Eine Führung durch den Lost Place Spreepark

Macht man die Augen auf, sieht man einen ver­wun­schen-melan­cho­li­schen Ort. Die ros­ti­gen Rui­nen eins­ti­ger Fahr­ge­schäf­te. Aus­ge­trock­ne­te Teich­land­schaf­ten. Und viel Dschun­gel. Dürf­te man die Wege ver­las­sen, käme man sich vor wie der Jäger auf der Suche nach dem ver­lo­re­nen Rum­mel. Oder wie ein Archäo­lo­ge, der das Rie­sen­rad ent­deckt und sich fragt, was die Mensch­heit wohl einst damit bezweck­te. Über 1,5 Mil­lio­nen Besu­cher zähl­te der Frei­zeit­park in sei­nen bes­ten Jah­ren. 2001 muss­te man Insol­venz anmel­den.

Biber bau­en Nes­ter. Frö­sche qua­ken. Fle­der­mäu­se und Greif­vö­gel segeln dar­über. Nur die Sau­ri­er, geschaf­fen in Park­zei­ten, ster­ben aus. Nach der Schlie­ßung gab es hier Thea­ter- und Tech­no­fes­ti­vals. Cate Blan­chett kam für Dreh­ar­bei­ten zum Action­thril­ler Wer ist Han­na? (2011). Heu­te wer­den Füh­run­gen durch das Are­al ange­bo­ten, ein Sicher­heits­dienst beglei­tet uns dabei über das Gelän­de. Die Secu­ri­ty-Stier­na­cken sol­len nicht nur Van­da­lis­mus und Dieb­stahl vor­beu­gen, son­dern auch Sor­ge dafür tra­gen, dass nie­man­dem etwas pas­siert. Denn die Hin­ter­las­sen­schaf­ten des Ver­gnü­gungs­parks haben ihre Tücken. Dem Rie­sen­rad bei­spiels­wei­se, so erzählt unser Füh­rer, fehlt der Motor. Doch es dreht sich noch immer, der Wind macht es mög­lich. Aber was pas­siert, wenn der Wind abflaut? Nicht nur einer, der über den Zaun stieg und eine Run­de dre­hen woll­te, muss­te aus luf­ti­ger Höhe geret­tet wer­den. Ins Tee­tas­sen­ka­rus­sell hin­ge­gen dür­fen wir uns set­zen – anschub­sen aber muss man sich sel­ber. Und am Ein­stieg zur Ach­ter­bahn, die hier »Spree­blitz« hieß, ste­hen die Wagen noch immer zur Abfahrt bereit.

Die Füh­rung ist eine Rei­se in die Ver­gan­gen­heit und Zukunft, zu Visio­nen von einst und heu­te. Zum 20-jäh­ri­gen Jubi­lä­um der DDR wur­de der Spree­park als Kul­tur­park Plän­ter­wald eröff­net. Wir bekom­men Fotos gereicht, die den fröh­li­chen Sozia­lis­mus zei­gen. Nach der Wen­de wur­de der Park pri­va­ti­siert, Mil­lio­nen wur­den inves­tiert. Auf einem alten Über­sichts­plan ist mit Num­mern ver­merkt, was es wie wo zu erle­ben gab. Man­gels Park­plät­zen kamen zu weni­ge Besu­cher. Nach der Insol­venz ver­such­te der Geschäfts­füh­rer sein Glück in Peru, sechs Fahr­ge­schäf­te nahm er mit. 2004 kam er zurück, mit 167 Kilo Koka­in in einem Karus­sell ver­steckt (die Vor­la­ge für den Film Ach­ter­bahn von 2009). Was künf­tig aus dem Are­al wer­den könn­te, prä­sen­tiert man uns anhand von Ent­wür­fen, die die lan­des­ei­ge­ne Grün Ber­lin GmbH in Auf­trag gab. Grün Ber­lin will das Gelän­de als Natur‑, Kul­tur- und Erho­lungs­park wie­der mit Leben fül­len. Bis 2020 sol­len die Pla­nun­gen abge­schlos­sen sein. Wie lan­ge die Umset­zung dau­ert, steht aber – wir sind schließ­lich in Ber­lin – noch in den Ster­nen.

Wenn man schon mal hier ist:
Vom Spree­park ist es nur ein kur­zes Stück zur Insel Ber­lin, eine über eine Brü­cke erreich­ba­re, idyl­lisch gele­ge­ne Spree­insel samt Bier­gar­ten (Alt-Trep­tow 6, Mo–Fr ab 10 Uhr, Sa/​So ab 12 Uhr, inselberlin.de) und Boots­ver­leih. Hier kann man das Erleb­nis »Spree­park« bei Pul­led Pork, Würs­ten von glück­li­chen Schwei­nen und Pils­ner Urquell aus dem Tank (!) ent­spannt nach­wir­ken las­sen.

Wo? Damm­weg Ecke Was­ser­weg, Trep­tow +++ S8/​9/​85 Plän­ter­wald, von da noch 1,5 Kilo­me­ter bzw. 20 Minu­ten zu Fuß +++ Wann? Füh­run­gen fin­den sams­tags und sonn­tags um 13 und 15 Uhr statt, im Som­mer zudem don­ners­tags +++ gruen-berlin.de/spreepark +++ wie lan­ge? Ca. 90 Minu­ten +++ Wich­tig! Im Spree­park ist alles im Umbruch; che­cken sie die Web­sei­te wegen even­tu­el­ler Ver­än­de­run­gen! +++ Wie viel? 5,50 Euro, Kin­der 3,50 Euro +++


Ber­lin – Stadt­aben­teu­er

Micha­el Mül­ler Ver­lag
14,90 Euro

Wei­te­re Infos zur Rei­se­füh­r­errei­he hier!

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