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Willkommen in Slowenien
Als die Nacht in Postojna hereinbricht und die Sonne hinter dem Berg Nanos untergeht liegt ein recht ruhiger Anreisetag hinter mir. Vom Hotelzimmer aus habe ich direkten Blick auf die Antennen am Gipfel von Nanos. Unterhalb des Gipfels in Razdrto nur wenige Minuten von Postojna entfernt ist der Einstieg auf die Via Dinarica. Knapp 1260 Kilometer könnten vor mir liegen, aber übertreiben muss man es ja nicht gleich. Auf slowenischer Seite sind es schon 160 Kilometer und fast 5000 Höhenmeter zu bewältigen. Zusammen mit Piet und Kerstin und unseren Guides Lili und Marko wollen wir die reizvolle Umgebung, die Wanderwege, die Burgen und auch Höhlen erkunden.
Keiner muss Angst haben, dass die Sehnsüchte nach den großen Sehenswürdigkeiten in Slowenien auf der Strecke bleiben: die Felsenburg Predjama, die berühmten Höhlen von Postojna, den periodischen Zirknitzer See und das Schloss Snežnik, was übersetzt wie Schneeberg bedeutet, liegen direkt an dem Wanderweg. Aber auch kleine eher unbekannte Orte lassen ihren Charme spielen.
Die ersten Kilometer
Und so begrüßt uns Lili erfrischt und mit einem großen Lächeln im Gesicht am Ausgangspunkt unserer Wanderung von Razdrto zur Felsenburg Predjama. Die erste Etappe der Via Dinarica und auch Teil des roten Weges der Via Alpina führt nur knappe 14 Kilometer durch die Karstlandschaft. Der Weg steigt zunächst steil bis zum Gipfel des Nanos an, um dann nach einiger Zeit wieder sachte die 700 Höhenmeter abzubauen und in Richtung Predjama zu gleiten. Wir müssen aber erstmal hinauf; und so folgen wir dem schmalen Pfad nach oben. Es sah von unten schwerer aus, aber die Serpentinen nehmen dem Hang den Schwierigkeitsgrad. Nur an zwei Stellen erfordert das Terrain leichte Handarbeit, selbst das gelingt schnell und sicher. Wir überholen eine Gruppe slowenischer Rentner. Sie kommen aus allen Ecken des Landes und erkunden in jeder freien Minute ihr Heimatland. Lili hat großen Respekt vor ihnen. Mit leichtem Zähneknirschen muss selbst Lili zugeben, dass die Rentner aus anderen Landesteilen ihre eigene Heimat besser kennen als sie.
Kurz vor dem Gipfel trennt sich der Weg und wir folgen Lili über die windstille Flanke bis zu den Antennen. Hier trifft uns der Wind dann trotzdem mit voller Kraft und wir sind froh in die Berghütte »Vojkova koča na Nanosu« in unmittelbarer Nachbarschaft einkehren zu können. Ein etwas frühes Mittagessen wartet auf uns. Unser Hunger ist leicht gedämpft, aber das ändert sich, als wir das Essen sehen und der Duft von frischen Germknödeln unsere Nase erreicht. Zum Abschied bekommen wir noch einen kräftigen selbstgemachten Schnaps serviert. Wir probieren und ziehen die wildesten Krimassen. Bitter ist der Geschmack des Berges. Ich will ein guter Gast sein und lasse das Gesöff in meiner Trinkflasche verschwinden und mein Glas sieht brav leer aus. Diese Aktion werde ich die nächsten Tage im wahrsten Sinne des Wortes bitter bereuen. Meine Flasche schmeckt tagelang nach Schnaps.
Juwele der Landschaft
Vom wechselhaft bewachsenen Hang führt der Pfad jetzt durch die herbstlich, rot, braun und grün leuchtenden Mischwälder. Kurz vor dem Abstieg können wir nochmal das Panorama über die Landschaft genießen. Es folgenden Waldwege und kleine Ortschaften mit ihrem bäuerlichen Leben.
Im Wald treffen wir Pilzsammler und nur wenig später scheint durch eine Lichtung in der Ferne die Höhlenburg Predjama durch. Unser Wanderziel des Tages ist in Reichweite. Als kleine Stärkung lassen wir uns eine Wurst- und Käseplatte aus lokaler Produktion servieren.
Die Burg lacht uns an. Im Sonnenschein strahlt die Burg und lädt zu einer Erkundungstour im Inneren ein. Sie verschmilzt regelrecht mit der Wand und erzählt auf eindrucksvolle Art die Geschichte des mittelalterlichen Lebens. Ihr bekanntester Bewohner, der Raubritter Erasmus, nutzte ihre elegante Lage vor einem Höhleneingang geschickt aus und spielte Katz und Maus mit den Belagerern. Die Höhle kann auch durch Interessierte besichtigt werden. Etwas Mut braucht man dafür aber schon.
