Eine Umarmung gefällig?

Wie man es auch betrach­tet: den nächs­ten Ver­wand­ten zum Men­schen haut­nah, ohne Zaun, ohne Begren­zun­gen zu begeg­nen, lässt mir die Nacken­haa­re zu Ber­ge ste­hen.

Der Traum

Noch in Deutsch­land phi­lo­so­phier­te ich mit Arbeits­kol­le­gen und Freun­den über die­se Begeg­nung. Wir waren uns einig, dass die­ses Erleb­nis auf mei­ner Rei­se nicht feh­len durf­te. Ob der hohe Preis für eine Stun­de Besuch bei den Berg­go­ril­las ange­mes­sen ist? Dies war oft die Fra­ge. Im Nach­hin­ein muss ich sagen: Ja! Die­ses Erleb­nis ist nichts für Mas­sen­tou­ris­mus und darf es auch nie wer­den. Es wür­de nicht nur dem Charme scha­den, son­dern auch den Goril­las.

Mutter mit Baby

Das Davor

Lan­ge vor mei­ner Ankunft in der Regi­on infor­mier­te ich mich über die Goril­las. In Kigo­ma wur­de mir Ruan­da als bes­ter Goril­la Besuch emp­foh­len, da der Park am ein­fachs­ten für Indi­vi­du­al­tou­ris­ten zugäng­lich ist. Mei­ne Ent­schei­dung fiel zuerst auf Ruan­da und den Parc Natio­nal des Vol­cans. In Kiga­li wur­de ich schnell eines Bes­se­ren belehrt und mir wur­de der Virunga Natio­nal­park in der DR Kon­go emp­foh­len. Zusam­men mit dem Nyira­gon­go Vul­kan soll­te mei­ne klei­ne Pla­nungs­än­de­rung mich nun in den Kon­go füh­ren. Nach dem beschwer­li­chen Weg auf den Nyira­gon­go ging es gleich am nächs­ten Tag früh um 6 Uhr in Goma los. Wie­der führ­te mich der Weg Rich­tung Nor­den. Ent­lang der Gren­ze zu Ruan­da, UN Sta­tio­nen, Häu­sern aus Vul­kan­ge­stein und zur lin­ken der mäch­ti­ge Vul­kan Nyira­gon­go. Nach unge­fähr zwei Stun­den Geru­ckel über die einst schön geteer­te Trans-Afri­ka kamen wir an einem klei­nen Rang­erpos­ten an. Ab hier bekam ich bewaff­ne­te Beglei­tung für den gesam­ten Auf­ent­halt im Virunga Natio­nal­park. Über eine Neben­stra­ße führ­te uns der Weg in die Hügel Rich­tung ruan­di­sche Gren­ze. Mar­tin und Joseph, mei­ne Gui­des, bezeich­ne­ten die Stra­ße als »Afri­can Mas­sa­ge«, so holp­rig war sie.

Wohngebiete in der Nähe der Berggorillas

Das Auto muss­ten wir ste­hen las­sen und die letz­ten ein ein­halb Kilo­me­ter zu Fuß gehen. Das Ziel war ein klei­ner Ran­ger- und Grenz­po­li­zei­pos­ten. Dort küm­mer­te ich mich um die Regis­trie­rung und stell­te erstaunt fest, ich war der ers­te bei der Goril­la-Fami­lie seit drei Tagen. Nun muss­te ich nur noch auf Eddy war­ten. In der Zwi­schen­zeit konn­te ich beob­ach­ten, wie der Kom­man­dant der Grenz­po­li­zei im Jog­ging-Anzug auf einem Vor­sprung sit­zend Kom­man­dos gab und einen Sol­da­ten Pur­zel­bäu­me machen ließ. Nach knapp einer hal­ben Stun­de kam Eddy, der Goril­la-Dok­tor, anmar­schiert. Zusam­men mit Jean Bosco, mei­nem Ran­ger-Gui­de, und Eddy bra­chen wir in den höher gele­ge­nen Dschun­gel auf.

Der Moment

Dan­kens­wer­ter­wei­se waren die Tra­cker schon erfolg­reich und die Berg­go­ril­las nur knap­pe 30 Minu­ten Fuß­marsch ent­fernt. Mit der Mache­te bahn­te sich Jean den Weg durch das grü­ne Dickicht. Mit ele­gan­ten Bewe­gun­gen wich Jean den rie­si­gen Brenn­nes­seln und dis­tel­ar­ti­gen Gewäch­sen aus. Eddy scherz­te nur, dass das Bren­nen die Durch­blu­tung för­dert und nach 15 Minu­ten auf­hört. Ich ver­mied trotz­dem jeden Kon­takt.

