Ein Tag an den Plitvicer Seen

Ich suche den Schatz im Sil­ber­see. Dafür kann der Ort nicht aus­ge­fal­len genug sein. Das dach­ten wahr­schein­lich auch die Fil­me­ma­cher der Karl-May-Ver­fil­mun­gen in den 1960er Jah­ren, als sie auf der Suche nach einem per­fek­ten Dreh­ort waren und über die Plit­vicer Seen stol­per­ten. Der Natio­nal­park in Kroa­ti­en hat es land­schaft­lich in sich. Die 16 Plit­vicer Seen for­men zusam­men mit den Was­ser­fäl­len als ihre Ver­bin­dung eine har­mo­ni­sche Seen­land­schaft. Dass sie hier den Sil­ber­see fan­den, ist für mich kaum ver­wun­der­lich und ob ich den Schatz fin­de, steht noch in den Ster­nen.

Zuvor erkun­de ich erst mal Zagreb.

Herz für Zagreb

Free Walking Tour in Zagreb

Es ist ein ziem­lich ein­sa­mes Los unter den Früh­auf­ste­hern zu sein. Ich will eigent­lich nur einen Kaf­fee und ein klei­nen Snack. Wäh­rend ich noch leicht schlaf­trun­ken und orts­un­kun­dig durch Zagreb stol­pe­re, fin­de ich wohl nur lee­re Stra­ßen und nicht mein Glück. Ich ste­he kurz vor der Ent­schei­dung zu McDo­nalds zu gehen, als ich dann end­lich auf ein Café sto­ße und ich mein Früh­stück in Reich­wei­te sehe. Der frisch gepress­te Karot­ten-Oran­gen-Saft gelingt der Küche aus­ge­zeich­net und an mei­nem Cap­puc­ci­no schlür­fe ich mit gro­ßem Genuss. In der Bäcke­rei neben­an, hole ich mir noch einen Muf­fin und ein beleg­tes Crois­sant. Heu­te mor­gen brau­che ich noch nicht het­zen und schlür­fe an mei­nen Heiß­ge­tränk in loka­ler Tra­di­ti­on fast eine drei­vier­tel Stun­de. Auf dem Gemü­se­markt Dolac gleich um die Ecke wird es immer geschäf­ti­ger. Ich stei­ge die Trep­pen zu dem Markt hin­auf und ste­he direkt im Gewim­mel. Es ist über­aus ver­lo­ckend, sich hier mit fri­schen Obst und Gemü­se ein­zu­de­cken, aber ich bin nur auf der Durch­rei­se und wüss­te nicht wohin mit den guten Din­gen.

Dolac Markt

Mitt­ler­wei­le steigt die Son­ne lang­sam über die Häu­ser und erwärmt den bis­her so ange­nehm fri­schen Tag unauf­hör­lich. Im Schat­ten der Kathe­dra­le von Zagreb hal­te ich es noch eine Wei­le aus und keh­re zum Hos­tel zurück, um der Mit­tags­son­ne zu ent­ge­hen.

Erst am Nach­mit­tag traue ich mich wie­der auf die Stra­ße. Die Tem­pe­ra­tu­ren sind immer noch uner­träg­lich, aber mein Ent­de­ckungs­drang ist lang­sam ange­wach­sen. Ich lau­fe Zick-Zack durch die Stadt und lan­de mehr oder weni­ger schnell am »Muse­um der zer­bro­che­nen Bezie­hun­gen« (Muse­um of Bro­ken Rela­ti­onships). Ein span­nen­des Kon­zept für ein Muse­um muss ich fest­stel­len. Ein Gegen­stand aus einer zer­bro­che­nen Bezie­hung und die Geschich­te dazu. Von einem Toas­ter über Spiel­kar­ten zu einer Axt, die die Aggres­sio­nen an hin­ter­las­se­nen Möbeln nach der Tren­nung aus­gie­big abbau­te.

Spielkarte im Museum der Zerbrochenen Beziehungen

Ich bin nicht auf Kra­wall gebürs­tet und eher sozi­al ange­haucht. So schlie­ße ich mich der »Free Wal­king Tour« an und las­se mich zwei Stun­den durch die Stadt füh­ren. Ich behal­te mir von den vie­len Sehens­wür­dig­kei­ten die Restau­rant­emp­feh­lung des Gui­des für spä­ter in fes­ter Erin­ne­rung.

St.-Markus-Kirche

Wandern um die Plitvicer Seen

Heu­te star­te ich etwas gemä­ßig­ter. Zumin­dest mit der Zeit. Ich habe mich einer Agen­tur ange­schlos­sen. Sicher wäre ich für fast die Hälf­te des Gel­des auch nach Plit­vice gekom­men und das min­des­tens genau­so schnell, aber die Faul­heit hat mich am Vor­tag nicht pla­nen las­sen und so zah­le ich den Preis dafür. Der Natio­nal­park ent­schä­digt für alles. Mir wur­de schon vor eini­ger Zeit von der Schön­heit berich­tet und was mich erwar­tet, lässt mei­ne Erwar­tun­gen nicht ent­täuscht.

