Weißes Kokosbrot, grüne Wellen und rote Latzhosen

 Bocas del Toro trägt alle Far­ben.


 

Ich sit­ze in mei­nem oran­ge­nen Hos­tel­zim­mer, es ist gemüt­lich und über­all hän­gen unse­re bun­ten Hand­tü­cher. Von drau­ßen scheint die gel­be Son­ne durch den Spalt der brau­nen Holz­fens­ter. Da möch­te ich hin. Ich gehe hin­aus auf die Stra­ße in Pana­mas Kari­bik: Bocas del Toro. Die Stra­ße ist grau asphal­tiert, aber das Leben hier füllt sie mit den bun­tes­ten Far­ben.

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Direkt vor unse­rem Hos­tel lun­gern meis­tens unse­re Freun­de her­um – auch sie sind bunt gemixt. Eini­ge kom­men aus Bocas und leben schon ihr gan­zes Leben das bun­te Bocas Leben, ande­re kom­men aus Pana­ma City, aber ver­wei­len die meis­te Zeit hier. Noch­mal ande­re sind ein Mix aus kari­bi­schem Vater und inner­län­di­scher Mut­ter. Und man­che kom­men von ganz woan­ders aus der Welt, aber haben Pana­mas Kari­bik für sich ent­deckt. Sie tra­gen brau­nes, blon­des, kor­ken­zie­her­ge­lock­tes oder gedre­ad­lock­tes Haar und sie alle zusam­men machen die­sen Ort so viel­far­big.

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Genau­so kun­ter­bunt wie die Men­schen ist auch der Tag in Pana­mas Kari­bik. Wir ste­hen irgend­wann auf. Wann weiß ich nicht, denn auch der Bio­ryth­mus ist von den vie­len ver­schie­de­nen Ein­drü­cken hier durch­ein­an­der gebracht. Dann haben wir jede mög­li­che Früh­stücks­op­ti­on – von dun­kel­brau­nem deut­schem Voll­korn­brot bis zu wei­ßem Kokos­brot. John­ny Que­que nen­nen es die Boca­to­re­ños lie­be­voll.

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Danach haben wir unend­li­che wei­te­re Optio­nen. Wir ent­schei­den uns meis­tens für das azur­blaue Was­ser und gehen sur­fen. Ich schlüp­fe in mei­nen rot-rosa­nen Surfsuite, schnap­pe mein oran­ge-blau­es Surf­board und sprin­ge mit mei­nen genau­so far­ben­fro­hen Freun­din­nen in das blau-gel­be Boot, das uns direkt zur grün-wei­ßen Wel­le bringt. Die Wel­le neh­men wir bis sie zwei­mal grün und zwei­mal weiß war und rei­ten sie bis zu den brau­nen Stei­nen. Als wir aus dem Was­ser ins Boot zurück­krab­beln, haben wir ein paar rote Wun­den am Fuß von dem grün-brau­nem Unter­was­ser Reef.

Einen Tag bäumt sich genau über uns im Was­ser ein Regen­bo­gen auf. Per­fekt geformt kommt er aus dem Was­ser und endet auf der ande­ren Sei­te wie­der im Was­ser. Es ist ein dop­pel­ter Regen­bo­gen und er trägt jede Far­be so klar und inten­siv wie ich es noch nie gese­hen habe. Sogar Regen­bo­gen sind hier bun­ter.

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Spä­ter gehen wir zu unse­rem kun­ter­bun­ten Spa­nisch­un­ter­richt. Ofe­lina in ihrer blau­en Latz­ho­se mit dem pin­ken-oran­ge­nen T‑Shirt dar­un­ter unter­rich­tet uns für ein paar Tage, um unser dunk­les Stra­ßen­spa­nisch zum Glän­zen zu brin­gen. Jeden Tag machen wir etwas ande­res mit ihr und jedes Mal geht die Zeit viel zu schnell vor­bei. Manch­mal spie­len wir Spie­le auf Spa­nisch mit Tie­ren und füh­len uns wie Schul­kin­der. Jeden Tag keh­ren wir mit Haus­auf­ga­ben zurück in unser Hos­tel. Manch­mal füh­ren wir aus­gie­bi­ge Gram­ma­tik­dis­kus­sio­nen und füh­len uns wie Sprach­wis­sen­schaft­ler. Nach einer Woche ist unser Sprach­zen­trum mit frisch­grü­nem Spa­nisch und unser Herz mit warm­ro­ter Latz­ho­sen­freund­schaft auf­ge­la­den.

