Die Tür in eine andere Welt

Im April durf­ten wir Teil der Jury der Spring­time-Chall­enge, Kate­go­rie „Best Tra­vel Sto­ry“ von Cam­pus M21 sein. Ste­fa­nie Lux hat den ers­ten Platz mit die­ser Geschich­te gemacht. Herz­li­chen Glück­wunsch!

10.00: Sie stand da, die Augen leicht geschlos­sen und zog tief die Luft ein. Kal­ter, fri­scher Atem erfüll­te ihren Kör­per. Sie spür­te Son­nen­strah­len auf ihrem Gesicht und nahm das Licht­spiel durch die geschlos­se­nen Lie­der war. Lang­sam öff­ne­te sie die Augen und ließ die Luft her­aus­strö­men. Sie blick­te rüber zu Lin­da, die ähn­lich ver­zau­bert neben ihr lehn­te. 

Alles war so fremd: die bizar­re, kar­ge Land­schaft, die sich in die Unend­lich­keit zu erstreck­te. Die Ber­ge in der Fer­ne schie­nen den ein­zi­gen Rah­men der Wei­te dar­zu­stel­len. Hin­ter ihnen war die­ses klei­ne, aus Lehm­bau­ten zusam­men geschus­ter­te Dorf. Jedes Gebäu­de, so ein­fach und trotz­dem die Hei­mat einer Viel­zahl von Men­schen. Jeder Dorf­be­woh­ner schien in der Ein­fach­heit sei­nen Platz ein­zu­neh­men, ein Teil der Gemein­schaft zu sein und die­se gleich­zei­tig mit auf­recht zu hal­ten. 

Die bei­den Frau­en stan­den inmit­ten die­ses Lebens und ihre Her­kunft ließ sie so fremd wir­ken. Gleich­zei­tig war die­ses schlich­te Leben genau das, wonach sie gesucht hat­ten und in das sie bereit waren voll­kom­men ein­zu­tau­chen. 

23.00: Vamos! Der klei­ne dun­kel­haa­ri­ge Fre­der­i­co sah sie auf­for­dernd an. Da wur­den sie schon an den Hän­den mit­ge­zo­gen. Sie lie­fen durch die bun­te Men­schen­mas­se ans ande­re Ende der klei­nen Stadt. Ihre Füße mit­samt den leder­nen San­da­len waren kom­plett von dem rot­brau­nen Sand bedeckt. Vie­le unfer­ti­ge Bau­ten mit spo­ra­di­schen Foli­en als Däche­r­er­satz waren zu erken­nen. Fens­ter waren nur teil­wei­se vor­han­den und vor den Hüt­ten säum­ten sich Bauuten­si­li­en und Müll. 

Sie betra­ten einen klei­nen Pfad, der durch ein Feld kno­chi­ger Büsche führ­te. Vor ihnen war im Schat­ten der Dun­kel­heit eine gro­ße Mau­er erkenn­bar, die das Ende der Stadt mar­kier­te und gleich­zei­tig die Leben­dig­keit der Stadt von der Ein­öde, der sich erstre­cken­den Ata­ca­ma Wüs­te abgrenz­te. Sie lie­fen nun still­schwei­gend auf die Mau­er zu, die mit jedem Schritt noch wei­ter in den Him­mel zu wach­sen schien. Eine klei­ne aus mas­si­vem Holz geschnitz­te Tür wur­de sicht­bar, als sie sich unmit­tel­bar vor der Mau­er befan­den. Fre­der­i­co warf einen Blick über die Schul­ter. Bei den kri­ti­schen Bli­cken der Mäd­chen husch­te ihm ein Lächeln über die Lip­pen. Mit einem Ruck, bei dem sich der klei­ne Chi­le­ne mit gan­zem Kör­per­ge­wicht gegen die Tür schmiss, sprang die­se auf. Nach­ein­an­der tra­ten sie hin­durch und hiel­ten den Atem an. Vor ihnen erstreck­te sich die unend­li­che Wei­te Chi­les. Die­se war durch­bro­chen von unzäh­li­gen Feu­ern, die die Nacht erleuch­te­ten. Men­schen stan­den und tanz­ten um die Lich­ter, fremd­klin­gen­de Musik drang an ihre Ohren. In dem schein­ba­ren Nichts waren sie auf ein­mal umge­ben von Aus­ge­las­sen­heit und Ohren, die gebannt waren, ihre Geschich­te zu hören und glei­cher­ma­ßen dar­auf war­te­ten den eige­nen Weg zu tei­len.

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