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Anscheinend habe ich einen echten Narren an Zentralasien gefressen, besonders an der Landschaft und an der Lebenskunst der Einheimischen. Die Eindrücke und Erlebnisse meiner Reisen durch Usbekistan und Kirgistan im Juni 2016 sind omnipräsent. Im Oktober 2016 ging es wieder los. Mit meiner Kamera in der Hand, mit der Freiheit im Kopf und diesmal mit weiteren 39 Individualisten. Es ging nach Turkmenistan. Dabei wurden mir wundervolle Erfahrungen, Erlebnisse und Begegnungen geschenkt, die nun mit mir weiter an jeden nächsten Ort reisen.
Mit meinem zweiteiligen Reisebericht möchte ich einen kleinen Funke entfachen, der Lust auf das – auf seine Art und Weise – faszinierende Turkmenistan macht, auch jenseits der Märchenwelt des Präsidenten.
Teil 1
Willkommen im Märchen des reichen und in der Realität des armen Turkmenistan
… und plötzlich funkelte der tiefschwarze Erdboden unter mir in den grellsten Farben, die man sich vorstellen kann. Ashgabat, die Hauptstadt von Turkmenistan, liegt mir zu Füßen.
Der Landeanflug beginnt. Außer mir und der Crew befindet sich niemand in dem Airbus A 321. Die Passagiere haben das Flugzeug in Baku, Aserbaidschan, verlassen. Es ist ein komisches, aber ein sehr luxuriöses Gefühl nach Turkmenistan geflogen zu werden. Der Wüstenstaat zählt zu den isoliertesten Ländern der Welt. Jährlich kommen lediglich 12.000 bis 15.000 Touristen in die ehemalige Sowjetrepublik. Selbst Nordkorea, ein Land, mit dem Turkmenistan aufgrund der ungemütlichen Grundstimmung immer verglichen wird, bereisen ca. 90.000 mehr Menschen pro Jahr. Jetzt bin ich eine der wenigen Besucher. Und komme aus dem Staunen während des Anflugs nicht mehr hinaus. Von hier oben könnte es genauso gut Las Vegas sein, das sich unter mir ausbreitet.
Ich steige aus und betrete den seit Mitte September 2016 eröffneten internationalen Flughafen von Ashgabat. Er ist die aktuelle Krönung des Gigantismus des gegenwärtigen Präsidenten Gurbanguly Berdimuhammedow. Ein Flughafen der Superlative, in der Gestalt eines riesigen mit LED-Lichtern bestückten Falken. Hier können bis zu 2.000 Fluggäste pro Stunde abgefertigt werden. Er ist menschenleer, streng bewacht und das Fotografieren ist verboten. Willkommen in Turkmenistan!
Die freien Medien berichten fast ausschließlich über den Personenkult des verstorbenen und des gegenwärtigen Präsidenten. Alles was ich über offizielle turkmenische Informationskanäle und von meiner Reiseleiterin erfahren habe, ist, dass Turkmenistan ein „Vorzeigeland“ ist, in dem der Präsident das gesamte öffentliche Leben kontrolliert. Er ist sozusagen der Sonnenkönig der Gegenwart, wie damals Ludwig der XIV. in Frankreich.
Das Geschäft mit dem Erdgas bildet die größte Einnahmequelle des Landes. Turkmenistan verfügt über ca. 12 % der weltweiten Erdgasreserven. Es gibt offiziell keine Arbeitslosen, keine Armut, keine Drogentoten, kein HIV. HIV-Tests vor der Eheschließung sind Pflicht. Dafür gibt es eine Art Grundeinkommen und Rente. Wasser, Gas, Strom und Salz stehen jedem Turkmenen kostenlos zur Verfügung. Darüber hinaus ist Wohnraum erschwinglich. Das Rauchen ist verboten. Die Gesundheitsversorgung soll besser sein als in allen anderen zentralasiatischen Ländern, der Bildungsstand natürlich auch. Deshalb gibt es auch nur ein einziges Krankenhaus für die Turkmenen in Ashgabat. Ferner gibt es in Turkmenistan den einzigartigen „Gesundheits- und Fröhlichkeitsmonat“ (April). Die offizielle Farbe der staatlich verordneten Fröhlichkeit ist weiß, wie der Marmor in Ashgabat. Der Lebensstandard der Bevölkerung soll um ein Wesentliches höher als in allen anderen Ländern der Region sein. So gesehen ist es nachvollziehbar, dass der Präsident diese „heile Welt“ gegen seine Nachbarn abgrenzen will. Doch die Frage bleibt: Kann man Fröhlichkeit staatlich anordnen und ein Leben auf Grundbedürfnisse beschränken?
