Dein Warenkorb ist gerade leer!
Selten habe ich mich auf ein Land so gefreut und es dann mit Respekt betreten: Mosambik.
Das Land hat es nur durch Empfehlung von zwei Reisebekanntschaften aus Madagaskar, Fred & Alex, auf meine Reiseroute geschafft. Beide haben so von Mosambik geschwärmt, dass ich mir, auf Sansibar angekommen, gleich das Visum auf dem Konsulat organisierte. Einfache Sache.
Auch deshalb, weil Fred und Alex mich mit einer Reiseroute und Kontakten für Mosambik und Malawi ausgestattet haben.
Die Grenze
Zu einfach. Der Haken an meiner Planung fällt mir erst an der Grenze auf. Ich habe mir nicht das Wetter angeschaut. Ich weiß, Deutsche reden immer übers Wetter und das hat mir Harry aus der Old Boma in Mikindani nochmal bestätigt. Aber was soll ich sonst tun? Ich kann mich schlecht übers Abenteuer beschweren, das vor mir liegt. Den ersten Anlauf des Grenzübertrittes breche ich auf Grund von schlechtem Wetter und mangels Informationen zum Abfahrtsort in Mtwara ab. Einen Tag später stehe ich nun um 5 Uhr an der richtigen Bushaltestelle und freue mich auf eine baldige Abfahrt. Nur eine Stunde später geht es dann auch wirklich los. Vollgepackt bis sich die Leute stapeln und das Gepäck sich locker türmt, rattert der Mini-Bus der Grenze entgegen.
Erst durch den Zoll, dann kurz bei der Polizei angeflirtet werden und schlussendlich bei der Immigration mir den Stempel abholen: schnell und einfach die ganze Prozedur auf der tansanischen Seite. Einige Kilometer weiter steigen die Leute des Mini-Busses komplett in ein Mini-Boot um. Die ganze Aktion vollführen die Leute mit einer unangemessenen Hektik, dass selbst einem Einheimischen das Handy geklaut wird.
Die Überfahrt dauert knappe 30 Minuten, nur 30 Minuten und direkt. Bei Niedrigwasser kann es schon mal passieren, dass man drei Mal aussteigen muss, über eine Sandbank läuft und dann wieder weiter fährt. Begleitet werde ich auf der Fahrt von Hippos, die hier und da mal aus dem Wasser schauen und ihr Maul aufreisen.
Auf der anderen Seite wartet schon ein weiterer Mini-Bus (Chapa) auf uns. Es fährt uns erst zum Grenzposten und dann weiter nach Mocímboa da Praia. Für die Hälfte der Strecke hätte ich einen Jeep vorgezogen, aber mit viel Können schaffte es der Fahrer selbst durch die tiefsten Schlammlöcher.
Die Piste
In Mocímboa irre ich erstmal durch die Straßen, um den Stand zu finden, der mein Busticket für den nächsten Tag verkauft. Erst als sich ein Einheimischer mit Motorrad einschaltet und nochmal alle meine vorherigen Stationen abfährt, kommen wir der Sache näher und ich bin schlußendlich um ein Ticket reicher.
Wenn man von der Beinfreiheit absieht, beginnt mein nächster Tag im Bus nach Ibo recht angenehm. An einer kleinen Kreuzung werde ich rausgeschmissen und steige auf einen kleinen LKW um, um die letzten 70 km auf einer Piste vorwärts zu kommen. Ein LKW zeigt auch gleich mal, wie man nicht vorwärts kommt und führt mir die lokalen Fahrkünste vor Augen.
Nach knappen drei Stunden braten auf der Ladefläche erreichen wir den Bootsanleger und weitere vier Stunden später ist dann auch endlich Flut und wir können ablegen. Meine neue Hautfarbe nach diesem schönen Tag in der Sonne macht sich auch gleich abends bemerkbar.
Insel-Hüpfen im Quirimbas Nationalpark
Leicht geplagt von den immer wieder heftigen Regenschauern, vor allem abends und nachts, entscheide ich mich, zusammen mit einer anderen Reisegruppe von Ibo aus auf die Quirimbas Insel überzusetzen. Bei Flut legen wir ab und kehren nach einem halben Tag zu Fuß zurück. Erst über Sandbänke und durch Priele, am Ende durch dichten Mangrovenwald.
Auf Ibo selbst bin ich angetan von der kolonialen Architektur und dem Flair der Insel an sich. Einige Häuser sind wunderschön wieder hergerichtet und dienen als Administrationsgebäude oder als Hotel.
Blaue Flecken
Nach heftigen Regenfällen in Mosambik und Malawi geht am Vorabend meiner Abreise von Ibo das Licht im nördlichen Mosambik aus. Eine Brücke und mehrere Hochspannungsmasten hielten den Wassermassen nicht stand und schnitten den Norden vom Süden ab. Davon bekomme ich auf Ibo noch recht wenig mit. Erst auf dem Festland merke ich die ersten Auswirkungen. Die Straße wird definitiv nicht besser, durch den Regen muss mein Transportmittel nach Pemba mit einem Traktor aus dem Schlamm gezogen werden. Für 115 km brauchen wir schlappe 6 1/2 Stunden. Eingezwängt auf der Ladefläche, eingeklemmt gegen eine dünne Metalstange und festgesetzt auf einer harten Holzbank harre ich aus. Die Folgen sind sichtbare blaue Flecken am Rücken.
Kurz vor Pemba werden wir alle nochmal richtig geduscht und in Pemba gibt es wider meiner Erwartung auch keinen Strom. Langsam kommen die Nachrichten durch und von Stromausfall für mindestens eine Woche ist die Rede. Die ersten Auswirkungen sind marginal. So gibt es erstmal keine kalten Getränke mehr.
