Triglav Nationalpark

Der Traum von Grön­land ist für die­ses Jahr früh geplatzt. Irgend­wie klappt es nicht. Stef­fen und ich haben ein­fach nicht die Zeit, dem All­tag für so lan­ge zu ent­flie­hen, dass es sich lohnt. Schluss­end­lich eini­gen wir uns auf einen Cam­ping-Urlaub: eine Woche in Rich­tung Süden. Viel­leicht auch ein biss­chen län­ger. Das Ziel bleibt lan­ge unent­schlos­sen. Erst im Auto ent­schei­den wir uns. Es wird Slo­we­ni­en. Irgend­wie cool. Ich freue mich auf den Tri­g­lav Natio­nal­park. Ich habe mich schon eine gan­ze Wei­le gefragt, wann ich end­lich den Natio­nal­park durch­wan­dern kann. Aus dem Durch­wan­dern wird auch die­ses Mal nichts, aber dafür haben wir trotz­dem höl­li­schen Spaß in den Ber­gen.

Klettersteige in Slowenien

Es ist schon fast dun­kel, als wir über den Wur­zen­pass von Öster­reich über die slo­we­ni­sche Gren­ze fah­ren. Ich erin­ne­re mich noch gut an mei­ne ers­te Rei­se nach Kran­js­ka Gora. Damals war es ein kur­zer Auf­ent­halt im Tal der Save. Von der Schön­heit der juli­schen Alpen habe ich nur die Spit­ze des Eis­bergs gese­hen. Die bevor­ste­hen­de Woche soll alles ändern. Schon am nächs­ten Tag zieht es uns zu unse­rem ers­ten Ziel.

Klettersteig Mojstrana

Den klei­nen Ein­stei­ger­klet­ter­steig in Mojs­tra­na. Wir wol­len es nicht gleich über­trei­ben und fan­gen lang­sam an. Der Klet­ter­steig ist beliebt und wir sind froh, eine Grup­pe schon am Ein­stieg über­ho­len zu kön­nen. Danach geht es ange­nehm wei­ter. Als ich hier vor drei Jah­ren klet­ter­te war ich allei­ne. Jetzt rie­selt es immer wie­der mal Stein­chen, los­ge­tre­ten von ande­ren Klet­te­rern ober­halb und dies for­dert unse­re vol­le Auf­merk­sam­keit. In allen mög­li­chen Spra­chen schallt es „Ach­tung Stein«. Trotz­dem; ich genie­ße die Berg­welt um mich her­um. Der Tri­g­lav ver­steckt sich.

Erst eini­ge Zeit spä­ter sich­ten wir ihn. Da sind wir schon eini­ge Kilo­me­ter wei­ter am Peri­č­nik Was­ser­fall. Den kur­zen Weg zu dem Tou­ris­ten­ma­gnet legen wir schnell zurück und kön­nen den Was­ser­fall in sei­ner vol­len Schön­heit genie­ßen. Die Son­ne scheint durch den Vor­hang an Was­ser. Es ist ange­nehm kühl in sei­ner Nähe. Ein Traum an dem hei­ßen Tag. Wir ent­schlie­ßen uns, einen zwei­ten Klet­ter­steig in Gozd Mar­tul­jek in Angriff zu neh­men. Die Hit­ze des Tages lässt aber ein kräf­ti­ges Gewit­ter her­an­zie­hen und wir bre­chen etwas ent­täuscht am Ein­stieg zu dem Klet­ter­steig ab und keh­ren zum Cam­ping­platz zurück.

Triglav Nationalpark

„O Tri­g­lav, mei­ne Hei­mat« – so steht es auf der 50 Cent Mün­ze Slo­we­ni­ens. „Oj Tri­g­lav, moj dom« wur­de als Gedicht 1894 erst­mals ver­öf­fent­licht und 1895 bei der Eröff­nung des Aljaž-Biwaks auf dem Gip­fel des Tri­g­lav vor­ge­tra­gen. Der Kom­po­nist, Pries­ter und Alpi­nist Jakob Aljaž kom­po­nier­te dar­auf­hin das gleich­lau­ten­de Lied. Sein Ver­mächt­nis ist nicht nur das Hei­mat­lied, das sei­ne Lie­be zu dem Berg aus­drückt, son­dern auch die vie­len Berg­stei­ger­stütz­punk­te und Hüt­ten rund um den Gip­fel. Dar­un­ter auch die höchs­te Hüt­te in Slo­we­ni­en, die Kre­da­ri­ca-Hüt­te. Auf Grund ihrer unmit­tel­ba­ren Lage zum Gip­fel wird sie oft auch nur Tri­g­lav­haus genannt.