Meine Reise nach Turkmenistan ist auch meine erste richtige Gruppenreise. Und damit meine ich eine Reise, die von Beginn an vollkommen durchorganisiert ist. Ich darf mich um gar nichts kümmern. Wenn man Turkmenistan länger als fünf Tage bereisen möchte, geht das nur mit einer turkmenischen Reiseagentur und in einer Gruppe. Meine Mitreisenden sind sehr inspirierend. Die 40 Individual-Reisenden aus der ganzen Welt und mich verbindet zu allererst, dass wir alle für den gleichen Zeitraum eine Einladung und ein Visum des turkmenischen Staates erhalten hatten. Allein die Geschichten, wie lange jeder auf sein Einladungsschreiben gewartet hat und wie hoch die Visagebühren waren, wären ein Beitrag für sich.
Am ersten Abend im Hotel ist innerhalb meiner Turkmenistan-Reisegruppe großes Kennenlernen angesagt. Wir tauschen uns über unsere bereisten Länder und Kontinente aus, dabei identifiziere ich für mich vier unterschiedliche Reise-Typen:
„Typ eins“ bereist Turkmenistan, weil er an außergewöhnlichen Ländern und Orten interessiert und ein Vielreisender ist.
„Typ zwei“ reist wegen dem Gas-Krater oder der Seidenstraße nach Turkmenistan. Zu diesen Attraktionen später mehr.
Was die „Typen eins und zwei“ in Turkmenistan erleben, lest ihr in den Teile 3 und 4.
„Typ drei“ war bereits in Nordkorea. Weil diese beiden Länder immer miteinander verglichen werden, unternimmt er quasi eine „Vergleichsreise“ und kommentiert jeden unserer Schritte entsprechend. Das hat auch was Gutes, schließlich erfahre ich nun gleichzeitig, wie es dort anscheinend so ist.
„Typ vier“ ist mehr oder weniger wegen der Pferde und der Seidenstraße hier. Das bin ich.
Das Himmlische Pferd Turkmenistans
Nach einer kurzen ersten Nacht im Hotel in Ashgabat pünktlich 10.00 Uhr los. Mein Fahrer Sascha empfängt und begleitet mich zum Gestüt Geok Tepe, nördlich von Ashgabat. Meine paar Brocken Russisch reichen, um sich ein wenig mit ihm über seine Familie, die Akhal Teken und Ashgabat zu unterhalten. Er ist sehr hilfsbereit und freundlich. Sehr beruhigend, rein optisch kommt er meiner Vorstellung eines russischen KGB-Agenten nämlich ziemlich nahe.
Meine persönliche Faszination für die Pferderasse der Akhal Teke ist der Hauptanlass für die Reise nach Turkmenistan. Der Akhal Teke gehört zu den ältesten Pferderassen überhaupt. Momentan existieren weltweit noch ca. 7.000 dieser edlen Pferde. Der hochbeinige Vollblüter zählt zu den zähesten und widerstandsfähigsten Pferden der Erde. Darüber hinaus ist der Akhal Teke das Wappentier Turkmenistans. Der aktuelle Präsident verfasste aus Liebe sogar ein Buch für die hoch verehrten Tiere: „Achaltekkiner – unser Stolz und Ruhm“. Konsequenterweise gibt es in Turkmenistan auch das weltweit einzige Pferde-Ministerium und den „Tag des Rennpferdes“ (29.04.).
Als ich am Gestüt ankomme, bin ich zuerst ein wenig enttäuscht. Die Pferde, die ich zu Gesicht bekomme, sehen weit weniger glanzvoll und edel aus als die Akhal Teken aus meinen Recherchen. Der Besitzer empfängt mich persönlich. Nachdem er einige wichtige Parameter wie mein Gewicht und meine Reiterfahrungen abgefragt hat, holt er ein Pferd aus dem Stall. Die zweieinhalbjährige Stute Mary. Zart und wunderschön. Ihr Fell fühlt sich tatsächlich an wie ein Seidentuch. Mary ist ein Rennpferd in Ausbildung. Ihr Besitzer sagt mir, momentan sei sie deshalb als „kleine Rakete“ unterwegs. Na, das kann was werden…
Da kommt plötzlich ein junger Turkmene mit einem wunderschönen Schimmel aus dem Stall geritten. Der Schimmel ist der Champion und er sieht so aus wie die Akhal Teken aus dem Dokumentarfilm. Nachdem ich dem Besitzer gegenüber zum gefühlt zwanzigsten Mal beteuere, diese kleine Rakete Mary wirklich reiten zu wollen, geht es endlich los. Der junge turkmenische Jockey und ich reiten hinein in die Karakum-Wüste. Wir düsen durch die schwarze Wüste, immer entlang des Kopetag Gebirges, das gleichzeitig die Grenze zum Iran markiert.
