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Sie empfing uns mit Regen – die Stolze. Sie wollte sich nicht sofort hingeben. Sie wollte erobert werden.
St. Petersburg – die Zarenstadt – benannt nach dem Apostel Simon Petrus. Im Jahr 1703 von Peter dem Großen im Sumpfgebiet am Ostende des Finnischen Meerbusens gegründet und vom 18. bis zum 20. Jahrhundert Hauptstadt des russischen Reiches. Nach Lenins Tod 1924 wurde sie in Leningrad umbenannt, doch nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion erhielt die Stadt an der Newa ihren ursprünglichen Namen zurück. Das Volk nannte sie schon immer liebevoll Питер – Piter.
Die historische Innenstadt schmücken rund 2.300 Prunkbauten und Paläste. Nur Venedig protzt mehr. An jeder Ecke auf dem berühmten Newski-Prospekt stehen beeindruckende Bauwerke der Geschichte. Wie zum Beispiel die Auferstehungskirche, oder auch Blutkirche genannt, die an der Stelle errichtet wurde, an der ein adeliger Student 1881 das tödliche Attentat auf Zar Alexander II. verübte.
Auch die jüngere Geschichte hat ihre finstere Seite. Während des Zweiten Weltkrieges wurde Leningrad 871 Tage lang von deutschen Soldaten belagert. Hitler befahl die systematische Aushungerung der Stadt. In der sogenannten Leningrader Blockade starben von 1941 bis 1944 rund eine Million Menschen. Zudem herrschten Temperaturen von minus 40 Grad Celsius. Es gab keine Pferde, Hunde oder Katzen mehr. Selbst die Ratten wurden gefangen und geschlachtet und ebenso machten sich hungrige Menschenjäger auf die Suche nach Beute. 1944 befreite die Rote Armee schließlich die halbtote Stadt.
Beim Spaziergang über den Newski-Prospekt stolperte ich dann zufällig über ein Warnschild. Das einzige, das noch von dieser grausamen Zeit zeugt. Hier steht:
“Achtung! Bei Beschuss ist diese Straßenseite besonders gefährdet.”
Mittlerweile ist St. Petersburg wieder herausgeputzt und hübsch gemacht für all die vielen Touristen. Ob Peterhof, der Katharinenpalast samt rekonstruiertem Bernsteinzimmer vor den Toren der Stadt oder die berühmte Eremitage, eines der größten und schönsten Kunstmuseen der Welt – es gibt reichlich zu bestaunen in Piter. Alles gewürzt mit russischem Charme und einer Prise Puderzucker.
Und doch sind manche Dinge nach wie vor skurril. So bewunderte ich ergriffen die Eremitage in ihrer ganzen Pracht, während neben mir meterhohe Boxen den gesamten Schlossplatz mit sehr lauter Musik beschallten. Es lief Scooter. “How much is the fish”. Seltsames Russland.
Seltsam auch der Hype um einen nicht ganz unbekannten Petersburger. Vladimir Putin, momentaner oder immerwährender Präsident Russlands. Der kleine Junge, der einst in einer Kommunalka aufwuchs und sich aus dem Arbeiterviertel heraus gewirtschaftet hat, ist ein Star des Souvenirklimbims. Projektionsfläche für Witzeleien und Bewunderung gleichermaßen. Tassen, Shirts, Teller, Matrjoschkas – zumeist ist Putin dargestellt mit Sonnenbrille oder mit nacktem Oberkörper auf einem Bären reitend. Offensichtlich ein Verkaufshit. Ob er wohl an diesem Merchandise mitverdient? Ich habe mir jedenfalls eine Tasse mit Bären-Motiv gegönnt.
Abseits der bekannten Touristengebiete zeigt sich Petersburg rauer und nicht ganz so strahlend. Doch lässt sie sich trotz alledem nicht mit ihrer großen Schwester Moskau vergleichen, obwohl diese faszinierender ist.
Während der weißen Nächte, in denen die Sonne nur für kurze Zeit untergeht und es nachts hell bleibt, umgibt Piter ein ganz besonderer Zauber. Nicht nur Musik und Tanz in allen Gassen, auch das Hochklappen der berühmten Schlossbrücke um 1.30 Uhr – damit für ein paar Stunden Handelsschiffe die Newa durchfahren können – wird von tausenden Menschen am Ufer und auf Partybooten bejubelt.
Wie könnte man nun also diese nördlichste Millionenstadt der Welt am besten beschreiben? Vielleicht so:
St. Petersburg ist eine Russin in Paris. Vielleicht ein Tick zu viel Gold am Körper und ein paar Rüschen zu viel am Kleid – doch trotzdem bleiben die Menschen stehen und schauen ihr nach. Denn sie ist stolz und schön.
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Antworten
Ist auf deiner gekauften Tasse nun Putin auf einem Bären reitend drauf oder nur ein Bär? :-)))
Sehr schöner Bericht, war sehr interessant zu lesen. Möchte selber mal nach St. Petersburg. Danke für deine Impressionen.
Ha, auf meiner Tasse reitet Putin auf einem Braunbär. 😉
Danke dir! Ja, fahr unbedingt hin. Lohnt sich! Und kauf dir ne Tasse. 😉
Liebe Grüße
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