Plitvicer Seen

Ich lie­be es, zu wan­dern und bin auch in vol­len Vor­be­rei­tun­gen für mei­ne nächs­te grö­ße­re Tour am Elbrus zusam­men mit ElbrusT­ours. So passt es für mich opti­mal, dass ich mich hier einen Tag lang aus­to­ben kann. Der Bus des Natio­nal­parks lässt mich an dem Rast­platz an den obe­ren Seen her­aus. Ein Steg aus Holz führt zum ers­ten See und schlän­gelt sich an die­sem ent­lang. Mit dem Foto­ap­pa­rat im Anschlag bin ich anfangs noch viel zu auf­ge­dreht und über­rascht. Ich flit­ze unen­spannt über den Steg mit dem Gefühl, etwas zu ver­pas­sen. Ein­fach über­wäl­tigt und mit gro­ßer Span­nung, was mich noch so erwar­tet, fol­ge ich den ers­ten klei­nen Was­ser­fäl­len berg­ab. Nach nur weni­gen Metern steht mir der Schweiß auf der Stirn. Nicht ver­wun­der­lich bei über 32°C und pral­ler Son­ne. Den­noch ist der Tag opti­mal. Alle Seen leuch­ten in einem mar­kan­ten Tür­kis. Gefühlt kön­nen selbst die Bil­der die Far­ben nicht wie­der­ge­ben.

Plitvicer Seen Wasserfälle

Auf man­chen Abschnit­ten sind die Men­gen an Tou­ris­ten fast unan­ge­nehm. Die schma­len Ste­ge geben kei­nen Raum für Aus­weich­mög­lich­kei­ten und so staut es sich. Ich kann die Men­gen an Men­schen ver­ste­hen. Die­ses High­light kann man sich nicht ent­ge­hen las­sen. Es ist ein­fach zu errei­chen und auch meist sehr gut für Fuß­gän­ger aus­ge­baut. Die Trep­pen sind dann aber doch etwas viel für die Kin­der­wa­gen und mein Ver­ständ­nis dafür hält sich in Gren­zen. Lauf­faul soll­te man den­noch nicht sein. Die Seen­land­schaft, ein­ge­keilt in den Ber­gen, erstreckt sich über eini­ge Kilo­me­ter. Wer abkür­zen möch­te, kann die zwei Bus­li­ni­en oder die zwei Fähr­ver­bin­dun­gen nut­zen.

Menschenmassen an den Plitvicer Seen

Ich über­sprin­ge die Fäh­re auf­grund der gro­ßen War­te­zeit und zie­he mich in die rela­ti­ve Ein­sam­keit am West­ufer des gro­ßen Sees (Jeze­ro Koz­jak) zurück. Die vie­len Schlen­ker des Sees haben es in sich und obwohl ich das Ziel schon sehe, brau­che ich fast 40 Minu­ten, um die­ses Ziel zu errei­chen. Die Elek­tro­fäh­ren glei­ten in eini­ger Ent­fer­nung an mir geräusch­los vor­bei. Nur die Fern­stra­ße in der Fer­ne ist manch­mal zu hören. Ich genie­ße die Natur und schaue den vie­len Schmet­ter­lin­gen im Gras zu. Ab und an huscht eine Eidech­se über den Weg und ver­schwin­det mit einem Rascheln im Schilf.

Schmetterlinge an den Plitvicer Seen

Wäh­rend die meis­ten obe­ren Seen klein und ent­zü­ckend waren, so eröff­net sich mir mit den unte­ren Seen eine ganz neue Land­schaft. Die Seen sind ein­ge­keilt in stei­le Hän­ge aus Kalk­ge­stein. Auch die Höhe der Was­ser­fäl­le wir immer impo­san­ter und erreicht sei­nen Höhe­punkt mit dem gro­ßen Was­ser­fall mit 78 Meter. Ich las­se es mir nicht neh­men, noch den ein­sa­men Aus­sichts­punkt ober­halb des Was­ser­falls zu besu­chen und mei­ne letz­ten Ein­drü­cke vom Natio­nal­park zu sam­meln. Mein Blick fällt ein letz­tes Mal auf die tür­ki­sen Seen im unte­ren Abschnitt. Sie ste­chen aus dem grü­nen Wald, den wei­ßen Fel­sen und dem sanft blau­en und leicht bewölk­tem Him­mel her­vor.

Untere Plitvicer Seen

Mit fast 16 Kilo­me­tern in den Bei­nen errei­che ich wie­der den Bus. Wohl kli­ma­ti­siert ist er eine Art Beloh­nung für die Mühen. Zurück in Zagreb erin­ne­re ich mich an die Restau­rant­emp­feh­lung mei­nes Gui­des und las­se mir die größ­te Beloh­nung nach die­ser wun­der­vol­len Wan­de­rung ser­vie­ren: tra­di­tio­nell, kroa­ti­schen Stru­kli mit Trüf­feln.

Ich habe mei­nen Schatz gefun­den und am Sil­ber­see wohl auch ver­dient.

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Antworten

  1. Avatar von Eva91

    Zagreb ist eine wun­der­schö­ne Stadt und der Plit­vicer See ein­fach unbe­schreib­lich toll. Lie­be Grü­ße aus dem kal­te­rer see hotel

  2. Avatar von Bento James
    Bento James

    Sehr infor­ma­ti­ver Bei­trag und sehr schö­ne Fotos

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