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Es war ein sehr sonniger Tag, als ich gerade die peruanische Grenze überquerte und auf der leergefegten Straße ins erste Dorf lief. Da war eine Gruppe Taxi-Fahrer, die mich angesprochen hatten. Wo ich denn hin will? Ah, Puno, okay. No traffico – kein Verkehr. Faselten irgendwas von sozialen Protesten und einer Blockade. Ich dachte mir nur: „Jungs, euer Geschäft könnt ihr mit einem anderen Deppen machen, ich werd bestimmt kein Taxi nehmen. Und Blockade, pah. Tramp ich halt hin und laufe auf die andere Seite.“ Ich hielt das alles für Geschwätz und hatte mich auf einen entspannten Tramptag in der Sonne eingestellt. Waren ja nur 150km, was sollte da schief gehen? Und dann ging der Wahnsinn los.
Ich wusste nicht, dass die Regierung kurz zuvor den Notstand http://www.aljazeera.com/news/2015/05/peru-state-emergency-mining-protests-150523064735256.html ausgerufen hatte. Ich wusste auch nicht, dass schon vier Menschen, bei den Protesten gegen den geplanten Bau einer Kupfermine, ums Leben gekommen sind. Die Situation war also angespannt, um es mal gelinde auszudrücken. Die Blockade von der alle geredet hatten, war keine einzelne Straßensperre, sondern der gesamte peruanische Süden war quasi gesperrt. Für 48 Stunden sollte die Hauptverkehrsstraße aus Bolivien komplett dicht sein. Das war genau meine Route. Ich hielt natürlich an meiner Taktik fest, dass ich die Straßensperre mit Laufen überwinde. Wurden dann allerdings ein paar mehr Straßensperren und ein recht langer Tag. Mit sehr viel Laufen.
Trampen gestaltete sich äußerst schwierig. Irgendwie arbeitete ich mich aber Schritt für Schritt durch das Chaos. Die Menschen an den Blockaden waren meist sehr nett. Es war etwas Volkfeststimmung. Mir wurde essen angeboten. Alle waren immer sehr interessiert, wieso da dieser Typ im gelben Anzug in die 100km entfernte Stadt Puno läuft. Ich konnte einer übermotivierten Dorfgemeinschaft beim Vandalismus zuschauen, sah verschiedene Methoden den Verkehr zu blockieren (meistens waren Glasscherben und Spitze Gegenstände involviert), ne Menge Motorradlifts und hatte rückblickend einen „Super Day“. Habs geschafft am Ende, war aber ne absolut verrückte Tour.
Aber eigentlich wollte ich ja Trainhoppen gehen. Mein erster Versuch einen Güterzug zu hoppen ging gründlich schief. Im Nachhinein nicht so schlimm, weil das wahrscheinlich eine dumme Idee gewesen war. Nicht die Idee ansich, Nachts auf einen fahrenden Güterzug aufzuspringen. Das versprach Abenteuer. Aber dies im peruanischen Hochland, mitten im kalten Herbst und mit Sommerequipment zu tun, war eher suboptimal. Und ich sollte dieses Abenteuer zu einem späteren Zeitpunkt meiner Reise sowieso nachholen.
Ich trampte weiter nach Cusco. Ihr wisst schon, das touristische Eipzentrum von Südamerika. Heimat der Blutsauger und reichen Amis, die mal für ein Wochenende runterfliegen. Da wo alle Menschen landen, die Machu Picchu sehen wollten. Wahrscheinlich hat jeder in der Stadt die alten Ruinen besucht. Außer mir. Ich wollte eigentlich nur entspannen und leckere Käse-Ei Sandwiches vom örtlichen Markt essen, ein Bier im höchst gelegenen Irish Pub der Welt trinken und meine dreckigen Sachen waschen. Ich musste mich ausruhen, weil die letzte Trampetappe von Südamerika vor mir lag. Einmal durch Peru und Ecuador durch und rein nach Kolumbien. Bogota war mein nächstes Ziel.
Diese Tour hatte es in sich. 4000 km Langstrecke. Zum Geniessen. Der Süden Perus lief ziemlich gut. Das Nachttrampen funktionierte wie geplant. Dann kam irgendwann Lima. So lebendig wie ein Ameisenhaufen auf einem Kadaver. Sowas hab ich noch nie erlebt. Es war Chaos in Perfektion. Lima. Aggressiv, nonkonformistisch und illusionslos. Der Anarcho-Punk unter den Städten Südamerikas.
In Peru und Bolivien hatte ich auch die besten Tramperfahrungen. Und das meine ich eher hinsichtlich all der komischen Sachen und dem sonderbaren Leben, was ich dort beobachten durfte. Außerdem musste ich mir dort um Geld keine Gedanken machen. Für 2,20€ gab es immer ein billiges Zimmer in den lokalen Absteigen und für 1,50€ das passende Essen dazu. Der Spaß war je zuende, als ich nach Norden kam. Und da meine Reise noch lang ist und ich Details bestenfalls nur andeuten kann, werde ich den weiteren Weg nach Panama in den nächsten Absätzen zusammenfassen, damit diese Artikelserie nicht zu sehr ausartet.
Ecuador war total langweilig und ich bin dort zügig durch getrampt. Dann kam ich nach Kolumbien. Kolumbien ist zum trampen ungefähr so gut geeignet, wie ein Hund zum Posaune spielen. Ich hatte dort 17 Lifts auf die ich durchschnittlich jeweils 48 Minuten gewartet habe. Aus diesem Grund war ich auch ganz froh, mir in Bogota ein Fahrrad zu kaufen, mit welchem ich die letzten 800 km zur Küste fahren wollte.
Mein Erstes mal mit einem Fahrrad reisen. Eine Erfahrung die ich definitiv nicht missen möchte. Wenn ich sowas nochmal machen sollte, dann nur entlang der Donau und definitiv nicht über die beiden Hauptgebirgskämme von Kolumbien, auf einem Fahrrad das alle 50 km mit Einzelteilen um sich wirft, als wären es Bonuspunkte an der Supermarktkasse. Hinzu kam auch noch, dass ich einfach keinen Modus des entspannten Bewegens finden kann. Wenn ich auf ein Ziel zusteuere, dann immer in vollem Tempo.
Das Fahrrad war meine letzte Hoffnung, dass ich vielleicht doch irgendwo anhalten kann und für ein paar Tage bleiben würde, wenn es mir dort gefällt. Hat nicht so ganz geklappt. Es war auch der Moment, wo ich mir diese Art des Bewegens, als einen natürlichen Teil meines Wesens eingestehen musste. Ich hatte eine Mission und einen Weg vor mir. Und die Bewegung war der Kern meines Strebens. Alles Andere zählte unter die Kategorie: Extras und Überraschungen. Spätestens jetzt hatte ich mich mit diesem Fakt abgefunden und nicht mehr darüber nachgedacht.
Irgendwann kam ich in Turbo an. Südamerika hatte ich nun zweimal von Nord nach Süd durchgetrampt. Vor mir lag nun die nächste große Herausforderungen meiner ganzen Reise: Das berühmte Darien Gap. Die einzige Unterbrechung der Panamericana. Keine Straße. Ich musste aber irgendwie da durch trampen. Streng nach den Regularien meiner Expedition. Ich find es ein bißchen geil, das ich diesen Teil wenigstens geschafft habe, auch wenn meine Alaska-Rußland Passage letztendlich nicht geklappt hat. Darien Gap Überwindung mit Trampen, das kann nicht jeder von sich behaupten.
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