Als wir Songkran in Phuket gefeiert haben

Songkran ist für uns ein Para­de-Bei­spie­le für Hass-Lie­be. Wir mögen den Gedan­ken, der hin­ter dem thai­län­di­schen Neu­jahrs­fest steht: Was­ser rei­nigt uns vom alten Jahr und berei­tet uns auf das neue vor. Wir mögen die Tra­di­ti­on dahin­ter. Wir mögen, dass das Fest im Fami­li­en­kreis gefei­ert wird. Was wir an Songkran nicht so sehr mögen, ist die Zahl 364. Das ist die Anzahl an Men­schen, die letz­tes Jahr wäh­rend des fünf­tä­gi­gen Aus­nah­me­zu­stands auf Thai­lands Stra­ßen zu Tode gekom­men ist. Und das hat neben Alko­hol einen ver­hee­ren­den Grund: Was­ser. Von oben, von vor­ne, von hin­ten, mit Eis­wür­fel, Schlamm oder Baby­pu­der gemischt: Nie­mand bleibt ver­schont. Selbst Moped­fah­rer nicht. Und das macht das Gan­ze so gefähr­lich, dass man den Spaß dar­an ver­liert. Und es macht trau­rig, weil man das Gefühl hat, dass die Men­schen auf den ursprüng­li­chen Gedan­ken des Fes­tes ver­ges­sen. Hier kommt unse­re Ver­si­on von Songkran. Songkran in Phu­ket. Jenes (fast) ohne Alko­hol, dafür mit viel Blü­ten­was­ser.

Ganz traditionell: „For Buddha“

Wir hat­ten das gro­ße Glück, dass wir das thai­län­di­sche Neu­jahrs­fest rich­tig tra­di­tio­nell fei­ern durf­ten. Gemein­sam mit unse­rer Freun­din Rut ver­brach­ten wir den Tag bei ihrer Leh­re­rin und deren Fami­lie auf der Insel Phu­ket. Den Weg zum Haus bahn­ten wir uns per Moped vor­bei an sin­gen­den, tan­zen­den und Was­ser ver­schüt­ten­den Thais. Irgend­wie haben wir es geschafft, halb­wegs tro­cken anzu­kom­men. (Zu früh gefreut!). Tra­di­tio­nel­ler­wei­se wird an Neu­jahr erst mal ganz groß auf­ge­kocht, anschlie­ßend wird von jeder Spei­se eine klei­ne Por­ti­on bei­sei­te gestellt. Als wir Rut frag­ten, wofür das denn sei, lach­te sie und sagt nur „For Bud­dha!„. Bud­dha bekommt näm­lich von allem etwas: ein Stück­chen Bana­ne (bei jener ganz rechts auf dem Foto kann man es gut erken­nen), ein biss­chen Papa­ya, ein wenig vom Hühn­chen, ein paar Löf­feln Sup­pe, etwas Kokos­nuss­saft, Cur­ry, und, und, und… „But he doesn’t eat“, mein­te ganz lapi­dar der Ehe­mann der Leh­re­rin zu der Men­ge an Opfer­ga­ben. „She always cooks for him, but he never eats.“

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Anschlie­ßend wird das neue Jahr mit Kra­chern ein­ge­läu­tet. Es gibt kei­nen Count­down wie bei uns zu Mit­ter­nacht, ziem­lich lang­wei­lig also. So roman­tisch wie das Feu­er­werk über dem Wie­ner Nacht­him­mel ist thai­län­di­sche Neu­jahrs-Pyro­tech­nik lei­der auch nicht und so waren wir eher froh, als das Gan­ze erle­digt war, als dass wir es genos­sen hät­ten. Wie auch immer: danach gin­gen wir zum kuli­na­ri­schen Teil der Zere­mo­nie über. Wir durf­ten unse­re Bäu­che mit lecke­rem, authen­ti­schen Thai-Essen voll­schla­gen. (Ihr müsst wis­sen, das ist eine unse­rer Lieb­lings­tä­tig­kei­ten in Thai­land). Dazu gab es thai­län­di­schen Rot­wein: eis­kalt und sau­er – ver­zicht­bar also.

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Wir waschen Buddha: „Good luck to you“

Im Anschluss an das Fest­mahl folgt die eigent­li­che Zere­mo­nie: Alle Bud­dha­fi­gu­ren im Haus wer­den mit Blü­ten­was­ser über­gos­sen. Tra­di­tio­nel­ler­wei­se waschen zuvor noch die jün­ge­ren Men­schen den älte­ren die Füße.

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Um gerei­nigt ins neue Jahr zu gehen, durch­läuft jeder der Anwe­sen­den zu Songkran in Thai­land fol­gen­de Pro­ze­dur: Zunächst kniet man vor den Bud­dha­fi­gu­ren und darf sich etwas wün­schen. Anschlie­ßend über­gießt man die Bud­dhas mit Blü­ten­was­ser und begibt sich ins Freie. Dort wird man dann selbst mit Blü­ten­was­ser über­schüt­tet und somit von den Sor­gen, Ängs­ten und ande­ren schlech­ten Din­gen des ver­gan­ge­nen Jah­res rein­ge­wa­schen. Auch wir durf­ten an die­ser Zere­mo­nie teil­neh­men.

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Tro­cken blie­ben auch wir nicht, aber das nah­men wir ger­ne in Kauf! „Good luck to you! Good luck!“ – ach wir lie­ben die thai­län­di­sche Men­ta­li­tät.

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Nach­mit­tags fuh­ren wir mit dem Moped zurück in die Stadt. Auf unse­rem Rück­weg lern­ten wir die ande­re Sei­te von Songkran ken­nen – die, die wir nicht so mögen. Hun­der­te Thais tanz­ten auf den Stra­ßen und über­schüt­te­ten ein­an­der mit Was­ser. Das klingt jetzt unglaub­lich roman­tisch, oder? Ist es aber ganz und gar nicht, glaubt uns! Wur­det ihr schon mal auf dem fah­ren­den Moped kübel­wei­se mit Was­ser über­schüt­tet? Ist nicht so lus­tig. Wenn dann noch Baby­pu­der und Eis­was­ser dazu kom­men, hört sich der Spaß end­gül­tig auf. „You don’t like Songkran?“ – Rut war sehr besorgt um unse­re Stim­mung. Doch tun wir, sehr sogar! Aber nur die eine Sei­te, die tra­di­tio­nel­le, schö­ne, medi­ta­ti­ve. Die, bei der die gan­ze Fami­lie zusam­men­sitzt und lacht. Aber die ande­re Sei­te, die macht wirk­lich trau­rig. So trau­rig, dass das gan­ze posi­ti­ve Gefühl des Vor­mit­tags ver­flo­gen war. Hass-Lie­be eben, wir sagen’s ja.

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