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Buschlandschaften, vulkanische Hügel, markante Felsformationen und weite Savannen prägen das Bild des größten Nationalparks Kenias: Tsavo. Wer Natur pur sucht, ist hier genau richtig.
Ratlos stehen wir auf einem schmalen Weg, mitten im Nationalpark Tsavo West. Wir sind umgeben von Büschen und Sträuchern, weit und breit keine Menschenseele. „Immer diese Elefanten!“, schimpft mein Freund und schüttelt den Kopf. Vor uns, quer über der grasbewachsenen Fahrspur, liegt ein Bäumchen. Es ist zwar nicht sehr groß, aber doch zu schwer, um es zur Seite zu heben. Eine Wendemöglichkeit gibt es nicht, und den ganzen Weg zurücksetzen? Bloß nicht! Die Piste ist durch einen Erdwall eingerahmt, so dass uns nichts anderes übrig bleibt, als in bedenklicher Schräglage mit dem Auto vorsichtig an dem Baum vorbei zu manövrieren. Es klappt. Die Schweißperlen stehen uns auf der Stirn – vor Hitze und Anspannung.
Der Rest der Fahrt verläuft ohne größere Probleme, doch die ganze Zeit fährt ein riesiges Fragezeichen in unserem Auto mit: Ist dies wirklich der richtige Weg zur Lodge? Von meinen verschiedenen Afrikareisen kenne ich so einige abenteuerliche Pisten, dennoch erscheint mir dieser Weg etwas fragwürdig. Schließlich entdecken wir aber doch einen Wegweiser, und dann tauchen auch die ersten Dächer des Severin Safari Camps zwischen den Büschen auf. Wir atmen auf.
Ob dies der offizielle Weg zum Camp sei, frage ich die Managerin Manja Seifert später bei einem Begrüßungsdrink. Schnell stellt sich heraus, dass wir gleich am Parkeingang einen falschen Abzweig genommen haben. Unser Navi, Google Maps, hatte uns bis hierher recht zuverlässig quer durch Kenia geführt. In Nationalparks sollte man sich allerdings wohl besser nicht auf den Internet-Kartendienst verlassen. Denn die laut Google Maps beste Route kann einen hier schnell mal auf „buschige“ Abwege leiten.
Der Anblick unserer Unterkunft für die kommende Nacht entschädigt uns allerdings im Nu. Vergessen sind die Strapazen der Fahrt. Für Selbstfahrer stellen Kenias Straßen durchaus eine Herausforderung dar: Zwar ist die Hauptverkehrsverbindung Richtung Küste geteert und streckenweise in sehr gutem Zustand, doch plötzlich auftauchende Schlaglöcher erfordern die volle Aufmerksamkeit und schnelle Reaktionsfähigkeit des Fahrers. Hinzu kommen die nicht enden wollenden Ketten von Lastwagen, die die Fahrt zu einem einzigen Überholvorgang werden lassen, denn die A 109 ist die Verkehrsachse zwischen dem Hafen in Mombasa und der Hauptstadt Nairobi und von da aus weiter ins Innere des Kontinents bis nach Uganda. Nicht zuletzt sorgen die einheimischen „Kamikaze-Fahrer“ für so manche Schrecksekunde, wenn sie vor einer nicht einsehbaren Kurve oder Hügelkuppe plötzlich zum Überholvorgang ausscheren. Nicht nur einmal mussten wir mitten auf der Schnellstraße fast bis zum Stillstand abbremsen, um den auf unserer Spur entgegen kommenden Überholer wieder einscheren zu lassen. „Wenn du in Kenia fahren kannst, kannst du überall fahren“, hören wir von einem einheimischen Tourguide. Wer nicht scharf ist auf eine Fahrt mit Straßenabenteuern, sollte daher besser eine geführte Tour mit Fahrer buchen.
Doch nun, als wir vor unserem riesigen Luxus-Zelt mit allem Schnick und Schnack sowie einem eigenen Sonnendeck stehen, haben wir das Gefühl einfach alles richtig gemacht zu haben. Dass wir hier sind und die letzte Nacht unseres Kenia-Urlaubs inmitten der Natur, inmitten der Weite von Tsavo verbringen dürfen, überwältigt uns. Es ist der gebührende Abschluss einer erlebnisreichen Reise. Wir lassen uns in den Sonnenliegen auf unserem Privatdeck nieder und beobachten das Wasserloch und die Umgebung. Drei Giraffen spazieren gemächlich durch die hohen Büsche, begleitet von einigen Zebras und Impalas. Eine Gruppe Paviane durchquert das Camp auf dem Weg zur nächsten Wasserstelle. Die nachmittägliche Hitze lässt anscheinend nicht nur uns, sondern auch die Tiere träge werden.
