17 Jahr, blon­des Haar, so stand ich da und habe dich aus der Fer­ne sehn­süch­tig ange­him­melt. Ich wuss­te sofort, dass du der Eine bist. Der Ein­zi­ge, den ich haben woll­te. Wie du dich läs­sig an die Wand gelehnt hast, mit dei­ner rot-schwar­zen Kap­pe, dei­nen star­ken Armen, der brei­ten Schul­ter­par­tie und die­sem wohl­ge­form­ten Kor­pus. Es war Lie­be auf den ers­ten Blick. Ich habe mona­te­lang gespart und mei­nen gan­zen Mut zusam­men­ge­nom­men, um dir end­lich nahe zu sein. Selbst neben dem braun­ge­brann­ten, 3‑Ta­ge-Bart-Extrem­sport­ty­pen, der uns ein­an­der vor­ge­stellt hat, hat­te ich nur Augen für dich. Wir haben uns lang­sam beschnup­pert, uns auf­ein­an­der ein­ge­stellt und uns sofort ins Herz geschlos­sen, denn wir tei­len die glei­che Lei­den­schaft.

1

14 Jah­re spä­ter bist du immer noch an mei­ner Sei­te, und nie­mand kennt mich bes­ser als du. Wir haben zusam­men die Welt gese­hen, Freu­den­trä­nen, Angst­schweiß und Ein­sam­keit geteilt. Du kennst jede Krüm­mung mei­ner Wir­bel­säu­le, jeden ver­spann­ten Mus­kel mei­nes Nackens und jede Wöl­bung mei­ner Hüf­te. In all den Jah­ren sind wir durch dick und dünn gegan­gen, sind zusam­men hin­ge­fal­len und haben uns wie­der auf­ge­rap­pelt, sind im bra­si­lia­ni­schen Regen­wald durch den Schlamm gerutscht, im aus­tra­li­schen Out­back rote Dünen her­un­ter­ge­rollt und haben uns in fros­ti­gen tibe­ti­schen Näch­ten gegen­sei­tig Wär­me gespen­det. Du hast mir in Afri­ka den Rücken vor wild­ge­wor­de­nen Affen frei­ge­hal­ten und bei mei­ner ers­ten gesurf­ten Wel­le in Wai­ki­ki hast du stolz zu mir her­über­ge­schaut. Du warst mir immer eine Stüt­ze, ein see­li­scher Müll­ei­mer und hast dei­ne kräf­ti­gen Arme um mich geschlun­gen, wenn nie­mand anders es getan hat. Bei mei­ner Über­do­sis an spa­ni­schem Kräu­ter­schnaps hast du mir wort­los dei­ne Schul­ter zum Aus­kot­zen gelie­hen, und als wir das ers­te mal den Mount Ever­est gese­hen haben, hast du als ein­zi­ger mei­ne Gän­se­haut gespürt.

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Ich muss geste­hen, unse­re Bezie­hung ist etwas ein­sei­tig, aber als du dir ein­mal dei­ne Rip­pe ange­bro­chen hast, habe ich die gan­ze Nacht an dei­ner Sei­te ver­bracht und dich lie­be­voll ver­arz­tet. Ich könn­te jedes Mal schrei­en, wenn dich rup­pi­ge Zoll­be­am­te hin und her schub­sen, dich auf­rei­ßen und dein Inners­tes scham­los bloß­le­gen. Ich spre­che immer ein klei­nes Stoß­ge­bet, und zur Sicher­heit noch ein Man­tra hin­ter­her, wenn ich nach einem lan­gen Flug auf unser Wie­der­se­hen war­te. Und wenn du dann end­lich ange­wa­ckelt kommst, schlie­ße ich dich so fest in mei­ne Arme, dass sich ande­re Leu­te ver­le­gen weg­dre­hen.

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Aber auch unser Him­mel hing nicht immer vol­ler Gei­gen und das ver­flix­te 7. Jahr hät­te uns fast aus­ein­an­der gebracht. Aber das lag nicht an dir. Es war ganz allein mei­ne Schuld. Ich war noch nicht bereit für den nächs­ten Schritt, woll­te noch etwas ande­res aus­pro­bie­ren. Aber es war nur ein ein­ma­li­ger Aus­rut­scher, das schwö­re ich. Die­sen All-Inclu­si­ve-Urlaub, den ich mit einem quiet­schen­den, ner­vi­gen Trol­ley ver­bracht habe, wer­de ich mir nie­mals ver­zei­hen. Ich habe mich noch nie im Leben so sehr geschämt. Ich konn­te dei­nen Schmerz förm­lich spü­ren, als du geknickt in der Ecke stan­dest und mir beim Packen zuschau­en muss­test. Ich habe dich sogar kurz­zei­tig in den Kel­ler ver­bannt, weil ich dei­nen vor­wurfs­vol­len Blick nicht mehr ertra­gen konn­te. Du hast mir danach lan­ge die kal­te Schul­ter gezeigt, warst abwe­send und hast alles in dich hin­ein­ge­fres­sen. Erst als ich dir von dem geplan­ten Trip durch Asi­en, Aus­tra­li­en und Neu­see­land erzählt habe, hast du dich mir lang­sam geöff­net, und wir haben ange­fan­gen, wie­der in die glei­che Rich­tung zu schau­en.

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Ich habe dir nie einen Namen gege­ben, dir nie gesagt, wie wich­tig du für mich bist. Du warst immer ein­fach ein Freund für mich. Der Eine, mit dem ich alt wer­den möch­te und mit dem ich bis zum Mond und wie­der zurück gehen wür­de …

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Antworten

  1. Avatar von Dirk Engelhardt

    echt lang­wei­li­ger Text. Fotos eben­so. Lie­be Grüs­se Dirk

  2. Avatar von Corinna
    Corinna

    Oh was eine tol­le Geschich­te, darf ich fra­gen wie viel Liter der Gute fasst?

    1. Avatar von Julia
      Julia

      ´Freund› kann stol­ze 60l fas­sen, aber auf­grund auf­tre­ten­der Alters­er­schei­nun­gen und einer ange­bro­che­nen Rip­pe ver­su­che ich immer, ihm ein wenig Luft nach oben zu las­sen …

  3. Avatar von julia
    julia

    was für eine wun­der­schö­ne lie­bes­ge­schich­te :]

    1. Avatar von Julia
      Julia

      Es gibt sie eben doch – die Lie­be auf den ers­ten Blick … zumin­dest zwi­schen Mensch und Mate­ri­al! Und die hält mit­un­ter auch ein Leben lang.

  4. Avatar von Niklas

    Grü­nes Bic. Gute Wahl. Orgi­nal Stan­dard… ansons­ten muss ich gera­de dar­an den­ken dass ich mei­nen Ruck­sack von mei­nem Vater über­nom­men habe und füh­le mich etwas schmut­zig :/​

    1. Avatar von Julia
      Julia

      Ganz im Gegen­teil Niklas – Sau­be­re Sache! Ich fin­de, es gibt kaum etwas schö­ne­res, was man von sei­nen Eltern mit auf Rei­sen neh­men kann …

  5. Avatar von mh

    stol­zes Alter! not-bad.jpg

    1. Avatar von Julia
      Julia

      Und er bleibt – bis er vom Rücken fällt vor Alters­schwä­che …

  6. Avatar von Ronald Kandelhard via Facebook
    Ronald Kandelhard via Facebook

    lol

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