Auf die Insel
Morgens um 4 besteige ich in Pemba also wieder einen Bus. Für mein Hintern, der immer noch vom Vortag geschunden ist, ist der Ledersitz eine Wohltat und das einzige beruhigende an der Fahrt. Der Reisebus donnert durch Dörfer und hetzt übers Land. Mein gemessener Spitzenwert für Mister Bleifuß sind 147 km/h. Im Schnitt schafft er es mit 125 km/h selbst die engsten Kurven zu nehmen und Polizisten zur Seite springen zu lassen. Wieviel Schmiergeld er dafür zahlen musste, ist mir leider nicht zu Augen gekommen. Nach drei Stunden Achterbahn, steige ich in ein kleines Chapa um. Und während es gerade einmal wieder heftig anfängt zu regnen, signalisiert mir der Fahrer kurz vor der Ilha de Moçambique einen Fahrzeugwechsel. Ein nasses Vergnügen.
Dafür strahlt der Himmel wieder in leichten wolkenverhangenem Grau, als ich über die 3,8 km lange Brücke fahre und die Insel erreiche.
Mein erstes Ziel ist es, eine Reisebekanntschaft aus Pangani auf der Insel zu finden. Bewaffnet mit einer falschen Adresse, einem deutschen Namen und einem Bild gehe ich auf die Suche. Ein Kind erkennt ihn schlußendlich am Auto wieder. Auch ohne Telefon, E‑Mail oder sonstiger Kommunikation kommen wir wieder zusammen. Wie klein ist die Welt?
Erkundungstour auf Ilha de Moçambique
Am nächsten Tag zeigt ein Blick aus dem Fenster schönes Wetter. Für wie lange ist fraglich, aber so kann ich auf der Insel auf Entdeckungstour gehen. Die Straßen zeugen noch von der Pracht der Stadt und der Insel. Die dicken Mauern der Festung und die Pracht der Govener’s Residence beeindrucken. Das Flair der ehemaligen Hauptstadt ist defintiv ein Stopp wert und wenn man die Chance hat, ein Buch mit alten Bildern der Insel in die Hand zu bekommen, kann man sich noch tiefer in das Leben hineinversetzen.
Abenteuer auf dem Wasser mit Wasser
Als wäre Wasser von oben nicht schon genug, entscheide ich mich zusammen mit zwei Niederländern mit einer Segel-Dhow auf’s Festland zu fahren und uns dort an einen Strand zu legen. Ein kleines Abenteuer. Wahrscheinlich ist der Weg der beste Teil, der Strand überzeugt am Ende nicht wirklich. Dafür ist die Wanderung durch das seichte Wasser am anderen Ufer wirklich schön: vorbei an Flamingos, durch Mangroven und über Sanddünen.
Der Rückweg gestaltet sich dann etwas schwieriger. Ich würde sagen: »Schlechtes Timing«. Als wir gerade das Segel hissen wollen, überrollen und heftige Winde und schwere Regengüsse. Die wahrhaftige Ruhe nach dem Sturm, lässt uns einige Minuten später ohne Wind auf dem Meer zurück. Super! In unglaublicher Gemütlichkeit erreichen wir kurz vor der Dämmerung wieder sicher die Insel. Mehr Abenteuer musste an dem Tag nicht sein.
Ohne Strom?
Eine kleine Hintergundgeschichte zu diesem Artikel. Entstanden ist er unter technikfeindlichsten Umständen, die man sich in der westlichen Welt nur vorstellen kann: ohne Strom. Ein mir unbekanntes Spiel für fast zwei Wochen: die Suche nach Strom. Man arrangiert sich. Hotels und Häuser mit Generatoren laden über Nacht Akkus auf, die Handynetze geben noch Internet her und einen Laptop habe ich auch noch finden können, um diesen Artikel überhaupt schreiben zu können. Im Dunkeln finde ich mein Weg ins Hostelzimmer mit einer Kerze. Am schwierigsten ist die Geldsituation. Die Geldautomaten funktionieren zumindest auf der Insel nicht. Auf dem Festland funktionieren einige. Also arrangiert man sich, bezahlt mit der Kreditkarte in einem Restaurant und bekommt Cash auf die Hand. Aber Chaos? Nein…das ist man in Mosambik gewöhnt. Die Frage ist, wie lange. Denn einen so großen Stromausfall gab es noch nicht und er sollte Gerüchten zufolge noch bis zu vier Wochen andauern. Ich muss vier Tage nach der Ersterscheinung dieses Artikels Mosambik verlassen. Ich sitze im nördlichen Teil fest, komme nicht nach Süden, nicht nach Westen und im Osten ist das Meer. Einzig der Weg Richtung Norden bleibt mir offen, aber in einer unklaren Situation. Ich komme an kein Geld mehr. Ich fliege aus.
Antworten
Vielen Dank für den spannenden Bericht.
Das klingt ja nach unerwartetem Abenteuer und Hürden, die eine Reise spannend aber auch anstrengend machen. Dass die bei Regen so durch die Gegend rasen, klingt ja krass. Da kann man froh sein, wenn man überlebt.
Wünsche Dir eine gute Weiterreise.
Liebe Grüsse aus Westaustralien,
ReniEin wirklich mutiger Schritt, trotz der netten Menschen, die dort Leben. Aber so ist es halt. Das Fernweh, die Neugier und das Bedürfnis etwas neues zu erleben können wir nicht bändigen.
Schreibe einen Kommentar