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Mit letzter Kraft schleppe ich mich zum Sammelpunkt. Meine Brille ist angelaufen. Ich erkenne gerade noch so die bunten Konturen der Personen vor mir. Der Weg im Schnee ist für mich ein Mysterium. Ich fühle mich klein zwischen den beiden mächtigen Gipfeln des Elbrus. Vor mir liegen noch 300 Höhenmeter und meine Beine wollen mich nicht mehr tragen. Im Schatten des Ostgipfels sacke ich auf die Knie, rappele mich nochmal kurz hoch und schleppe mich in die wärmende Sonne am Hang des Westgipfels. Es dauert einige Minuten bis ich mich wieder gefangen habe. Die Gedanken überschlagen sich – noch zwei Stunden soll ich weiter gehen?
Ich möchte mein persönliches Projekt »Elbrus« endlich abschließen. Zusammen mit meinem Kumpel Steffen startete das ganze Projekt schon vor einem Jahr. Eine Idee – in den Raum geworfen, wild diskutiert und final umgesetzt. Ein Projekt mit vielen Fragen und einem großen Ziel!
Grenzgänger am Elbrus
Wie sind wir nur darauf gekommen? Plötzlich ist die Idee einfach im Raum. Keine konkrete Vorstellung, einfach nur das Wort »Elbrus«. Noch ist die Umsetzung egal, die Frage ist eher, wer traut es sich zu, wer hat Zeit und die Kraft die ganzen Vorbereitungen zu stemmen. Die Hoffnung stirbt zuletzt, dass sich noch mehr finden außer Steffen und mir. Am Ende scheitert es an der Zeit.
Die Idee gedeiht, die ersten Routenbeschreibungen kursieren zwischen uns und schnell wird klar, wir können es nicht alleine planen. Schon alleine die Sprache und das Visum sind wie unüberwindbare Gletscherspalten. Dazu gesellen sich schnell auch Fragen zur Ausrüstung und Sicherheit. Wir beide kennen die Berge, aber ein solches Projekt kommt bei uns nicht jeden Tag vor. Mit ElbrusTours finden wir einen Anbieter mit Erfahrung und Geduld, denn unsere Berge an Fragen bringen uns schon virtuell an den Gipfel.
Das Wohnzimmer füllt sich mit der Zeit immer mehr mit Ausrüstung und als der Tag der Abreise naht, kommt schon fast Panik bei mir auf. Wie soll das alles in meinen Rucksack passen. Alleine meine Wanderschuhe und die Bergstiefel sind platzfüllend. Die Entscheidung fällt mir schwer, aber am Ende stehe ich mit den gefütterten Innenschuhen meiner Bergstiefel am Flughafen in Berlin und werde an der Sicherheitskontrolle schräg angeschaut. Die Schuhe sind mein ein und alles. Ohne sie werde ich den Elbrus nicht besteigen können und so schlurfe ich auch noch in Moskau durch den Flughafen. Erst am Flughafen in Mineralnyje Wody wechsle ich in meine luftigen Sneakers. Bei 28° C eine gute Investition ins Fußklima.
Dimitry empfängt uns am Flughafen und fährt mit uns ins russisch-georgische Grenzgebiet. Aus flachem Agrarland wird nach ein-ein-halb Stunden schroffer Fels und die Berge wachsen von Minute zu Minute. Parallel zur Straße rauscht ein Gebirgsfluss durch das Tal, dessen Ende uns in Terskol am Fuße des Elbrus begrüßt. Hier lernen wir den Rest der Expeditionsgruppe kennen. Insgesamt sind wir acht Deutsche, ein Russe und vier Inder. Eine bunte Mischung aus jung und alt, Erfahrungsträgern und Neulingen.
Talluft im Kaukasus
Die ersten beiden Tag genießen wir die Talluft. Auf 2000 Metern ist die Welt noch in Ordnung. Wir kämpfen nur mit den etwas hohen Temperaturen und der Sonne. Dimitry nimmt uns auf zwei Akklimatisierungstouren mit und legt ganz schön an Tempo vor. Sehr zum Missfallen einiger Teilnehmer reißt das Wanderfeld immer wieder in große Stücke. Nicht alle kommen hinterher, die Schnelleren müssen immer wieder warten.
