Die christliche Kirche: Mission, Hilfsbereitschaft und Neokolonialismus

Die Rolle der Kirche im Kolonialismus und heute

Die christ­li­che Kir­che spiel­te eine ziem­lich gro­ße Rol­le in der Kolo­ni­sie­rung neu­er Län­der. Wenn man an die Kir­che und Kolo­nia­lis­mus denkt, kommt einem sofort die Mis­sio­nie­rung der soge­nann­ten »Hei­den« in den Sinn. In die­sem Bei­trag gehe ich auf die Rol­le der Kir­che im Kolo­nia­lis­mus ein und ob sie auch heu­te neo­ko­lo­nia­lis­ti­sche Züge trägt. Es geht auch dar­um, dass Mis­si­ons­ar­beit zu wenig kri­tisch betrach­tet wird und wie sie unter dem Deck­man­tel der Hilfs­be­reit­schaft neo­ko­lo­nia­le Zie­le ver­fol­gen kann. Sowohl gut als auch böse: Will­kom­men in der Welt der Ambi­va­lenz!

Mission(en) Impossible: Wenn Gutes nicht immer gut ist

Frü­her haben euro­päi­sche Mäch­te ihre Macht aus­ge­dehnt und dabei das Chris­ten­tum ver­brei­tet. Die Kir­che hat dabei kräf­tig mit­ge­mischt, sowohl als Unter­stüt­ze­rin der Kolo­ni­al­mäch­te als auch als Mis­sio­na­rin. Den »bar­ba­ri­schen« Völ­kern soll­te das »Heil« gebracht wer­den. Mit der päpst­li­chen Bul­le »Inter Cae­te­ra« von 1493 haben Spa­ni­en und Por­tu­gal die Welt auf­ge­teilt und damit begon­nen, Latein­ame­ri­ka, Afri­ka und Asi­en zu chris­tia­ni­sie­ren.

Aber die Mis­sio­nie­rung war nicht nur reli­gi­ös moti­viert, son­dern auch ein Mit­tel zur poli­ti­schen und kul­tu­rel­len Kon­trol­le. Damit konn­ten die Kolo­ni­al­mäch­te die Ein­hei­mi­schen unter­jo­chen und deren Res­sour­cen aus­nut­zen. Zwangs­wei­se wur­den die indi­ge­nen Völ­ker zum Chris­ten­tum bekehrt, was oft die Zer­stö­rung ihrer Kul­tur, Iden­ti­tät und Selbst­be­stim­mung zur Fol­ge hat­te.

Neokolonialismus und Missionsarbeit

Heu­te hat sich die Rol­le der Kir­che ver­än­dert, aber ihre Prä­senz in den ehe­ma­li­gen Kolo­nien ist immer noch spür­bar. Neo­ko­lo­nia­lis­mus bedeu­tet, dass west­li­che Mäch­te ehe­ma­li­ge Kolo­nien indi­rekt kon­trol­lie­ren und wirt­schaft­li­che und poli­ti­sche Abhän­gig­kei­ten schaf­fen. Die Kir­che und ihre Mis­si­ons­ar­beit spie­len dabei auch heu­te noch eine Rol­le.

Moder­ne Mis­si­ons­ar­beit kon­zen­triert sich zwar mehr auf huma­ni­tä­re Hil­fe und Bil­dung, aber man muss sich fra­gen, ob das wirk­lich unab­hän­gig von neo­ko­lo­nia­len Absich­ten ist. Oft geht es bei Mis­si­ons­ar­beit noch immer dar­um, west­li­che Wer­te und Lebens­wei­sen zu ver­brei­ten, was zu kul­tu­rel­ler Domi­nanz füh­ren kann. Und das ist nicht gera­de eine Abkehr von der kolo­nia­len Ver­gan­gen­heit.

Hilfsbereitschaft als Tarnung

Die christ­li­che Kir­che und ihre Orga­ni­sa­tio­nen stel­len ihre Arbeit oft als selbst­los und huma­ni­tär dar. Aber man soll­te schon kri­tisch fra­gen, ob die­se Hilfs­be­reit­schaft wirk­lich frei von neo­ko­lo­nia­len Zie­len ist. Bil­dungs­pro­jek­te von christ­li­chen Mis­sio­na­ren kön­nen zum Bei­spiel dazu bei­tra­gen, loka­le Kul­tur und Tra­di­tio­nen zu unter­gra­ben, indem sie west­li­che Nor­men und Wer­te ver­mit­teln.

