Während ich reise, frage ich mich andauernd, warum ich das überhaupt mache. Ich weiß nur, ich suche Antworten. Keine Ahnung, warum ich die einzige zu sein scheine, die keine hat. Als ich jünger war, hatte ich jede Menge Antworten. Aber dann passierte das Leben und ich verlor sie unterwegs. Noch bevor ich überhaupt anfing zu reisen, wurde ich deshalb rastlos. Seit vielen Jahren probiere ich immer wieder verschiedene Outfits an. Was nervt ist nur: Keines davon schien je zu passen. Die Schauspielerin, die Fotografin, die Fernsehredakteurin, die Studentin, die Farmerin- nicht mal die Reisende.
Reisen ist für mich ein Mittel, um das Unausweichliche hinauszuzögern. Ich laufe weg. Ich habe Angst davor, mich für irgendetwas zu entscheiden. Verdammt, manchmal stehe ich im Supermarkt vor den Regalen und bin nicht in der Lage, mich für eine Zahnpasta zu entscheiden! Ich weiß auch nicht warum, ehrlich. Alles, was ich weiß, ist dass ich mir ein Leben gebastelt habe, das auf der Grundlage basiert, wegzulaufen.
Gleichzeitig kann ich aber auch nicht mehr. Ich möchte nichts mehr, als einen Ort finden – sowohl auf der Karte, als auch im Herzen – an dem ich bleiben kann. Doch immer wenn ich stehen bleibe, erscheint eine weitere Möglichkeit am Horizont, ein weiteres Leben, das ich vielleicht leben könnte. Ich höre häufig, dass ich mutig sei. Aber das Gegenteil ist der Fall: Ich bin nicht mutig. Ich habe einen Mords-Schiss! Ich habe riesige Angst davor, mich für ein Outfit zu entscheiden, das ich für den Rest meines Lebens tragen will. Es gibt halt einfach zu viele! Zu viele mögliche Orte, Berufe und Partner, mit denen ich glücklich sein könnte. Manchmal denke ich, ich könnte die Hand ausstrecken und dann die ganze Welt in meinen Armen halten. Aber immer wenn ich es versuche, dreht sie sich weiter und rutscht mir weg.
Ich traf mal einen erstaunlichen jungen Mann. Sein Name hätte Tommy sein können und er arbeitete in einem Aquarium an der westlichsten Spitze Australiens. Tommy war ein schwieriges Kind – zumindest erzählte er mir das. In der Schule kam er nicht zurecht und seine Lehrer meinten, er sei ein hoffnungsloser Fall. Aber Tommy gab nicht auf. Er kämpfte sich durch die Schulzeit und entschied sich dann dafür, Meeresbiologie zu studieren, denn das einzige, wofür sein Herz schlug, war der Ozean. Heute arbeitet er mit all seinen Lieblingstieren – Haien, Schildkröten, Seeschlangen – und er weiß mehr über sie, als die meisten anderen. Seine Mama ist sein größter Fan. Als ich mit Tommy zusammen in dem Aquarium arbeitete, fand ich im Gästebuch einen Eintrag von ihr. Da stand in etwa:
»Ich wusste immer, dass du eines Tages etwas Gutes tun würdest. Du musstest nur die richtige Zeit und den richtigen Ort finden, um es wahr zu machen.«
Bis heute habe ich ihre Worte nicht vergessen, obwohl ich ihr doch nie begegnet bin.
Das Merkwürdige ist, im tiefsten Inneren weiß ich bereits, wo ich hingehöre und was ich machen will. Seit einer ganzen Weile schon. Und genau das werde ich irgendwann auch tun. Aber bis dahin muss ich einfach noch ein paar mehr Outfits anprobieren. Um meine Geschichte zu erzählen, muss ich noch ein bisschen weiter gehen. Und auch wenn es manchmal schwer ist, noch mehr für die Menschen, die mich lieben und die aus der Ferne zuschauen, ist hier eine Antwort, die ich heute habe:
Eines Tages werde ich etwas Gutes tun. Ich muss nur die richtige Zeit und den richtigen Ort finden, um es wahr zu machen.




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