Erst nach dem Gipfel klärt Dimitry auf, warum er so schnell läuft. Seine Schweizer Bergführerschule lehrt das Austesten der Kondition in der Gruppe und genau das macht er mit uns.
Wir sind dennoch gut zu Fuß. Am ersten Tag steigen wir langsam aus dem Tal bei Terskol hinaus. Die Berge sind hier saftig grün mit schnellem Übergang ins felsige. Wenn der Fels aufhört, schließen sich an den Bergflanken Gletscher und Schneefelder an, die sich jetzt aber Ende Juli in der Sonne langsam auflösen.
Der Weg schlängelt sich durch ein Waldstück und weiter an der steilen Kante des Hanges. Auf der anderen Seite des Tals ragen weit die Bergkämme des großen Kaukasus im russisch-georgischen Grenzgebiet hinauf.
Vom alten Observatorium auf 3100 Metern aus haben wir freien Blick auf den Elbrus. Eigentlich der erste Blick auf unser Ziel. Die Dimensionen verschwimmen. Der Gipfel sieht zum Greifen nah aus. Seine Höhe verschleiert die elf Kilometer zwischen uns.
Zur Abkühlung steigen wir einige Meter ab und duschen in einem Wasserfall. Sein Aussehen erinnert an einen Pferdeschwanz und so nennen ihn die Russen liebevoll »Des Mädchens Zöpfe«.
Hier vertrödeln wir uns etwas die Zeit. Die haben wir ausreichend und unser Hotel ist schön, aber die Berge verlockender.
Unser Team macht am nächsten Tag eine weitere Akklimatisierungstour. Es zieht uns die steilen Pfade zum Mt. Cheget hinauf. Also die Hänge, die wir am Vortag auf der anderen Talseite bestaunen konnten. Der Anstieg startet steil und brutal. Es ist, als müssten wir eine Wand hochlaufen. Die Waden fangen schnell an, zu ziehen. Ich komme keine 50 Meter ohne Wanderstöcke. Gerne wandere ich ohne, aber hier komme ich nicht weiter. Ich falle etwas zurück und als ich sie endlich von meinem Rucksack abgeschnallt habe, muss ich Gas geben, um die Gruppe einzuholen. Der Weg zeigt nach den ersten Kilometern Gnade und wird flacher.
Als unsere Gruppe in die obere Hütte einkehrt, suche ich nach etwas Abstand und etwas mehr Höhe. Mein Tatendrang wird schnell durch zwei Grenzsoldaten gestoppt. Ich verstehe zwar kein Wort, aber seine Zeichensprache ist eindeutig. Noch den nächsten Felsen darf ich erklimmen, dann ist für mich Endstation. Der fünf Kilometer breite Grenzsteifen ist tabu.
Konstantin, unser russischer Mitstreiter, erklärt mir später, dass die Grenze Einfallstor für Terroristen ist und seit den Kaukasuskriegen dieses Tor dicht geschlossen werden soll.
Zurück im Hotel leihen wir uns die fehlende Ausrüstung und zurren abends unsere Rucksäcke zusammen. Alles was ich nicht brauche schmeiße ich raus. Die Jeans, ein sauberes T‑Shirt und noch ein paar andere Dinge landen in der Abstellkammer. Am Elbrus muss ich nicht schön aussehen. Wir machen noch einen letzten Streifzug über den örtlichen Markt, kaufen hier und da noch Snacks und den obligatorischen Kühlschrankmagnet.
Ob wir das nur machen, um unsere Nerven in Zaum zu halten oder ob wir es wirklich brauchen? Unsere Vorfreude steigt mit jeder Minute.
Podcast der Expedition
Du möchtest die ganze Geschichte auf deine Lauscher? Als besonderes Highlight gibt es die Expedition als Podcast von „Radioreise“ mit Alexander Tauscher. Hier geht’s zum Podcast.
Mit freundlicher Unterstützung von ElbrusTours.
Antwort
Hi,
ein wirklich sehr cooler Elbrus Bericht. Weiter so!
Da bekommt man direkt Lust loszugehen!
Nächste Saison dann wieder =)
Grüße,
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