Norwegen, hörst du die Stille?

Ein etwas ande­rer Sai­son­ab­schluss: Nor­we­gen statt Alpen­länd­le… In den Tagen rund um Ostern fal­len jedes Jahr Mas­sen sport­be­geis­ter­ter Fami­li­en in die Ski­ge­bie­te der Alpen ein, ste­hen erst in kilo­me­ter­lan­gen Staus, dann in eben­sol­chen Lift­schlan­gen, bevor dann nach und nach die Gon­deln ein­ge­holt und die Hüt­ten dicht gemacht wer­den. Die­se bedin­gungs­lo­se Lie­be zum Schnee tei­len auch vie­le nor­we­gi­sche Fami­li­en, die Anfang April gemein­sam mit uns in Nor­we­gens Win­ter­sport-Hoch­burg Hov­den pil­ger­ten. Das ist aber auch schon die ein­zi­ge Par­al­le­le zum Ski-Cir­cus der Alpen. Zum Glück! Denn selbst in der Peak Sea­son rund um Ostern ist es vor allem die Ruhe und Beschau­lich­keit, die den Ort – immer­hin das größ­te Ski­ge­biet Süd­nor­we­gens – aus­zeich­nen. Trotz aus­ge­buch­ter Hüt­ten fin­det man in und um Hov­den vor allem eins… Stil­le!

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NORWEGEN – IRGENDWIE GROSS(ARTIG)!

Nor­we­gen ist groß. Und auch der Nor­we­ger an sich ist vor allem eins: groß – wie Hen­ryk erstaunt fest­stell­te. Er konn­te es fast nicht glau­ben, dass er mit immer­hin 1,83m häu­fig der kleins­te Mann weit und breit auf Ski­ern war. Auf Lang­lauf­ski­ern, wohl­ge­merkt. Denn ganz selbst­ver­ständ­lich hat­ten wir ange­nom­men, dass Hov­den vor allem ein Alpin-Ski­ge­biet sei. Nix da! Zwar gibt es einen Haus­berg mit Lift­an­la­gen und prä­pa­rier­ten Pis­te, den­noch ist Lang­lauf, oder auch Cross-Coun­try-Ski­ing, die eigent­li­che Königs­dis­zi­plin, die vor Ort auf über 170 km Loi­pen von Groß und (ganz) Klein mit viel Pas­si­on aus­ge­übt wird. Das bestä­tig­te uns auch (der selbst­ver­ständ­lich gro­ße) Nor­we­ger Las­se, Chef des loka­len Tou­ris­mus­bü­ros, als er uns zur Ankunft in Hov­den begrüß­te. Sogleich lud er uns ein, gemein­sam mit sei­ner Fami­lie am kom­men­den Tag einen Aus­flug auf Lang­lauf­ski­ern zu unter­neh­men. “Ein wenig Quer­feld­ein, eine klei­ne Tour, abseits der Loi­pen, nicht wil­des, nur wir und die Ren­tie­re und die Stil­le…” Klang super! Einer Vor­ah­nung fol­gend, dass wir mit unse­ren beschei­de­nen Lang­lauf-Skills even­tu­ell nicht ganz mit­hal­ten könn­ten, lehn­ten wir dan­kend ab, woll­ten Las­se und sei­ne Fami­lie die Fei­er­ta­ge lie­ber allein genie­ßen las­sen. Wie sich noch zei­gen soll­te, war dies eine wei­se Ent­schei­dung…

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STILLE VERZWEIFLUNG

Wir hat­ten bei­de bereits eini­ge Male im Schwarz­wald ein paar Run­den auf Lang­lauf­ski­ern gedreht und das immer als sehr ent­spann­te “Spa­zier­fahrt” emp­fun­den. Klar, die Wett­kampf­sport­ler beim Biath­lon, das ist noch mal was ganz ande­res… Wie­so hat­te uns nie­mand gesagt, dass die Nor­we­ger schein­bar bereits im Kin­des­al­ter zu Lang­lauf-Pro­fis aus­ge­bil­det wer­den? Und dann eine gesam­te Nati­on (zeit­gleich) fröh­lich lachend und zum Teil mit Baby-Schlit­ten und Hun­den im Gepäck eine kon­ti­nu­ier­lich anstei­gen­de Pis­te (bzw. Loi­pe) hin­auf ska­tet. Nur, um anschlie­ßend mit einem Bein in der fes­ten Loi­pen­spur, mit dem ande­ren auf der rucke­li­gen Pis­te auf wacke­li­gen, ledig­lich fünf Zen­ti­me­ter brei­ten Holz­lat­ten eine min­des­ten um 30 Grad geneig­te “Steil­pis­te” hin­ab­zu­sau­sen. Wäh­rend Hen­ryk sogleich der sport­li­che Ehr­geiz pack­te, war ich vor allem ent­setzt, dass es sich bei dem zu bezwin­gen­den Berg um die ver­meint­lich leich­te “grü­ne” Loi­pe han­deln soll­te. Wie gut, dass wir nicht mit Las­se und sei­ner Fami­lie die Quer­feld­ein-Tour in die Ber­ge zu den Ren­tie­ren unter­nom­men hat­ten. Erst viel spä­ter erzähl­te uns Las­se übri­gens ganz neben­bei, dass in Nor­we­gen mehr Men­schen auf Lang­lauf­ski­ern in Lawi­nen gera­ten, als mit Alpin-Ski. Ist klar!

