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»Ansichtskarten?«
Der Postkartenverkäufer schaut mich verständnislos an.
»Von welchem Land denn?«
Ich bin in Bangladesch, dem Land ohne Ansichtskarten.
Das ganze Dorf begrüsst den Bideshi (Ausländer)
Schade eigentlich. Ansichtskartenansichten muss man zwar mit der Lupe suchen, aber Bangladesch hat seine schönen Seiten:
• Der Muezzin singt pünktlich um 17:15 auf arabisch
• Der Rickschafahrer flucht im Rickschastau
• Der fahrende Händler besingt die Güte seines Fischs in den Gassen
• Der Schiffsbug teilt das trübe Wasser des Buriganga
• Der Badmintonball springt abends über das beleuchtete Netz
• Der Dönerspiess dreht sich um seine eigene Mitte
Ein Stau nur aus Rickschas
Als Essensliebhaber habe ich mich gleich in Dönertiere und Grillhähnchen an jeder Ecke verliebt. Ich mag Fleisch und esse doch nur sehr wenig.
Irgendwo in diesem Land verhungern jeden Tag unglaublich viele Menschen. Ich bin sicher nicht gekommen um jemandem sein Essen wegzuessen.
Allabendliches Badminton im Park mit Flutlicht
Dann esse ich sogar noch weniger, denn ich liege krank im Bett. Ein Bangladesch Besuch ist wohl erst komplett nach einigen Tagen Fieber und Durchfall. Man muss dazu nur die Hauptstadt Dhaka verlassen. Auf dem Land spült man dann seine nicht hocherhitzte Mahlzeit mit einem Milchtee aus zweifelhafter Quelle herunter.
Als ich wieder fit bin, esse ich ganz normal. Ich sehe keine Verhungernden. Ich sehe arme und reiche Leute, dicke und dünne. Ich sehe Obstverkäufer, Schneider, Studenten und Buchhändler. Bangladeschis unterscheiden sich auf den ersten Blick kaum von Indern.
Einkaufszentrum in Bangladeschs Hauptstadt Dhaka
Und Bangladesch ist wie Indien ohne Kühe. Ich sehe
• Einkaufszentren
• Parkanlagen
• Luxushotels
• BMWs
• ein muslimisches Fest
• ein Volkskonzert am See
• ein Rockkonzert auf dem Uni Campus (mit Iron Maiden Cover Song)
So habe ich mir Bangladesch nicht vorgestellt. Ich finde sogar einen Käsekuchen in einem Nobelcafé.
Umzingelte Bideshis
Man merkt nicht nur an fehlenden Ansichtskarten, dass es kaum Bangladesch Reisende gibt. Die südasiatische Fremdenneugier zeigt sich hier extrem.
»Diese Affen!«
kommentiert ein Bangladeschi die extreme Fremdenneugier seiner Landsleute.
Man wird überall und immer angestarrt, angesprochen, angefasst. Oft genug ist man umzingelt von einer Traube glotzender Einheimischer.
Ein muslimisches Fest
Alle Jubeljahre begegnet man in Bangladesch einem anderen Bideshi. Dieser Ausländer ist ziemlich sicher Mitglied einer nichtstaatlichen Organisation zum Aufbau des Landes.
Das erfolgreichste Exportgut von Bangladesch scheint neben preiswerten Jeans und billigen T‑Shirts ein gutes Gewissen zu sein. Um ehrlich zu sein, das Angebot ist verlockend.
Antworten
Ich hatte das Glück vor 2 Jahren in Bangladesh zu Arbeiten und ich muss sagen: ich habe Verhungernde gesehen und fand Arme und Hungernde und Bettler omnipräsent (besonders in Dhaka).
Trotzdem überall wird gelächelt, die Mensch sind stolz auf das was sie haben, unglaublich gastfreundlich und interessiert.
Ich habe Bangaladesh genossen, aber Urlaub würd ich dort nicht machen wollen…Gerade in Old Dhaka ist’s schon schlimm, das stimmt. Interessiert ist eine wundervolle Untertreibung 😉
Ich habe vor 2 Monaten im Zug in Indien 2 Studenten aus Bangladesch getroffen, die mir die Augen zu Bangladesch etwas geöffnet haben. Sie waren auf Pilger/Gap-Week-Reise und absolut beeindruckt von ihrem Nachbarland.
Sie meinten, dass ganz Bangladesch zum großen Bruder Indien aufblickt: wirtschaftlich, politisch und selbst im Sport (Kricket). Das liegt zwar sicher zum Teil an der indischen Hilfe beim Unabhängigkeitskrieg von Pakistan.
Trotzdem muss man sich das wirklich einmal bewusst machen. Bangladesch ist ein Land, das zu Indien aufblickt. Ich meine das nicht herabwürdigend, es ist einfach so.
@Christina:
Bangladesch muss man erleben, nicht erblicken (-;@Johannes:
Alle Südasiaten posen wahnsinnig gerne für Touristenkameras. Die wollen das Foto dann nicht mal sehen, geschweige denn per email geschickt bekommen. Mein Fotomodell glaubt wohl, ich zeige daheim allen Freunden, was für gutaussehende (und heiratswillige) Bangladeshis es in Dhaka gibt.Würde ich natürlich nie machen (-:
@Andersreisender:
Geh nach Indien, die indische Eisenbahn ist großartig und der größte Arbeitgeber der Welt. Und es gibt eine Foreign Tourist Quota (FT), mit der Du auch einen Tag vorher noch Tickets bekommst.Bangladesch. Interessante Einblicke in dieses Land. Vielleicht einmal eine Reise wert? Wobei – wenn »Bangladesch wie Indien ohne Kühe« ist – vielleicht sollte ich dann doch erst nach Indien reisen? Danke für die interessante »Online-Postkarte«. 😉
Fantastisches Titelbild, btw…!
Bangladesch hat mir bis jetzt noch gar nichts gesagt. Schön ein paar Blicke auf dieses Land werfen zu können. 🙂
Schöne Grüße
Christina
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