Eine stille Reise in die Vergangenheit – Wanderung auf den Brocken

Brocken Bahn

Tief im Her­zen Deutsch­lands erstreckt sich eine Regi­on, die eine rei­che Geschich­te, unbe­rühr­te Natur und ein Eisen­bahn­erleb­nis mit­ein­an­der ver­knüpft. Der Harz, das nörd­lichs­te Mit­tel­ge­bir­ge, beher­bergt den Bro­cken, den höchs­ten Gip­fel Nord­deutsch­lands, und die Har­zer Schmal­spur­bahn, eine his­to­ri­sche Dampf­ei­sen­bahn, die sich durch die­se Land­schaft win­det. 

Wag­gons der Har­zer Schmal­spur­bahn im Bahn­hof am Gip­fel des Bro­ckens

Der Beginn der Wan­de­rung führt auf Holz­ste­gen durchs Moor

Es ist ein son­ni­ger Mor­gen, als ich mich zusam­men mit mei­nem Freund auf­ma­che, um den Gip­fel des Bro­ckens zu erklim­men. Die Vor­freu­de auf die­sen schö­nen Aus­flug liegt wie eine pri­ckeln­de Ener­gie in der Luft, als wir unse­re Ruck­sä­cke packen und uns auf den Weg machen. Vom Ort Torf­haus aus beginnt die ins­ge­samt 18 Kilo­me­ter lan­ge Wan­de­rung auf dem Goe­the­weg hin­auf zum Bro­cken­gip­fel. Wir schnü­ren uns schnell unse­re Wan­der­stie­fel und schnap­pen uns die Ruck­sä­cke und lau­fen vol­ler Vor­freu­de los. Vor­bei auf Holz­we­gen durchs Moor und an den von Bor­ken­kä­fern tot gefres­se­nen Bäu­men erscheint die Land­schaft an eini­gen Stel­len recht karg und ver­las­sen. Nicht beson­ders schön, die weni­gen Bäu­me spen­den nur wenig Schat­ten an einem solch hei­ßen Tag. Das sanf­te Zwit­schern der Vögel beglei­tet uns, wäh­rend wir uns lang­sam den stei­len Pfa­den nähern. Auf den Spu­ren Goe­thes oder auch Hein­rich Hei­nes rich­ten sich dabei mei­ne Gedan­ken auf die Ver­gan­gen­heit. Wie es hier wohl damals aus­ge­se­hen haben muss? Viel­leicht ver­wil­der­ter und die Bäu­me noch nicht von den Bor­ken­kä­fern ver­fres­sen? Ziem­lich schnell gelan­gen wir vom Schot­ter­weg auf einen Beton­plat­ten­weg. Auf dem alten Pan­zer­weg am alten Grenz­ver­lauf, an dem noch vor 40 Jah­ren die Gren­ze zwi­schen der DDR und BRD ver­lief, betrach­ten wir die Zeu­gen einer längst ver­gan­ge­nen Zeit. Immer wie­der tref­fen wir auf Über­res­te der Grenz­an­la­gen, Hin­weis­ta­feln und Mahn­ma­le, und blei­ben für eine klei­ne Ver­schnauf­pau­se ste­hen. Der Wald und das Moor des Har­zes erschei­nen mit ihren abge­stor­be­nen Baum­stümp­fen, dem Moor und dem Hei­de­gras zwi­schen den noch ste­hen­den Fich­ten gera­de­zu mys­tisch. Hier, in die­ser unbe­rühr­ten Natur, kann man sich gut vor­stel­len, wie die Men­schen vor ein paar hun­dert Jah­ren Geschich­ten von Hexen, Geis­tern, Dämo­nen und Sagen­ge­stal­ten spin­nen. Die geheim­nis­vol­le Atmo­sphä­re ent­lang der Pfa­de lässt mich den­ken: „Hier möch­te ich nachts nicht allei­ne sein.“