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Zuge­ge­ben, hat man sich ein­mal ein­ge­groovt auf die Gleit­tech­nik, ist Cross-Coun­try-Ski­ing (hört sich ein­fach sport­li­cher an als Ski­lang­lauf!) durch­aus sehr ent­schleu­ni­gend und macht rich­tig Spaß. Man zieht mehr oder weni­ger zügig durch die Land­schaft, genießt die ver­schnei­ten Pan­ora­men, spürt die wär­men­de Son­ne auf der Haut, hört die Vögel zwit­schern und ab und zu das Lachen vor­bei­zie­hen­der Nor­we­ger. Und sonst… nichts. Kein Auto, kein Flug­zeug, Stil­le. Zumin­dest bis das Rau­schen in mei­nen Ohren wie­der lau­ter wird, der Puls steigt und die nächs­te rasan­te Abfahrt bevor­steht, die für mich das ein oder ande­re Mal auch einen Abflug bedeu­te­te. Nur ein ein­zi­ges Mal habe ich übri­gens erlebt, dass es eine Nor­we­ge­rin in einer Kur­ve hin­ge­schmis­sen hat. Alle ande­ren Mal soll­te ich das ein­zi­ge “Opfer” der Loi­pe blei­ben. Irgend­wann gab ich mich geschla­gen, schnall­te ab und trug – zum abso­lu­ten Unver­ständ­nis aller Nor­we­ger – mei­ne Ski den Steil­hang hin­ab.

Es folg­te der ange­neh­me Teil des Lang­lauf-Tages: Mit­tags­pau­se! Wird es im April in Hov­den nachts ger­ne noch bis zu minus 15 Grad, sind die Tage ansons­ten deut­lich län­ger hell als in unse­ren Brei­ten­gra­den und die Mit­tags­son­ne hat bereits ordent­lich Power. Stil­echt hat­ten wir uns vor der Abrei­se noch mit der nor­we­gi­schen Kla­mot­ten­mar­ke “Nor­rø­na“ aus­ge­rüs­tet (an der Grö­ße von Jacken und Shirts merkt man übri­gens auch wie­der, dass der durch­schnitt­li­che Nor­we­ger eher von gro­ßer Sta­tur ist). Beson­ders Hen­ryks Jacke mit dem schö­nen Namen “Fal­ke­tind” war eine Top-Wahl, sowohl für sei­ne sport­li­chen Ambi­tio­nen als auch für son­ni­ge Pau­sen. Sie ist näm­li­che eine Art Hybrid aus atmungs­ak­ti­ven Mate­ria­li­en und Gore Wind­stop­per® an Kapu­ze und Front und dabei extrem leicht. Hält also warm, ohne dass man zu arg schwitzt. Gemein­sam mit den nor­we­gi­schen Sports­ka­no­nen um uns her­um genos­sen wir so eine woh­li­ge, aus­ge­dehn­te Pau­se mit mit­ge­brach­ten hei­ßen Tee, Pis­ten­bro­ten und Kek­sen. Hap­py, rela­xed Eas­ter!

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WO DIE WILDEN ELCHE WOHNEN

Nach zwei Tage auf Lang­lauf­ski­ern unzäh­li­gen blau­en Fle­cken mei­ner­seits und ordent­li­chem Mus­kel­ka­ter bei­der­seits, ent­schie­den wir, die Loi­pen vor­erst den Nor­we­gen allein zu über­las­sen und hin­aus zu zie­hen in die Wild­nis rund um Hov­den. Aus­ge­rüs­tet mit Schnee­schu­hen mach­ten wir uns auf in ein Wald­ge­biet, in dem – nach Aus­sa­ge des Tou­ris­mus­bü­ros – die bes­ten Chan­cen bestan­den, Elche zu ent­de­cken. Wir fan­den… Nichts. Außer abso­lu­te Ein­sam­keit. Und die war wun­der­schön! Das Knir­schen des Schnees unter den Soh­len, das lei­se Rau­schen eines Bach­laufs in der Nähe, ein kna­cken­der Ast in der Fer­ne. Nach drei Stun­den hat­ten wir zwar eine Men­ge Spu­ren im Schnee ent­deckt, ansons­ten waren wir aber über­zeugt, die ein­zi­gen Lebe­we­sen weit und breit zu sein. Einen klei­nen Jagd-Erfolg ver­buch­ten wir den­noch: Nach einer Wei­le stie­ßen wir zumin­dest auf … sagen wir mal … “Über­res­te” von Elchen und ein gemüt­li­ches Domi­zil…

