Watsu und Qi Gong

Was­ser ist eigent­lich nicht mein Ele­ment. Gar nicht. Ich bin lie­ber mit bei­den Füßen auf der Erde. Aber als Roger mir von sei­nem Watsu-Sit­zun­gen erzählt wer­de ich neu­gie­rig. Watsu, das ist eine Art Shi­atsu im Was­ser, eine Mischung aus Was­ser-The­ra­py und Was­ser­tanz erklärt er. So rich­tig habe ich das nicht ver­stan­den, also aus­pro­bie­ren.

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Ich besu­che ihn und sei­ne Frau Noam auf Ibi­za. Roger hat in Goa das Watsu-Zen­trum gegrün­det, Noam hat in Isra­el lan­ge mit Del­phi­nen gear­bei­tet. Im Was­ser füh­len sich bei­de wie zu Hau­se. Auf Ibi­za haben sie einen 36 Grad war­men, über­dach­ten Pool mit­ten in einem lie­be­voll gestal­te­ten Gar­ten. In die­sem kör­per­war­men Was­ser wer­de ich mich eine Stun­de lang in Roger’s ein­fühl­sa­me Hän­de bege­ben. Vor­her gibt es Tee und Fra­gen. Roger will wis­sen wie ich zu Was­ser ste­he, was ich damit ver­bin­de und ob ich auch mit dem Kopf auf Tauch­sta­ti­on gehen will oder lie­ber an der Ober­flä­che blei­be. Kei­ne Tauch­sta­ti­on, sage ich, ne, lie­ber nicht. Viel­leicht beim nächs­ten Mal.

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Und dann geht’s los. Ich bekom­me Auf­trieb geben­de Hilfs­mit­tel ans Bein gebun­den und muss ab sofort nur noch eines tun: los­las­sen. Roger hält mich und zieht mich lang­sam und vor­sich­tig durch das Was­ser. Mei­ne Augen sind zu. Ich höre nur die Vögel von draus­sen und füh­le klei­ne Luft­bläss­chen auf der Haut wenn Roger mich etwas schnel­ler durchs Was­ser glei­ten lässt. Schon bald bin ich wie weg­ge­tre­ten, füh­le mich wie eine Was­ser­pflan­ze die hin und her­schwingt in einer Strö­mung. Die Bewe­gun­gen sind wie drei­di­men­sio­nal. Mei­ne Wir­bel­säu­le bewegt sich von oben nach unten und von rechts nach links. Mein Kör­per wird wel­len­för­mig und mein Geist hört auf zu den­ken.

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Auf ein­mal bin ich nur noch. Muss nichts tun. Kei­ne Erwar­tun­gen erfül­len, nichts pla­nen, nichts ent­schei­den, nichts machen, nicht ein­mal eine Bewe­gung. Ich darf ein­fach nur sein, mich völ­lig dem Moment hin­ge­ben, die­sen Armen, die mich hal­ten, die mich her­an zie­hen oder wie­der frei las­sen, Nähe und Distanz erzeu­gen, aber immer Sicher­heit geben. Und Gebor­gen­heit. War es so im Mut­ter­leib? Ein­fach nur sein? Gebor­gen? Ver­sorgt, genährt, geschützt. Ohne Not. Ja, so könn­te es gewe­sen sein.

Eine Stun­de lang wer­de ich sanft durchs Was­ser gezo­gen. Und lau­fe noch Stun­den spä­ter wie auf Wol­ken.