Das hat durch­aus nega­ti­ve Aus­wir­kun­gen auf die betrof­fe­nen Gesell­schaf­ten. Die ein­hei­mi­schen Tra­di­tio­nen und Glau­bens­sys­te­me wer­den ver­drängt, es ent­ste­hen Abhän­gig­kei­ten, und die loka­le Wirt­schaft kommt nicht auf die Bei­ne. Nicht gera­de das, was man sich unter christ­li­cher Nächs­ten­lie­be vor­stellt.

Dass in vie­len ehe­ma­li­gen Kolo­nien immer noch vor­wie­gend christ­li­che Reli­gio­nen prak­ti­ziert wer­den, zeigt, wie prä­sent und ein­fluss­reich die Kir­che dort noch ist. Des­halb soll­te sich die Kir­che ihrer Rol­le im his­to­ri­schen Kolo­nia­lis­mus und im neo­ko­lo­nia­len Kon­text bewusst sein und ihre Mis­si­ons­ar­beit ent­spre­chend über­den­ken, anpas­sen oder ein­stel­len.

Auch bei der nicht-reli­gi­ös orga­ni­sier­ten Ent­wick­lungs­hil­fe ist natür­lich nicht alles Gold, was glänzt. Sicher, sie kann in benach­tei­lig­ten Regio­nen für bes­se­re Lebens­be­din­gun­gen sor­gen und den Zugang zu Bil­dung und Gesund­heits­ver­sor­gung ermög­li­chen. Aber (und das ist ein gro­ßes ABER) sie birgt unter ande­rem auch das Risi­ko, neo­ko­lo­nia­le Abhän­gig­kei­ten zu schaf­fen und die Auto­no­mie der betrof­fe­nen Län­der zu unter­gra­ben.

Wie kann das pas­sie­ren? Nun, es gibt ver­schie­de­ne Aspek­te, die zur Ambi­va­lenz der Ent­wick­lungs­hil­fe bei­tra­gen. Dazu gehö­ren zum Bei­spiel finan­zi­el­le und poli­ti­sche Abhän­gig­kei­ten, Kon­di­tio­na­li­tä­ten (also Bedin­gun­gen, die von den Geber­län­dern fest­ge­legt wer­den) und der berüch­tig­te kul­tu­rel­le Impe­ria­lis­mus. Letz­te­rer sorgt dafür, dass loka­le Tra­di­tio­nen, Spra­chen und Glau­bens­sys­te­me ver­drängt und abge­wer­tet wer­den.

Partizipation, Transparenz, Effektivität und Nachhaltigkeit

Die Rol­le der christ­li­chen Kir­che in Kolo­nia­lis­mus und Neo­ko­lo­nia­lis­mus ist ziem­lich kom­pli­ziert und viel­schich­tig. Frü­her war die Kir­che aktiv am Kolo­ni­sie­ren und der Chris­tia­ni­sie­rung neu­er Län­der betei­ligt, heu­te ist sie immer noch durch ihre Mis­si­ons­ar­beit in ehe­ma­li­gen Kolo­nien prä­sent. Es ist wich­tig, die­se Akti­vi­tä­ten kri­tisch zu hin­ter­fra­gen, damit nicht wei­ter­hin kul­tu­rel­le Domi­nanz und neo­ko­lo­nia­le Abhän­gig­kei­ten bestehen blei­ben oder sogar ent­ste­hen. Die Kir­che soll­te ihre Ver­ant­wor­tung ernst neh­men, ihre eige­ne Geschich­te kri­ti­scher betrach­ten und öffent­li­cher auf­ar­bei­ten und ihre Mis­si­ons­ar­beit so gestal­ten, dass ein respekt­vol­ler Umgang mit den Men­schen und Kul­tu­ren in den betrof­fe­nen Län­dern gewähr­leis­tet ist.

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