 6000+. Sie führt zwei Mona­te durch die schöns­ten Wan­der­re­gio­nen Süd­ame­ri­kas von Pata­gio­nen, Boli­vi­en bis zum höchs­ten Punkt der Rei­se, dem Acon­ca­gua in Argen­ti­nen. Fol­ge der Rei­se und genie­ße die wei­ten Land­schaf­ten, hohe Ber­ge und die abwechs­lungs­rei­che Kul­tu­ren Süd­ame­ri­kas.

Mehr Infor­ma­tio­nen zum Weg, den Etap­pen und der nöti­gen Aus­rüs­tung fin­det ihr hier.

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Antworten

  1. Avatar von Lisa

    Hi Domi­nik,

    auf der Suche nach Rei­se­lek­tü­re wäh­rend mei­ner Rei­se bin ich auf dei­ne Samm­lung gesto­ßen. Liest sich echt toll 🙂 Auch wir sind im Moment on Tour und berich­ten mit viel Witz und Humor dar­über.

    https://tranilife.wordpress.com/

    Schau doch mal vor­bei.

    1. Avatar von Dominik Mohr

      Hal­lo Lisa,
      dein Feed­back erfreut mich! Wenn du noch mehr Infos z.B. zu den Rei­se­rou­ten haben möch­test, kannst du ger­ne auf mei­nem Blog nach­schau­en. Dort sind auch Kar­ten ver­füg­bar.

      Lie­be Grü­ße,
      Domi­nik

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