„Please do not go beyond this point“, mahnt ein Schild ein paar Meter von unserem Zelt entfernt im ausgedörrten Gras. Das Camp ist nicht eingezäunt, so dass ein gewisses Maß an Vorsicht Plicht ist. Am Zelt gibt es daher sogar eine Notklingel, für den Fall eines unliebsamen tierischen Besuchs. Für die Nacht, wenn der Stromgenerator abgestellt wird, liegt eine Trillerpfeife bereit. Alleine zwischen den Zelten herumzuspazieren, ist in der Dunkelheit untersagt. Nur in Begleitung von einem der Masais, die die Nachtwache im Camp übernehmen, darf der Weg vom Zelt zum Haupthaus und zurück beschritten werden.
„Geht unbedingt heute Abend, wenn es dunkel wird, auf das Deck“, hatte Manja Seifert uns beim Abendessen geraten und dabei geheimnisvoll gelächelt. Gesagt, getan. Nun sitzen wir in Decken gehüllt auf dem hölzernen Ausguck und lauschen in die Nacht. Zuerst hören wir ein Schnaufen, das an- und abschwillt. Dank einiger Scheinwerfer lassen sich zwar Schemen erkennen, doch der Urheber des Schnaufens bleibt hinter den Büschen verborgen. Als der Stromgenerator schließlich abgeschaltet wird, umgibt uns nur noch Dunkelheit. Der aufgehende Mond taucht die Umgebung in ein kühles, unwirkliches Licht. Und dann, wie auf ein heimliches Kommando, erwacht der Busch zum Leben. Überall hört man es knacken, trappeln, prusten und rupfen. Ab und zu tönt das Bellen eines Zebras von ferne heran. Es ist magisch. Ich kann mich gar nicht mehr von dem Anblick losreißen. Wie gebannt starre ich in die Wildnis und warte darauf, welches Tier als nächstes aus dem Busch hervortreten wird. Ein Knacken im Unterholz, dann steht ein Gnu direkt unterhalb des Decks. Eine Antilopenherde folgt ihm ruhig grasend. Mein Freund ist bereits auf der Liege zusammengerollt eingeschlafen. Ich versuche mich wach zu halten, möchte nicht, dass dieser einmalige Moment vorbeigeht, dass ich diese letzte Nacht in der Wildnis verschlafe. Doch irgendwann siegt die Vernunft, und wir ziehen um in unser komfortables Zeltbett. Doch auch hier will ich nicht einschlafen. Die Aufregung, mitten in der Natur zu liegen und zu verpassen, was draußen vor sich geht, hält mich wach. Neben der Zeltwand höre ich das leise Rupfen vieler Mäuler. Die Antilopenherde zieht direkt neben unserem Bett vorbei. Das gleichmäßige Geräusch wirkt wie Schäfchenzählen. Und endlich übermannt mich der Schlaf.
Viel zu früh klingelt am nächsten Morgen der Wecker. Wir sind verabredet. Harrison, ein großer Masai in traditionellem Gewand, wird uns die Umgebung des Camps zeigen. Morgens um halb acht ist es noch angenehm kühl. In langen Hosen und festem Schuhwerk geht es los. Doch schon nach ein paar Schritten bleibt Harrison stehen. „Wollt ihr wissen, was letzte Nacht im Camp los war?“, fragt er. Oja, das wollen wir! Er deutet auf eine Spur, die sich über den lockeren Erdboden windet. „Eine Schlange?“, vermutet mein Freund. „Nein, ein Krokodil“, sagt Harrison und weist uns auf die handähnlichen Abdrücke neben der Schlängelspur hin. „Die Echse wandert oft des Nachts von einem Wasserloch zum anderen.“ So etwas wie Ehrfurcht ergreift mich, als ich mir überlege, wieviel tierisches Leben um uns herum passiert ist, während wir geschlafen haben. Der Guide zeigt uns weitere Spuren und hilft uns das Gesehene zu deuten. Ein Abdruck im Boden stellt uns allerdings vor ein Rätsel. Nach einigen vergeblichen Rateversuchen lüftet Harrison schließlich das Geheimnis: „Hier hat eine Giraffe geschlafen. Das tut sie im Knien, daher die merkwürdigen Spuren. Nur zwei Stunden Schlaf am Stück gönnt sie sich, sonst wird sie zu leicht Opfer von Raubtierangriffen.“ Ich erkundige mich bei dieser Gelegenheit nach dem Schnauben, das ich letzte Nacht gehört habe. „Das war ein Nilpferd“, sagt Harrison. „Die Hippos kommen oft hier ans Wasserloch.“
Nicht nur die Big Five der Tierwelt sind in Tsavo heimisch, auch die Small Five sind durchaus beeindruckend. Zu ihnen zählen der Ameisenlöwe, der Nashornkäfer, die Elefantenspitzmaus, der Büffelweber und die Leopardenschildkröte. Wir sind vor einem kleinen Loch in der Erde stehen geblieben. Es ist der Fangtrichter eines Ameisenlöwen. „Unten, am Boden des Trichters, sitzt das Insekt und wartet auf seine Beute“, erklärt Harrison. Dies können, wie der Name schon sagt, Ameisen sein oder aber andere kleine Krabbeltiere. Der Masai gräbt seine Hand in den Boden unter den Trichter, schüttelt vorsichtig die lose Erde von der Handfläche, und tatsächlich kommt eines der kleinen Raubtiere zum Vorschein. Als er es zurück auf den Boden setzt, buddelt es sich in Windeseile wieder in der Erde ein und ist verschwunden.
