CAST AWAY – Part 3

Um mich her­um war alles bunt und laut. Ich stand an einer Bar und trank eine Coke. Dann bestell­te ich mir ein küh­les Bier. Mei­ne Frau umarm­te mich von hin­ten. Wir lach­ten und fei­er­ten. Es spiel­te laut Musik und wir stan­den auf einer Tanz­flä­che. In einer Hand hielt ich mei­ne Frau und in der ande­ren mein Bier.

Ein Beck's auf Palau

Ich kam mir vor, wie in einer ande­ren Welt. Doch ich hal­lu­zi­nier­te. Ich war immer noch in der ech­ten und reel­len Welt – gefan­gen auf einem Boot mit­ten im Pazi­fik.

Die Son­ne hat­te längst ihren Höhe­punkt erreicht. Ich war geschwächt, wie noch nie zuvor in mei­nem Leben. Mei­ne Haut war tro­cken. Ich bemerk­te, dass ich nicht mehr schwitz­te. Mein Kör­per benö­tig­te jeden ein­zel­nen Trop­fen und sog die letz­ten Trop­fen Flüs­sig­keit aus mei­nen Orga­nen, wie ein tro­cke­ner Schwamm. Der Durst trieb mich lang­sam in den Wahn­sinn.

Mei­ne Träu­me ris­sen ab. Etwas ver­wirrt blick­te ich auf den Hori­zont. Ich bemerk­te eine Kon­tur. Eine hoff­nungs­vol­le und lebens­ret­ten­de Kon­tur. Ist es wirk­lich? Nein…! Einen Moment lang über­kam mich eine unfass­ba­re Freu­de. Geret­tet! Ich wollt einen Freu­den­schrei her­aus sto­ßen, doch noch im sel­ben Moment zwang ich mich, pes­si­mis­tisch zu den­ken: »Arnold, wach auf! Das ist nur eine Ein­bil­dung! Du drehst durch! Reiß dich zusam­men.«

Eine Insel in Sicht

Ich gab mir selbst eine ordent­li­che Back­pfei­fe. Ich ver­spür­te kei­nen Schmerz mehr. Ich spiel­te mit dem Gedan­ken mich… Aber wie und vor allem womit?

Völ­lig geschwächt lehn­te ich mich wie­der zurück, ließ mich von der Strö­mung wei­ter ins Unge­wis­se trei­ben und war­te­te auf den nächs­ten Tag­traum – den Tod.

Unge­wiss wie wie lan­ge ich auf dem Boot noch leben soll­te. Eine Nacht? Viel­leicht wür­de ich das Mor­gen­grau­en nicht mehr erle­ben. Ich merk­te, wie mei­ne inne­ren Orga­ne ihre letz­ten Was­ser­re­ser­ven abga­ben. Was wer­de ich machen, wenn ich am nächs­ten Tag noch am Leben bin? Dar­an woll­te ich nicht den­ken. Wäh­rend mei­ne tro­cke­ne Zun­ge sich am Gau­men fest­kleb­te, krampf­te mein Magen.

Ich muss­te wohl ein­ge­schla­fen sein. Ein blick in den blau­en Him­mel. Da war sie wie­der! Eine krei­schen­de Möwe umkreis­te mein Boot.

Eine kreisende Möwe

Und dann schon wie­der! Die­se Hal­lu­zi­na­tio­nen. Direkt vor mir sah ich eine Insel, die den unend­lich lan­gen Hori­zont unter­brach. Ist es wirk­lich?
Nein, es ist wirk­lich eine Insel!!! Ohne Zwei­fel!

Insel 1

Ich fing an zu wei­nen vor Freu­de. Eine ein­zi­ge Trä­ne ent­floh mei­nen Trä­nen­drü­sen. Wohl der letz­te Trop­fen aus mei­nem Kör­per. Ich merk­te, wie mein Kör­per lang­sam begann zu dehy­drie­ren. Sei stark Arnold! HALT DURCH ARNOLD! Schoss eine Stim­me durch mei­nen Kopf und ich wuss­te, dass ich nicht auf­ge­ben durf­te.

Insel 2

Mein Boot trieb direkt auf ein vor­ge­la­ger­tes Riff zu. Ich nutz­te die Gele­gen­heit und band mein Boot an einer Koral­le fest, die durch die Ebbe an der Was­ser­ober­flä­che her­vor­stand. Anschlie­ßend sam­mel­te ich mei­ne letz­ten Kräf­te und sprang ins Was­ser – Land! Ein ent­fach­ter Fun­ken Hoff­nung in mir gab mir einen instink­ti­ven Über­le­bens­wil­len. Klar den­ken konn­te ich schon seit einer Wei­le nicht mehr.

Woher ich die Kräf­te besaß, mich auf die Insel zu schlep­pen, wuss­te ich nicht. Mein Wil­le war stär­ker als der Tod. Unter einer Pal­me fand ich fri­sche Kokos­nüs­se im Sand. Ich öff­ne­te sie mit mei­ner Mache­te – Was­ser!

Unter der Palme

Gie­rig trank ich eine Kokos­nuss nach der ande­ren. Ich ver­spür­te eine Lebens­freu­de, die ich noch nie in die­ser Art und Wei­se ver­spürt hat­te.

