Djamal und die Karawane in die Zukunft

Dja­mal sat­telt zwei Kame­le mit strup­pi­gen Woll­de­cken, als Zaum­zeug muss der alte Strick her­hal­ten. Er bepackt die Sat­tel­ta­schen mit Pro­vi­ant, Dat­teln, Tro­cken­fleisch, Fla­den­brot, Tee, Hir­se und fixiert den Was­ser­vor­rat in Zie­gen­le­der­beu­teln an den Sat­tel­ta­schen. Die Vor­rä­te wer­den für fünf Tages­mär­sche rei­chen und beinhal­ten eine Not­re­ser­ve, wenn auf­kom­men­de Sand­stür­me das Wei­ter­zie­hen ver­hin­dern.

Tro­cke­nes Holz und Kamel­dung wird er unter­wegs sam­meln, um ein wär­men­des Feu­er für sein Nacht­la­ger unter frei­em Ster­nen­him­mel zu ent­fa­chen. Es hofft jedoch auf die Gast­freund­schaft der Bedui­nen, die ihm Obdach gewäh­ren.

 

Desert Express 07

Es ist nicht Dja­mals ers­ter Marsch durch die uner­bitt­li­che Wüs­te, doch die­se Rei­se bestimmt die Zukunft sei­nes Dor­fes. Er ist jung und ganz auf sich gestellt. Nadim hat­te zuletzt Sor­ge für sei­ne erkrank­te Frau zu tra­gen. Die Last, nun der allei­ni­ge „Aus­er­wähl­te“ zu sein, liegt schwer auf sei­nen Schul­tern. Schwer wie­gen auch die zahl­rei­chen Gaben, Weih­rauch, Gewür­ze, Kup­fer- und Sil­ber­wa­ren, um die Hoff­nung und Dank­bar­keit des Dor­fes zu über­mit­teln.

Im Mor­gen­grau­en, nach einer unru­hi­gen Nacht und Fei­er­lich­kei­ten zu sei­nen Ehren am Abend, zieht er mit dem Zuspruch und Segen aller gen Osten zum Palast des Sul­tans Qua­boos bin Said, um für sein Dorf Anschluss an die Moder­ni­tät zu erbit­ten …

Und wenn er nicht gestor­ben ist, und den erbar­mungs­lo­sen Marsch durch die Wüs­te bis zum Palast des Sul­tans geschafft hat, lebt Dja­mal heu­te glück­lich in einer »Bling-Bling« Vil­la inner­halb sei­ner Dorf­ge­mein­schaft. Sei­ne Kame­le hat er gegen einen schi­cken bri­ti­schen All­rad­wa­gen getauscht. Sein Ort ist über eine her­vor­ra­gend aus­ge­bau­te Asphalt­stra­ße zu errei­chen. Jedes Haus hat Anschluss an Elek­tri­zi­tät, Was­ser­ver- und ‑ent­sor­gung.

 

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Dja­mals Enkel­kin­der, Jun­gen wie Mäd­chen, besu­chen die nahe­ge­le­ge­ne Schu­le, in die sie täg­lich mit dem Schul­bus gebracht wer­den und selbst sein jüngs­ter Sohn hat gegen­wär­tig erfolg­reich sein Stu­di­um abge­schlos­sen. Um die Gesund­heit und Vor­sor­ge für die Fami­lie muss sich Dja­mal kei­ne Gedan­ken machen. Im Ort ist man medi­zi­nisch exzel­lent ver­sorgt und für Ernst­fäl­le bie­tet das nahe­ge­le­ge­ne Kran­ken­haus moderns­ten Stan­dard.

Der wei­se, fried­fer­ti­ge Sul­tan Qua­boos regiert sein Land als allei­ni­ger Herr­scher noch heu­te. Er ist all­seits beliebt und hält regel­mä­ßig Audi­en­zen, um die Nähe zum Volk bei­zu­be­hal­ten.

Dem auf­ge­klär­ten Mann, der die Iso­la­ti­ons­po­li­tik sei­nes Vaters kri­tisch beäugt und unter­bun­den hat (jaaa, er hat ihn gestürzt), ist es gelun­gen inner­halb vier Jahr­zehn­ten den Oman aus einer fast mit­tel­al­ter­li­chen Rück­stän­dig­keit ins 21. Jahr­hun­dert zu kata­pul­tie­ren. Er geht dabei einen Weg, der sich bewusst von der Super­la­ti­ve und Selbst­in­sze­nie­rung der ande­ren Golf­staa­ten unter­schei­det und besinnt sich trotz der kul­tu­rel­len Öff­nung auf die Tra­di­tio­nen und Wer­te aus der lan­gen und stol­zen Geschich­te des Omans

Bei sei­ner Macht­über­nah­me in den Sieb­zi­ger Jah­ren gab es Sage und Schrei­be im gesam­ten Land gera­de mal zwei Grund­schu­len und gan­ze 10 km asphal­tier­te Stra­ße. Heu­te liegt die Analpha­be­ten­quo­te bei knapp 10% und ein moder­nes Stra­ßen­netz durch­zieht das Land. Sei­ne Bil­dungs­of­fen­si­ve kommt beson­ders auch den Frau­en zugu­te.

 

Alte Lehmhäuser Al Hamra

Sultan Quabus Moschee Muscat

Und wenn er einst gestor­ben ist, dann ….?

Es bleibt zu spe­ku­lie­ren, wie das Mär­chen wei­ter geht. Sul­tan Qua­boos bin Said ist unver­hei­ra­tet und auch kin­der­los geblie­ben.

Das Land hat den ara­bi­schen Früh­ling ohne grö­ße­re Vor­komm­nis­se über­stan­den und den­noch sind Ris­se im Image ent­stan­den. Stim­men nach mehr Demo­kra­ti­sie­rung sind im Land laut gewor­den.

 

Bild Män­ner am Lager­feu­er: Oman Tou­rism

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