Kah­le Land­schaft durch die Bor­ken­kä­fer
Der Har­zer Grenz­weg

Es ist heiß uns son­nig, als wir auf hal­bem Weg zum Bro­cken­gip­fel inne­hal­ten und uns der völ­li­gen Stil­le, die uns umgibt, bewusst wer­den. Die Bäu­me des immer lich­ter wer­den­den Wal­des, die den Weg säu­men, schei­nen den Klang der Welt zu ver­schlu­cken. Die ein­zi­gen Geräu­sche, die wir hören, sind das Zwit­schern der Vögel und das lei­se Rascheln der Blät­ter im Wind. In die­ser Stil­le füh­len wir uns dem Rhyth­mus der Natur näher als je zuvor und füh­len die Erho­lung, die durch die Bewe­gung und Ruhe in uns kehrt. Doch in der Fer­ne, fast wie ein Echo, glau­ben wir, die Töne eines Zuges zu hören. Wir lau­schen gespannt. Lang­sam, aber ste­tig wird das Geräusch des Zuges – das cha­rak­te­ris­ti­sche „Tschu­ket­schu­ke“ einer Dampf­lo­ko­mo­ti­ve – immer deut­li­cher. Neu­gie­rig lau­fen wir wei­ter und fol­gen dem Klang. Schließ­lich errei­chen wir Glei­se und hocken uns gespannt mit unse­ren Han­dys in der Hand hin. Wir kom­men recht­zei­tig, der Zug tuckert mit einer fried­li­chen Geschwin­dig­keit und einer gro­ßen Dampf­wol­ke an uns vor­bei. Wir win­ken, und die Pas­sa­gie­re in den alten Wag­gons win­ken zurück, ihre Gesich­ter strah­len. Für uns geht es aller­dings zu Fuß auf den Gip­fel wei­ter, den wir nach 9 km errei­chen. Die Luft hier oben ist kühl und klar. Der Wind streicht sanft über die wei­te, offe­ne Ebe­ne. Der berühm­te Bro­cken­wirt, ein altes Gast­haus, thront vor uns auf dem Gip­fel, und wir machen eine kur­ze Pau­se, um die Aus­sicht zu genie­ßen und uns mit Erb­sen­sup­pe und Bier zu stär­ken. Die auf dem Gip­fel­bahn­hof bereits ange­kom­me­ne Dampf­lok wird von den bei­den Lok­füh­rern über­prüft, wäh­rend die letz­ten Gäs­te aus den Wag­gons stei­gen.  Wir erkun­den den Gip­fel. Weg­wei­ser zei­gen in  alle Him­mels­rich­tun­gen. Dort liegt Peking und auf der ande­ren Sei­te geht es nach San Fran­cis­co. Bei jedem Ort blei­ben wir ste­hen und tag­träu­men uns an die fer­nen Orte. Wo geht wohl unse­re nächs­te Rei­se hin?

Lang­sam und fast geräusch­los setz­te sich der Zug wie­der in Bewe­gung und mach­te sich auf den Rück­weg durch die Har­zer Berg­land­schaft. Nach einer Wei­le bre­chen auch wir auf, um den Abstieg anzu­tre­ten. Der Weg zurück ist genau­so schön wie der Auf­stieg, und wir nut­zen die Gele­gen­heit, um noch mehr von der fas­zi­nie­ren­den Land­schaft zu ent­de­cken, die uns umgibt. 

Hein­rich-Hei­ne-Denk­mal – Er über­nach­te­te in der Nacht vom 19. zum 20. Sep­tem­ber 1824 im Bro­cken­haus und ver­ar­bei­te­te die­ses Erleb­nis in sei­nem Buch »Die Harz­rei­se«
Beginn der Wan­de­rung durchs Moor mit Blick auf das Ziel: Der Bro­cken­gip­fel
Blick auf den Natur­park Süd­harz und Restau­rant Zum Bro­cken­wirt
Die Har­zer Schmal­spur­bahn im Bahn­hof, kurz vor der Wei­ter­fahrt.


Wei­te­re Infor­ma­tio­nen: Auf den Bro­cken kann man aus jeder Him­mels­rich­tung gehen. Vie­le Wege füh­ren durch die Wäl­der und Wie­sen und vor­bei an vie­len wei­te­ren Denk­mä­lern. Die Harz­quer­bahn fährt von Wer­ni­ge­ro­de und Nord­hau­sen Nord bis Drei Annen Hohe. Von dort aus ver­läuft die Bro­cken­bahn bis zum Gip­fel.

Der Rück­weg durchs Moor

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Antwort

  1. Avatar von Neuss
    Neuss

    Was für ein fas­zi­nie­ren­des Aben­teu­er auf den Bro­cken! Dei­ne Erzäh­lung ent­führt den Leser auf eine Rei­se durch die unbe­rühr­te Natur des Harz­ge­bir­ges und ver­mit­telt dabei die mys­ti­sche Atmo­sphä­re die­ser Regi­on auf eine sehr leben­di­ge Wei­se.

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