Kredarica-Hütte / Triglavhaus

Wir nähern uns unse­rem Ziel lang­sam. Das Wet­ter hält uns noch von einer direk­ten Bestei­gung ab, dafür erkun­den wir die Umge­bung und schau­en uns schon mal das rie­si­ge Mas­siv rund um dem Tri­g­lav an. Die mäch­ti­gen Wän­de von über 1000 Metern sind Aus­druck von Stär­ke und Schön­heit im Natio­nal­park. Vom Višev­nik aus ist unser Blick auf den Tri­g­lav fast unein­ge­schränkt. Wir bekom­men ein ers­tes Gefühl, mit wel­chem Berg wir uns anle­gen wol­len. Auch wenn wir gera­de ins Nach­bar­tal schau­en, so ist der Anblick leicht ehr­fürch­tig.

Gifel des Viševnik

Der steile Weg zum Gipfel

Vom Vra­ta-Tal aus bis zum Gip­fel sind es etwas über 2000 Höhen­me­ter. Wir ver­an­schla­gen eine Tages­wan­de­rung mit Klet­ter­steig bis zum Tri­g­lav­haus und dann am nächs­ten Tag die Gip­fel­be­stei­gung und den Abstieg bis ins Tal. Jetzt muss nur noch das Wet­ter mit­spie­len. Wir schla­gen uns jedoch erst­mal wei­ter die Regen­zeit in Ljublja­na tot. Ljublja­na selbst liegt nicht weit weg, so wie in Slo­we­ni­en fast alles. Ein klei­ner Stadt­bum­mel ist noch drin und zum Höhe­punkt auf der Burg fängt der Regen an und lässt eine gan­ze Wei­le nicht mehr locker. Erst als der Abend lang­sam naht kom­men wir tro­cken in unser Auto und zurück auf den Cam­ping­platz. Wie jeden Abend kochen wir und anschlies­send wer­den unse­re Ruck­sä­cke für die Tri­g­lav-Bestei­gung gepackt.

Ljubljana

Der neue Tag beginnt gelas­sen und erst um 9 Uhr ste­hen wir auf dem Park­platz an der Aljažev Hüt­te, schnü­ren unse­re Schu­he fest und begin­nen den Ein­stieg in den Tominšek-Steig. Durch dich­ten Wald machen wir schnell Höhen­me­ter. Es ist noch kühl und die Anstren­gun­gen hal­ten sich in Gren­zen. An der ers­ten Seil­si­che­rung legen wir unser Klet­ter­steigs­et an. Die Schwie­rig­keit hält sich in Gren­zen. Auch an den nach­fol­gen­den Pas­sa­gen habe ich oft das Gefühl, dass die Tei­le, wo man sich unsi­cher füh­len könn­te kei­ne Siche­rung haben, wäh­rend ande­re Pas­sa­gen gesi­chert sind, aber nur für das gute Gefühl. Als mir der ers­te Seil­ha­ken beim Anfas­sen ent­ge­gen­kommt, ent­schei­de ich mich, lie­ber mei­nen Hän­den und Füßen zu ver­trau­en als den Sei­len. Ins Schwit­zen kom­men wir so oder so. Sie Son­ne steht mitt­ler­wei­le direkt über uns und als wir die Kreu­zung mit dem Prag-Weg errei­chen, brennt sie so rich­tig. Über das anschlie­ßen­de Geröll­feld geht der Auf­stieg wei­ter. Vom Eis geform­te Spal­ten im Fel­sen wech­seln sich mit fel­si­gen Pas­sa­gen ab. Kurz vor der Tri­g­lav­hüt­te kommt die letz­te klei­ne Klet­ter­steig­pas­sa­ge, die wir sicher auf­stei­gen.

Tominšek-Steig

Gipfel oder nicht?

An der Hüt­te ange­kom­men über­le­gen wir kurz, ob wir doch noch den Gip­fel in Angriff neh­men sol­len, aber die Wol­ken und die feh­len­de Aus­sicht las­sen uns lie­ber das Hüt­ten­es­sen und die Son­ne genie­ßen, als noch­mal die Wan­der­schu­he anzu­zie­hen. Erst als am nächs­ten Mor­gen die gan­ze Meu­te im Zim­mer anfängt wach zu wer­den, um den Gip­fel zu erklim­men, machen auch wir uns fer­tig. Wir früh­stü­cken schnell, las­sen einen Ruck­sack zurück und begin­nen in vol­ler Aus­rüs­tung den Auf­stieg. Vor und nach uns sind schon hun­der­te Men­schen unter­wegs; vie­le Slo­we­nen, aber auch ein gro­ßes inter­na­tio­na­les Publi­kum. Für Anfän­ger und nicht ganz tritt­si­che­re und schwin­del­freie Per­so­nen ist das Klet­ter­steigs­et ein Muss und wirkt defi­ni­tiv beru­hi­gend. Ich klip­pe mich nur an den expo­nier­ten Stel­len, nut­ze das gespann­te Stahl­seil aber zum Fest­hal­ten und Füh­ren. Nach dem klei­nen Tri­g­lav geht es sehr expo­niert auf dem Grat wei­ter. Hier begeg­nen uns immer mehr Leu­te nicht nur in unse­re Rich­tung, son­dern auch die Abstei­ger. Ein wil­des Klip­pen und Sor­tie­ren am Stahl­seil ist die Fol­ge. Auch dau­ert der Auf­stieg wahr­schein­lich nur eine bis ein-ein-halb Stun­den. Im Wochen­end­ver­kehr defi­ni­tiv län­ger. Auch sehr unge­üb­te und über­ge­wich­ti­ge Per­so­nen las­sen sich von Berg­füh­rern auf den Gip­fel füh­ren. Über­ho­len ist fast nicht mög­lich. An nur weni­gen Stel­len kann man das unge­si­chert tun. Auch ich pas­sie­re eine sehr lang­sa­me Grup­pe mit etwas Klet­te­rei. Stef­fen bleibt etwas mehr „im Ver­kehr« hän­gen und erreicht den Gip­fel eini­ge Minu­ten spä­ter.