Ich genieße jede Sekunde des Ausritts mit Mary und dem schüchternen Jockey. Und das, obwohl ich mich mit ihm nicht unterhalten kann, denn er versteht weder Russisch noch Englisch. Wir kommunizieren einzig durch die Sprache der Pferde miteinander.
Mary ist eine intelligente Rakete. Man merkt der Stute an, wie sie das Galoppieren genießt und gerne noch schneller galoppieren möchte. Doch trotz dieser inneren Spannung bleibt sie ruhig und kontrollierbar. Nach dem wunderschönen Ausritt freute ich mich noch mehr auf die vielen anderen Himmelspferde im Hippodrom von Ashgabat.
Dies ist meine erste Teilnahme an einem Pferderennen. Das Hippodrom imponiert mir. Unsere Reisegruppe wird gebeten, auf der Pole-Position der Tribüne Platz zu nehmen. Zur Begrüßung reicht man uns einen in Fett gebackenen Teig. In Kirgistan, das ich im Juni 2016 bereiste, heißt diese zentralasiatische Spezialität Borsok. Das turkmenische Staatsfernsehen war auch vor Ort. Unsere Reisegruppe erschien so interessant zu sein, dass über unsere Teilnahme in den Abendnachrichten berichtet wurde. Pferderennen sind die Lieblingsbeschäftigung des turkmenischen Präsidenten. Bei der Siegerehrung steht das Pferd im Mittelpunkt und weniger der Besitzer oder gar der Jockey. Das Sieger-Pferd wird stolz präsentiert und mit einem wunderschönen turkmenischen Teppich bestückt.
Hinter uns sitzt eine riesige Gruppe uniformierter Schüler bzw. Studenten. Ihre Gesichtsausdrücke spiegeln alle Facetten von langer Weile bis Desinteresse. Unsere Reisegruppe ist wahrscheinlich eine interessante Abwechslung für die jungen Leute. Zumindest nehme ich das an. Denn die Teilnahme an diesen Spektakeln, die jedes Jahr im Frühjahr und Herbst stattfinden, ist staatlich angeordnet. Mit den Einheimischen in Kontakt kommen? Undenkbar. Die Tribünen sind streng bewacht.
Teil 2 – Turkmenistan entdecken – folgt bald!
Erschienen am
Antworten
Hallo ! Sehr schön beschrieben 🙂 Kompliment
Hast du immer noch Kontakt zu den Akhal Tekken ? Und weisst du vielleicht ob die Docu über das Tekke Pferd irgenwo vollständig zu sehen ist ?
L.G JoksimovicHi.
Der Funke war schon bei der Überschrift entfacht. 🙂
Auch wenn ichs persönlich jetzt nicht so mit Pferden habe: In der Umgebung kann ich mir den Besuch eines Gestüts dann doch sehr schön vorstellen.
Lustig, das der Flughafen so viele Passagiere abfertigen kann. Touristen können es ja nicht sein. Da sind sie ja nach einem halben Tag durch mit. 🙂
Gruß, MaxHallo Max,
danke für dein Feedback. Die Achal Teken sind etwas besonderes. Selbst in meiner Reisegruppe war sofort die Faszination für diese edle und schne Pferderasse da.
Viele Grüße,
anessaHallo Max,
danke für dein Feedback. Die Achal Teken sind etwas besonderes. Selbst in meiner Reisegruppe war sofort die Faszination für diese edle und schne Pferderasse da.
Viele Grüße,
VanessaIch hätt ja auch nichts dagegen die Pferde zu sehen. 🙂 Ich kann mir gut vorstellen, dass ich vor Ort auch fasziniert wäre. Aber vermutlich mehr vom Land, als von den Vierbeinern. 🙂
Gruß, Max
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