Im Laufe des Spaziergangs lernen wir viel über die Lebensweise der Masai, über ihre Siedlungen, das Leben als Nomaden, die Aufgaben der einzelnen Familienmitglieder – „Mama ist Chef!“ – sowie über die gelebten Traditionen, wie die Löwenjagd. Seine Erzählungen illustriert der 36-jährige Masai, der mit seiner Familie in der Nähe des Camps wohnt, mit Malereien im Sand. Selbst ausprobieren können wir die Vorteile der heimischen Pflanzenwelt: Die langen, pieksigen Stacheln der Akazie, die ich bislang eher als Bedrohung beim Autofahren erlebt hatte, da sie so hart sind, dass sie sogar Autoreifen durchbohren können, werden von den Masai vielseitig im Alltag verwendet: ob als Nähnadel oder als Zahnstocher – die Masai wissen die Dornen, mit denen sich die Akazien gegen Pflanzenfresser schützen, zu schätzen. Ähnlich nützlich ist für sie der Sandpapierbaum, dessen Blätter auf der einen Seite zum Aufrauen, auf der Gegenseite zum Polieren genutzt werden können.
Schon stehen wir wieder vor unserem Zelt. Unser kleiner, kurzweiliger Rundgang mit Harrison ist viel zu schnell vorbei. Gerne hätten wir noch mehr gesehen und gelernt, doch die Zeit ist knapp. Bei einem nächsten Besuch – das nehmen wir uns vor – wollen wir die Wildnis noch intensiver erleben: Ein Bush Walk mit einem Ranger soll uns tiefer hineinführen in die Natur von Tsavo. Denn wir haben gefunden, was wir gesucht haben: die Wildnis, die wir wollten.
Die Reise wurde unterstützt von Severin Travel Africa und Brussels Airlines.
Antworten
Bald geht es wieder für viele Gäste nach Kenia, und wir freuen uns alle wenn Corona wieder vorbei ist und Reisen sicher möglich ist.
Ja Kenia ist einfach nur schön, wenn Ihr das nächste Mal kommt, lasst Euch mehr Zeit für die Safari. Ich lebe jetzt jetzt seit 10 Jahren hier in Kenia und kenne gefühlt nur einen kleinen Teil des Landes, es gibt Camps und Lodgen, die einmalig sind und trotzdem auch bezahlbar.
Hach Tsavo! Ich muss echt bald wieder zurück nach Kenia. Bei mir ist das schon… Moment… 15 Jahre her (!!) Sehr schöner Bericht, Marit!
Ich würd so gern eine Safari machen, wenn die nur nicht gar so teuer wär 🙁 Bilder sehen KLASSE aus (Y)
wird morgen gleich gelesen
Ich überlge nächsten Februar entweder nach Hawaii oder in Richtung Südafrika zu fliegen. Aber je öfter ich von Südafrika lese, um so mehr zieht es mich dort hin 🙂
Hallo Maria,
unser Severin Safari Camp liegt im Tsavo West Nationalpark in Kenia. Über den Besuch von Frau Arnold – und natürlich über diesen tollen Reisebericht – haben wir uns sehr gefreut.
Gerne sind wir Ihnen auch bei Reiseplänen für Südafrika als Ihr Spezial-Reiseveranstalter behilflich. Interessante Reisevorschläge speziell für Südafrika finden Sie auf unserer Website. Wir freuen uns auf Ihre Anfrage!Herzliche Grüße,
Severin Travel
Jeremy Kitchen
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