Ganz im Gegensatz dazu formte der Grüne Karst eine Höhle besonderen Ausmaßes in unmittelbarer Nachbarschaft. Die Höhlen von Postojna sind das Juwel der Landschaft und eine der größten Attraktionen in Slowenien; Attraktionen wozu auch Bled, die Küstenstadt Piran und die Hauptstadt Ljubljana zählen. Wer den ganzen Trubel aber umgehen möchte, ist auf der Via Dinarica genau richtig. Der Weg führt weiter durch den Grünen Karst, vorbei an der Burg Haasberg, dem Zirknitzer See bis auf den Gipfel des Snežnik.
Aber genug Tag geträumt. Der Abend bricht herein. In dem kleinen umgebauten Bauernhof Smrekarjeva Domačija finden wir eine wunderbare Unterkunft für die Nacht. Zum Abendessen wird nur lokales serviert, von Brot, Fleisch, Marmeladen bis hin zu hauseigenen Schnäpsen. Selbst beliebte Erfrischungsgetränke sind durch ausgezeichnete hausgemachte Säfte ausgetauscht. Mit Genuss gesättigt und in ruhiger Umgebung schläft es sich am besten.
Gipfel im Nebel
Der neue Tag beginnt mit Sonne, die aber relativ schnell im Nebel wieder verschwindet. Marko nimmt uns mit in Richtung Berg Snežnik. Die Straße zieht sich durch weite Wälder, die sich nun vor uns verstecken. Auch die Gipfel und die Landschaft entziehen sich unserer Präsenz. Marko ärgert uns, indem er uns an den verschiedensten Orten Bilder mit der eigentlichen Aussicht zeigt.
Schon etwas schade, genau das nicht zu sehen. Wir lassen uns aber den Spaß an der Natur nicht nehmen. Wir schlängeln uns warm eingepackt die enge Forststraße in Richtung Gipfel hinauf. Als diese Forststraße an einem kleinen Autowendeplatz endet, fordert uns Marko auf, von einem Haufen Holz je einen Holzscheit einzupacken. Auf slowenisch hätte es uns etwas schneller erschlossen, aber die Erklärung auf dem Schild ist anfangs ein Rätsel. Marko löst es mit einem Lächeln auf. Es ist das Feuerholz für die Hütte am Gipfel des Snežnik. Und für etwas Wärme trage ich gerne etwas.
Am Gipfel angekommen und nach dem obligatorischen Gipfelfoto und dem Eintrag ins Gipfelbuch kehren wir endlich in die warme Stube ein. Wir bestellen eine heiße Sauerkrautsuppe mit Wurst und als Nachtisch wird uns ein gefüllter Bratapfel serviert. Selbst auf 1796 Metern lässt es sich gut essen. Marko erzählt uns noch, was wir alles sehen würden und wo uns die Wege hinführen könnten. Der Via Dinarica Wanderweg führt von hier aus zur kroatischen Grenze und dann fortwährend weiter durch die wunderschöne Karstlandschaft.
Wir verbleiben nicht lange am Gipfel und steigen wieder ab. Für kurze Augenblicke lässt der Nebel uns in die Ferne schweifen, eine Art »Sneak-Preview« mit Lust auf mehr. Ab hier folgen wir der Via Dinarica in entgegengesetzter Richtung. Wir erreichen Schloss Schneeberg. Das Wasserschloss aus dem 13. Jahrhundert hat schon viele Besitzer gesehen. Darunter die letzten Besitzer, die Familie Schönburg-Waldenburg. Im Innenhof hängt ein Boot. In der Regenzeit kann das Wasser hier bis fast an die Oberkante der Eingangsbrücke heranreichen.
Das Interieur ist sehr gut erhalten geblieben und nicht,wie das Schloss Waldenburg in Sachsen der Familie Schönburg-Waldenburg während des zweiten Weltkrieges ausgeräumt worden. Es ist eine Reise zurück in die Zeit der Fürsten und Landherren.
Krizna Jama: Untertage
Ungefähr 13 Wanderkilometer auf der Via Dinarica entfernt liegt die Karsthöhle Krizna Jama. Im Gegensatz zur Postojna Höhle halten sich die Touristenmassen in Grenzen. Nur zu wenigen Zeiten ist der Besuch in einer geführten Gruppe möglich. Marko legt uns den Besuch sehr nahe. Er ist selbst Führer für die Höhle und kennt sich bestens aus. Mit Gummistiefeln und einer Taschenlampe bewaffnet schließen wir uns einer Gruppe an und betreten die dunkle Höhle.