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Spä­ter am Tag ste­hen wir wie­der mit unse­ren bunt gemix­ten Freun­den auf der Stra­ße und trin­ken oran­ge­ne Mar­ga­ri­ta oder rotes Michela­da oder gel­bes Bier oder schwar­zes Rum-Cola. Mit Man­go oder Toma­te oder Limet­te oder Limet­te. Wir trin­ken bunt und wir reden bunt – über grü­ne und wei­ße Wel­len, über blaue und wei­se Latz­ho­sen, über das Leben. Irgend­wann am Abend gehen wir ein Stück die Stra­ße run­ter in unse­ren Lieb­lings­club. Ein holz­far­be­nes Gebäu­de mit einer dunk­len Tanz­flä­che und eini­gen roten und grü­nen Lasern. Alles ist schwarz-rot-grün hier drin und der DJ spielt bunt gemix­te Musik. Das Kon­zept heißt ‚Das wor­auf ich gera­de Lust habe’ und so kommt nach Raeg­gea Sal­sa und nach Bachata Hip Hop. Aber genau das macht Spaß und passt wun­der­bar in das bun­te Bocas Leben. Du weißt nie, was gleich pas­siert, aber es wird dich über­ra­schen und ganz sicher eine ande­re Far­be tra­gen als das Jetzt.

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Einen ande­ren Tag lau­fen wir in eine gelb leuch­ten­de Hand­le­se­rin. Maria. Von ihr las­sen wir uns die Hand lesen und die Kar­ten legen und stun­den­lang ist unser Bocas irgend­wie dun­kel­li­la mys­tisch. Einen ande­ren Tag radeln wir abends mit bunt gepunk­te­ten Fahr­rä­dern zum Jiu Jitsu Unter­richt. In strah­lend wei­ßen Schwe­ren Sport­an­zü­gen schwit­zen und kämp­fen wir und unser bun­tes Bocas ist weiß und klar, tech­nisch und trie­fend. Einen ande­ren Tag sind wir zu einer Baby­show­er ein­ge­la­den. Einen Nach­mit­tag lang essen wir Pop­corn aus hell­blau­en Schäch­tel­chen mit wei­ßen Schleif­chen. Wir machen Pola­roid­fo­tos mit fal­schen tief­schwar­zen Mousta­ches an Stä­ben und blau-wei­ßen Kapi­täns­müt­zen. Unser Bocas ist durch und durch in baby­blau getaucht. Es wird ein Jun­ge.

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Und dann gibt es da die­sen Moment, in dem ich ganz allein auf der Stra­ße ste­he, mit­ten in der rot-oran­ge­nen Abend­däm­me­rung. Der graue Rauch mei­ner Ziga­ret­te steigt auf und ich ste­he ein­fach nur dort. Die Luft ist viel kla­rer und durch­sich­ti­ger als sie sonst ist und so auch mei­ne Gedan­ken. Ich den­ke über das Hier und Jetzt nach, wie­vie­le Far­ben der heu­ti­ge Tag schon wie­der trug und wie wun­der­schön sie alle waren. Genau jetzt trägt Bocas schon wie­der eine ganz neu­es Kleid: Trans­pa­renz. Es fühlt sich an, als sei ich die ein­zi­ge Per­son hier. Wo sonst immer bun­tes pas­siert, ist genau jetzt Lee­re. Wo sonst immer bun­te Freun­de umher­wu­seln, ist genau jetzt Nie­mand. Für die­sen Moment füh­le ich mich iso­liert vom bun­ten Bocas Leben. Ich tra­ge trans­pa­ren­te Far­be und nie­mand kann mich sehen. Bis ich ver­ste­he, dass auch dies eine Nuan­ce in Bocas Farb­pa­let­te ist. Eine Nuan­ce, die mich am meis­ten über­rascht. Hier möch­te ich blei­ben, bis wirk­lich kei­ne Far­be mehr unent­deckt ist.

 

Dan­ke Hab­la Ya für das gol­de­ne Spa­nisch.

Dan­ke Hos­tel Tun­ga­ra für das oran­ge­ne Zim­mer.

Dan­ke Mono Loco für die grü­nen Wel­len.

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