Palme

Tag 5 und 6

Die kom­men­den zwei Tage ver­brach­te ich auf der klei­nen Insel im Pazi­fik. Ich hat­te abso­lut kei­ne Ahnung, wo ich gestran­det war. Und die anfäng­li­che Hoff­nung, gefun­den zu wer­den schwand auch all­mäh­lich dahin.

Angebundenes Boot

Die meis­te Zeit ver­brach­te ich im Schat­ten der Pal­men. Oder wenn die Son­ne nicht mehr so warm war, bau­te ich an mei­nem klei­nem Unter­schlupf. Wäh­rend­des­sen hat­te ich immer eine Angel­schnur im Was­ser. Aber die Fische woll­ten ein­fach nicht anbei­ßen. So blieb mir nichts ande­res übrig, als mich von den Kokos­nüs­sen zu ernäh­ren. Ich mach­te mir Gedan­ken, wie die Pal­men hier wohl ent­stan­den waren. Es muss­ten Kokos­nüs­se auf die sel­be Art hier her gelangt sein, wie ich. Gestran­det. Meh­re­re Kilo­me­ter über das Meer getrie­ben, bis sie hier auf der ein­sa­men Insel im Sand wur­zeln schlu­gen. Doch für wie lan­ge soll­te ich hier Wur­zeln schla­gen?

Tag 7

ARNOLD? ARNOLD!…“ Immer und immer wie­der hör­te ich mei­nen Namen. „ARNOLD!“ Ich schüt­tel­te ungläu­big mit dem Kopf. Es kam mir vor, als wür­de das gro­ße, unend­lich wei­te Meer wie­der mal mir einen Streich spie­len wol­len. Oder war es jetzt schon so weit, dass ich anfing aus Ein­sam­keit durch­zu­dre­hen? Hal­lu­zi­na­tio­nen? Ja, ich bin geschwächt, hung­rig und die Son­ne mach­te mir wirk­lich zu schaf­fen. Wahr­schein­lich war es ein Son­nen­stich! „ARNOLD! Sind Sie Arnold?“ Woher kom­men die­se Rufe? Jetzt sind es gan­ze Sät­ze! Sie klin­gen so echt! „Ja, ich bin Arnold!“, flüs­ter­te ich vor mir her. Jetzt ist es so weit – Ich führ­te Selbst­ge­sprä­che.

Gestrandet

Ich warf einen kur­zen Blick durch das Gestrüpp auf das Ufer. Als ich dann etwas sah begann ich schnel­ler zu atmen, mein Herz fing an zu rasen!
Ich konn­te mei­nen Augen nicht glau­ben.
Ein Boot!!!

Ich sprang auf, rann­te run­ter zum Strand.
Sind sie Arnold?“, kam erneut die lau­te, kräf­ti­ge Stim­me.
JA! Arnold! Ich bin Arnold!“ krächz­te ich vor Freu­de.

Man hat­te mich gefun­den! Ich konn­te es nicht glau­ben! Ich lach­te, ich wein­te, ich war außer mir vor Freu­de! Mir wur­de schwin­de­lig, mei­ne Bei­ne wur­den schwach, ich brach zusam­men.

Drei Tage nach mei­nem Ver­schwin­den, so erzähl­te man mir, begann man ver­geb­lich nach mir zu suchen. Das gan­ze Archi­pel Palau wur­de durch­fors­tet – Ver­ge­bens. Ich war wie vom Meer ver­schluckt. Kei­ner hät­te geahnt, dass ich bereits 1.300 Kilo­me­ter weit weg, auf einer ein­sa­men, klei­nen Insel, kurz vor Guam, ums Über­le­ben kämpf­te. Die Küs­ten­wa­che wur­de dort auf mein Boot auf­merk­sam und woll­te nach dem Rech­ten schau­en. So ent­deck­ten sie mich – Das Grau­en hat­te ein Ende!

Ich kam zur Unter­su­chung in ein Kran­ken­haus, denn ich muss­te wie­der zu Kräf­ten kom­men. Mei­ne Frau wur­de kurz nach mei­ner Ent­de­ckung nach Guam geflo­gen. Nie zuvor war ich so froh, sie nach mei­nem län­ge­ren Fischer-Aus­flug wie­der in mei­ne Arme zu schlie­ßen. Wir waren wie­der ver­eint.

Möwe

Bald dar­auf fing ich wie­der mit dem Fischen an. Täg­lich fuhr ich hin­aus, so, als wäre nichts gewe­sen. Nur einen Unter­schied gab es: ich hat­te mehr Was­ser und ein paar Schei­ben mehr Brot im Gepäck. Doch jetzt, 8 Jah­re nach dem unver­gess­li­chen Erleb­nis, lebe ich wie­der auf den Phil­ip­pi­nen. 2009 mach­te ich end­gül­tig Schluss mit mei­ner Arbeit als Fischer. Ich bekam kaum Geld und die Palau- Regie­rung woll­te mir auch nicht mehr den Sprit für das Boot bezah­len. So blieb mir nichts ande­res übrig, als zurück zu gehen in mein wun­der­schö­nes Hei­mat­land – Phil­ip­pi­nen.

Die­se Geschich­te basiert auf einer wah­ren Bege­ben­heit.

 

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Antwort

  1. Avatar von Ute

    Das hat was von Robin­son… nur Frei­tag fehlt noch… 😉

    Und ein rie­si­ges Glück hat­test du, gefun­den zu wer­den!

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