Gipfelbild Triglav

Triglav Gefühle

Nach unse­rer Elbrust­our 2017 ist der Tri­g­lav wie­der ein gemein­sa­mer Höhe­punkt. Wenn auch nicht so anstren­gend wie in gro­ßer Höhe, so hat der Tri­g­lav doch auch sei­ne Eigen­hei­ten. Der enor­me Höhen­un­ter­schied zwi­schen Tal und Gip­fel und die Klet­te­rei­en auf dem Weg sind nicht ohne. Nach den obli­ga­to­ri­schen Gip­fel­fo­tos steht uns nun der sechs-stün­di­ge Abstieg bevor. Bis zum Tri­g­lav-Haus geht es bes­ser als erwar­tet an den Sei­len han­gelnd nach unten. Nach einer kur­zen Pau­se neh­men wir den glei­chen Weg wie beim Auf­stieg, bie­gen dann aber auf den Prag-Steig ab und quä­len uns nach unten. Der Weg ist unan­ge­nehm schot­te­rig und somit rut­schig. Wir bekom­men den Dreh nicht raus und wer­den immer wie­der über­holt. Mir ist unbe­greif­lich, wie man die Pas­sa­gen schnel­ler lau­fen kann. Der Weg zieht sich und mei­ne Bei­ne wer­den schwer. Umso fro­her bin ich, im Vra­ta-Tal ange­kom­men, mei­ne Schu­he am eis­kal­ten Fluss aus­zu­zie­hen, die Füße kurz ins Was­ser zu hän­gen, das T‑Shirt aus­zu­wa­schen und mei­ne Müt­ze zu erfri­schen. Es ist uner­träg­lich warm und auch die letz­ten Kilo­me­ter zum Auto sind zwar ein­fach, aber sie zie­hen sich gewal­tig.

Am nächs­ten Tag mer­ken wir so rich­tig, was wir gemacht haben. Wack­li­ge Bei­ne und ein lus­ti­ger Gang sind die Fol­ge. Wan­de­run­gen und wei­te­re Klet­ter­stei­ge las­sen wir mal lie­ber. Das kann nicht mehr gut gehen. Dafür fah­ren wir nach Bovec, ins Soča-Tal. Hier schlie­ßen wir uns einer Kajak-Schu­le an und müs­sen fort­an nicht mehr so sehr an unse­re Bei­ne den­ken. Im Fahr­was­ser der Soča genie­ßen wir die Land­schaft, die Ber­ge, den kla­ren Fluss und unse­ren letz­ten Tag in Slo­we­ni­en. Wie­der hat mich die­ses Land posi­tiv über­rascht und end­lich war ich auch im Tri­g­lav-Natio­nal­park.

Kajaking auf der Soca

Weitere Wanderungen in Slowenien

Süd­lich des Tri­g­lav-Natio­nal­parks schließt sich die wei­te Land­schaft des grü­nen Karsts an. Hier beginnt die Via Dina­ri­ca, deren Wan­der­we­ge sich bis Alba­ni­en schlän­geln. Bekannt sind natür­lich auch die Grot­te von Pos­to­j­na und die Fel­sen­burg Pred­ja­ma.

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Antwort

  1. Avatar von Daniel | Rucksackträger

    Hal­lo Domi­nik,

    der Tri­g­lav-Natio­nal­park ist wirk­lich ein Traum. Ich war ver­gan­ge­nes Jahr in den Jüli­schen Alpen unter­wegs und wirk­lich begeis­tert. Lei­der war bei der Tour, die ich mit einem Freund zusam­men gemacht habe, so viel Schnee, dass wir ca. 50 Meter vor dem Gip­fel des Tri­g­lavs umkeh­ren muss­ten, da kei­ne Siche­rungs­sei­le mehr zu erken­nen waren. Umso bes­ser, dass bei dir alles geklappt hat. Auf alle Fäl­le hast du mir Lust auf einen zwei­ten Ver­such gemacht.

    Vie­le Grü­ße, Dani­el.

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