Gorilla-Tierarzt bei der Arbeit

Mit einem kur­zen Gorill­al­aut kün­dig­te er unse­re Anwe­sen­heit an und die ers­te Mut­ter mit ihrem Baby kam in Sicht. Gemüt­lich im Gebüsch ver­steckt, aß sie ohne sich stö­ren zu las­sen. Ein paar Schrit­te wei­ter turn­ten zwei Halb­star­ke im Baum und han­gel­ten sich von Ast zu Ast. Ein magi­sches Schau­spiel.
Junger Gorilla beim Fressen

Junge Gorillas beim Spielen

Nach eini­gen Minu­ten zogen sie durch das Gebüsch wei­ter und wir folg­ten unter gro­ßem Ein­satz der Mache­te. Jean schlug die Sicht frei und in gebüh­ren­der Ent­fer­nung tauch­te der Sil­ber­rü­cken der Fami­lie auf. Er pfleg­te das Fell von einer sei­ner Damen und das Baby saß dane­ben und schau­te inter­es­siert in mei­ne Rich­tung. Die­se Begeg­nung war Wahn­sinn. Die­se mäch­ti­gen Tie­re in unmit­tel­ba­rer Nähe, das Wis­sen, dass ein beherz­ter Griff töd­lich sein kann und selbst eine spie­len­de Bewe­gung schmerz­haf­te Fol­gen hät­te. Die nächs­ten Ver­wand­ten des Men­schen lie­ßen sich aber nicht aus der Ruhe brin­gen.

Silberrücken bei der Körperpflege

Besucher werden genau beobachtet

Im Gegen­satz zu ihren klei­nen Ver­wand­ten, den Schim­pan­sen, die ich im Gom­be Steam Natio­nal­park sehen durf­te, waren die Goril­las akti­ver und in ihrer Fami­lie eng zusam­men. Die Bage­ni-Fami­lie besteht aus 24 Goril­las und einem klei­nen Neu­ge­bo­re­nen. Mir wur­den kei­ne gro­ßen Chan­cen gege­ben das kleins­te Fami­li­en­mit­glied zu sehen. Aber sei­ne Mut­ter hat­te ihren Weg direkt an uns vor­bei gewählt und trug das Klei­ne an der Brust. Hoch in den Baum­wip­feln turn­te wie­der einer und am Boden sam­mel­te sich an einer Stel­le fast die gan­ze Fami­lie.

Scharfer Blick durchs Gebüsch

Baby-Berggorilla

Durch das dich­te Blatt­werk vor­bei an Lia­nen und Bäu­men, muss­te ich mich win­den, um einen wei­te­ren Blick auf die majes­tä­ti­schen Wesen wer­fen zu kön­nen. Das Licht spiel­te mit den Baum­wip­feln und die Son­ne drang hier und da auf die Lich­tung mit der Fami­lie vor. Ein mun­te­res Kom­men und Gehen brach­te Bewe­gung in die Atmo­sphä­re. Nach nur einer Stun­de war mei­ne Zeit vor­bei. Drei Minu­ten Auf­schub bekam ich noch und wur­de mit der Pas­sa­ge einer Mut­ter mit Kind ver­ab­schie­det. Unaus­weich­lich konn­te ich nicht mehr vor und zurück. Gefan­gen in mei­nem Aus­sichts­punkt, muss­te ich die Dame in nur zwei Metern Distanz pas­sie­ren las­sen. Am Ende der Begeg­nung soll­te ich 21 Fami­li­en­mit­glie­der gese­hen haben.

Berggorilla

Das Danach

Den Tier­arzt lie­ßen wir zurück und bega­ben uns auf den Rück­weg. Vor­bei an den Schnei­ßen der Goril­las unse­rem frei­ge­schla­ge­nen Pfad fol­gend. Auf­ge­wühlt und noch in glück­li­cher Exta­se kam mir der Weg sehr kurz vor. Ein sol­ches Erleb­nis hat man nicht jeden Tag und schlägt emo­tio­nal den Besuch im Gom­be Steam Natio­nal­park bei den Schim­pan­sen. Auch viel­leicht des­halb, weil ich allei­ne war. Als ein­zi­ger Besu­cher erleb­te ich den Auf­ent­halt inten­si­ver als ich es mir vor­ge­stellt hat­te.
Berg­go­ril­las in der DR Kon­go sind ein ech­ter Geheim­tipp.

Babygorilla beim Fressen

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Antworten

  1. Avatar von Vanessa
    Vanessa

    Hey, tol­ler Bericht und kras­se Fotos! Erstaun­lich, wie nahe dran du warst. Ich möch­te bald einen Afri­ka Urlaub machen und wür­de natür­lich auch total ger­ne Berg­go­ril­las in der frei­en Wild­bahn erle­ben. Darf ich fra­gen, wes­halb du dich im End­ef­fekt für den Virunga Natio­nal­park ent­schie­den hast? Lie­be Grü­ße

    1. Avatar von Dominik Mohr

      Hal­lo Vanes­sa,
      Ich hat­te mich für den Vul­kan Nyira­gon­go im Virunga Natio­nal­park ent­schie­den und da lag es nahe (auch aus Kos­ten­grün­den) dir Goril­las dort zu besu­chen.
      Lie­be Grü­ße,
      Domi­nik

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