Weinselig in Südtirol

Eigent­lich war Bozen für mich immer das Tor zu den Ber­gen: von hier aus ging es in den Ski-oder Wan­der­ur­laub. Aber von Bozen aus geht es auch schnurs­traks in das Wein­bau­ge­biet Süd­ti­rols. Etwa eine hal­be Stun­de dau­ert es bis ich am Kal­te­rer See ankom­me, der tür­kis­far­ben und ein­la­dend inmit­ten von Wein­ber­gen liegt als wol­le er sagen: hey, hier gibt es Abküh­lung nach wein­se­li­gen Aben­den, hier kannst du ganz gechillt dei­nen Rausch aus­schla­fen.

Aber die Freun­de des guten Wei­nes kom­men nicht, um sich die Kan­te zu geben. Sie kom­men wegen des Genus­ses. Ich auch. Zusam­men mit Mar­ti­na radeln wir auf Leih­rä­dern durch die Hän­ge. Sie will mir zei­gen, was  man noch so aus Wein machen kann. Das hat zwar kaum Alko­hol, dafür aber jede Men­ge Kalo­rien.

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Mar­ti­na kennt sich aus

Da drü­ben in Kal­tern, sagt sie, gibt es einen, der macht Wein­pra­li­nen. Eigent­lich ist er Bäcker. Aber es gibt nie­man­den in Kal­tern der nicht auch irgend etwas mit Wein macht. Die meis­ten haben min­des­tens ein paar Reben für den Eigen­be­darf. Sie orga­ni­sie­ren sich in Genos­sen­schaf­ten, sodass sie den Wein gemein­sam her­stel­len kön­nen.

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Mit dem Bike durch die Wein­ber­ge

Wir fah­ren an zahl­rei­chen »Rie­geln« vor­bei. So hei­ßen die Lagen. Inner­halb der Lagen haben meh­re­re Bau­ern ein Grund­stück mit Reben. Ins­ge­samt gibt es über 60 ver­schie­de­ne, klei­ne Rie­gel hier im Kal­te­rer Wein­an­bau­ge­biet. Ganz schön kom­pli­ziert. Ihre Namen sind am Boden mit Metall­buch­sta­ben ein­ge­las­sen. Damit ich weiß, wes Trau­be ich ess.

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Per­gel, die tra­di­tio­nel­le Anbau­me­tho­de mit den schat­ti­gen Dächern

Mar­ti­na erzählt, dass es die tra­di­tio­nel­le Anbau­me­tho­de in Form von Per­geln zwar noch gibt, aber sie ist im Rück­gang. Das dich­te Blät­ter­dach schützt nicht nur Reben und Trau­ben vor erhöh­ten Tem­pe­ra­tu­ren, es erhält auch das feuch­te Mikro­kli­ma und das gesam­te Öko­sys­tem Wein­berg bes­ser. Für Pinot Gri­gio, Weiß­bur­gun­der oder Lag­rein rei­fen die Trau­ben in den alten Anla­gen noch an Per­geln, die neu­en stei­gen um auf Spa­lier. In Kal­tern wach­sen vor allem die Ver­nats­ch­trau­ben unter der Per­gel, sagt Mar­ti­na. Die Per­gel bedeu­tet mehr Arbeits­stun­den im Wein­berg und sie erfor­dert mehr Erfah­rung. Eine maschi­nel­le Ern­te ist unmög­lich.

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Sogar die Apfel­bäu­me ste­hen Spa­lier in Süd­ti­rol. Manch­mal kaum zu unter­schei­den von Wein­re­ben

So sieht es aus, wenn die Trau­ben an Spa­lie­ren, also ver­ti­kal, rei­fen. Genug Platz für die Maschi­nen zur Ern­te­zeit. Ich fin­de Per­gel sehen viel schö­ner aus. Und es gibt noch einen Vor­teil für die schat­ti­ge Per­gel: in den nächs­ten Jah­ren könn­te sie wegen des Kli­ma­wan­dels sogar ein Come­back fei­ern. Der Kli­ma­wan­del ist in den Alpen näm­lich beson­ders aus­ge­prägt.

