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Es dauert nicht lang bis man von Jerusalem aus an der Mauer ankommt. Diese riesige Mauer, die Israel als Sperranlage zum Westjordanland hin erbaut hat.
Bei genauerem Schauen kann man die Mauer sehen, wie sie die Autobahn teilt und sich ins Land rein arbeitet.
Ich erinnere mich noch an die Meldung 2003, als ich dachte, ach das können die doch nicht machen. Doch sie können. Ganz fertig ist die Sperranlage immer noch nicht, dran gebaut wird aber leider immer noch. Und im Gebiet zwischen Jerusalem, Bethlehem und Ramallah steht da schon dieses riesige Monstrum. Die Berliner Mauer wirkt klein dagegen.
Wir sind die Mauer ein Stück entlang gefahren, gemeinsam mit Fred Schlomka von den Green Olive Tours. Und was wir dabei sehen und lernen, hätte ich so nicht erwartet.
Dieser Betonwall teilt nicht nur ein Gebiet, er teilt Straßen, er teilt auch palästinensische Wohngebiete willkürlich in der Mitte und er bildet Ghettos.
Es gibt im Großraum Jerusalem bereits schon drei palästinensische Viertel, die komplett von der Mauer eingeschlossen sind. Ich als neutrale Person darf beide Seiten der Mauer betreten, komme durch Zugangsschranken und auch wieder zurück. Für Palästinenser, die das zufällige Pech hatten auf der falschen Seite zu wohnen, ohne zu wissen, welches die richtige Seite sein könnte, ist es mit der Bewegungsfreiheit vorbei.
Sie dürfen ihr ummauertes Viertel nur mit besonderer Genehmigung verlassen, die nur der israelische Staat ausstellen kann. So eine Genehmigung bekommt man zum Beispiel, wenn man für eine israelische Firma im Westjordanland arbeitet. Richtig, im Westjordanland gibt es israelische Firmen. Es hat Vorteile dort angesiedelt zu sein – und zwar die billigen palästinensischen Arbeitskräfte. In Israel hingegen gibt es einen gesetzlich festgelegten Mindestlohn.
Das Westjordanland gehört ja nicht offiziell zu Israel, und die Palästinenser sind auch keine israelischen Staatsbürger und unterliegen daher nicht den israelischen bürgerlichen Gesetzen. Die Genehmigung sein Ghetto verlassen zu dürfen wird ausgestellt für die jeweiligen Arbeitstage zu den festgesetzten Arbeitsstunden. Mehr auch nicht, denn Palästinenser haben auf israelischem Gebiet nichts zu suchen.
Wir haben natürlich Israelis gefragt, was sie von dieser Mauer halten. Und doch nicht wenige begrüßen diese Sperranlage und fühlen sich seitdem sicherer. Was mir völlig absurd vorkommt, denn die Mauer ist ja nicht fertig und wer will findet genügend Passagen ohne Mauer und Grenzposten, um auf israelische Seite zu gelangen.
Die Mauer mag psychologisch als Schutzwall gegen den Terrorismus wirken, scheint mir aber eher eine physisch einbetonierte Okkupationslinie zu bilden, durch die Israel langsam aber stetig sein Gebiet Richtung Osten erweitert. Denn die Mauer verläuft zu 80% durch das Westjordanland und nicht auf der Grenze.
Aida Flüchtlingslager
Direkt an der Mauer zwischen Jerusalem und Bethlehem liegt auch ein Flüchtlingslager (auf palästinensischer Seite), dass ich als solches gar nicht erkannt hätte, weil es kein provisorisch gebautes Zeltlager ist – nicht mehr ist. Das Flüchtlingslager AIDA existiert nämlich schon seit 1948/1950. Und irgendwann haben die Flüchtlinge angefangen feste Behausungen zu bauen.
Der Schlüssel als Symbol für das Rückkehrrecht der vertriebenen Palästinenser.
Siedlungen, so weit das Auge reicht
Die umstrittene Siedlungspolitik der israelischen Regierung ist auch nicht zu übersehen. Teilweise fahren wir durch fertige, bewohnte Siedlungen mitten im Westjordanland, mitten in der Wüste, die eine blühende Vegetation und monotone Stadtstrukturen vorweisen können.
Teils sieht man angefangene Baustellen oder frisch abgesteckte neue Gebiete, weit entfernt von der israelischen Grenze.
Erschienen am
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Hey Marianna, spannender Blogbeitrag, der gut vermittelt, wie man die Mauer als Besucher der palästinensischen Gebiete wahrnimmt und wie schwierig es ist, zu verstehen, warum der schleichend anhaltende Landraub der Israelis so sanktionslos fortschreiten kann. Auch interessant, dass du Israelis zu der Mauer befragt hast. Ich war gemeinsam mit Caritas international auch vor Kurzem in bethlehem & im gesamten Westjordanland. Schau mal rein: http://blog-caritas-international.de/2019/06/24/reise-durchs-westjordanland-wenn-das-leben-trotzdem-stattfindet/
Lieben Dank für den Link! Sehr spannend.
Interessanter und spannender Beitrag. Toll vor allem, dass Reiseberichte nicht immer nur die Sonnen- und Strandseiten des Lebens thematisieren müssen, sondern sich auch mit sozialen oder politischen Aspekten der Reiseländer auseinandersetzen können. Letztlich gilt aber: »Die Mauer muss fallen, … ».
Beste Grüße
geschrieben mit licht
Freut mich, Alex, dass dich dieser Aspekt auch interessiert. Mich nämlich auch. Und danke natürlich für das Lob . VG
Werd ich mal reinschauen. Danke für die Empfehlung.
Toller Beitrag!
Merci!
Danke für eine wahre Vor-Ort Geschichte. Einfach nur ekelhaft was da abgeht.
Ja, leider gibt es nicht nur positive Dinge beim Reisen zu berichten.
Hach schööööön! Morgen geht mein Flug nach Israel. 🙂
Viel Spaß!
Wunderbar. Ich liebe diese Ausgewogenheit. Zwischen Text und Bildern. Sehr schön… 😉
Danke Wolfgang!
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