Die Höhle ist nicht beleuchtet. Wir müssen schon selbst die Taschenlampen bewegen und die Größe der Höhle erahnen. Es erwarten uns keine Tropfsteine, sondern große Felsen und ein kleiner erster See. Hier besteigen wir ein kleines gelbes Gummiboot und setzen unsere Tour fort. Wir treiben auf dem See, umschiffen kleinere Hindernisse im Wasser, die wir mit unseren Taschenlampen im kristallklaren Wasser schnell finden. Nach nur einer Stunde ist die Tour leider vorbei. Wie einst der große Höhlenbär nach seinem Winterschlaf verlassen wir die Höhle und finden wieder Tageslicht vor – ein kurzer spannender Ausflug in die Tiefe des Grünen Karst.
Im kleinen Dorf Podcerkev direkt auf der Via Dinarica, liegt das Hostel und Kulturzentrum Ars Viva. Das von der gleichnamigen 2009 gegründeten Stiftung betriebene Hostel ist aus dem ehemaligen Bauernhof der Familie Lužar hervorgegangen. Der Gründer Benjamin Žnidaršič, selbst durch einen Unfall an den Rollstuhl gebunden, hat in dem kleinen Dorf ein behindertengerechtes Umfeld geschaffen, das Kinder und Erwachsene anzieht und einen Treffpunkt für Kultur, Musik und Kunst bietet.
Das eigene Amphitheater öffnet seine Pforten für Schulveranstaltungen, Konzerte und die Räumlichkeiten bieten mannigfaltige Möglichkeiten für Mal- und Töpferworkshops. Benjamin strahlt zum gemeinsamen Abendessen eine unglaubliche Energie aus, die uns alle mitreißt und Raum für Bewunderung lässt. Mit viel Elan führt er uns noch in sein Arbeitszimmer und Atelier.
Dennoch, wir sind vom langen Tag und den vielen Tätigkeiten entlang der Via Dinarica geschafft und ziehen uns in Vorbereitung auf einen neuen Tag in unsere Zimmer zurück.
Hexenwerk: Zirknitzer See
Statt auf direktem Weg zum Zirknitzer See, folgt die Via Dinarica einen fast 45 Kilometer langen Schlenker in die Berge des Grünen Karst. Vom Berg Slivnica aus hat man einen super Überblick über das einmalige Phänomen des Zirknitzer Sees. Der Berg selbst wird in Slowenien der Berg der Hexen genannt. Eine Höhle und ihre eigene Art von Wetter haben diesen Begriff geformt. Die Legende erfreut die Bauern der Region nicht, da die Hexen für Missernten verantwortlich gemacht werden. Dabei könnte der Zirknitzer See ein eigenes Hexenwerk sein. Er ist ein periodischer See und tritt nur in bestimmten Jahreszeiten zum Vorschein. Seine Abflüsse sind wie Gullis in der Straße. Nur etwas verrückter. Das Wasser verschwindet in großen Löchern, den Karstdolinen, im Boden um Kilometer später wieder zum Vorschein zu treten. Im Untergrund formt das Wasser Karsthöhlen. Ob dort in tausenden Jahren auch Abenteurer Tropfsteine bestaunen?
Im kleinen privaten Museum Kebe in der Ortschaft Dolenje Jezero wird das Phänomen an einem Model des im slowenischen Cerkniško jezero genannten Sees wundervoll dargestellt. Marko führt uns zu ein paar Karstdolinen in direkter Umgebung der Ortschaft. Wir laufen auf dem Boden des Sees. Ein irgendwie komisches Gefühl. Trockenen Fußes erreichen wir wieder den kleinen Ort mitten im See. Auf dem kleinen Bauernhof »Turisticna Kmetija Levar« der Familie Levar kehren wir ein letztes Mal ein. Uns erwartet eine Schnaps-Verkostung.
Der Tisch ist eingedeckt in hausgemachten hochprozentigen Variationen. Wir nippen an den wirrsten Flüssigkeiten. Mein Favorit ist ein Schnaps, der wochenlang unter der Erde vergraben war. Wieso? Keine Ahnung. Er brennt vielleicht nicht ganz so. Aber alles ist relativ. Mit einer großen Auswahl an traditionellem Essen beenden wir unsere Reise durch den Grünen Karst in Slowenien. Der Flieger ruft.
Wir blicken zurück auf fantastische Tage auf der Via Dinarica und deren Umland. Meiner zweiten Reise nach Slowenien darf auch gerne noch eine folgen.
Vielen Dank an den Tourismusverband Grüner Karst für die Einladung! Meine Leidenschaft für Reisen und meine Meinung bleiben davon unberührt.
»Study tour to Zeleni kras – Green Karst tourist destination in Slovenia is part of operation »Development and promotion of tourist destination Green Karst, acronym: Zeleni kras 4.0 and was co-financed by the Republic of Slovenia and the European Union under the European Regional Development Fund.«
Antwort
du bist echt viel unterwegs :). Ich selbst war zuletzt auf einem Winterurlaub Seefeld. Vielleicht sollte ich mich auch mal in so eine Reise begehen 🙂
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