In den ver­gan­ge­nen 100 Jah­ren fiel die Erwär­mung dort mit zwei Grad Cel­si­us dop­pelt so hoch aus wie im euro­päi­schen Durch­schnitt. In den 60igern wur­den die Trau­ben der höher gele­ge­nen Wein­dör­fer erst zu Aller­hei­li­gen geern­tet, mitt­ler­wei­le bereits im Sep­tem­ber. Der Wein­bau wan­dert inner­halb Euro­pas immer mehr Rich­tung Nor­den und inner­halb Süd­ti­rols immer wei­ter in die Höhe. In Kal­tern lie­gen die höchs­ten Reb­stö­cke inzwi­schen Rich­tung Men­del­pass zwi­schen 1250 und 1300 Metern.  Der Blau­bur­gun­der, der frü­her in Süd­ti­rol zwi­schen 350 und 450 Metern reif­te, wird heu­te im Schnitt 100 Meter höher ange­baut. Die schat­ti­ge Per­gel schützt die Trau­be vor zu viel Son­ne und ist für das Öko­sys­tem Wein­berg die bes­se­re Wahl.

Einer dem das Öko­sys­tem Wein­berg sehr am Her­zen liegt ist Graf Enzen­berg. In sei­nem Wein­gut Manin­cor wird die Trau­be nach den Regeln des bio­dy­na­mi­schen Anbaus kul­ti­viert. Fehlt den Pflan­zen etwas, wer­den sie statt mit Che­mie mit Kräu­ter­tink­tu­ren gespritzt. Am Anfang habe es ihn Über­win­dung gekos­tet das Pro­jekt anzu­ge­hen, erzählt der Graf. Aber inzwi­schen ist er vom Kon­zept über­zeugt und gera­de­zu begeis­tert.

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In Kal­tern ange­kom­men heisst es erst mal ein­keh­ren. Es gibt einen Markt­platz, eine Dorf­kir­che, ein Wein­mu­se­um und natür­lich jede Men­ge Wein­stu­ben. Wir schau­en dem Wein­pra­li­nen­kon­di­tor über die Schul­ter und betrin­ken uns mit Kalo­rien.

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hand­ma­de. Typisch Kal­tern.

Am Ende dann ein Bad im schö­nen See. Na hof­fent­lich gehen wir mit der Scho­ko­la­de im Bauch nicht unter.

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Baden erlaubt für Hotel­gäs­te!

Direkt am Kal­te­rer See ein Hotel,  das mit sei­nem 70iger Jah­re Style über­rascht. Das See­ho­tel Ambach hat einen wun­der­schö­nen Gar­ten mit alten Bäu­men und ver­leiht Stan­dUp­Pad­del, Ruder­boo­te und Surf­bret­ter.

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alles ande­re als rus­ti­ka­ler Land­stil: das See­ho­tel Ambach

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wie frü­her bei mir zu Hau­se

Auch fürs Essen gibt es einen ech­ten Geheim­tipp in Kal­tern: Siegi’s Essen und Trin­ken. Hier wird mit viel Krea­ti­vi­tät gekocht. In Süd­ti­rol wird Genuß eben ganz groß geschrie­ben.

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Antworten

  1. Avatar von Anne

    Tol­ler Blog! Ich bin ein rie­sen­gro­ßer Süd­ti­rol­fan! Vor allem gibt es so vie­le ver­schie­de­ne Hotels in Süd­ti­rol! Manch­mal möch­te ich einen ent­spann­ten Urlaub und gehe dann in ein Well­ness­ho­tel in Süd­ti­rol oder ich möch­te ein biss­chen mehr Action und gehe dann in ein Sport­ho­tel in Süd­ti­rol! Aber das mit den Wein­ber­gen habe ich noch nie aus­pro­biert! Viel­leicht ist Bozen als nächs­tes dran. Vie­le Grü­ße

  2. Avatar von Leonie

    Wow die Bil­der sehen wirk­lich toll aus! Ich fah­re oft in ein Well­ness­ho­tel in Süd­ti­rol und bin daher immer auf der Suche nach auf­re­gen­den Akti­vi­tä­ten, die man dort machen kann 🙂

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