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Am nächs­ten Tag folgt das zwei­te Expe­ri­ment. Dies­mal Qi Gong. Das Wet­ter ist fein, der Him­mel blau und als es los­ge­hen soll steht mir eigent­lich der Sinn nach Son­ne und Strand. Immer­hin kom­me ich gera­de aus dem deut­schen Win­ter. Aber jetzt wird nicht geknif­fen. Wir sind vier Teil­neh­mer und Sascha unser Kurs­lei­ter. Der Raum: hell und freund­lich. Als Sascha in die ers­ten Bewe­gun­gen ein­steigt ist die locken­de Son­ne drau­ßen ver­ges­sen. Schnell stellt sich allein beim Zuse­hen sei­ner flie­ßen­den Bewe­gun­gen so etwas wie medi­ta­ti­ve Ruhe bei mir ein. Jedes Ele­ment besteht aus einer Abfol­ge von drei Durch­gän­gen. In einer ers­ten Run­de wer­den bestimm­ten Mus­keln gestärkt, wech­selnd an-und ent­spannt. In der zwei­ten Run­de wer­den jeweils die glei­chen Mus­kel­grup­pen ange­spro­chen. Sie wer­den fle­xi­bi­li­siert und das zuneh­men­de Tem­po von Bewe­gung ver­tieft die Atmung. In der drit­ten geht es um Ener­ge­ti­sie­rung. Die Bewe­gun­gen sind lang­sam und flies­send. Hin­zu kommt die Vor­stel­lung eines bestimm­ten Bil­des, das die Bewe­gung und Ener­gie­flüs­se unter­stützt.

 

Bevor es für uns los­geht erfah­ren wir erst mal die­se Grund­kennt­nis­se sowie die rich­ti­ge Hal­tung. Das ist wich­tig damit die Ener­gie, das Qi ordent­lich in Fluß kommt. Als ers­tes ler­nen wir die Bewe­gungs­ab­fol­ge für das Ele­ment Holz. Es steht für Krea­ti­vi­tät und wie die Äste eines Bau­mes kön­nen auch die Talen­te so viel­fäl­tig sein dass wir uns in ihnen ver­lie­ren. Des­halb fin­det die Bewe­gung am Ende zurück zur Mit­te, zum Baum­stamm, wenn man so will. Kon­zen­tra­ti­on auf das Wesent­li­che.

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Das Ele­ment Feu­er rich­tet sich nach oben wie die Flam­men. Wie bei allen Übun­gen geht es auch bei die­sem Ele­ment dar­um die Balan­ce zu hal­ten oder wie­der her­zu­stel­len. Wenn es zuviel Feu­er gibt bren­nen wir aus und /​oder wer­den depres­siv.

Die Erde wird schnell zu mei­nem Lieb­lings­ele­ment. Es sorgt dafür, dass wir unse­re inne­re Mit­te wie­der­fin­den wenn wir aus der Balan­ce sind. Ich mag die aus­la­den­de Bewe­gung der Arme, die sodann wie­der zum Nabel zurück geführt wer­den, zur Mit­te eben.

Das vier­te Ele­ment, Metall steht für Herbst und Rück­zug, Innen­schau und Klä­rung. Was brau­che ich, was will ich los­wer­den, wel­chen Weg will ich wäh­len. Metall sorgt für Klar­heit. Beim letz­ten Ele­ment wird es noch­mal rich­tig span­nend. Was­ser dringt in die Tie­fe ein und steht für das Unbe­wuss­te, für unser aller Inners­tes und für, viel­leicht, ver­dräng­te Ängs­te.

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Nach zwei Tagen habe ich viel gelernt, das Prin­zip ver­stan­den aber ich bin noch weit davon ent­fernt die Bewe­gungs­ab­läu­fe ver­in­ner­licht zu haben. Jetzt heißt es üben, üben, üben. Das Tol­le an den fünf Ele­men­ten ist: ich muss nicht immer die gan­ze Serie machen. Ich kann mir je nach Tages­zeit oder Befind­lich­keit das pas­sen­de raus picken. Mor­gens vor der Arbeit mache ich ger­ne Holz. Ich bin der Baum, der sei­ne Äste in den Him­mel streckt und Ideen pflückt. Bin ich auf­ge­regt, habe mich geär­gert oder bin genervt dann mache ich die Übun­gen des Ele­men­tes Erde. Das beru­higt und ich kom­me wie­der ins Gleich­ge­wicht. Bin ich müde und schlapp kann die Feu­er­übung wei­ter hel­fen. Hilf­reich sind die­se Übun­gen und nach den zwei Tagen Work­shop bin ich froh, dass ich Qi Gong statt Strand gewählt habe.

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