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HUNDE, DIE BELLEN…

An unse­rem letz­ten Tag in Hov­den stand uns noch ein ganz beson­de­res nor­we­gi­sches Win­ter­aben­teu­er bevor. Wie­der auf klei­nen, schma­len Kufen – aber die­ses Mal mit etwas mehr Sta­bi­li­tät (hof­fent­lich). Erneut war es das hilfs­be­rei­te Team vom Tou­ris­mus­bü­ro in Hov­den, das uns in Kon­takt brach­te mit Sabri­na Miel­ke, einer deut­schen Aus­wan­de­rin aus Ber­lin, die nach vie­len Jah­ren in Aus­tra­li­en, Neu­see­land und Kana­da schluss­end­lich in der nor­we­gi­schen Pro­vinz des Setes­dal gelan­det war. In Kana­da kam sie das ers­te mal in Kon­takt mit Schlit­ten­hun­den und ver­lor sogleich ihr Herz an die flau­schi­gen Hus­kys. Heu­te hat sie selbst meh­re­re Hun­de und ist eine erfolg­rei­che Mus­her (Hun­de­schlit­ten­füh­re­rin) – und wir waren ein­ge­la­den, sie auf einer Tour zu beglei­ten. Dach­ten wir! Wie sich her­aus­stell­te, soll­ten wir die Schlit­ten selbst fah­ren. Mit viel Gebell und vol­ler Vor­freu­de zogen uns die Hun­de über den zuge­fro­re­nen See. Sabri­na folg­te, wie könn­te es anders sein, auf Lang­lauf­ski!

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END OF SEASON BUT NOT THE END OF THE STORY…

In Nor­we­gen gibt es ein Sprich­wort: Lykke­lig er den som ikke sør­ger over hva han mang­ler, men gle­der seg over hva han har …– Glück­lich ist, wer sich nicht dar­über sorgt, was ihm fehlt, son­dern sich dar­über freut, was er hat. Eine sehr tref­fen­de Rede­wen­dung, wenn ich an die Tage in Hov­den den­ke. Die Nor­we­ger strahl­ten ein Gefühl von Zufrie­den­heit aus. Sie erfreu­ten sich ganz ein­fach an dem fami­liä­ren Zusam­men­sein, an der Natur, an der Bewe­gung, am gemein­sa­men Lang­lau­fen. Eine wun­der­ba­re Ent­schleu­ni­gung und Ein­fach­heit, die uns vom ers­ten Moment an umgab und sogleich ein­fing. Alle Men­schen, die uns in Nor­we­gen begeg­ne­ten teil­ten die­se Gelas­sen­heit und Freu­de: So wie Las­se, der uns mit strah­len­den Augen von dem Moment berich­te­te, als er auf einer Lang­lauf­tour von einer Her­de Ren­tie­re umkreist wur­de. Und Sabri­na, die mit ihren Hun­den das Glück in Nor­we­gen gefun­den hat…

Ein ganz und gar zau­ber­haf­tes Ende für die­se Win­ter­sai­son OUT OF OFFICE, so anders als jeder vor­he­ri­ge Win­ter­ur­laub in den Alpen. Am letz­ten Abend lie­ßen wir noch ein­mal die Ein­drü­cke Revue pas­sie­ren und ich war und bin noch heu­te glück­lich, dass ich Hen­ryk zei­gen konn­te, war­um Nor­we­gen mich bei mei­nem ers­ten Besuch vor über zehn Jah­ren so begeis­tert hat. Jetzt sehe ich in sei­nen Augen, dass auch er die Stil­le und Klar­heit des Lan­des lie­ben gelernt hat. Und wir mit Sicher­heit noch ein­mal wie­der­kom­men wer­den… Viel­leicht ja sogar für län­ger – und dann natür­lich wie­der mit Lang­lauf­ski­ern im Gepäck!

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Ein gro­ßes Dan­ke­schön an Las­se und sein Team vom Tour­si­mus­bü­ro in Hov­den für die tol­le Betreu­ung vor Ort und an visit­nor­way für die Ein­la­dung in ein groß­ar­ti­ges Land. 

Erschienen am



Antwort

  1. Avatar von Robert

    Nor­we­gen ist für mich ein Land, in das ich unbe­dingt noch rei­sen muss! Bis­her habe ich es noch nicht geschafft, aber es steht ganz weit oben auf mei­ner Wunsch­lis­te.
    Nei­di­sche Grü­ße aus Inni­chen 😉

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